ANZEIGE

279 JVG – Unbefugtes Abweiden fremder Grundstücke

6893

279 JVG – Unbefugtes Abweiden fremder Grundstücke, Schäfer zu Strafe und Schadensersatz verurteilt

279 JVG
Der Schäfer ist für seine Schafe verantwortlich. Weidet die Herde ohne Erlaubnis auf fremden Grundstücken, muss er dem Besitzer den entstandenen Schaden ersetzen. FOTO: BURKHARD FISCHER

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
„Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ § 242 Strafgesetzbuch (Diebstahl) „Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ § 303 Strafgesetzbuch (Sachbeschädigung)

II. Der Sachverhalt
Der Angeklagte betätigte sich als Schäfer, ohne eine entsprechende Ausbildung abgeschlossen zu haben. Viele Jahre lang zog er mit seiner Herde von 600 bis 800 Schafen durch Nordbaden und Nordwürttemberg, wobei er wiederholt fremde Grundstücke unbefugt abweidete. Wegen dieses Verhaltens wurde er angezeigt.

III. Das Urteil
Das Gericht verurteilte den Schäfer wegen Diebstahls in sechs Fällen in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung. Mit dem illegalen Abgrasen habe er fremde Sachen beschädigt (Grundstücke) und sich rechtswidrig angeeignet (Bewuchs). Der Tatbestand des Diebstahls werde dadurch erfüllt, dass die Schafe den Bewuchs fremder Grundstücke abgerissen und aufgefressen hätten. Damit hätten sie Sachen, die zunächst unbeweglich gewesen seien, zu beweglichen Sachen gemacht, wie zum Beispiel abgemähtes Getreide. Diese habe sich der Schäfer mit dem Fressen der Schafe absichtlich angeeignet, ohne hierzu berechtigt gewesen zu sein. Gleichzeitig sei auch eine Sachbeschädigung gegeben, da die fremden Grundstücke in abgefressenem, zertretenem und verkotetem Zustand zurückgelassen worden seien. Dadurch seien sie in ihrem Gebrauchswert gemindert worden, selbst wenn sich der alte Zustand nach einiger Zeit wieder von selbst einstellen sollte, da die bevorstehende Heuernte zunichte gemacht worden sei.  Eine Bestrafung wegen Sachbeschädigung scheide auch nicht deshalb aus, weil das unbefugte Abweiden landwirtschaftlich genutzter Grundstücke nach Landesrecht lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstelle und mit einer Geldbuße geahndet werde. Denn diese Vorschrift erfasse nur das unbefugte Abweiden, nicht jedoch die dadurch auch bewirkte Beschädigung des Grundstücks. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 21.6.1993 – 8 AK 25/93 –

IV. Weitere Urteile
1. Jagdpächter P. hatte in seinem Revier einen Wildacker mit Raps angelegt. Verärgert stellte er eines Tages fest, dass eine Schafherde den Acker abgeweidet und den Bewuchs durch Trittschäden vollständig zerstört hatte. Er verlangte vom Schäfer Schadensersatz. Das Gericht gab seiner Klage statt. Es verurteilte den Schäfer als Tierhalter, die durch seine Tiere verursachten Schäden in vollem Umfang zu erstatten. Amtsgericht Betzdorf, Urteil vom 4.5.1977 – 3 C 1054/75 – 2. Schäfer S. beauftragte seinen Mitarbeiter, seine Herde zum Weiden zu führen. Entgegen seinen Anweisungen hat der nicht ortskundige Gehilfe die Herde auch auf fremden Grundstücken unbefugt weiden lassen, darunter auf dem Wildacker und den Äsungsflächen des Jagdpächters. Das Gericht verurteilte den Schäfer zum Schadensersatz, da er für seinen Gehilfen und seine Tiere hafte. Als Pächter der Grundstücke sei der  Jagdausübungsberechtigte zwar nicht Eigentümer der betroffenen Flächen, wohl aber deren Besitzer. Dieser Besitz sei durch die Schafe rechtswidrig beeinträchtigt worden.  Der zu ersetzende Schaden umfasse: Futterverlust des Wildackers: 525 DM; Kosten für eine vorbeugende Wurmkur: 85 DM; Kosten für den dazu verwendeten Hafer: 76 DM; Arbeitslohn: 60 DM; übriger Futterverlust: 200 DM. Unerheblich sei, ob ein Wurmbefall tatsächlich vorgelegen habe; denn entscheidend sei, dass ein solcher zu befürchten gewesen sei und diese Maßnahme der Vorbeugung gedient habe. Amtsgericht Wittlich, Urteil vom 28.7.1987 – 4 C 15/87 –

V. Ergebnis
1. Das unbefugte Abweiden fremder Grundstücke ist strafbar, sofern und soweit nach Landesrecht keine Ordnungswidrigkeit vorliegt.
2. Der Schäfer hat dem Geschädigten den durch das unerlaubte Abweiden  entstandenen Schaden zu ersetzen.

ANZEIGE

ANZEIGE
Aboangebot