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Mit Hund und Scheuche

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Jährlich werden Tausende Rehkitze, Junghasen und Fasanengelege Opfer der Kreiselmäher.Immer schnellere Traktoren mit bis zu drei Mähwerken machen es für den Nachwuchs unmöglich, dem Schnitter Tod zu entrinnen. Revierjäger Sascha Schmitt gibt Tipps, wie Sie Ihr Jungwild retten können.

 

Der Kurzhaar steht vor – er hat eine auf dem Gelege sitzende Fasanenhenne gefunden. Gleich wird der Hund ins „Down“ getrillert und das Gelege vom Hundeführer in Sicherheit gebracht

Von Sascha Schmitt

Mit betroffenem Gesicht steht Landwirt Gerhard neben seinem Traktor. Nach der Begrüßung, die ungewohnt knapp ausfällt, geht er mit dem Jäger über die zum Teil bereits abgemähte Wiese bis zum nahen Waldrand. „Dort hinten liegt es, geh mal hin, ich möcht‘ mir das nicht noch mal anschaun“, sagt er dem Jäger kleinlaut. Nach einigen Schritten offenbart sich die Bescherung.

Das Rehkitz versucht verzweifelt, auf den ihm verbliebenen Hinterläufen wegzukommen. Hier kommt jede Hilfe zu spät. Der Schuss aus der Bockbüchsflinte setzt dem Leid ein Ende. „Ich habe aufgepasst, wie ein Luchs, aber da war nichts zu machen“, versucht sich Gerhard zu entschuldigen. „Im nächsten Jahr rufe ich bestimmt vorher an.“ „ Das war ja auch schon für dieses Jahr verabredet“, ist die kurze Antwort des Jägers.

Optische und akkustische Scheuchen kombinieren

Ohne Absprachen ist die Jungwildrettung während der Wiesenmahd nicht durchführbar. Die Initiative muss hier vom Jäger ausgehen. Zeitig bittet man die einzelnen Landwirte um den voraussichtlichen Mähtermin. Gleichzeitig vereinbart man, dass der Landwirt sich mindestens zwei Tage vorher meldet, falls sich der Mähbeginn aufgrund der Wetterlage oder aus anderen Gründen nach vorn oder hinten verschieben sollte. Diese Gefahr besteht besonders, wenn die Mahd durch Lohnunternehmer erfolgt. Sinnvoll ist es zudem, die Reihenfolge, nach der die Stücke gemäht werden, gemeinsam mit dem Bauern festzulegen. Die Vorjahre haben gezeigt, in welchen Grünflächen das Wild bevorzugt seinen Nachwuchs beziehungsweise sein Gelege ablegt. Der Landwirt sollte mit den weniger gefährdeten Wiesen beginnen, um dem Jäger die Möglichkeit zu geben, die Flächen vor dem Mähen noch gründlich abzusuchen.

Sind alle notwendigen Absprachen getroffen, müssen die Vorbereitungen beginnen. Der Schutz vor dem Ausmähen kann durch vorbeugende Maßnahmen, wie durch das Aufstellen von optischen und akustischen Wildscheuchen, die das Vergrämen des Wildes von einer bestimmten Fläche bezwecken sollen, oder durch Absuchen der Flächen nach Jungwild erfolgen. Die größte Sicherheit gibt in jedem Fall die Kombination dieser Möglichkeiten, da es besonders beim Anbringen von Scheuchen leider keine hundertprozentige Garantie dafür gibt, dass sämtliches Wild seine Jungtiere aus der betreffenden Grünfläche führt und es an einem vor den Mähern sicheren Ort ablegt.

Von Verstänkerungs-Maßnahmen, wie den hinlänglich bekannten Toilettensteinen, ist aufgrund ihrer fragwürdigen Wirksamkeit abzuraten. Wer dennoch nicht darauf verzichten möchte, sollte sie allenfalls mit optischen Mittel, wie Scheuchen, kombinieren.

Bei Federwild wie dem Fasan, bei dem die Henne zum Mähtermin oft noch auf dem Gelege sitzt, nützt das Vergrämen nichts. Hier würde höchstens erreicht, dass die Henne ihr Gelege im Stich lässt, was einen Ausfall des gesamten Nachwuchses zur Folge hätte. Hier hilft nur das Einsammeln und künstliche Ausbrüten der Gelege.

Die benötigten Wildscheuchen kann man sich mit geringen Kosten und wenig Arbeitsaufwand selbst anfertigen (siehe Kasten). Auch Blinkleuchten oder an Pfählen befestigtes Absperrband bieten sich hierfür ebenso an.

Als akustische Wildscheuche eignet sich hervorragend ein mit Batterien versehenes Kofferradio, das man, mit voller Lautstärke betrieben, an die Wiese stellt. Der Nachteil aller Vergrämungsmethoden ist der Gewöhnungseffekt. Das heißt, dass die abschreckende Wirkung rasch nachlässt, da das Wild sich schnell an die Scheuchen gewöhnt und sein Jungwild wieder in die Grünfläche führt. Deshalb sollte man alle Vergrämungsmittel erst am Nachmittag vor der Mahd ausbringen. Entscheidend für die Wirkung der Mittel ist zusätzlich die Anzahl der Scheuchen. Bewährt hat sich ein Abstand von 25 Metern zwischen den Stangen. Die Kombination von optischen und akustischen Mitteln erhöht die abschreckende Wirkung beträchtlich.

Nachts kommt das Raubwild

Das Absuchen der Fläche lässt sich aber in keinem Fall durch das Aufstellen von Wildscheuchen ersetzen. Um effektiv arbeiten zu können, empfiehlt es sich, sofern zeitlich möglich, die Wiesenfläche zweimal abzusuchen. Insbesondere beim Vorkommen von Fasan und Rebhuhn sollte man das tun. Der erste Suchengang wird ein bis zwei Tage vor der Mahd durchgeführt. Der Vorteil des doppelten Absuchens der Wiesen: Man hat das zeitaufwändige Suchen und Sicherstellen der Gelege bereits abgeschlossen. Gefundenes Jungwild wird aus der Wiese getragen, wo es vom Muttertier wieder abgeholt werden kann. So erreicht man neben der Zeitersparnis am Tag der Mahd noch eine zusätzliche Beunruhigung, die dem Wild die Grünfläche verleidet.

Beim ersten Suchengang konzentriert man sich auf das Auffinden von Gelegen. Da die Henne nach einem eventuellen Umsetzen des Geleges in eine sichere Fläche ihr Brutgeschäft nicht fortführen würde, muss man die gefundenen Eier mitnehmen. Diese werden dann in einem Motorbrüter oder, falls vorhanden, mit Zwerghennen ausgebrütet und nach der Aufzucht wieder ausgewildert. Hat man selbst weder Brutmaschine noch Hühner, sollte man sich an den örtlichen Kleintierzuchtverein wenden. Für ein paar Euro kann man sich dort meist einen Brüter ausleihen.

Oft wird empfohlen, dass man das Gelege vor Ort lassen soll und die Wiese im Umkreis stehen lässt, sodass die Henne weiterbrüten kann. Bekanntlich werden frisch gemähte Wiesen in der darauf folgenden Nacht intensiv vom Raubwild, insbesondere vom Fuchs abgesucht. Ein Gelege, das auf sonst freier Fläche in ein paar Quadratmetern ungemähter Wiese liegt, wird von Fuchs oder Dachs binnen kürzes-ter Zeit gefunden. So kann unter Umständen nicht nur das Gelege, sondern auch die Henne den Räubern leicht zur Beute werden. Wurde nun ein Gelege gefundenen, bettet man die Eier am besten in einen mit Gras gefüllten Korb und bringt sie schnellstmöglich in die Brutmaschine beziehungsweise legt sie einer brütenden Zwerghenne unter, um ein Absterben des Keims zu verhindern.

Organisation ist alles!

Der zweite Suchengang findet am Tag der Mahd statt. Jetzt gilt es, alles Jungwild in der Wiesenfläche zu finden und in Sicherheit zu bringen. Gerade das Auffinden von Rehkitzen kann man sich mit einem Trick erleichtern. Mit einem Blattins-trument ahmt man an der zu durchsuchenden Wiese das Kitz-Angstgeschrei nach. Hat eine Ricke ihr Kitz in der Fläche abgelegt, erscheint sie oft in Sekundenschnelle, um den vermeintlichen Angreifer in die Flucht zu schlagen. Laut schreckend wird sie nach dem Feind Ausschau halten, um dann nach ihrem Kitz zu sehen. So wird sie zu unserem Verbündeten und rettet ihrem Nachwuchs unbewusst das Leben.

Um gefundene Kitze und Junghasen daran zu hindern, wieder in die Wiese zu gelangen, muss man sie für die Dauer des Mähvorganges sicher unterbringen. Hierzu eignen sich Obstkisten aus dem Supermarkt, aber auch Kunststoffboxen, wie sie von Bäckern für den Brottransport genutzt werden. Um das Wild in der Kiste zu beruhigen, decken man sie mit Jutesäcken oder einer Decke ab. Selbstverständlich stellt man die Kiste nicht in die pralle Sonne, sondern sucht für sie eine schattige Stelle. Dass man gefundenes Jungwild nicht mit den bloßen Händen, sondern mit ausgerissenen Grasbüscheln anpackt, sollte jedem klar sein. Auch wenn Kitz oder Junghase noch so niedlich sind, muss man den Körperkontakt mit ihnen auf das Nötigste beschränken. Nicht nur, weil das Muttertier ihren Nachwuchs wegen des ihm anhaftenden Menschengeruchs verstoßen könnte, sondern weil jeder noch so gut gemeinte Kontakt das Jungwild in Angst und Schrecken versetzt.

Die Suche selbst muss gut organisiert sein. Verfügt man über eine ausreichende Anzahl an Helfern, kann man die Flächen in einer Linie gehend absuchen. Dabei sollten die Abstände zwischen den einzelnen Personen möglichst gering sein, da ein sich drückender Junghase sehr schnell übersehen werden kann. Langsames, konzentriertes Vorgehen ist dabei der Garant für den Erfolg. Besonders Kinder, die oft mit großem Eifer dabei sind, müssen über das Verhalten gegenüber gefundenem Wild aufgeklärt werden. Auch Freunde, Nachbarn und Bekannte erklären sich oft gern dazu bereit, mitzuhelfen. Folgt dann nach dem Einsatz als Helfer noch ein kleines Grillfest im Revier, werden die gewonnenen Eindrücke dieses Tages noch lange in Erinnerung bleiben. Dies ist ebenso eine Chance, das Bild des Jägers in der Öffentlichkeit positiv zu beeinflussen.

Der Vorstehhund im Einsatz

Generell sollten die Maßnahmen der Jungwildrettung auch mit den Inhabern der Nachbarreviere abgesprochen werden. So kann man sich gegenseitig unterstützen und zur Seite stehen, der Reviernachbar hat oft die gleichen Probleme wie man selbst.Obwohl Kitze und Junghasen nur schwache Wittrung abgeben, ist das Absuchen der Wiesen mit dem Vorstehhund die erfolgversprechendste Lösung. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die eingesetzten Vierläufer über absoluten Gehorsam am Wild verfügen. Darunter ist das zuverlässige Vorstehen des gefundenen Wildes und kompromissloses Trillerpfiff-Down zu verstehen. Auch wenn der Hund das beherrscht, lässt man ihn grundsätzlich an der langen Feldleine suchen. So hat man das Tier immer unter Kontrolle. Zusätzlich wird sich drückendes Wild durch die über das Gras schleifende Feldleine aufgejagt.

Jungwild vom Leiden erlösen!

Um dem Hund die schwierige Aufgabe zu erleichtern, sollte man grundsätzlich gegen den Wind suchen. Die Suche muss planmäßig erfolgen, um auch die komplette Grünfläche zu durchkämmen. Wenn der vierläufige Jagdhelfer dann vorsteht, wird er sofort in die Downlage getrillert und das sich drückende Wild gesucht. Nachdem das Jungtier in die Kiste gesetzt wurde, wird die Quersuche an Ort und Stelle fortgesetzt. Bei hohen Temperaturen muss dem Hund Wasser gegeben und da-rauf geachtet werden, dass er sich nicht zu sehr verausgabt. Stehen mehrere Hunde im Revier zur Verfügung, können große Flächen gemeinsam, beziehungsweise kleine Wiesen getrennt abgesucht werden. Nachdem die Wiese abgemäht ist, werden die Jungtiere an einer nahen, geschützten Stelle in die Freiheit entlassen, wo sie von ihrer Mutter abgeholt werden können

Trotz aller Mühen wird es nicht immer gelingen, sämtliche Kitze und alle Gelege zu finden. Deshalb muss man auch die gemähtenWiesen auf verstümmeltes Jungwild kontrollieren, um es von seinen Leiden zu erlösen. Bussarde und Krähen zeigen dem Jäger dann sehr schnell, wo es trotz aller Anstrengungen zu einer Tragödie gekommen ist. Ziel muss es deshalb sein, die Verluste durch gut geplante Vorbeugemaßnahmen und durchdachtes Absuchen merklich zu reduzieren.

Viel Erfolg!

Dieses Kitz hat Glück gehabt. Nach der Mahd lässt der Jäger es nun an einem Ort frei, an dem es die Ricke finden wird.

 


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