Schießsimulator Teil II: „Marksman ST-2“:
Das Schießen auf bewegliche Ziele ist eine Herausforderung für jeden Schützen. Deshalb stellen wir Ihnen einen Flinten-Schießsimulator vor.
Realistische Landschaften werden auf die Leinwand projeziert. Unter dem Laufbündel ist das Gehäuse für Kamera und Gyrometer zu sehen |
Von Von Helmut Kinsky, DEVA
Die jeweilige Situation im Jagdbetrieb und auf dem Schießstand erfordert ein schnelles Anschlagen der Waffe und ein optimales Hinführen zum Ziel, sowie je nach Schussentfernung und Flugrichtung des Zieles einen entsprechend gestalteten Bewegungsablauf der Mündung, um zu treffen. All das muss in kurzen Zeitabläufen erfolgen, damit sich das mehr oder weniger schnell bewegende Ziel nicht aus dem Wirkungsbereich der Schrotgarbe entfernen kann.
Damit wird sofort deutlich, dass nur selten ein Treffer möglich ist, wenn die Schäftung der Waffe dem Schützen nicht angepasst ist, der Anschlag der Waffe nicht richtig ausgeführt und die Bewegungsabläufe zum Ziel nicht an die Schießsituation angepasst sind.
Hinzu kommt, dass der nicht unerhebliche Rückstoß einer Flinte und der Schussknall eine zusätzliche Belastung darstellen.
Erheblich erschwert wird das Bemühen, möglichst schnell zum dauerhaften Erfolg zu kommen, durch das Unvermögen des Schützen, bei einem Fehlschuss zu rekonstruieren, warum er vorbeigeschossen und vor allen Dingen, wohin er geschossen hat.
Das Erlernen einer guten Schießtechnik beziehungsweise das Ausmerzen von bestehenden Fehlern ließe sich sicherlich erheblich beschleunigen. Wenn nämlich alle Vorgänge des Schießens von der Darstellung des korrekten Anschlages über den Bewegungsablauf der Waffe bis zur Treffpunktlage der Schrotgarbe in Bezug zum beschossenen Ziel für den Schützen bildlich dargestellt werden könnten.
Die schwedische Firma „Marksman AB“ hat diesen Erfordernissen Rechnung getragen und einen PC-basierten Schießsimulator (Modell ST-2) entwickelt, der einem Schützen nach Abgabe eines Schusses alle erforderlichen Informationen liefert, um sich schnell eine gute Schießfertigkeit anzueignen.
Funktion des Simulators
Über einen oder zwei Video-Beamer, können je nach gewünschter Größe des Projektionsbildes durch einen Computer verschiedene Szenarien auf eine Wand bis zu einer Größe von acht mal drei Meter projiziert werden. Zum Beispiel Wurftaubenstand, Baum- und Busch- oder Seelandschaften. In diesen Szenarien bewegen sich dann die vom Computer animierten Ziele. Der Schütze steht mit seiner Waffe etwa vier Meter vor der Projektionswand.
Da die Simulation in erster Linie den korrekten Anschlag und das zielgerichtete Bewegen der Waffe trainieren will, wird nicht scharf geschossen. Dies hat den großen Vorteil, dass zeit- und wetterunabhängig in geschlossenen Räumen geübt werden kann.
Art der Flinte und Kaliber sind egal
Der Schütze benutzt fürs Üben seine eigene Flinte. An das Laufbündel wird von unten lediglich ein kleines Kästchen geklemmt, das eine Mini-Videokamera und ein Gyrometer enthält. Beide sind über elastische Kabel mit dem Computer verbunden. Die Kamera registriert die Treffpunktlage des „Schusses“, das Gyrometer die Bewegungen der Waffe in alle Richtungen. Eine Laser-Patrone simuliert den Schuss. Es können einläufige und Bock- oder Querflinten im Kaliber 12, 16 oder 20 verwendet werden. In Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Software kann auf stehende oder bewegliche Ziele geschossen werden.
Über ein Menü auf dem Display des Computers, lassen sich alle denkbaren Einstellungen für das Schießen vornehmen. Zieldarstellung, Kaliber, Würgebohrung, Schrotstärke, Blei- oder Alternativ-Schrot, Wildgeschwindigkeit und -richtung, Schussentfernung, um nur einige zu nennen.
Zunächst gibt es nur Software für das Schrotschießen, die aber in Kürze für das Schießen mit der Büchse erweitert wird.
Zur Schaftmaßermittlung und für Anschlagübungen kann eine stehende Scheibe mit Haltepunktmarkierung angezeigt werden. Sie kann auf Entfernungen zwischen fünf und 50 Meter positioniert werden.
Je nach den Menü-Einstellungen wird bei Abgabe eines Schusses auf die Scheibe in Abhängigkeit der gewählten Schussentfernung die Streuung der Schrote dargestellt, wie sie sich durchschnittlich in Bezug auf die gewählten Vorgaben, insbesondere Schrotladung, Schrotdurchmesser und Grad der Würgebohrung auch in der Praxis ergeben würde. Gleichzeitig wird vom Computer die Garbenmitte zum Haltepunkt ermittelt. Wird beispielsweise zehnmal geschossen, werden alle Schüsse registriert und danach ein Protokoll ausgedruckt. Sind darauf Treffpunktlageabweichungen vermerkt, lassen sich Rückschlüsse auf eine dem Schützen nicht angepasste Schäftung oder auf einen nicht konstanten Anschlag ziehen.
Werden die Übungen mit einem Gelenkgewehr geschossen, lassen sich sofort Veränderungen der Schaftmaße vornehmen und deren Einfluss kontrollieren.
Schießen auf bewegliche Ziele
Hierbei zeigt der Simulator seine große Stärke. Im Gegensatz zu einigen anderen „Moorhuhn–Schießsimulatoren“ entspricht das Schießen mit dem Marksman-Simulator der Realität. Die Ziele können sich in frei wählbaren Entfernungen rechtwinklig zum Schützen, aber auch in unterschiedlichen Winkeln auf ihn zu oder sich von ihm wegbewegen. Der Computer berechnet ständig aufgrund ihrer gewählten Geschwindigkeit und Flugrichtung die Schussentfernung. Wenn der Schuss fällt, wird die Flugzeit der Schrote nach außenballistischen Gesetzmäßigkeiten in Relation zur augenblicklichen Schussentfernung berechnet. Daraus ergeben sich die der Praxis entsprechenden „Vorhaltemaße“. Hat der Schütze dies durch das Schwingen der Waffe berücksichtigt, trifft er das Ziel.
Nach dem Schuss kann er sich vom Computer darstellen lassen, wo die Treffpunktlage der Schrotgarbe in Bezug auf das Ziel gelegen hat, und wie er die Waffe zum Ziel geführt hat. Letzteres ist besonders aufschlussreich, zeigt doch dieser Bewegungsablauf, ob er „zielführend“ war.
Die Abbildung unten zeigt in der „Nachblende“ den Schuss auf eine Ente. Der Schütze hat zu heftig vorgeschwungen, der Schuss liegt zu weit vorne.
Mit der Flugphasen-Darstellung der Ente wird die zurückgelegte Wegstrecke gezeigt, von der Auslösung des Schusses (gestrichelte Ente links) bis zur Ankunft der Schrotgarbe (schwarze Ente).
Die Bewegung der Laufmündung zum Ziel lässt sich nach dem Schuss in Zeitlupe darstellen. Die nebenstehende Abbildung veranschaulicht diese Situation, die für den Schützen von großem Vorteil ist. Es hilft ihm, das Führen der Waffe zu stabilisieren und optimal zum Ziel zu bringen.
Die praxisgerechten Fähigkeiten des Simulators lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Schießen mit der eigenen Flinte ohne Schussknall- und Rückstoßbelästigung.
- Anschlagbedingte Treffpunktlage-(TPL)-Ermittlung mit der eigenen Flinte.
- Schaftmaßabhängige TPL-Ermittlung mit der eigenen Flinte.
- Individuelle Schaftmaßermittlung mit einem Gelenkgewehr.
- Bewegungskontrolle der Mündung durch Zeitlupendarstellung.
- Darstellung der Treffpunktlage der Schrotgarbe zum Ziel.
- Vom Wetter unabhängige Trainingsmöglichkeiten.
- Chokeabhängiger Treffflächen-Vergleich.
Alles eine Frage des Geldes
Für zwei Beamer, einen Computer mit Zusatzhardware, Drucker und die komplette Software sind etwa 60 000 Euro aufzuwenden. Schließen sich mehrere Kreisjägerschaften zusammen, dürfte sich ein solches Projekt finanzieren lassen.
Deutlich gesagt werden muss, dass dieser Simulator kein Ersatz sein kann für das reale Üben auf dem Schießstand. Denn auch an Schussknall und Rückstoß mus man sich gewöhnen. Er jedoch stellt die Vorstufe dar und hilft Anfängern, sich eine gute Schießtechnik anzueignen, bevor sie zum Schießstand gehen. „Alte Hasen“ können damit hartnäckige Fehler ausmerzen.
Zusätzliche Informationen finden Sie im Internet unter www.marksman.se oder E-Mail: tommy.andersson@marksman.se, Tel. 00 46/86 41 24 80(Stand 2/2004)
Seelandschaft mit computer-animierter Ente