Vor den Erfolg haben bekanntlich die Götter den Fleiß gesetzt. Wer rechtzeitig und richtig kirrt, erspart sich in der Fangsaison Enttäuschungen und bringt die Edelpelzträger letztlich aufs Brett. Worauf es dabei ankommt, verrät Wolfram Osgyan.
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Der Anrufer klang völlig verzweifelt: “Wir wissen nicht mehr ein und aus, bitte kommen Sie und helfen Sie uns, die Marder machen uns noch verrückt.” Der das sagte, war nicht nur ein genervter Hausbesitzer, sondern ein gestandener Jäger dazu.
Mit der Fallenjagd hatte er jedoch nie etwas am Hut, deshalb fehlten ihm sowohl jegliches Know- how als auch die entsprechenden Geräte. Er würde um die Nachtruhe gebracht, und sein Auto hätte bereits ein paar Werkstattbesuche wegen zerbissener Achsmanschetten, Kabel und Kühlwasserschläuche hinter sich, begründete er sein dringliches Anliegen.
Um ihn zu beruhigen, versprach ich vorbeizuschauen. Nach 25 km Anfahrt fand ich mich anderntags in einer Stadtrandsiedlung mit angrenzendem Wald wieder. Das bedeutete für mich eine neue Situation in fremder Umgebung.
Nach kurzer Begrüßung, bat ich, einmal ums Haus laufen zu dürfen. Den Spalt in der Bretterverschalung unter dem vorspringenden Dach entdeckte ich bald und bei genauerem Hinsehen auch Kratzspuren im Rauhputz.
Hier also schlieften die Plagegeister ein. Zunächst stieß meine Diagnose auf ungläubiges Staunen, denn die Öffnung schien für den Körper des Marders zu schmal zu sein.
Doch als ich darauf hinwies, dass ihm viereinhalb Zentimeter Höhe reichen, um seinen Kopf durch eine Lücke zu zwängen und ich mit einer entsprechenden Begebenheit beim Mardersprengen aufwarten konnte, fiel es wie Schuppen von den Augen der Bewohner.
Aber wie Weißkehlchen kriegen? Um von innen an den Einschlupf zu gelangen, müsste man die Verschalung entfernen, und von außen kommt man nur mit einer Leiter ran.
An dieser Stelle ist demnach mit keinem Fanggerät etwas zu machen, und in den Dachboden dringen die Ruhestörer nicht ein. Daher stünde dort jedes Fanggerät umsonst.
Überdies: Selbst wenn sie dorthin gelangten, wäre der Fangerfolg fraglich. Wiederholt hatte ich es nämlich schon erlebt, dass zwar nach einiger Zeit ausgelegte Köder angenommen wurden, die Marder in ihrem Unterschlupf aber Fangplatz respektive Falle, von seltenen Ausnahmen abgesehen, mieden.
Ein Stück von der Behausung weg allerdings klappte es mit dem Fangen normalerweise anstandslos. Hof und Garten des Grundstücks sind von Mauern und Maschendraht eingezäunt. Aus der Nachbarschaft kann demnach niemand herein, ferner wohnen keine Kinder im Haus. Auch halten sich keine vorübergehend zum Spielen auf.
Desgleichen lassen sich einige Partien des Hofes von außen nicht einsehen. Alles Faktoren, die das weitere Vorgehen erleichtern. Im Winkel zwischen Garage und Mauer steht eine Blaufichte.
Dort könnte ein potentieller Fangplatz sein; denn der Boden ist nicht gepflastert, die Äste schirmen nach oben ab und belassen dennoch genügend Platz, um später eine Falle zu installieren und publikumssicher zu umbauen.
Als Alternative erkunde ich den Raum zwischen der Kompostkiste und dem angrenzenden Busch. Die Marder suchen mit Sicherheit dort nach Fressbarem und müssten über kurz oder lang auf die Köder stoßen.
Dem Hausbesitzer empfehle ich, an beiden Stellen weiße Eier auszulegen. Nach meiner Beobachtung werden sie nämlich vom Raubwild leichter eräugt als braune. Freilich müssen sie so plaziert sein, dass sie aus Raubwildperspektive auch sichtbar sind. Daher: Ruhig mal mit der Nase zu Boden gehen.
Um aber zweibeinigen “Liebhabern” gar keine Chance zum Entdecken zu geben, – bekanntlich macht Gelegenheit Diebe – rate ich zu einem großflächigen Dach. Eine Eternitplatte an die Einfassung gelehnt, eine alte Tür, zwei Schaltafeln oder eine entsprechende Anzahl von Brettern erfüllen fürs erste auf jeden Fall ihren Zweck, und der Aufwand dafür ist nicht groß.
Sollten die Eier in den nächsten Tagen verschwunden sein, darf es an Nachschub nicht fehlen. Die Farbe spielt dann keine Rolle mehr. Falls einer der beiden Plätze partout nicht angenommen wird, kann das Ei getrost zum Beschicken des anderen hergenommen werden.
Mit der Größe und dem Verfallsdatum der Eier braucht man es nicht so genau zu nehmen. Hier erfüllen nämlich die billigsten aus dem Supermarkt ihren Zweck genauso wie die von den selten gewordenen “Mistkratzern”.
Meinem Klienten schärfe ich ein, spätestens beim dritten Beschicken den Boden mit dem Handspaten aufzulockern und in Folge das Erdreich durch Torf oder Nadelspreu zu ersetzen. Damit gewöhnt sich das Raubwild an die Bodenverwundung bzw. -veränderung.
Geschieht nämlich beides erst beim Einbau der Falle, kann es durchaus sein, dass die Kostgänger misstrauisch werden und den Fangplatz für einige Zeit meiden.
Elstern plündern nicht nur Gelege, sondern machen sich gerne in Vorgärten genossen. Sofern also zerhackte Schalenreste vor Ort liegen, muss nach den Tätern nicht lange gefahndet werden.
Doch sobald eine Schwinge oder ein Federbüschel an einen Zweig über den Fangplatz gebunden im Wind hin- und herschaukelt, schrillt bei den schwarzweißen Dieben die Alarmglocke und verdirbt den Appetit. Fortan bleibt der Fangplatz von ihnen unbehelligt.
Wannenförmig angefressene Eierschalen lassen auf Ratten schließen und an den Polen angefressene auf Wiesel. Beide jedoch zählen nicht zu den Zielgruppen für Abzugseisen und stören nur den Fangbetrieb. Daher ist es besser, im Fall der Fälle ihnen das Terrain zu überlassen und anderweitig einen Fangplatz aufzutun.
Vorerst ist das alles, was ich für den Bittsteller tun kann. Sein Part besteht darin, den ins Auge gefassten Fangplatz durch fleißiges Kirren zu bestätigen und damit eine solide Basis für den späteren Fang zu schaffen.
Zwar ruht im befriedeten Bezirk die Jagd, doch darf der Grundstückseigentümer oder sein Beauftragter nach der derzeitigen Rechtslage in Bayern (Ländergesetze beachten!) nur fangen, wenn er sich die Sachkenntnis über einen offiziellen Fallenlehrgang erworben hat.
Das gilt gleichermaßen für Jagdscheininhaber wie für Nichtjäger. Und selbstverständlich bedarf jedes Fangen außerhalb der Jagdzeit der behördlichen Genehmigung.
Durch vorbereitendes Kirren lassen sich also die Erfolgschancen kalkulieren. Würden im genannten Fall die avisierten Fangplätze nicht angenommen, hätte dort der Kaiser sein Recht verloren, und ich müsste dem Grundstückseigentümer zu verstehen geben, dass mir die Hände gebunden sind.
Eröffnen dagegen die Verhältnisse vor Ort weitere Alternativen, gilt es sie auszuloten. Über kurz oder lang findet sich meist der geeignete Platz, und wenn auf fünf Nieten ein Treffer folgt, rechtfertigt das den Aufwand.
Dieses Verfahren hat sich auch draußen im Revier bestens bewährt, wenn Zweifel bestehen, welcher von mehreren erfolgsträchtig erscheinenden Fangplätzen (Hecke, Bestandesrand, Feldscheune, Steinhaufen, Holzlagerplatz, Feldgehölz, Buschinsel, Wasserlauf, Bepflanzung von Schnellstraßen) letztlich der richtige ist.
Unsere Erfahrung und unser Auge können nämlich nur eine Vorauswahl treffen. Über Wohl oder Weh aber entscheiden allein Geruchssinn und Auge des Raubwildes.
Einen Fangplatz auszubauen, erscheint demnach nur sinnvoll, wenn sichergestellt ist, dass Raubwild diesen auch aufsucht. Eine Kastenfalle würde nunmehr eingebaut, dreiseitig umbaut (Zwangspass!) und auf Durchlauf gestellt.
Wollen wir dagegen mit Totschlagfallen arbeiten, gilt unser nächstes Augenmerk der Verkehrssicherungspflicht. Ihr Kernsatz lautet, dass weder Mensch noch Tier (ausgenommen das zu fangende Raubwild) durch eine Falle Schaden erleiden dürfen.
Mit anderen Worten, das Fanggerät ist publikumssicher einzubauen. Ob man dafür eine geschlossene Fangkiste mit seitlich versetzten Einschlüpfen verwendet, einen Fangbunker aus Holz, Stein bzw. Beton oder gar einen Fanggarten baut, bleibt jedem selbst überlassen. Hauptsache, das Bauwerk genügt den Belangen der Sicherheit.
Mit dem Bau kann man nicht früh genug anfangen und schnell genug fertig sein, denn jeder Veränderung vor Ort begegnet das Raubwild wiederum mit Misstrauen.
Selbstverständlich beachten wir bei der Anlage, dass der Untergrund keine Feuchtigkeit zieht oder dass von außen kein Wasser eindringt. Außerdem heben wir das Fallenbett aus und bringen Fichtennadelspreu als Verblendmaterial ein.
Nun heißt es geduldig sein und fleißig weiterkirren. Sukzessive locken wir jetzt das Raubwild von außen ins Innere der Anlage. Erneut spielt hier das Ei eine Schlüsselrolle; denn es erleichtert uns die Kontrolle wesentlich.
Im Gegensatz zu anderen Kirrbrocken verrottet es nämlich äußerlich nicht und wird unversehrt weder von Mäusen angefressen noch von Greifen angenommen.
Aber auch eine Handvoll Apfeltrester, Rosinen, Birnenschnitzel oder mit Honig gefüllte Wabenteile können Weißkehlchen animieren, eher das Bunkerinnere zu inspizieren.
Druschabfall und Getreide wiederum ziehen Mäuse dorthin und in ihrem Gefolge das Raubwild. Sind die Bunker erst einmal angenommen, legen wir fleißig nach und zwar umso häufiger, je näher der beabsichtigte Fangtermin rückt.
Im Idealfall kontrollieren wir täglich. So gewinnen wir Einblick in die Besuchszeiten des Raubwildes. Manche Fangplätze werden täglich angenommen, andere nur wöchentlich. Dass erstgenannte auf Dauer meist auch die erfolgversprechenderen sind, leuchtet ein.
Bei jedem Beschicken des Bunkers aber wühlen wir das Verblendmaterial durch, machen damit das Raubwild mit der Bodenverwundung vertraut und beugen so dem Scharren vor.
In dieser Phase leistet eine Attrappe aus Schwarzblech gute Dienste: Falls das Raubwild doch auf das versenkte Metall stößt, gewöhnt es sich bald daran und nimmt später am eingebauten Eisen weniger Anstoß.
Bei jeder Spezies gibt es aber einige gewitzte Kandidaten, die zwar regelmäßig ihre “Leckerli” abholen, später aber doch den Braten zu riechen scheinen, das Eisen zielsicher mit den Branten ausbuddeln und den Abzug umschiffen.
Kirrbrocken für den Fuchs graben wir vor und im Fangbunker ein. Dafür eignen sich sehr gut Wildbret- und Geflügelreste, Teile von Aufbrüchen, Gescheide, überfahrene Kleinsäuger und Fisch. Mäßig, aber regelmäßig bringt hier mehr als viel und unregelmäßig.
Um immer ausreichend Kirrgut zu haben, bietet es sich an, von allem portioniert einzufrieren. Das versetzt einen am ehesten in die Lage, den Geschmackstraditionen des betreffenden Kostgängers Rechnung zu tragen: Er kriegt das, was er am liebsten frisst. Ausnahmsweise tut hier also Abwechslung nicht not.
Befürchtungen, man würde durch häufige Anwesenheit den Fangplatz verstänkern, sind fehl am Platz. Ganz im Gegenteil: Das Raubwild, besonders aber der Fuchs, verknüpft bald die Wittrung einer bestimmten Person mit Fraß und wird entsprechend vertraut, insbesondere, wenn nicht fortwährend fremde Düfte (Kleidung, Parfüm, Zigaretten) den Individualgeruch überlagern.
Was sich beim Kirren bewährt hat, tut es auch als Köder. Handelt es sich dabei um Eier, sollte man aber nach wie vor wenigstens ein Lockei zusätzlich auslegen. (Meistens wird dieses übrigens vom Raubwild zuerst angenommen, egal ob es sich vor oder hinter dem Köder befindet).
Ansonsten lotsen kleine Häppchen das Raubwild auf den Weg zum Abzug: Sie sollen nicht sättigen, sondern Appetit auf mehr machen. Hat es aber mit dem Fangen geklappt, kirren wir weiter.
Gerade beim Fuchs erlebte ich wiederholt, dass der erste Fangerfolg eine Weile brauchte, der “Nachschlag” am gleichen Platz sich dagegen schnell einstellte. Wo es was zu holen gibt, bleiben Gäste eben nicht aus.
Sind die Fangplätze erst einmal bekannt und mit Fangbunkern bestückt, reicht es, ab Ende September mit dem Kirren zu beginnen. Einmal herausgefunden bedeutet nämlich nichts anderes als langfristig nutzbar; denn auch Raubwild hält über Generationen dieselben Pässe ein.
Natürlich träumt jeder Trapper vom Spitzenfangplatz, der ihm mehr als fünf Fangerfolge pro Saison beschert. Weil eigentlich fast jedes Revier solche Plätze beherbergt, benötigt der Fänger eine Portion Fingerspitzengefühl, gepaart mit Fleiß und ein wenig Glück, um sie aufzuspüren.
Dann jedoch ist die Nachhaltigkeit gesichert, sofern sich am Fangplatz und seiner Umgebung nichts Wesentliches ändert. Dem Anfänger oder Neuling in einem Revier aber sei empfohlen, beizeiten zu kirren, denn es ist nie zu früh, doch nicht selten zu spät für die anstehende Fangperiode.
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