Jagd, ohne öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen, ist in unserer engmaschigen und vielfältig genutzten Kulturlandschaft wohl kaum mehr möglich. Wir können und sollen zwar nach altem Brauch jagen, aber dieses Waidwerk sollte im Rahmen einer verantwortungsvollen und zielgerichteten Wildbewirtschaftung erfolgen. Wie wir am Beispiel des Rotwildes sehen, liegen Wunsch und Wirklichkeit jedoch sehr weit auseinander. Viele Hirsche im Revier sind des Jägers Glück, dem Waldbesitzer hingegen wäre es ohne am liebsten. Unterschiedlicher können Wunschvorstellungen kaum sein. Die berechtigte Freude am Jagen sollte uns jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Erhalten des „Europäischen Rothirsches“ in erster Linie im öffentlichen Interesse erfolgt und nicht, um uns Jägern auf möglichst großer Fläche Rotwildjagd zu ermöglichen. Das Artenschutzrecht verpflichtet unsere Gesellschaft, auch die zu Schaden gehenden Wildarten in angemessener Verbreitung und Zahl zu erhalten – eine Herausforderung für Land- und Forstwirtschaft sowie für uns Jäger.
Diese Verpflichtung wird in einigen Bundesländern jedoch höchst fragwürdig umgesetzt: „Wald vor Wild“ – zwar nicht ausrotten, aber möglichst wenig – heißt die Devise. In Rotwildgebieten, in denen diese Strategie verfolgt wurde, ließ der zweifelhafte Erfolg nicht lange auf sich warten. Die Verbreitung ist geschrumpft, und innerhalb größerer Gebiete kam es zur Verinselung der Bestände. In Bayern wurden amtliche Rotwildgebiete unverständlicherweise sogar nachträglich verkleinert. Die Erhaltungspflicht ist gewiss nicht unproblematisch, trotzdem wäre es wünschenswert, sie mit einer positiven Einstellung wahrzunehmen: „Wald und Wild“ oder so viel Wild wie möglich, ohne dass unzumutbare Schäden entstehen.
Was aber sind unzumutbare Schäden? Eine Toleranzschwelle als verhandelbare Größe festzulegen, ist dabei ein Eckpunkt für die „Rotwildbewirtschaftung“. Schäden im Privatwald sind anders zu beurteilen als im Staatswald, dem eine höhere Sozialpflichtigkeit abverlangt werden muss. Hier können Schäden unzumutbar sein, dort sind sie zu tolerieren. Die „schadensabhängige Tragfähigkeit“ lässt deshalb stark unterschiedliche Wilddichten zu. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Schadensabhängigkeit keineswegs nur eine Frage der Wilddichte ist, sondern, gerade beim Rotwild, eine Frage der richtigen Bewirtschaftung. Noch haben wir Rotwildgebiete mit großflächig überhöhten Beständen, aber oft genug wäre durch bewährte stressentlastende Maßnahmen eine weitere Reduktion vermeidbar.
Größter Wunsch bleibt das Zustandekommen einer revierübergreifenden Zusammenarbeit, denn nur dann ist eine zielgerichtete Rotwildbewirtschaftung überhaupt erst möglich. Hegegemeinschaften sind zwar gesetzlich verankert, aber funktionierende Zusammen schlüsse mit Regelungen, die für alle Revierinhaber verbindlich sind, haben Seltenheitswert. Revierbezogener jagdlicher und auch forstlicher Egoismus beherrscht die Szene. Selbst in großflächig zusammen hängenden Staatswaldgebieten herrscht nicht selten Kleinstaaterei. Geprägt vom Feindbild Hirsch, glaubt man im einen Revier den Wald retten zu müssen, im anderen werden selbst bei empfindlichen Schäden die Augen verschlossen. Im einen Revier wird gewissenhaft auf Vermeidung von Störungsdruck geachtet und im anderen ab Mai auf jedes einjährige Stück Dampf gemacht. Ein Beispiel für die Ergebnisse einer einheitlichen Bewirtschaftung ist der Schönbuch (Baden Württemberg). Im 4 000 Hektar großen Gatter im Staatswald wurde 1987 eine alle Interessen berücksichtigende Bewirtschaftungskonzeption beschlossen, die erstaunlich positive und messbare Ergebnisse erbracht hat. Nicht nur im Hinblick auf die Wald- und Schadensentwicklung, sondern auch auf Jagd und Öffentlichkeit.
Ohne Kerngebiete oder Verbreitungsschwerpunkte, die durch eine tradiert über dem Durchschnitt liegende Wilddichte charakterisiert sind, geht es nicht. Allerdings können sie nur dort eingerichtet werden, wo die Waldbesitzer damit einverstanden sind, denn in Kerngebieten müssen fraglos stärkere Schäden toleriert werden. Umso entscheidender ist gerade hier eine wirkungsvolle Schadensminimierung durch artgerechte Bewirtschaftung mit abweichenden Bejagungszeiten und -arten und durch Ausweisen von Ruhezonen. Ein klares Abgrenzen der Kerngebiete wäre zur verbindlichen Festsetzung getroffener Vereinbarungen wünschenswert, ja sogar Voraussetzung, und weit sinnvoller als das Festlegen der Außengrenzen amtlicher Rotwildgebiete.
„Stressvermeidung“ ist das Stichwort. Ruhezonen ausweisen, Einzeljagd reduzieren, Bewegungsjagden durchführen, das sind praxiserprobte Maßnahmen. Gerade hier aber klaffen Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander! Mit Aufgang der Schusszeit auf Schmaltiere und Spießer wird das Wild durch abendliche Ansitzjagd an der Aufnahme schadensneutraler Offenlandäsung gehindert und hungrig in die Dickungen zurückgedrängt. Unser „tagaktives“ Rotwild – wir haben es ja nicht mit Dachs oder Igel zu tun – muss seine Tagesrationen in Dickungen zusammensuchen, und das hat Folgen. „Reduktion“ heißt die übliche Forderung. Dazu sei erwähnt, dass Schälen und Verbiss im Sommer für das Waldwachstum besonders schädlich sind. Eines aber ist Fakt: Ein tagvertrautes Schmaltier mehr auf der Wildwiese oder auf dem Schlag ver ursacht weit weniger Schaden als das Restrudel mit zerstörter Frühjahrs vertrautheit in sogenannten „guten Einständen“.
Bis 1988 wurde auch im Schönbuch ab Juni intensiv auf Schmaltiere und Spießer gejagt. Nur 10,6 Prozent des Kahlwildabschusses konnten dabei erfüllt werden, doch das Schälen hatte trotz des bereits reduzierten Bestandes einen Höhepunkt erreicht. Also noch weiter reduzieren? Nein, die Konzeption sah sommerliche Jagdruhe vor! Wie die Forst inventur ergab, wurden im letzten Jahr mit frühsommerlicher Einzeljagd noch untragbare vier Prozent der jungen Bis 1988 wurde auch im Schönbuch ab Juni intensiv auf Schmaltiere und Spießer gejagt. Nur 10,6 Prozent des Kahlwildabschusses konnten dabei erfüllt werden, doch das Schälen hatte trotz des bereits reduzierten Bestandes einen Höhepunkt erreicht. Also noch weiter reduzieren? Nein, die Konzeption sah sommerliche Jagdruhe vor! Wie die Forst inventur ergab, wurden im letzten Jahr mit frühsommerlicher Einzeljagd noch untragbare vier Prozent der jungen Argumente nur Vorwand sind, um nicht auf jagdliche Freuden bei Finkenschlag und Drosselsang verzichten zu müssen? Jedenfalls sollte der meist viel zu hohe Abschuss von jungen Hirschen eingeschränkt und möglichst weit zurückgestellt werden. Dieser behindert den zur Regulierung erforderlichen Kahlwildabschuss in gravierender Weise, denn welcher Gastjäger lässt schon den Spießer oder Sechser laufen und erlegt Schmaltier oder Kalb? Abgesehen davon kann es nie zu dem in allen Richtlinien an gestrebten ausgeglichenen Geschlechterverhältnis kommen, wenn 80 Prozent oder mehr der Hirsche der Jugendklasse bei den Trophäenschauen an der Wand hängen.
Bis 1988 wurde auch im Schönbuch ab Juni intensiv auf Schmaltiere und Spießer gejagt. Nur 10,6 Prozent des Kahlwildabschusses konnten dabei erfüllt werden, doch das Schälen hatte trotz des bereits reduzierten Bestandes einen Höhepunkt erreicht. Also noch weiter reduzieren? Nein, die Konzeption sah sommerliche Jagdruhe vor! Wie die Forst inventur ergab, wurden im letzten Jahr mit frühsommerlicher Einzeljagd noch untragbare vier Prozent der jungen Bis 1988 wurde auch im Schönbuch ab Juni intensiv auf Schmaltiere und Spießer gejagt. Nur 10,6 Prozent des Kahlwildabschusses konnten dabei erfüllt werden, doch das Schälen hatte trotz des bereits reduzierten Bestandes einen Höhepunkt erreicht. Also noch weiter reduzieren? Nein, die Konzeption sah sommerliche Jagdruhe vor! Wie die Forst inventur ergab, wurden im letzten Jahr mit frühsommerlicher Einzeljagd noch untragbare vier Prozent der jungen Argumente nur Vorwand sind, um nicht auf jagdliche Freuden bei Finkenschlag und Drosselsang verzichten zu müssen? Jedenfalls sollte der meist viel zu hohe Abschuss von jungen Hirschen eingeschränkt und möglichst weit zurückgestellt werden. Dieser behindert den zur Regulierung erforderlichen Kahlwildabschuss in gravierender Weise, denn welcher Gastjäger lässt schon den Spießer oder Sechser laufen und erlegt Schmaltier oder Kalb? Abgesehen davon kann es nie zu dem in allen Richtlinien an gestrebten ausgeglichenen Geschlechterverhältnis kommen, wenn 80 Prozent oder mehr der Hirsche der Jugendklasse bei den Trophäenschauen an der Wand hängen.
In einigen Verwaltungen glaubt man, den Haushalt – besonders in Kerngebieten – durch Kommerzialisieren der Jagd aufbessern und Waldschäden durch frühes und intensives Bejagen reduzieren zu können. Dies widerspricht nicht nur allen Grundsätzen einer Stressreduzierung, sondern auch forstlichem Nachhaltigkeitsdenken! Dabei ist nicht der Verkauf von den wenigen Hirschen der Altersklasse gemeint, sondern der Verkauf von möglichst vielen Abschüssen von Kahlwild und jungen Hirschen an revierlose Jäger in möglichst vielen
kleinen Pirschbezirken. Solcher Jagddruck hat nichts mit Wildbewirtschaftung zu tun und provoziert selbst bei geringen Wild beständen unverhältnismäßig hohe Schäden. Da hilft auch Intervalljagd nicht weiter, denn es dauert viel zu lange, bis eine zerstörte Frühjahrsvertrautheit wieder aufgebaut ist. Sind Bewegungsjagden nicht durchführbar oder nicht ausreichend Erfolg versprechend, kann zur Abschusserfüllung allenfalls Früh ansitz ab 1. August die Alternative sein. Dabei flüchtet ein gesättigtes Restrudel in die Einstände, und nach dem Kalb kann meist noch das zurückkehrende Alttier erlegt werden.
Schälschäden sind das Hauptproblem. Sind sie zumutbar? Muss reduziert werden? Oder sind sie durch artgerechte Bewirtschaftung gar vermeidbar? Hier ist Sachlichkeit gefordert! Maßstab sollte die Situation auf der Großfläche sein und nicht die einzelne Dickung, denn Schälschäden kommen auch bei angepassten Beständen örtlich gehäuft vor. Solange eine vereinbarte und festgelegte Toleranzschwelle auf der gesamten Waldfläche oder im Kerngebiet einer Hegegemeinschaft nicht überschritten wird, sind lokale Schäden entweder zu dulden oder durch Schutzmaßnahmen zu reduzieren. Um den Abschuss zielgerichtet und revierweise unter Berücksichtigung der Schadenssituation festzusetzen und um das Hauen und Stechen um Abschusspläne zu versachlichen, sollten wir uns über Zahl und Verbreitung des Rotwildes ein Bild verschaffen. Zählen können wir die Hirsche zwar nicht, jedoch lässt sich durch ein Monitoring feststellen, wie sich eine Population entwickelt. Ein Index, der auf eine Zu- oder Abnahme und die lokale Verbreitung schließen lässt, müsste dazu jedes Jahr und immer auf die gleiche Weise flächendeckend erhoben werden. Im Schönbuch waren standardisierte Zählfahrten eine große Hilfe für das zahlenmäßige und lokale Festlegen der Abschüsse.
Die höchst fragwürdigen amtlichen Verbreitungsschranken in den betroffenen Bundesländern fallen zu lassen, ist ein weiterer und vordringlicher Wunsch. Dabei geht es in erster Linie um eine angemessene Verbreitung und artgerechte Erhaltung der Art Cervus elaphus, von der die Jäger allerdings profitieren. Wenn zuständige Ministerien davon vorerst nichts wissen wollen, so ist dies angesichts der geschilderten, mangelhaften Situation in der Rotwildbewirtschaftung nicht verwunderlich. Wird es wohl gelingen, unser Rotwild zielgerichtet und kontrollierbar zu bewirtschaften? Vom 1. bis 3. Dezember 2010 hat in München das 5. Rotwildsymposium der „Deutschen Wildtier Stiftung“ stattgefunden. Wildbiologen und Jagd wissenschaftler waren sich in der „Münchner Erklärung für Wald und Wild“ einig, wie eine moderne und artgerechte Rotwildbewirtschaftung aussehen sollte. Warum aber liegen Wunsch und Wirklichkeit dennoch so weit auseinander, und warum gelingt es nicht, die Erkenntnisse großflächig in die Praxis umzusetzen? Die Jagd ist nun einmal eine begeisternde, aber höchst emotionale Angelegenheit. Da fällt es oft nicht leicht, persönliches Interesse in den Rahmen einer übergeordneten Sachlichkeit zu stellen. Andererseits fehlt es aber auch an Akzeptanz von unvermeidbaren Schäden. Auch Schädlingsbekämpfungsmentalität, wie sie gelegentlich zum Ausdruck kommt, hilft nicht, das Thema zu versachlichen. Außerdem sind die Freiwilligkeit der Beteiligung an überregionalen Vereinbarungen,die mangelnde oder fehlende Vollzugskontrolle und die Folgenlosigkeit von Verstößen gegen getroffene Vereinbarungen keine guten Voraus setzungen für eine erfolgreiche Rotwildbewirtschaftung.
Das Fazit kann daher nicht gut ausfallen: Erforderliche Gesetzesinitiativen sind nicht zu erkennen. Aber ohne eine verbindlichkeitswirksame gesetzliche Grundlage zur obligatorischen und besitzübergreifenden Bildung von Hegegemeinschaften, mit klaren regionalen Bewirtschaftungskonzepten, wird sich wohl kaum etwas ändern.