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Elsternjagd am Silvesterabend

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Wer wirksam Elstern bejagen möchte, der sollte ihnen in der Dämmerung nachstellen. Wie Sie an nur einem Abend ansehnliche Strecken erzielen können, zeigt Revierjagdmeister Elmar Eickhoff.

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Überfall im Schlafgehölz. Foto: Anne Eickhoff

 

Die Abenddämmerung zieht bereits auf. In wenigen Stunden ist Jahreswechsel. Einzelne Silvesterknaller künden bereits das Mitternachtsspektakel an. Zusammen mit meiner treuen Deutsch-Langhaar-Hündin „Eika“ stehe ich am Dorfrand und sondiere das etwa 50 Meter entfernte Schlafgehölz der Elstern. Bereits seit einigen Tagen beobachte ich, wo die Rabenvögel einfallen. Doch heute bin ich bewaffnet und werde bald dem Wild nachstellen.
Dass hohe Rabenvogel-Besätze sowohl dem Niederwild als auch den Singvögeln zusetzen, zeigte sich im vergangenen Sommer. Schwärme von bis zu 40 Elstern suchten unser kleines Wohngebiet heim. Da ihnen dort niemand nachstellt, haben sie jegliche Scheu verloren und die Brutversuche der Singvögel direkt an den Häusern zunichte gemacht. Sogar meine tierlieben Töchter forderten mich eindringlich zum Handeln auf. Das wiederholte Ausrauben eines Spatzengeleges im Dachfirst brachte das Fass zum Überlaufen. Die halbnackten Jungvögel lagen tot vor unserem Haus.

 


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„Apport“! Brav bringt die Langhaar-Hündin das erlegte Wild. Foto: Anne Eickhoff
Weil ich in diesem Revier keinen Begehungsschein oder eine Jagderlaubnis hatte, entstand die Idee, mit den Pächtern Kontakt aufzunehmen, um im Herbst und Winter den Elstern nachzustellen. Die Jagdherren waren von dem Plan schnell überzeugt. Ich erklärte, dass die Bejagung der aufgebaumten Elstern im Schlafgehölz am effektivsten sei. Denn besonders in der kalten Jahreszeit ist das Wild ausgesprochen gesellig und rottet sich zu großen Schwärmen zusammen. Sind die Elstern erst eingefallen, trauen sie sich nicht mehr aus dem Geäst heraus.
Vermutlich fürchten sie Nachtgreife, wie Uhus oder Eulen sowie in der Dämmerung jagende Habichte. Selbst bei Störungen durch den Jäger verlassen sie ihren Schlafplatz nicht mehr. Je dunkler es wird, desto ausgeprägter ist dieses Verhalten. Teilweise kann sich der Schütze sogar auf wenige Meter an das Wild anschleichen. Nur bei andauernder Jagd am selben Ort verlassen sie sehr widerwillig ihre Schlafstelle.
In den vergangenen Tagen klärte ich also das Schlafgehölz der Elstern auf. Sie machten es sich täglich in einer kleinen dichten Hecke in unmittelbarer Nähe des Dorfes bequem. Das warf Probleme auf, weil die Anwohner es nicht gewohnt sind, dass in der Nähe der Häuser geschossen wird. So fasste ich den Entschluss, bis zum heutigen Silvesterabend zu warten, in der Hoffnung, dass Anwohner und Elstern durch die Knallerei vorübergehend „schussunempfindlich“ werden.
Der späte Termin hat noch den Vorteil, dass kein Laub mehr an den Bäumen ist und sich die Elstern dadurch in der Dämmerung besser ansprechen lassen. Wenn von der Bejagung im Schlafgehölz die Rede ist, denken die meisten Jäger, dass sie bereits vor dem Einfallen der schlauen Vögel im Gebüsch sitzen müssen. Viele Elstern bekommen dann die frühen Schüsse mit und fliegen eine andere Stelle an. Besser ist es, den Schwarm zunächst einfallen zu lassen und erst bei fortgeschrittener Dämmerung in das Gehölz zu gehen. Das Restlicht am Himmel muss natürlich noch ausreichend hell sein, um die Elstern gegen den Horizont anzusprechen. Außerdem darf nur bis eineinhalb Stunden nach Sonnenuntergang gejagt werden, da das Bundesjagdgesetz die Nachtjagd auf Flugwild verbietet.

 


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Am liebsten sitzen die Elstern im dichten Geäst. Dort fühlen sie sich sicher. Foto: Fabian Neubert
Am heutigen Jahreswechsel herrscht ideales Wetter. Leichter Nieselregen macht die Schritte des Jägers im Laub lautlos, und das Tropfen lenkt die Elstern von den Geräuschen des Pirschenden ab. Die schleierartige Bewölkung reflektiert das Dorflicht und sorgt für einen hellen Horizont. Ein zunehmender Mond erfüllt beispielsweise denselben Zweck.
Inzwischen ist es ausreichend duster, um das Gebüsch anzugehen. Der Plan, von wo ich die Elstern anjagen will und wie ich mich in der Hecke bewege, ist längst fertig. Nach kurzem Fußmarsch, begleitet vom gelegentlichen Böllern der Pyromanen, die Mitternacht nicht abwarten können, erreiche ich die Hecke. Ich lade die mir ans Herz gewachsene, fast drei Jahrzehnte alte Sauer–Franchi  mit 2 mm Streupatronen. Die Schussentfernung liegt bei etwa 10 Metern. Skeetmunition reicht daher vollkommen aus. Die schwarz-weißen Gesellen sammeln sich wie gewohnt in den dichtesten Stellen der Hecke. Durch gelegentliches Schackern zeigen sie an, dass sie mich bemerkt haben.
Der erste Schuss bricht, eine Elster fällt zu Boden. Der verbliebene Schwarm  sitzt natürlich weder vor, noch nach dem Knall ruhig, sondern flattert wild durcheinander. Doch auch die zweite Schrotgarbe sitzt, denn mein Anschlag ist mir sogar im Dunkeln vertraut, und die Flinte passt genau.

 


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Angst vor Nachtgreifen wie dem Uhu hält Elstern im Schlafgehölz. Foto: Reiner Bernhardt
Wichtig ist aus Sicherheitsgründen nur steil nach oben zu schießen und die Gefährdungsentfernung der Schrote zu beachten. Einen günstigeren Blickwinkel gegen den hellen Himmel verschafft man sich, wenn im Sitzen geschossen wird. Ein weiterer Vorteil dabei ist, dass der Jäger von den Elstern schlechter erkannt wird.
Nach dem Überraschungsangriff werden die Elstern hektischer. Manche streichen kurz hinaus, um nach wenigen Schwingenschlägen wieder einzufallen. Einige sind regelrecht orientierungslos und mit der unbekannten Situation überfordert. Nach der ersten Dublette fällt ein Schatten direkt über mir ein. Verhängnisvoll, denn auch dieser Vogel fällt getroffen aus den Ästen.
Langsam pirsche ich weiter, bleibe immer wieder stehen oder setze mich auf den Boden, um weitere Elstern im Dickicht freizubekommen. Sogar nach mehrmaligem Umschlagen der Hecke lassen sich die meisten Elstern nicht aus ihr vertreiben. Lediglich einzelne streichen umliegende Baumgruppen an. Inzwischen habe ich sieben Elstern erlegt. Als es zu dunkel wird, breche ich die Aktion ab. „Eika“ apportiert nach und nach das Wild.

 


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„Flugwild tot“: Nach nur einem Jagdabend liegen bereits sieben Elstern zur Strecke und werden verblasen. Foto: Anne Eickhoff
Das empörte Schackern und Flattern nach dem Einschalten der Taschenlampe zeigt mir, dass immer noch Elstern in der Hecke stecken. Selbst durch den verlorensuchenden Hund lassen sie sich nicht vertreiben.
Leider waren die weiteren Jäger an diesem Abend verhindert. Denn mit mindestens zwei Jägern und einem Treiber ist diese Jagdart noch effizienter. Die beiden Schützen postieren sich in den Enden der Hecke. Der Treiber geht auf einem festgelegten Weg in den Büschen hin und her. Wichtig ist dabei, dass die Jäger genau den Platz des Gegenübers kennen und niemals ihren Stand verlassen. In Richtung des Treiberweges und zu flach darf natürlich niemals geschossen werden.
In von mir betreuten Niederwildrevieren wurden mit dieser Jagdmethode nach zwei bis drei Wiederholungen die Elsternschwärme bis auf einzelne Exemplare komplett erlegt. Nach der ersten Bejagung werden sie zwar immer scheuer, fliegen aber auch an den Folgetagen immer wieder ihren Übernachtungsplatz an.
Zufrieden und mit sieben Elstern im Rucksack gehe ich nach Hause, um bald auf das neue Jahr anzustoßen. Das alte wurde mit einer guten Tat beendet. Für 2012 fasste ich den Vorsatz, solche Elsternjagden zu wiederholen. Wahrscheinlich sind dann im nächsten Sommer weniger ausgeräumte Singvogelgelege und Jungwildverluste in Gärten, Feldern und Wiesen zu beklagen.

 


Jagdtipps: So machen Sie Strecke

  • Mit der Jagd im Schlafgehölz wird nicht begonnen, bevor das Laub komplett von den Bäumen gefallen ist.
  • Einige Tage vor dem Jagdabend müssen die Schlafgehölze der Elstern aufgeklärt werden.
  • Diesiges Wetter ist ideal. Das nasse Laub und fallende Wassertropfen übertönen die Geräusche des pirschenden Schützen.
  • Optimal sind zwei oder drei Jäger, weil sie sich das Wild gegenseitig zutreiben können.
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Bereits im Hellen streichen die Elstern zum Schlafgehölz. Die Jagd beginnt jedoch erst in der Dämmerung. Foto: Mathias Schäf
  • Das Gebüsch sollte erst betreten werden, wenn es schon sehr dunkel ist. Ansonsten kann es sein, dass die eingefallenen Elstern einen anderen Schlafplatz anfliegen.
  • Es wird überwiegend im Dunkeln gegen den noch dämmrigen Abendhimmel geschossen. Deshalb muss der Jäger seinen Anschlag in- und auswendig kennen.
  • Die durchschnittliche Schussentfernung liegt bei etwa 10 Metern. Daher sind offene Choke-Bohrungen und Skeet-Streupatronen sinnvoll.
  • Gesichtschleier und Handschuhe sind nicht unbedingt erforderlich. (In der Nacht sind alle Katzen grau.)
  • Wer im Sitzen schießt, wird von den Elstern nicht so gut erkannt und hat einen steileren Schusswinkel.

 

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