OBSTBÄUME IM REVIER:
Obstbäume liefern das begehrte Prossholz in winterlichen Notzeiten und stellen seltenen Vögeln wie dem Steinkauz und dem Wiedehopf Baumhöhlen als Brutraum. Sie sind für viele Lebewesen inklusive unserem heimischem Wild ein heißbegehrter Nahrungslieferant. Ihr ökologischer
Stellenwert ist unschätzbar. Jörg Rahn beleuchtet Sortenwahl, Pflanzmethoden, Verbiss- und Verfegeschutzmaßnahmen sowie Pflegeschnitte dieser Kulturpflanzen.
Obstbäume im Rvier sind Wildmagneten |
Von Jörg Rahn
Obstbäume prägten vielerorts das Gesicht der dörflichen Gemeinden. Sie standen als charakteristische Einzelbäume im lockeren Verband an Feldwegen, Straßen, Rainen, Böschungen und Gräben oder als Streuobstwiesen hinterm Hof in der Schweineweide. Vor allem im 19. Jahrhundert wurden sie gezielt angelegt, weil ihre Doppelnutzung von Obstertrag und Grünland der damals üblichen Bewirtschaftung entsprach. Leider verschwanden im Laufe der Jahre immer mehr alte, knorrige Obstbäume aus unserem Landschaftsbild, da sich diese Art des Obstanbaus aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr lohnte. Nach Jahren des Abholzens ist der Erhalt und die Neuanlage von Streuobstbeständen zu einem besonderen Anliegen auch des Naturschutzes geworden.
Klarapfel zieht Schalenwild magisch an
Aus zahlreichen Töpfen werden daher Wiederanpflanzungen gefördert. Allerdings ist nur der Grundeigentümer antragsberechtigt. Bei der Neuanlage von Streuobstbeständen werden nur solche gefördert, bei denen Hochstämme gepflanzt werden. Hochstämme weisen in der Regel eine Stammhöhe von 160 Zentimetern auf, Spindelbüsche eine von 50 Zentimetern, Buschbäume eine von 60 Zentimetern, Niederstämme eine von 80 bis100 Zentimetern und Mittel- und Halbstämme eine von 120 bis 130 Zentimetern. Hochstämme fruchten nach sieben Jahren, während die anderen noch früher Früchte tragen, dafür aber nicht so alt werden. Natürlich lassen sich die niedrigeren Bäume leichter beernten und auch pflegen (Obstbaumschnitt), aber das Wild kann sich auch leichter an den Blättern und Knospen gütlich tun. Gerade in Rotwildrevieren ist die Anpflanzung von Hochstämmen zu bevorzugen, da sie schnell aus dem Äser des Wildes wachsen und nicht solange geschützt werden müssen.
Jagdlich motivierte Obstbaumpflanzung dient mit ihrem Fallobst in erster Linie dem Schalenwild. Daher setzt man vorzugsweise auf das Pflanzen von Apfel-, Birn- und Pflaumenbäumen. Kirschen, Aprikosen sowie Pfirsiche sind zu vernachlässigen. Mischpflanzungen verschiedener Baumarten sind naturgemäß resistenter gegen Pilze und tierische Schädlinge als Monokulturen. Die Sorten sind so auszusuchen, dass die Reifezeiten vom Sommer bis zum Spätherbst reichen und somit dem Wild eine Nahrungsquelle über einige Monate bieten. Der weiße Klarapfel beispielsweise zieht das Schalenwild im Juli/August geradezu magisch an. So mancher Feisthirsch ist schon zur Strecke gekommen, weil er im August nicht von dieser Apfelsorte lassen konnte und sich regelmäßig unter den Bäumen einstellte.
Ob der Revierinhaber sich bei der Auswahl der Sorten für Wildobst, wertvolles Tafelobst oder für die alten Obstsorten, die rauhe Standorte und eine extensive Pflege vertragen, entscheidet, steht in seinem Benehmen. Wer sich für die alten Obstsorten entscheidet, hat in der Regel den geringeren Arbeitsaufwand, da sie pflegeleichter sind. Zwecks Bestellung sollte eine anerkannte Baumschule ausgewählt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Äpfel, Birnen und Zwetschken Fremdbestäuber sind. Daher müssen immer mehrere Sorten nebeneinander gepflanzt werden, insbesondere dann, wenn in der näheren Umgebung keine Obstbäume zu finden sind. In der Tabelle der Obstsorten sind die guten Pollenspender gekennzeichnet.
Apfeltrester aussäen
Eine einfache Art, sich Wildobst selbst heranzuziehen, ist beispielsweise das „Aussäen von Apfeltrester“. Hierbei wird frischer Trester von vollreifen Äpfeln in ein vorbereitetes Gartenbeet flach eingearbeitet und unkrautfrei gehalten. Im Frühjahr keimen die Sämlinge, und bei gutem Boden und ständiger Pflege wachsen bis zu einem Meter lange Ruten heran. Werden alle Sämlinge benötigt, so müssen diese verzogen werden, damit das einzelne Bäumchen genügend Standraum hat. Die herangezogenen Pflänzchen können in ein anderes Beet verpflanzt werden (verschulen), sofern das noch von Nöten ist. Gegebenenfalls muss gegen Mehltau gespritzt werden, eine vorbeugende Behandlung kann ab Mitte Mai erfolgen. Das Auspflanzen ins Revier erfolgt, sobald die Bäume die gewünschte Höhe von zirka 1,50 Meter erreicht haben.
Risiko ist groß
Alle zuvor genannten Obstarten sind spätfrostempfindlich und gehören keinesfalls in Geländemulden, aus denen die nächtliche Kaltluft nicht abfließen kann. Wünschenswert sind tiefgründige Böden, die im Oberboden einen PH-Wert von 5,5 bis 7,0 aufweisen. Sind die zuvor genannten Bedingungen im Revier erfüllt, so eignen sich besonders Wildäcker und Wildwiesen als Standort für die Neuanpflanzung, da sie die Attraktivität in der Zeit des Obstabfallens enorm erhöht. Bei der Bepflanzung sind die Süd- und Südostränder der Flächen auf jeden Fall zu bevorzugen, da es dort zu einer längeren Sonneneinstrahlung kommt. Im Laufe des Jahres bieten sich dem Revierinhaber mehrere Zeitpunkte für das Pflanzen an:
Das zeitige Frühjahr ist neben der Spätherbstpflanzung ein Garant für ein schnelle Anwachsen der Bäume. Die Pflanzung wird durch den Temperaturanstieg und das damit verbundene Austreiben der Forstpflanzen gefördert. Bei günstiger Witterung von August bis Mitte September kann auch im Spättsommer gepflanzt werden. Fallen in dieser Zeit wenig Niederschläge oder ist der Sommer extrem trocken, ist das Risiko groß, dass die jungen Obstbäume vertrocknen. Der Monat Oktober ist der geeignetste Zeitpunkt für eine Spätherbstpflanzung. Bei offenem Wetter (Boden nicht gefroren) kann bis in den Dezember hinein gepflanzt werden. Die Ballenpflanzung (eingetopfte Pflanzen) kann das ganze Jahr über durchgeführt werden. In der Hauptvegetationszeit (Mitte Mai bis Mitte Juli) muss aber ein ausreichendes Wasserangebot für die Pflanzen sichergestellt sein. Fällt in diesem Zeitraum kein Regen, müssen die Ballen bewässert werden, da sie sonst austrocknen und das Bäumchen eingeht.
Für die Hochstammpflanzung würde ich immer den Spätherbst vorziehen – nach Laubabfall. In dieser Jahreszeit haben die Bäume den wenigsten Wasserstress und können in Ruhe neue Wurzeln ausbilden. Kommen die Pflanzen nicht frisch in den Boden, ist alle Mühe vergebens. Es muss sichergestellt werden, dass sie auf dem Transport und der Pflanzfläche wenig Wasser verlieren und die Wurzeln nicht austrocknen. Kleinere Pflanzmengen holt man am besten selbst ab. Einige Baumschulen bieten für den Transport wiederverwendbare Transport- und Frischhaltebeutel an. Der zugebundene Beutel verhindert über mehrere Tage hinweg ein Austrocknen der Wurzeln. Das Abdecken des Pflanzgutes mit einer Plane hat nicht den gleichen Effekt.
Müssen größere Mengen von Pflanzen zwischengelagert werden, sollten Einschlagplätze vorbereitet werden. Hierzu eignen sich insbesondere schattige Wegeränder, windgeschützte Senken oder für eine kurzfristige Lagerung auch Tümpel. Den Pflanzeneinschlag kann man leicht mittels eines Treckers und einer Fräse vorbereiten: In dem aufgelockerten Boden wird mit dem Spaten ein Graben ausgehoben. Nach dem Abladen werden die Pflanzenbündel direkt in den Graben gelegt und bis zum Wurzelhals mit Erde angehäufelt. Müssen die Pflanzen auf einer Freifläche eingeschlagen werden, sollten sie mit den Triebspitzen nach Süden zeigen. Darüber gelegte Fichtenzweige bieten einen zusätzlichen Schutz vor Austrocknung.
Der Wurzelschnitt, der dem besseren Anwachsen dient, kann mit einem kleinen Beil, einer Heppe oder einer Baumschere durchgeführt werden. Hier sollte aber die Devise gelten: So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig wegschneiden. Das Kürzen der Wurzeln sollte im Revier unmittelbar vor dem Auspflanzen geschehen. An den frischen, glatten Schnittstellen bilden sich rasch neue Feinwurzeln.
Soll die Anpflanzung zu einem späteren Zeitpunkt maschinell gepflegt werden, muss ein Verband gewählt werden, der regelmäßige Abstände in Maschinenbreite einräumt. Kleinere Anpflanzungen lassen sich leicht mit einem Freischneidegerät oder einer Sense pflegen, daher ist das hier nicht unbedingt nötig. In der Tabelle unten sind Pflanzverbände aufgezeigt, die für einzelne Baumarten zu empfehlen sind.
Nach der Pflanzung müssen die Obstbäume sofort geschützt werden, größere Anpflanzungen am besten mit einem Pfostenzaun (Abstand der Pfähle maximal fünf Meter), kleinere mit einem Einzelschutz. Die Maschengröße des Drahtgeflechtes richtet sich nach den im Revier vorkommenden Wildarten.
Für den Einzelschutz der Bäume gibt es viele Möglichkeiten
Zum Schutz vor Rotwild wird im Handel zum Beispiel ein Ursus-Wildgatter mit der Typenbezeichnung AS 200/17/15 S angeboten. „AS“ bedeutet Wildgattergeflecht, „200“ gibt die Gesamthöhe des Geflechtes in Zentimetern an, „17“ bezeichnet die Anzahl der Horizontaldrähte und „15“ den Abstand der senkrechten Drähte in Zentimetern. Das „S“ steht für die starke Ausführung, bei der die Drähte einen Durchmesser von 2,5 bis 3,0 Millimeter haben. Dick verzinkte AS-Geflechte sind besonders lange haltbar sowie gut rollbar und elastisch, was mitunter eine mehrmalige Wiederverwendung erlaubt.
Hochstämme im Zaun gepflanzt sind relativ sicher vor Triebverbiss, Schäl-, Fege- und Schlagschäden, nicht aber vor den Mäusen, die im Winter gerne die Rinde der Obstbäume abnagen. Einmal geringelt sterben sie ab. Eine gras- und krautfreie Fläche im Jungendstadium der Bäume kann dieses in der Regel verhindern, ist dies nicht der Fall, helfen ausnahmsweise Giftköder. Für den Einzelschutz der Obstbäume gibt es einige Möglichkeiten wie Wild- und Fegeschutzspiralen, -manschetten, HSM-Kürassier, Wuchs- und Schutzhüllen, Fegeschutzstäbe sowie Langzeitbaumschützer von Planta Gard. Unelastische Hüllen eignen sich ebenso wenig, wie zu allzu weite Schutzmaßnahmen. Die oft verwendeten Drainagerohre bieten Nagern nicht nur guten Schutz vor Witterungseinflüssen, die innenseitigen Rillen ermöglichen auch einen ordentlichen Aufstieg für Mäuse.
Da es bei den Obstbäumen aber auch zu einem wesentlichen Teil um den Verbissschutz geht, hat es sich im Rotwildrevier bewährt, die an Stützpfählen befestigten Obstbäume mit einem Kleingatter einzuzäunen. Die Größe 2x2x2 Meter im Dreieck bei zwei Meter Höhe verhindert in den ersten Wuchsjahren Verbiss. In den folgenden Jahren, wenn die Zweige seitlich über den Zaun hinausragen, ist der Baum schon so groß, dass ihm ein „Knabbern“ nichts mehr ausmacht und er trotzdem fruktifiziert. Ein weiterer Vorteil dieser Kleingatter ist, dass das Wild an die meisten herunterfallenden Früchte gelangen kann, was in einem gezäuntem Areal nicht möglich ist.
Um die Obstbäume möglichst ertragreich zu machen und so dem Wild viel Äsung zu bieten, gehört neben der Düngung auch der Obstbaumschnitt. Im Leben eines Baumes kommen drei Schnittarten zur Anwendung. Beim Pflanzschnitt wird der Leittrieb um ein Drittel gekürzt, die Seitentriebe werden ebenfalls beschnitten, so dass sie etwa gleich hoch sind. In den ersten vier bis fünf Jahren nach dem Pflanzschnitt wird durch den Erziehungsschnitt folgende Rangordnung hergestellt: Der Leittrieb ist stärker als die Seitenleittriebe, der Seitenleittrieb ist wiederum stärker als das Fruchtholz. Hierdurch wird die gewünschte Kronengröße erreicht. Auslichtungs- und Erhaltungsschnitte sind in den weiteren Jahren notwendig. Dabei werden Astpartien, die Schatten verursachen, Wasserschosse, abgetragene oder verkahlte Fruchtäste sowie konkurrierende Zweige entfernt. Von der Sonne beschienene Astpartien müssen gefördert werden. Sie haben den höchsten Fruchtanteil.
Schalenwild weiß solche alten Obstbaumwiesen zu schätzen. Optimal wäre es, wenn die Bäume auf einer Wildwiese oder -acker stehen würden |