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Mit Rat und Tat

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Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit (II):
Deckung und Nahrung – mehr brauchen Hase, Rebhuhn und Fasan eigentlich nicht. Doch was sich so einfach anhört, ist manchmal schwierig umzusetzen. Welche Pflanzen unbedingt in die Wildackermischung hineingehören und an welche Kleinigkeiten man noch denken muss, damit es in der Brut-und Aufzuchtzeit nicht zu Engpässen kommt – wir verraten es Ihnen.

 

Von Andreas David, Anja Roese

Die typischen Lebensräume von Hase, Fasan und Rebhuhn finden sich nach wie vor in unseren mehr oder weniger gut strukturierten Feldrevieren. Es liegt also in der Natur der Sache, dass die Landwirte vor Ort unsere wichtigsten (Ansprech-)Partner sind. Dabei kann es besonders aus Sicht des Jungwildes hilfreich sein, die ackernden Landwirte zu bitten, auf bestimmte Arbeiten zu verzichten. So stellt sich zum Beispiel die Frage, ob die Maulwurfshaufen auf einigen Grünlandflächen im Frühjahr unbedingt mit Eisenringen oder Wieseneggen „abgezogen“ werden müssen. Sofern anschließend nicht ohnehin gewalzt werden muss und die Zahl der Maulwurfshaufen überschaubar ist, können die Erdhaufen von uns Jägern auch zu Fuß und per Schaufel beseitigt und die nötige Grassaat kleinflächig per Hand ausgebracht werden. Ebenso könnte man manchem Hecken-Saum, dem Feld- oder Wegrain vielleicht das eine oder andere übliche landwirtschaftliche Spritzmittel (Herbizide, Insektizide usw.) ersparen, das zum Schutz der angrenzenden Kulturflächen zum Einsatz kommt.

Auto stehen lassen und zu Fuß gehen

Weiterhin sollten „jungwildverdächtige“ Flächen nur dann befahren werden, wenn es unbedingt nötig ist. Besonders auf niederwildtauglich gestalteten Stilllegungsflächen und Wildäckern sollte nach der Einsaat Ruhe herrschen. Und auch wenn der Jäger etwas nachprüfen oder begutachten möchte – Auto stehen lassen und mal ein Stück zu Fuß gehen. Das hat noch keinem geschadet.

Ideal ist es, wenn im Niederwildrevier möglichst zwei- oder mehrjährige Wildacker-Mischungen gesät werden, damit das Befahren dieser Flächen inklusive der damit verbundenen Bearbeitungen speziell im Frühjahr und Frühsommer minimiert wird. Dabei muss man zunächst etwas experimentieren, denn Erfahrungswerte zeigen, dass anderenorts bewährte, mehrjährige Saatgutmischungen im eigenen Revier auf heimischer Scholle spätestens im zweiten Jahr teilweise oder gänzlich „floppen“ können.

Junghasen werden von der Häsin in der Regel ohne weitergehende Vorbereitungen des Wurfplatzes an trockenen Plätzen gesetzt und bleiben in den ersten vier bis fünf Lebenstagen normalerweise mit ihren Geschwistern – so vorhanden – an ihrem Geburtsort. Erst danach (spätestens nach einer Woche) trennt sich der Satz, doch bleiben die Junghasen trotz der selbstständigen Wahl ihres Aufenthaltsplatzes recht nah beieinander und finden sich zum Säugen durch die Häsin stets erneut zusammen. Sie sind bei ihrer Geburt zwar schon relativ weit entwickelt, doch drücken sie sich bei drohender Gefahr ohne zu flüchten, und werden so zur leichten Beute für breite Treckerreifen und Wiesenschleppen.

Die Speisekarte des Feldhasen umfasst mindestens 100 Pflanzenarten

Die weitere Entwicklung der Junghasen geht schnell voran. Ihr Geburtsgewicht von etwa 100 bis 150 Gramm verdoppelt sich innerhalb von zehn bis 14 Tagen, und nach gut einem Monat bringen sie bei normalem Wachstum bereits rund ein Kilogramm auf die Waage. Auf die Wahl ihrer Verstecke können wir leider keinen Einfluss nehmen. Denn Literaturangaben und eigene Beobachtungen in zahlreichen niedersächsischen Revieren zeigen, dass Junghasen ihr Heil ebenso im Wald, in gedeckten Rainen, Hecken und Saumbiotopen aller Art suchen, aber eben auch weniger geschützt im Grünland sowie selbst auf frisch gepflügten Ackerflächen.

Neben der sehr energiereichen Muttermilch (rund 23 Prozent Fettanteil) – gesäugt wird gut 30 Tage lang – nehmen Junghasen nach etwa gut zwei Wochen in zunehmendem Umfang auch Grünäsung auf. Insgesamt umfasst die Speisekarte des Feldhasen mindestens 100 Pflanzenarten. Brüll (1973) untersuchte in seiner Dissertation unter anderem den Futterwert von 34 ein- und 48 zweikeimblättrigen Äsungspflanzen auf Kulturflächen, Wiesen und Weiden sowie die Monate ihres häufigsten Verbisses. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit geben uns seine Ergebnisse Hinweise auf solche Pflanzen, die eine rasche und gesunde Entwicklung der Junghasen fördern und bei der Gestaltung „hasengerechter“ Flächen berücksichtigt werden sollten. Dr. Ulrich Brüll bewertete den Futterwert in einer Skala von minus eins bis plus acht. Werte von plus sechs oder darüber, sowie einen hohen Verbiss in der für Junghasen relevanten Zeit von Februar bis September/Oktober erreichten: Wiesen-Fuchsschwanz, Wiesenschwingel, Rotschwingel, Wiesen-Lieschgras, einjähriges Rispengras, Wiesen-Rispengras, Schafgarbe, Klee, Gänseblümchen, Wilde Möhre und Löwenzahn.

Vor dem mähen muss das Gelände unbedingt abgesucht werden

Die jeweiligen Werte müssen durch das unterschiedliche Gesamtangebot vor Ort zweifelsohne relativiert werden und nicht jeder Jäger schätzt Gräser in Saatgutgemengen zum Zwecke der Niederwildhege. Doch erreichten das Wiesen-Rispengras und der Rotschwingel gemeinsam mit dem Löwenzahn und Klee mit plus acht immerhin den höchstmöglichen Wert.

Die (vorläufigen) Ergebnisse von Dr. Klaus Hackländer (2002) aus Niederösterreich belegen den hohen Wert von wildtiergerecht gestalteten Dauerbrachen für die Reproduktionsleistung des Feldhasen. Die Höhe des Fettgehaltes in der Muttermilch der Häsin wird wesentlich von der verfügbaren Qualität der Äsung bestimmt. Feldhasen ernähren sich – dort wo möglich – vor allem von den fettreichen Teilen der vorkommenden Gräser und Kräuter, zum Beispiel von den Löwenzahn-Blüten.

Unter Laborbedingungen zeigte sich, dass die Häsin in der Lage ist, ihre Jungen mit mehr Energie zu versorgen, wenn sie entsprechend fettreiche Äsung findet. Bei dieser höheren Energiezufuhr wachsen die Junghasen schneller und sind so nur über einen kürzeren Zeitraum einem erhöhten Feinddruck ausgesetzt. Darüber hinaus sind gut genährte Junghasen widerstandsfähiger gegen Krankheiten und extreme Wetter- und Temperaturschwankungen.
In weitgehend ausgeräumten und intensiv genutzten Agrarlandschaften sind die entsprechenden Gräser und Kräuter mit ihren fettreichen Blüten, Samen oder Früchten selten geworden. Brachflächen können bei gezielter Gestaltung also zu einer bedeutenden Bereicherung des Äsungsangebotes – insbesondere für die Hasen-Mütter – beitragen.

Auf Brachen und ähnlichen Flächen bleibt Lampe weiterhin von Treckern oder Grubbern verschont, und Beutegreifer wie der Fuchs haben es auf entsprechend großen Stilllegungsflächen relativ schwer, Junghasen zu finden und zu erbeuten. Insbesondere in der Zeit der Getreideernte können diese Brachflächen zusätzlich als Rückzugsräume dienen und die Überlebensrate von Junghasen deutlich erhöhen. Den so gewachsenen Erwartungen entsprechend stellten Dr. Klaus Hackländer und seine Mitarbeiter am Wiener Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie fest, dass mit dem Anteil an Brachflächen auch die Zahl der Junghasen deutlich anstieg, was durch die Untersuchung weiterer Testflächen verifiziert werden soll (demnächst in WuH).

Sollen Rebhuhn- und Fasanenküken im heimischen Revier eine Chance haben, muss zuerst einmal die brütende Henne vor menschlichen Störungen, Hunden und Beutegreifern geschützt werden. Und wenn unbedingt gemäht werden soll, bitte das Gelände sorgfältig absuchen. Übrigens: Wird die Henne beim Brüten häufiger gestört, kann es durchaus passieren, dass sie ihr Gelege aufgibt und verlässt – ein gefundenes Fressen für die Beutegreifer.

Es gilt zunächst also, potenzielle Neststandorte, zum Beispiel dichte Brombeersträuche, gut strukturierte Hecken, ausreichend breite Raine und dichte Grasinseln in möglichst ruhigen, ablegenen Revierteilen zu schaffen oder zu erhalten. Gut geeignet für den Fasan sind aber auch mehrjährige Wildäcker, die neben anderen Pflanzen zum Beispiel mit Westfälischem Furchenkohl, Blattstammkohl oder Markstammkohl bestellt werden. Weitere taugliche Komponeneten für einen Fasanen-Wildacker: Waldstaudenroggen oder anderes Getreide, am besten Hafer oder Weizen (keine Gerste!), Inkarnatklee, Topinambur, Löwenzahn, Rübsen, Perserklee, Malve, Buchweizen, Erbse, Sonnenblume, Schafgarbe und Knäuelgras. Letzteres bildet relativ schnell gaubenartige Laufgänge und somit guten Schutz vor Greifvögeln. Aus diesem Grund sollten auch Sonnenblumen gesät werden, sofern andere hochstämmige Pflanzen fehlen. Sie wachsen schnell in die Höhe und erschweren vor allem dem Habicht die Jagdausübung. Darüber hinaus bietet „der gelbe Riese“ in Zeit der Kernreife zahlreichen Kleinvögeln gute Nahrung. Für die relativ spärlich oder gar nicht ausgepolsterte Nestmulde wird die Fasanenhenne die zwar gut gedeckten, aber relativ niedrig bestockten Teile der Fläche mit freier Abstreichmöglichkeit nutzen.

Gerüst- oder Stützpflanzen

Als Gerüst- oder Stützpflanzen können in geringem Maße auch Raps oder Ölrettich beigemischt werden. Grundsätzlich kann an Stelle der genannten Klee-Arten auch der Rotklee gesät werden. Eigene Erfahrungen zeigen jedoch häufig einen verstärkten Befall mit Mehltau sowie wuchernde Bestände, die im Zweifel eine Mahd notwendig werden lassen, was in jedem Fall vermieden werden sollte. Ohnehin sind einige der im kommerziellen Handel empfohlenen Saatgutmischungen deutlich „zu dicke“ gewählt. Denn steht der Bewuchs schon nach kurzer Zeit wie die berühmten Haare auf dem Hund, verpufft die gewünschte Wirkung weitgehend. Derartige Dschungel sind von den Zielarten auf Grund des hohen Bodenwiderstandes nicht mehr zu belaufen und folglich ziehen sie – wenn überhaupt – die lichten Randbereiche vor. In einigen Fällen kann die Saatgutmenge ohne Effektivitätsverluste auf die Hälfte oder etwa zwei Drittel reduziert werden. Eine lockere und unregelmäßige Pflanzendecke begünstigt darüber hinaus eine stärkere Bodenerwärmung und fördert die Insektenentwicklung.

Der Fasanenhahn versucht während der Balz, ein eigenes Revier zu besetzen und gegen Rivalen zu behaupten. Und selbst zwischen den Hennen kommt es in dieser Phase zu Auseinandersetzungen – offenbar im Bemühen um geeignete Neststandorte. Beim Rebhuhn sieht „die Sache“ etwas anders aus. Am Ende des Winters lösen sich die Ketten oder Völker auf, neue Paare finden sich, die des Vorjahres bleiben zusammen. Im März und April, der Isolationsphase, ist die Zahl der möglichen Rebhuhn-Brutpaare unter anderem von dem Angebot der so genannten Brutpaar-Deckung abhängig. Zu Beginn der Territorialität kommt dieser Brutpaar-Deckung eine Sichtblenden-Funktion zu. Es handelt sich dabei normalerweise um lineare Strukturen wie Altgrasraine an Wegen und Gräben, zwischen Wiesen und Weiden, Hecken, Buschstreifen, Wälle und Dämme.

Mindestbreite von etwa zwei bis drei Metern

Dann muss Ende April der optimale Nistplatz gefunden sein. Die Henne bestimmt den Neststandort erst kurz vor der Ablage des ersten Eies in der Zeit des Monatswechsels von April und Mai. In die engere Brutplatz-Wahl kommen: Feldfrüchte wie Wintergetreide, Klee- und Luzernefelder, Wiesen, Weiden, Raine, Brachland, Hecken, Gebüschstreifen, dicht bewachsene Böschungen an Gräben und Bahndämmen sowie verbuschte Waldränder. Diese Lebensräume können im Frühjahr teilweise auch als Brutpaar-Deckung dienen, sollten aber eine Mindestbreite von etwa zwei bis drei Metern haben.

Rebhennen sind sehr störungsempfindlich

Die Qualität der Nestdeckung trägt in hohem Maße zum Bruterfolg bei. Entsprechende Forschungsarbeiten zeigen, dass die Gelege in Kulturflächen durch landwirtschaftliche Arbeiten stark gefährdet sind. Die Gelege in Brachen, Hecken, ruhigen Weg- und Feldrainen dagegen haben bessere Chancen, zum Schlupf zu kommen. In diesen ruhigen Arealen steigt der Bruterfolg mit dem vorhandenen Altgrasanteil, der den Zugriff durch Beutegreifer offenbar mindert (Rands 1988). Kein Wunder also, dass die Rebhühner ihre Gelege bevorzugt in Biotopstrukturen anlegen, die mit Gras – möglichst mit Altgras – bewachsen sind.

Rebhennen sind sehr störungsempfindlich. Ist bei hoher Störungsintensität die Brut noch nicht zu weit fortgeschritten, verlässt sie ihr altes Gelege und fängt noch einmal neu an. Wird sie dann erneut nicht in Ruhe gelassen, kommt es manchmal sogar zu einem dritten Versuch. Die Zahl der Eier in diesen Nachgelegen ist aber stets deutlich geringer als jene der Erstgelege. Außerdem weicht die Henne unter Umständen in Kulturflächen aus, in denen sie sowohl selbst, als auch das Gelege oder die Küken durch die landwirtschaftliche Bearbeitung gefährdet sind. Die systematische Kontrolle eines Revieres in der Nähe von Prag zeigte, dass von 76 Rebhuhn-Gelegen 88 Prozent in nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen und nur zwölf Prozent in den entsprechenden Kulturen angelegt wurden (Bouchner & Fiser 1966).

Oft fehlt es an geeigneter Deckung

Noch etwas zu unserem Wetter, das wir natürlich nicht beeinflussen können. Das Verhältnis zwischen Temperatur und Niederschlag ist in hohem Maße mitentscheidend für die Zuwachsrate unserer Niederwildarten. Bedenkt man, dass beispielsweise ein Rebhuhnküken unmittelbar nach dem Schlüpfen etwa so groß wie eine Walnuss ist, wird deutlich, welche Folgen große, schwere Regentropfen in anhaltenden Niederschlägen für den winzigen Organismus haben können. Denn nicht immer gelingt es den Althühnern, die Küken unter den Schwingen schützend zu hudern. Und allzu oft fehlt es an geeigneter Deckung in Form von groß- und breitblättrigen Pflanzen, zum Beispiel verschiedener Kohlarten. Deshalb sollten diese bei der Gestaltung von Stilllegungsflächen und Wildäckern unbedingt berücksichtigt werden. Sie sind nicht nur ein willkommener Küken-Schutzschild bei Regengüssen, sondern an der Unterseite ihrer Blätter sammeln sich auch zahlreiche Insekten und andere Arthropoden sowie deren Larvenstadien – denn auch sie suchen bei Niederschlägen Schutz. Und trotz verminderter Aktivität können die Kleintiere dort von den Küken gut entdeckt und aufgenommen werden. Eine hervorragende Insektenweide bieten übrigens auch die Stauden des Rhabarbers.

Auf gehts – im Sinne von Hasen

Da die Dunenjungen von Rebhuhn und Fasan ihre Körpertemperatur zunächst nicht durch eigene Wärmeproduktion konstant halten können, sind sie in Schlechtwetter-Perioden mit Niederschlägen, niedrigen Temperaturen oder Wind immer wieder auf ihre hudernde Mutter und deren Wärmezufuhr angewiesen. Diese Zeit fehlt ihnen zur Nahrungssuche, was selbst in gut strukturierten Niederwildrevieren zu hohen Verlusten führen kann.

Für den Hasen ebenso wie für Rebhuhn und Fasan müssen weiterhin sonnige Trocknungsstellen in ausreichendem Maße vorhanden sein. Es empfiehlt sich, diese Plätze in von außen nicht einsehbaren Vegetationseinheiten wie zum Beispiel Wildäckern oder entsprechend gestalteten Stilllegungsflächen zu schaffen. Dies gelingt sehr einfach, indem punktuell einige Stellen von der Einsaat ausgenommen werden. Also, auf gehts – im Sinne von Hasen, Rebhühnern und Fasanen.

Je höher der Fettgehalt in der Äsung der säugenden Häsin ist, umso besser und schneller werden sich die Junghasen entwickeln und in der Lage sein, dem Zugriff von Beutegreifern zu entgehen

 


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