Die Trophäenschau:
Die meisten Jäger erfreuen sich an „ihrer“ Trophäe. Sind doch Geweihe, Gehörne und auch Keilerwaffen unverwüstliche Erinnerungen an Jagderlebnisse. Trophäen sind aber auch Indikatoren für den wildbiologischen Zustand von Populationen – und damit Hegeerfolge.
Von Dr. Kurt Menzel
Die Jäger haben es wirklich nicht leicht mit ihren Geweihen und Gehörnen. Im Showgeschäft sieht es anders aus: Da wird geradezu ein Kult um die Trophäen betrieben. Die Medien lassen keine noch so banale Preisverleihung von Goldenen Kameras, Bambis, Oscars und dergleichen aus, um sie einer staunenden, Beifall klatschenden Öffentlichkeit zu präsentieren. Aber dort ist ja das anmutige Rehlein, das Bambi, vergoldet und trägt auch kein dreizackiges Gehörn.
Mit der Einführung des Reichsjagdgesetzes im Jahre 1934 wurden die Trophäenschauen ins Leben gerufen, zu einer Pflichtveranstaltung der Jäger gemacht und dienten „zur Kontrolle der rassischen Aufartung des Wildes“. Wäre dieser unsägliche Rassenwahn nicht in dieses Gesetz aufgenommen worden, es würde sicher auch in heutiger Zeit ganz anders beurteilt werden. Als dann in jüngerer Zeit das Wort Trophäe – in Zusammenhang mit der Jagd versteht sich – immer mehr in Verruf geriet (vielleicht hatten es damals einige Jäger bei der Jagd tatsächlich einzig und allein auf die „Knochen“ abgesehen!), entschloss man sich, die Trophäenschau in eine Hegeschau umzubenennen. Schlichtweg „Geweihaustellung“ zu sagen, erschien manchem zu einfach, da mit der Hegeschau doch etwas mehr ausgesagt werden sollte, wie noch auszuführen sein wird.
Nun stelle man sich einmal vor, das bewährte, gar nicht so alte deutsche Bundesjagdgesetz (BJG) wird demnächst verändert oder gar abgeschafft, wogegen sich der Deutsche Jagdschutz-Verband (DJV) mit vernünftigen Argumenten zu wehren versucht. Dann wird sehr wahrscheinlich das traditionsreiche, dem Jäger so vielsagende Wort „Hege“ auf Vorschlag der vielen Weltverbesserer, Macher, Heilsbringer und jagdlichen Habenichtse – dem Zeitgeist folgend – aus dem Gesetz gestrichen und durch das simple Wort „Jagd“ ersetzt werden. Darin sind sich Umweltverbände und der Ökologische Jagdverband ziemlich einig. So müsste zwangsläufig aus der Hegeschau eine „Jagdschau“ werden, und das würde sicher vielen Jagdkritikern auch nicht gefallen, denn auf diese Weise würde wiederum die Jagd in den Vordergrund gestellt. Vielleicht kommt dann doch noch die Geweihausstellung wieder ins Gespräch oder sogar eine wildbiologisch nicht zu beanstandende „Kopfschmuckausstellung“, schau’n wir mal!
Die Pflicht eines jeden Jägers
Wer ist denn eigentlich für die Ausrichtung von Hegeschauen verantwortlich? Nach den einschlägigen Bestimmungen der Landesjagdgesetze (z.B. § 25 (6) Nieders. LJG) können die Jagdbehörden anordnen, „dass die Jagdausübungsberechtigen den Kopfschmuck und den Unterkiefer bestimmter oder aller Arten des erlegten Schalenwildes einmal jährlich auf einer Hegeschau vorlegen“. Sie tun das in der Regel im Einvernehmen und unter Mitwirkung der jeweiligen Kreisgruppe der Jägerschaft und tragen auch den Hauptteil der dabei anfallenden Kosten. Solche derart ausgerichteten Hegeschauen sind in der Regel mit der Jahreshauptversammlung der Jägerschaft gekoppelt und bilden sozusagen den Anziehungspunkt für die Zusammenkunft. Geschickte Versammlungsleiter gestatten das Abnehmen der Trophäen erst zum Ende der Versammlung und erreichen damit, dass sich nicht der eine oder andere Grünrock mit seinem Geweih vorzeitig aus dem Staub macht. Denn so wichtig auch die auf der Tagesordnung stehenden Regularien einer Jägerschaft sein mögen, sehr kurzweilig sind sie in der Regel nicht.
Die Hegeschauen der großen Hegegemeinschaften
Dort, wo es anerkannte, größere Hegegemeinschaften gibt, sehen deren Satzungen durchweg die Durchführung einer jährlichen Hegeschau vor. Diese tragen natürlich selbst die Kosten der Schau, die erfahrungsgemäß mit zwei Cent je Hektar Jagdfläche zu veranschlagen sind. Sehr eingehend haben sich die Bayerische Staatsforstverwaltung und der Landesjagdverband Bayern (BJV) mit dieser Thematik befasst und als Teil der Richtlinien für die Hege und Bejagung des Schalenwildes ein gemeinsam erarbeitetes Muster für das Abhalten und den Verlauf einer Hege- und Naturschutzschau herausgegeben. Die Bezeichnung Hege- und Naturschutzschau wird damit begründet, dass die Aufgaben im Bereich von Umwelt-, Natur- und Artenschutz auch für den Jäger immer mehr an Bedeutung gewinnen. Daher haben die Kreisgruppen des BJV über die Hegeschau „jährlich die Möglichkeit, neben der Entwicklung der Wildschadenssituation und der Waldverjüngung einem erfahrungsgemäß großem Kreis von interessierten Bürgern aus allen Teilen der Bevölkerung Informationen und Entwicklungen und Notwendigkeiten in der Natur- und Tierwelt in Zusammenarbeit mit Politik, Behörden und Verbänden aufzuzeigen“.
Ein ganz einfaches Prinzip
Mag ein solch umfassendes Programm teilweise auch überzogen klingen, im Prinzip bietet die Hegeschau immer die Gelegenheit, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben sowie den Vertretern der Bauern- und Waldbesitzerverbände, wie auch denen des Naturschutzes eine gute Zusammenarbeit zu demonstrieren, beziehungsweise anzubieten. Das eigentliche Ziel der Hegeschauen muss es jedoch sein, neben der Demonstration des Kopfschmucks, des im abgelaufenen Jagdjahr erlegten männlichen Schalenwildes, Auskunft über die Erfüllung der Abschusspläne zu geben und darüber hinaus, die zahlenmäßige und körperliche Entwicklung des Wildbestandes, seine Alters- und Sozialklassengliederung aber auch die Entwicklung der Wildschäden anzusprechen. Dazu geben uns heute entsprechende Computerprogramme die Möglichkeit, langfristige Entwicklungen über Tabellen und Grafiken anschaulich darzustellen. Es sollte inzwischen in jeder Hegegemeinschaft beziehungsweise Kreisgruppe mindestens ein Mitglied geben, dass über die notwendigen Möglichkeiten und Fähigkeiten im Umgang mit der elektronischen Datenverarbeitung vertraut und bereit ist, diese interessante Arbeit zu übernehmen.
Es muss noch einmal betont werden: Die ausgestellten Rot- und Damhirschgeweihe, die Keilerwaffen aber auch Spitzentrophäen des Rehwildes sind die Magneten, die die Besucher in die Ausstellungs- und Versammlungsräume ziehen. Warum soll man sich nicht auch an den starken Geweihen reifer Hirsche erfreuen können. Sie sind Ausdruck einer guten körperlichen Verfassung der Population und einer altersklassengerechten Bejagung.
Die Möglichkeiten nutzen
Starke Trophäen haben schon immer die Menschen fasziniert. Zusammenkünfte dieser Art sind oft die einzige Möglichkeit im Jahr, Gleichgesinnte aus der näheren und weiteren Umgebung zu treffen, mit ihnen bei einem Glas Bier zu sprechen, Erfahrungen auszutauschen, und, so sie Jagdnachbarn sind, gemeinsame Schritte zu planen.
Mancher Nimrod findet an der Trophäenwand (hier ist der Ausdruck Hegewand sicher nicht passend!) den Schaufler wieder, den er während der letzten Brunft geschont hat, weil er ihm um ein, zwei Jahre zu jung für die Kugel erschienen war und ist klammheimlich froh darüber, dass nicht ihm der Fehlabschuss unterlaufen ist. Wie lange hat ein anderer auf den reifen Rothirsch gepasst und nun findet er ihn fein sauber präpariert an der Wand eines weit entfernten Revieres wieder. Obwohl er sich im eigenen Wohnzimmer sicher auch gut gemacht hätte.
Die Verantwortlichen einer Hegeschau sind gut beraten, die Präparate schon am Vortag der eigentlichen Versammlung für die Öffentlichkeit frei zu geben, denn gerade in dieser ungezwungenen Atmosphäre fühlen sich nicht nur die Waidmänner wohl, sondern es ist auch nichtjagenden Mitmenschen, besonders Schulklassen, aber auch solchen Zeitgenossen, die der Jagd kritisch gegenüber stehen, die Möglichkeit gegeben, sich ausführlich über Wild und Jagd zu informieren.
Dass heute die Trophäen mit ganzem Schädel, also mit Oberkiefer und passendem Unterkiefer angeliefert werden müssen, hat viel zur Versachlichung bei der Trophäenbewertung beigetragen. Ich erinnere mich noch recht gut an einen Fall, bei dem ein mittelalter Hirsch mit dem Unterkiefer eines Schmalspießers ausgestattet war. Als wir den Erleger darauf ansprachen, sagte er: „Ei, das ist doch ein alter Hirsch, der hat doch schon einen Zahn ganz weit abgeschliffen.“ Mit diesen Worten wies er auf den noch nicht gewechselten dritten Prämolaren (Milchzahn), der in der Tat stark abgeschliffen war. In einem anderen Falle passten ebenfalls Unterkiefer und Oberkiefer nicht zueinander, der Unterkiefer war viel länger als der obere. Hier hatte der Anlieferer eine ganz andere Ausrede parat: „Ja wenn Sie meinen, der Kiefer passt nicht, dann hab ich mich wohl vergriffen. Ich hab im Kofferraum noch eine Reihe von Unterkiefern, da werde ich schon einen richtigen finden.“
Große Verantwortung trägt bei einer Hegeschau die Bewertungskommission, deren Mitglieder über viel Sachverstand und Erfahrung verfügen müssen, um die angelieferten Trophäen richtig und gerecht beurteilen zu können. Glücklicherweise gehen die Bewertungsrichter immer mehr dazu über, das Alter der erlegten Stücke nicht mehr auf das Jahr genau festzulegen, sondern gerade bei den mittelalten und alten Exemplaren eine Zeitspanne von zwei bis drei Jahren zu unterstellen. Auch sollte beispielsweise bei der Frage, ob ein Ende noch zählt oder nicht, keines Falls um halbe Zentimeter oder gar Millimeter gestritten werden.
Abgerundet wird der Aufgabenkatalog einer Hegeschau durch Informations- und Fortbildungsangebote in Form von Vorträgen der verschiedensten Art. Neu ins Amt berufene Landwirtschaftsminister, Landräte und Abgeordnete nutzen gern solche Veranstaltungen, um ihre politischen Vorstellungen der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Beliebter sind in der Regel Vorträge von Jagdwissenschaftlern oder erfahrenen Praktikern über neue Erkenntnisse in der Wildbiologie, über zeitgerechte Jagdarten und -strategien, über die Altersansprache beim Schalenwild und andere interessante Themen mehr. So sind unsere Hegeschauen ein unverzichtbarer Bestandteil jägerischen Lebens geworden, der immer wieder den neueren Erfordernissen angepasst und mit neuem Leben erfüllt werden muss.
Abwurfstangen können anlässlich der Hegeschau wertvolle Hinweise auf die Geweihentwicklung des lebenden Bestandes geben |