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Bei Regen Strecke machen

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Blattzeit – doch nicht immer scheint Ende Juli bei uns die Sonne. Oft genug regnet es Bindfäden. Was tun? Zu Hause bleiben und WILD UND HUND lesen? Nein, Regenzeug überwerfen und raus ins Revier, denn gerade jetzt kann es mit dem alten Recken klappen.

 

Bei leichtem Regen kann man hervoragend pirschen. Allerdings sollte man die Lederhose lieber gegen wasserfeste Überhosen eintauschen

Manche Böcke bekommt man nur durch Zufall in Anblick. So war es auch bei dem ungeraden Zehner-Bock, den ich in einem großen Revier in Norddeutschland fast überfahren hätte. Während der Mittagszeit war ich zu einer kleinen Pirschfahrt aufgebrochen und hätte den Bock, der aus dem Nichts kam, fast mit meinem Kühler erwischt. Er überfiel im Troll die Straße, drei Meter vor meinem Auto, und verhoffte auf rund zwanzig Schritt Entfernung am Waldrand. Ich hielt den Wagen an, griff zum Fernglas und glaubte meinen Augen nicht zu trauen: Aus der linken Rose war noch eine kleine Gabel gewachsen – also mit Wohlwollen ein ungerader Zehner!

Verräterisches Knacken unter den Schuhsohlen

Der Jagdherr gab mir den Recken sofort frei, denn an diesem Wechsel waren schon des öfteren die Platzböcke dem Straßenverkehr zum Opfer gefallen. Es war Ende Juli, Hochsommer, die Sonne schien erbarmungslos vom blauen Himmel – eine Gluthitze lag über Wald und Flur. Das Rehwild war genauso ermattet wie wir Menschen und rührte sich nicht von der Stelle. Das Revier schien jedenfalls wildleer zu sein.

Durch die lange Trockenheit war im Wald eine Pirsch nicht möglich, die Blätter und Äste knackten verräterisch unter meinen Schuhsohlen. Sogar das Umherstreifen auf Socken machte überhaupt keinen Sinn. Was blieb mir also anderes übrig, als mich anzusetzen. Ich nahm meinen Sitzstock und suchte mir eine Ecke an der Wiese vor dem Waldstück aus, in das der Bock an dem Mittag geflüchtet war. Ich saß dort morgens und abends, mittags und nachmittags an – nichts von dem Starken zu sehen. Stattdessen zog ein Gabler mit einem Schmalreh seine Fährte. Ich war wohl falsch und entschied mich deshalb für einen Stellungswechsel. Vielleicht hatte ich im gegenüberliegenden Waldteil mehr Glück.

Doch das ausgedehnte Fichtenstangenholz mit einer verfilzten Dickung in der Mitte machte mir nicht gerade Mut. Ich wanderte langsam mit meinem Sitzstock etwas unschlüssig umher, als ich am Rande der Verjüngung einen kleinen Sitz bemerkte, der mir vorher überhaupt nicht aufgefallen war.

Da wollte ich hin. Doch es war schier unmöglich, diese Leiter ohne großes Getöse zu erreichen. Ich war ratlos. Also blieb ich am Rande des Stangenholzes stehen und blattete. Aber es rührte sich nichts: Kein Bock, keine Ricke, kein Schmalreh – gähnende Leere.

Zuckende Blitze und rollender Donner

Diese Hitze schlug mir langsam aufs Gemüt. Nicht nur das Wild war träge, auch ich hätte mich am liebsten in den Schatten gelegt. Am nächsten Nachmittag zogen dann endlich dunkle Wolken auf. In der Ferne grummelte es. Und eine halbe Stunde später saß ich gut gelaunt in Regenkleidung im düsteren Stangenholz. Das Gewitter zog näher. Und plötzlich öffnete der Himmel seine Schleusen. Im grellen Zucken der Blitze und rollenden Donner pirschte ich langsam zum Dickungsrand vor. Es war mir natürlich klar, dass jetzt das Jagen im Wald, mit der Büchse in der Hand, nicht ungefährlich war, aber, ach, vielleicht würde ich ja endlich den Abnormen strecken.

Was vorher wegen der Dürre nicht möglich gewesen war, gelang mir jetzt. Ich pirschte fast geräuschlos zu dem kleinen versteckten Sitz. Von hier hatte ich einen wesentlich besseren Überblick. Nur gut, dass ich eine „Überhose“ angezogen hatte. So störte mich die feuchte Sitzbank kaum. Und endlich kam wieder Bewegung ins Revier: Ein Rudel Damwild zog jetzt aus der tropfenden Dickung, schüttelte sich die Nässe aus der Decke und hatte es eilig, auf eine Freifläche zu kommen. Der trommelnde Platzregen war nun in einen feinen Landregen übergegangen, den die Bauern schon herbeigesehnt hatten. Und plötzlich stand und zog es überall – das Rehwild. Doch mein Bock blieb unsichtbar. Sollte er doch wieder auf die andere Seite gewechselt sein? Ich zweifelte gerade an mir selber, als ich plötzlich eine Bewegung in der Verjüngung sah. Das musste er sein!

Längst hatte ich die Schutzkappe vom Zielfernrohr abgenommen und überprüfte den Durchblick. Bei schwüler Witterung kann das Zielfernrohr auch unter der Kappe beschlagen, und wenn es dann schnell gehen muss, zieht man den Kürzeren. Doch ich hatte klare Sicht und sah ab und zu Gehörnstangen aus dem nassen Grün blinzeln. Das musste er sein!

Blatten auch bei Regen

Aber der Alte ließ sich Zeit. Ich saß da, die entsicherte Büchse im Anschlag. Der Hut weichte langsam auf, die Regentropfen liefen mir das Gesicht herunter, und ich hatte mit meinem inzwischen verschlierten Zielfernglas zu kämpfen.

Dann endlich kam er auf rund 80 Meter aus der klatschnassen Dickung, schüttelte sich ausgiebig und zog spitz von mir weg in das finstere Stangenholz. Es hatte inzwischen aufgehört zu regnen. Der Recke entfernte sich immer weiter von mir, immer von den Bäumen verdeckt. Es war zum Verrücktwerden. Als er in eine kleine Lücke zog, schreckte ich ihn kurzentschlossen an.

Wie elektrisiert fuhr er herum und bot mir sein Blatt. Schon war die Kugel heraus – hohe Flucht, taumeln, aus! Wenig später baumte ich ab und ging zum längst Verendeten.

Auch auf das Blatten bei Regen sind mir viele Böcke zugestanden. Dafür nehme ich meistens den Buttolo Gummi- oder MundBlatter, weil man mit beiden laut fiepen kann. Denn logischerweise muss man einen Tick lauter blatten als sonst, damit das Gefiepe im Regen nicht untergeht. Aber das ist der einzige Unterschied zum „Gut-Wetter-Konzert“. Natürlich kann man nicht nur nach einem Gewitterschauer Strecke machen, auch bei leichtem Dauerregen ist das Wild tagsüber viel unterwegs.Das muss man für sich nutzen.

In großen Revieren packe ich meinen Rucksack und bleibe oft den ganzen Morgen oder Nachmittag im Revier, pirsche meist, oder sitze an Blößen oder Kahlschlägen auch einmal eine Stunde an. Selbst Sauen kann man bei solch einer Regen-Pirsch häufiger bei bestem Tageslicht antreffen, natürlich hauptsächlich in großen Waldrevieren.

Gemähte Wiesen oder Grünbrachen sind außerdem magische Anziehungspunkte, besonders Meister Reineke liebt diese Jagdgründe. Auch wenn ich auf Bockjagd bin – der Fuchs kommt nicht ungeschoren davon. So erlegte ich tagsüber etliche Rotröcke auf diesen Wiesen. Da mag mancher Jäger seine Nase rümpfen, aber bei unserer heutigen Fuchsdichte bleibt mir in Niederwildrevieren keine andere Wahl. Und der Bock wird den Schuss schon verzeihen.
In Rotwildrevieren verlassen selbst die so heimlichen Feisthirsche bei schlechtem Wetter ihren sicheren Einstand und präsentieren sich bei bestem Licht.

An den Füßen Gummistiefel

Der Jäger sollte den Regen also ausnutzen, um auf besonders heimliches Wild zu jagen, zum Beispiel auf den sehr alten Bock, den man sonst kaum vor die Büchse bekommt. Also: Nicht zu Hause bleiben, Füße hochlegen und die Holzscheite im Kamin anzünden, sondern raus ins Revier.

Für eine längere Pirsch im Regen braucht man natürlich zweckmäßige Kleidung. Wachs- oder Goretexjacken sollte man schon überziehen, wobei die Wachsjacken manchmal ziemlich laut sind. Bei längerem Tragen wird das mit der Zeit besser. Meine jetzige Wachsjacke ist fast lautlos, aber dafür nicht mehr so wasserdicht. Was soll’s, man kann eben nicht alles haben!

Nasse Knie sind sehr unangenehm, und deshalb ist eine leichte Überhose von Vorteil. Die aus dünnem Material sind nicht unbedingt zu empfehlen, sie rascheln zu laut. Dickere Hosen sind da auf jeden Fall besser. An den Füßen, ganz klar, Gummistiefel. Und noch eins: Einen breitkrempiger Hut, möglichst wasserdicht, sollte man sich unbedingt auf den Kopf setzen. Brillenträger kommen sowieso nicht drum herum.

Rostiges Wunder

Die Überhose sollten Sie am besten über die Gummistiefel ziehen, damit das Wasser nicht hineinlaufen kann. Für die Waffe sollte man unbedingt eine Zielfernrohrkappe „für hinten und vorne“ und einen Mündungsschoner dabei haben. Isolierband oder Schusspflaster über der Mündung tun es natürlich auch. Der Vorteil: Man kann einfach hindurchschießen, und vor der Schussabgabe kann so kein Wasser in den Lauf kommen. Ein weiches, sauberes Taschentuch zum Trockenwischen der Optik muss man ebenfalls griffbereit in der Hosentasche haben, damit der Blick nicht getrübt wird, und man noch ordentlich ansprechen kann.

Und noch eins: Nach der Regen-Pirsch unbedingt die Waffe reinigen. Sonst erlebt man später sein rostiges Wunder – wenn nämlich die Regentropfen auf dem Lauf ihre Spuren hinterlassen haben.

Nass ist er. Und alt. Doch was ist mit Kugelfang? Ein nicht zu unterschätzender Nachteil auf der Pirsch

 

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