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Keine Füchse mehr, was nun?

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Niederwild auf der dÄnischen Insel Bornholm

Die Räude raffte auf der großen dänischen Ostseeinsel Bornholm alle Füchse dahin.
Die Auswirkungen auf die Niederwildbesätze sind erstaunlich.

 

Dieser Fuchs leidet an Räude-Befall. Doch ist Reineckes Leid des Niederwilds Freud?

Von Tommy Asferg

Ein fuchsfreies Gebiet von 600 Quadratkilometern Größe ist seit 15 Jahren Realität auf der Ostseeinsel Bornholm. Die Vorgeschichte: Die Räude trat erstmals 1986 auf, breitete sich sehr schnell aus, und nach einigen Jahren waren die Füchse vollständig ausgerottet.

Wie rapide der Seuchenzug verlief, spiegelt sich unter anderem in den Fuchsstrecken wider. In der Zeit von 1981 bis 1985 wurden auf der Insel jedes Jahr kontinuierlich durchschnittlich 800 Füchse gestreckt. So waren es 1986 etwa 800, 1987 etwa 600, 1988 sank die Strecke auf rund 300 und 1989 kamen nur noch etwa 50 Füchse zur Strecke. Daraufhin wurden ab 1990 die Füchse auf der Insel geschont, da nur noch ganz vereinzelt welche auf der Insel bestätigt wurden. Aber diese Vollschonung konnte nicht verhindern, dass bald alle Insel-Rotröcke von der Räude völlig dahingerafft wurden.

Über die Auswirkung von Füchsen auf bestimmte Beutetiere klaffen die Meinungen immer noch sehr weit auseinander. Nicht zuletzt deshalb, weil kein bisheriges Forschungs-Vorhaben von dem „Idealfall“ ausgehen konnte, in einem absolut fuchsfreien Gebiet – wie jetzt auf der Insel Bornholm – zu forschen. Dieses isoliert liegende Versuchsgebiet bietet deshalb die ungewöhnliche Chance, zu aussagekräftigen Ergebnissen zu gelangen.

Unter normalen Umständen würde eine derart ideale Versuchsbasis nie genehmigt werden, denn dazu müsste man sämtliche Füchse mit legitimen Mitteln eleminieren, was – wie jeder Praktiker weiß – überhaupt nicht machbar wäre. Erst der radikale Eingriff durch die Räude machte diese Chance möglich. Sicherlich wären aus dieser einmaligen Situation auch Rückschlüsse auf andere Zusammenhänge in diesem Lebensraum zu ziehen, aber man beschränkt sich zunächst auf Erforschung des Zusammenwirkens von Fuchs und den klassischen Niederwildarten.

In den Statistiken werden die Gesamtstrecken der Jäger eines ganzen Landkreises dokumentiert, denn Bornholm ist ein eigenständiger Kreis. Die bodenständige Art der Bejagung des Niederwildes in Form von Such- und Treibjagden hat sich im Lauf der Jahre ebenso wenig verändert wie die Bejagungs-Intensität und der Lebensraum auf dem Eiland.

Kitz-Verluste durch Rotröcke gravierend

Der Rehwildbestand auf Bornholm zeigte zwar schon von 1970 an eine kontinuierlich leicht ansteigende Tendenz, schnellte aber mit der Abnahme und dem späteren Verschwinden der Füchse sprunghaft in die Höhe. Ein sicheres Zeichen dafür, dass die Kitz-Verluste durch die Rotröcke gravierender sind, als man vielerorts wahrhaben will. Eine Erhebung in Schweden ergab vor einigen Jahren, dass bis etwa 70 Prozent aller gesetzten Kitze den Füchsen zum Opfer fielen.

Im Jahr 1987 stiegen die Hasen-Strecken im Vergleich zu der Zeit vor der Räude sprunghaft an und hielten sich seit dem recht konstant. Erlegt werden pro Jahr etwa 6000 Langohren.

Die Ausbeute an Rebhühnern war schon immer sehr bescheiden auf Bornholm. Von 1970 bis 1978 lag die Jahresstrecke zwischen 600 bis 800 Stück, aber nach einigen kalten Wintern fiel sie bei zurückhaltender Bejagung auf 200 bis 300 Hühner. Nach 1985 stieg die Zahl dann drastisch an bis Mitte 1990, fiel aber erstaunlicherweise danach wieder auf das Niveau von vor 1986. 2000/01 wurden durchschnittlich nur 0,6 Rebhühner pro Quadratkilometer bejagbarer Fläche erlegt, was etwa der Hälfte der Landesdurchschnitts-Strecke in Dänemark entspricht.

Nach 1950 wurden auf Bornholm keine Fasanen mehr ausgesetzt

Die Fasanenstrecke lag von 1970 bis 1985 relativ stabil bei etwa 15 000 Stück. Nach dem Zusammenbruch der Fuchspopulation änderte sich das. Von 1986 bis 1990 stieg die Zahl zunächst drastisch an, senkte sich danach aber wieder bis auf das Niveau von 1986.

2000/01 wurden auf der Insel durchschnittlich 21,7 Fasanen pro Quadratkilometer erbeutet, womit die Strecke etwa 25 Prozent über dem dänischen Landesdurchschnitt lag. 1990 war die höchste Strecke mit 80 Fasanen pro Quadratkilometer und damit viermal so hoch wie der Landesdurchschnitt. Es muss angemerkt werden, dass nach 1950 auf Bornholm keine Fasanen mehr ausgesetzt wurden.

Die Besätze und Strecken der Wildkaninchen stiegen ebenfalls leicht, wobei der Besatz so gering ist, das er alleine nur sehr wenig Aussagekraft hat.

In Dänemark werden Erhebungen über den Einfluss von Raben- und Greifvögeln auf das Niederwild gemacht. Demnach sind manche Greifvögel, Krähen und Elstern – neben der Witterung in der Schlupf- und Aufzuchtzeit – entscheidende Faktoren in Bezug auf die Besatzhöhen des klassischen Niederwildes.

Offensichtlich haben vom Zusammenbruch der Fuchspopulation in kurzer Zeit andere Predatoren auf der großen Insel erheblich profitiert. Hauptsächlich Nerze, Krähen, Elstern und Greifvögel füllten Teile der entstandenen Nische.

Erschwerte effektive Regulierung

Trotz ständiger landesweiter Zunahme an Elstern und Krähen sinkt die Zahl der erbeuteten Vögel dieser beiden räuberischen Arten auch auf der Insel Bornholm. Das gibt aber ein verzerrtes Bild von der Realität, denn der Rückgang liegt daran, dass der Gesetzgeber den dänischen Jägern durch Restriktionen die effektive Regulierung dieser generalistischen Arten erheblich erschwerte.

Die jährlichen Streckenzahlen belegen, welchen Einfluss das völlige Verschwinden der Rotröcke auf die Entwicklung der potentiellen Beutetiere, also auch des Niederwildes, hatte. In der Grafik sieht man die Fünf-Jahresdurchschnittstrecken von Rehwild, Hase, Rebhuhn und Fasan aus der Zeit von 1981 bis 2000 auf Bornholm.

Gleiches Steigungsmuster

Unmittelbar vor Ausbruch der Räude wurden, um einen Vergleichswert zu haben, alle Niederwild-Arten auf 100 gesetzt, die darauffolgenden Jahre wurden im Verhältnis dazu berechnet. Die Statistiken zeigen, dass die Strecken von Hasen und Rehen direkt nach der Räude anstiegen, aber die höchsten Strecken erst 1991 bis 1995 erreicht wurden und sich danach auf dem Niveau 100 bis 150 Prozent über dem Niveau von vor 1986 einpendelten.

Die Rebhuhn-Strecken weisen das gleiche Steigerungsmuster auf, aber sie begannen direkt danach wieder zu fallen. Zwischen 1986 bis 1990 hatte sich die Strecke der Fasanen schon verdoppelt, blieb in der Folgezeit recht hoch und fiel dann in der Zeit von 1996 bis 2000 erstaunlicherweise wieder auf das Niveau von der Zeit vor der Räude.

Verringerung von 2700 Fasanen

Der Einfluss des Fuchses auf die vier Haupt-Niederwildarten scheint nach den vorliegenden Untersuchungen auf Dauer gesehen also unterschiedlich zu sein. Es sei denn, dass inzwischen andere Faktoren die „Marktlücke“ ausgefüllt haben. Den vorliegenden Zahlen zu Folge scheint sich die Zunahme an Raben- und Greifvögeln weniger auf Rehwild und Hasen als auf das Federwild auszuwirken. Füchse sind aber ohne Frage die wichtigste Gefahr für Kitze, Junghasen und in der winterlichen Notzeit auch für Althasen. Dieses kann die Erklärung dafür sein, dass Fasanen- und Rebhuhnbesätze nach einiger Zeit wieder abfielen und Hasenbesätze und Rehwildbestände sich ohne den Einfluss von Füchsen auf dem neuerdings hohen Niveau halten.

Wenn man nun auf die einzelnen Zahlen schaut, zeigt das Bornholmer Ereignis folgendes Ergebnis: Im Verhältnis zu der Fünf-Jahres-Periode vor der Räude war die Strecke 1986 bis 2000 jährlich mit etwa 1300 Stück Rehwild, 2800 Hasen, 300 Rebhühnern und 10 300 Fasanen höher als normal. Verlängert man die Rechenmethode bis 2000/2001 hin, so ergibt sich ein „Überschuss“ von 1500 Rehen, 3300 Hasen, 100 Rebhühnern und eine Verringerung von 2700 Fasanen.

Gibt es tatsächlich überhaupt keine Füchse mehr auf der Insel?

Viele Niederwild-Jäger, die trotz aller Mühen die überhöhten Fuchsbesätze nicht in den Griff bekommen, werden sicherlich die Aussagen der Bornholmer Jäger verwundern, dass diese lieber auf die gestiegenen Strecken beispielsweise beim Hasen verzichten würden, als auf die Bejagung der Füchse. Sogar über eine Wiedereinbürgerung der roten Freibeuter wird gesprochen.

Doch noch eine weitere Frage wird auf Bornholm heiß diskutiert: Gibt es tatsächlich überhaupt keine Füchse mehr auf der Insel? Mit hundertprozentiger Sicherheit kann man darauf keine Antwort geben, zumal davon berichtet wird, dass Fuchsspuren gefunden wurden. Auch ist davon die Rede, dass „Spaßvögel“ verendete Füchse nach Bornholm mitgebracht und an die Straßenränder gelegt haben, um zu zeigen, dass es hier doch noch welche gibt.

Es gibt heftige Befürworter und auch Gegner der Wiederansiedelung von Füchsen auf der Insel Bornholm. Die Jagdbehörde hat hierzu das letzte Wort und bisher versichert, dass sie auf keinen Fall eine Genehmigung zum Aussetzen von Füchsen geben wird. (Aus dem Dänischen übersetzt von Carsten Tews)

 


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