Tips und praktische Anleitungen zur Überprüfung jagdlicher Einrichtungen.
Zum sicheren Erreichen sämtlicher Hochsitzteile, z. B. beim Nachnageln, sollte eine ausziehbare Alu-Leiter mitgeführt werden. |
Angelica und Jörg Rahn
Jeder Revierinhaber ist für die Betriebssicherheit seiner Reviereinrichtungen verantwortlich und haftbar. In der Staatsforstverwaltung gilt dies für den Revierbeamten. Vom ordnungsgemäßen, sicheren Zustand der Einrichtungen sollten sich die Verantwortlichen daher regelmäßig überzeugen. Hierzu bemerkt die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft in ihrer Unfallverhütungsvorschrift „Jagd“ § 5 (2): „Bauliche Jagdeinrichtungen müssen stets, insbesondere im Frühjahr überprüft und in einwandfreiem Zustand gehalten werden. Mangelhafte Teile sind unverzüglich auszubessern. Nicht mehr benötigte Einrichtungen sind abzubauen.“
Vorbereitung spart Zeit
Der Jagdpächter, Eigenjagdbesitzer oder Forstmann tut gut daran, diese Vorschrift zu befolgen. Schadensersatzansprüche in ungeahnter Höhe könnten sonst auf ihn zukommen. Im folgenden sollen einige Tipps zur eigenen Absicherung sowie zur Kontrolle der Einrichtungen selbst gegeben werden.
In der Regel existiert für jeden Jagdbezirk eine Revierkarte. In diese werden sämtliche Reviereinrichtungen durch verschiedene Symbole eingezeichnet und auf aktuellem Stand gehalten. Für die Gestaltung dieser Karte hat es sich bewährt, die Reviereinrichtungen durch kleine, runde Aufkleber darzustellen: Hochsitze rot, Leitern blau, Schirme grün und Stege/Brücken gelb. In dem Symbol wird die Jahreszahl der Erbauung der jeweiligen Einrichtung vermerkt. Diese Zahl allein gibt schon einige Hinweise auf wahrscheinlich notwendige Reparaturen.
Überdachte Hochsitze sind weitaus weniger anfällig als (Holz-)Leitern. Letztere sind rund ums Jahr an allen Stellen den Witterungseinflüssen ausgesetzt und verrotten dadurch schneller. Selbiges gilt analog für Schirme. Stege, die über kleine Bäche führen, können durch Hochwasser noch schneller in Fäulnis und Zersetzung übergehen.
Zusätzlich zu den farbigen Symbolen sollte jede der genannten Einrichtungen auf der Revierkarte mit einem Namen (Standort prägt sich gut ein) oder einer Nummer versehen werden. Hierdurch läßt sich ein Prüfungsprotokoll leichter erstellen. In ein kleines Buch wird fortlaufend die Überprüfung aller Reviereinrichtungen mit Datum, dem Namen des Prüfers sowie der Nummer/dem Namen der kontrollierten Einrichtung eingetragen.
Alle Kanzeln und Leitern sind an der Einstiegseite an gut sichtbarer Stelle mit einem Verbotsschild zu versehen: „Jagdeinrichtung – Betreten verboten – Der Jagdpächter od. Forstamt XY“. Damit die Schilder nicht durch Unbefugte entfernt werden können, sollten sie mit möglichst langen Schrauben angebracht werden. Annageln reicht oft leider nicht.
Nachweisbare und zeitgerechte Sicherheitsüberprüfungen und Verbotsschilder reichen in der Regel aus, um Ansprüche von Unfallopfern auszuschließen. Mängel dürfen natürlich nicht übersehen werden!
Der Kauf etwas teurerer, aber auch gediegenerer, wirklich gut verarbeiteter Markenwerkzeuge lohnt sich aus zweierlei Hinsicht. Zum einen durch ihre lange Gebrauchstüchtigkeit und Lebensdauer, zum anderen aufgrund verminderter Unfallgefahr wie z. B. durch Verletzungen durch das Abbrechen von Stielen, Wegfliegen von Hammerköpfen etc. Beide Punkte wurden von der „Stiftung Warentest“ beim Erwerb von billigen Baumarktangeboten nachgewiesen.
Überprüfung vor Ort – Hochsitze und Leitern
Ist die zu überprüfende Reviereinrichtung erreicht, geht man bei der Gesamtkontrolle chronologisch vor. Zuerst werden die Ständer begutachtet. Sind diese in den Erdboden eingelassen, werden sie mit dem Spaten bodeneben freigegraben und abgeschabt. Gras und anderer Bewuchs (Moos!) halten die Feuchtigkeit lange und beschleunigen den Verrottungsprozeß. Folglich dürfen die Hauptholme und Leiterfüße nicht überwuchert werden.
Bei eingegrabenen Eichenständern zersetzt sich der Splint sehr schnell, selbst wenn kein feuchtigkeitshaltender Bewuchs vorhanden ist. Wurden zum Bau ausreichend starke Ständer verwendet, ist dies nicht dramatisch. Da der Anteil des Kernholzes bei dicken Ständern entsprechend hoch ist, wirkt sich auch ein angegriffener Splint nicht auf die Stabilität und Sicherheit des Hochsitzes aus. In diesen Fällen wird bei zersetztem Splintholz das Erdreich um die Ständer herum mit dem Spaten gelockert und dann mit einem Halbling festgestampft. Wurden die Ständer von vornherein zu schwach gewählt, ist die notwendige Sicherheit durch das verbleibende Kernholz nicht mehr gewährleistet, und der Hochsitz muss abgerissen werden.
Als nächstes werden die Leiterholme in besonderen Augenschein genommen. Sind sie im unteren Bereich abgefault, muss die ganze Leiter erneuert werden. Die folgende Überprüfung der Sprossen ist besonders wichtig, da schon eine einzige morsche Sprosse einen schweren Unfall verursachen kann. Folglich sollte jeder Jäger beim Besteigen einer Ansitzeinrichtung stets den Zustand insbesondere der Leiter beachten. In der Regel beginnen die Sprossen von den über die Holme hinausragenden Enden her oder von den Nagelstellen aus zu verrotten. Je weiter die Leitersprossen über die Holme überstehen, desto länger ist ihre Lebensdauer. Der Überstand etwa einer Handbreite hat sich als Faustregel bewährt.
Ist die Kontrolle der Leiter und der Holme beendet, kann der Rest der Ansitzeinrichtung begutachtet werden. Bei dieser Aktion wird jeder wichtige Nagel nachgehämmert. Da Wind und Sturm auf Ansitzeinrichtungen einwirken, können sich Nägel lockern und Unfälle provozieren. Neu gebaute Reviereinrichtungen, die im Laufe des Jahres noch nachtrocknen, müssen besonders sorgfältig nachgearbeitet werden. Um sicher an jede Stelle des Hochsitzes/der Ansitzleiter zu gelangen, empfiehlt sich der Einsatz einer Aluleiter. An der Reviereinrichtung selbst dürfen keine „Klimmzüge“ veranstaltet werden! Bereits morsche oder faulende Hölzer werden rechtzeitig ausgetauscht. Werden an einer Ansitzeinrichtung viele Mängel festgestellt, dann ist zu überlegen, ob ein Neubau nicht insgesamt weniger arbeitsintensiv ist als ständige Ausbesserungsarbeiten.
Weitverbreitet ist es, Hochsitze mit Maschendraht zu benageln und sie von Knöterich oder Hopfen bewachsen zu lassen. Der Bewuchs entwickelt letztlich aber ein hohes Eigengewicht, das beim Bau des Ansitzes meist nicht einkalkuliert wurde. Dadurch stimmt vielfach die Statik nicht mehr, und im Extremfall kann der Jäger samt seinem Sitz zusammenbrechen. Des weiteren erschwert der Bewuchs die Sicherheitsüberprüfung. Mängel sind schwer zu entdecken und eine Ausbesserung schadhafter Teile nur zeitaufwendig (Bewuchs zuerst wegschneiden) durchführbar. Auch im Sinne der Sicherheit ist es deshalb günstiger, die Ansitzeinrichtungen (dort, wo notwendig) durch die Umpflanzung mit standortüblichen Gehölzpflanzen in das Landschaftsbild einzugliedern.
Schirme
Stege und Schirme lassen sich durch ihren ebenerdigen Bau sehr leicht kontrollieren. Beim Schirm gilt das besondere Augenmerk der Sitzbank. Der Sichtschutz sowie die Gewehrauflage werden ebenfalls begutachtet und gegebenenfalls erneuert.
Bei Stegen und Brücken müssen zunächst die Träger sowie die aufgenagelten Laufflächenhalblinge kontrolliert werden. Gute Gelegenheit zur Trägerkontrolle bieten zugefrorene Bachläufe. Für die Begutachtung der Lauffläche gilt dies nicht, da man sie von oben her gut einsehen kann. Die Halblinge müssen, um die Rutschgefahr und das Unfallrisiko zu mindern, gründlich von Moos und Algen befreit werden.
Das Geländer muss besonders stabil gebaut und sorgfältig gewartet werden. Da Brücken und Stege stets ein beliebter Anziehungspunkt für Spaziergänger oder gar Mountainbiker darstellen, darf nie vergessen werden, das bereits erwähnte Verbotsschild anzubringen bzw. zu erneuern.
Sämtliche baufälligen oder aus anderen Gründen nicht mehr benötigten Reviereinrichtungen sollten auf jeden Fall abgerissen und beseitigt werden. Dadurch bilden sie für Mensch und Tier keine Gefahr mehr und das Landschaftsbild wird nicht durch Ruinen beeinträchtigt.
Der Abriß eines Hochsitzes
Da sich Hochsitze im Regelfall an Waldrändern, Wegen, Wiesen, Schneisen oder (Wild-)Äckern befinden, ist ihre Entsorgung nach dem Abriss sehr einfach. Die Frontseite ist meist freigeschnitten, so dass keine Bäume oder Sträucher den Fall des Hochsitzes behindern könnten. Im ersten Schritt werden mit der Motorsäge (immer zu zweit arbeiten!) die seitlichen Diagonalen in der Nähe des Ständers durchtrennt.
Danach wird je ein Fallkerb in die Frontseite der beiden vorderen Ständer geschnitten. Die Unfallverhütungsvorschrift „Forsten“ § 5 Abs. 4 besagt: „Der Fallkerb wird im allgemeinen hergestellt durch folgende Schnitte:
- einen rechtwinklig zur Fallrichtung angesetzten und waagerecht verlaufenden Schnitt (Fallkerbsohle) von 1/5 bis 1/3 des Stammdurchmessers,
- einen Schnitt, der in einem Winkel von etwa 30 Grad bis 45 Grad zum Sohlenschnitt von oben geführt, genau die beiden Endpunkte des Fallkerbsohlenschnittes trifft (Fallkerbdach). Der waagerechte Fallschnitt verläuft mindestens drei Zentimeter über der Fallkerbsohle und ist so zu führen, dass eine Bruchleiste von mindestens einem Zehntel des Stammdurchmessers verbleibt.“
Jetzt werden die beiden hinteren Ständer durchtrennt. Der Hochsitz wird jetzt nur noch durch die Leiter gehalten, die als letztes mit der Motorsäge durchtrennt wird. Nachdem die Kettensäge außer Reichweite der Fallinie abgelegt wurde, kann der Hochsitz durch leichtes Anheben der Leiter zum Umstürzen gebracht werden. Er fällt genau in die Richtung, in die die Fallkerben zeigen.
Es ist selbstverständlich, dass abgerissene Reviereinrichtungen nicht im Revier verbleiben. Alle Nägel werden gezogen, eventuelle Metallriegel und Schlösser abgeschraubt und – sofern nicht aus Holz – das Dach des Hochsitzes entfernt. Das Holz kann jetzt als Brennmaterial für das nächste Streckenfeuer, beim nächsten Lagerfeuer oder zum Beheizen des Hüttenofens dienen.
Sicherheit schafft ein gutes Gewissen.
Nach Ausführung aller beschriebenen Tätigkeiten hat der Revierinhaber sein Möglichstes für die Sicherheit seiner Reviereinrichtungen und damit für die Unfallverhütung getan. Getrost und guten Gewissens kann er im Frühjahr auf den Beginn der Jagd auf Rehböcke und Schmalrehe warten. Seine eigene Sicherheit und die seiner Jagdfreunde ist gewährleistet. Alle werden vorbildliche Ansitzeinrichtungen vorfinden, die keinen Anlass zu Ärgernissen bieten – Waidmannsheil!
Hat man sich zum Abriss einer einer maroden Kanzel entschieden, folgt dem Setzen des Fallkerbes zunächst der Fallschnitt an den vorderen Ständern. Nach dem Durchtrennen der Diagonalstreben und der hinteren Ständer wird die Kanzel durch das Anheben der zuvor durchtrennten Leiter zu Fall gebracht. |