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Felder verwittern – Unsichtbare Barriere

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Maisschläge zur Wildschadenabwehr mit Zäunen zu versehen, kostet viel Zeit und Geld. Eine preiswerte Alternative bieten Verstänkerungsmittel. Wie sie wirken, testete Jörg Rahn.

Die drei Verstänkerungsmittel „Hukinol“, „Wildschwein-Stopp“ und „Porocol“ wurden in Randrevieren der Göhrde über mehrere Wochen getestet. Dabei wurden die Produkte zum
Vergrämen von Schwarzwild an Maiskulturen eingesetzt. Neben Mais werden in der Gegend Getreide, Zwiebeln, Kohl und Speisekartoffeln angebaut. Der Anteil an Wiesen ist eher gering, die Gegend nur schwach besiedelt. Die gefährdeten Testflächen grenzen an einen Kiefernwald an. Die unter dem Bestand wachsende, übermannshohe Strauchschicht ist beinahe undurchdringlich. Sie gibt kaum einen Blick auf das Wild frei. Im Wald selbst
finden sich etliche undurchforstete Flächen – ideale Einstände für das Schwarzwild.

Hukinol
Der hochkonzentrierte Menschenschweiß-Geruch soll sämtliche Wildarten aus der Umgebung der verwitterten Flächen vertreiben. In der Nähe bewohnter Gebiete ist das Mittel wegen der starken Geruchsbelästigung nicht zu empfehlen. Der penetrante
„Duft“ dringt selbst durch die Verpackung. Das „Hukinol“ wird auf Lappen oder Schwämme geträufelt und zum Beispiel an Zweigen oder Pfosten in circa einem Meter Höhe aufgehängt. Der Abstand zueinander sollte dabei – je nach Gefährdung der Fläche – zehn
bis 20 Meter betragen. Zwei bis vier Wochen soll die Wirkung halten. Zusätzlich bietet die Firma Kieferle den „Wildstopp-Alustreifen“ an. Der Alustreifen ist mehrfach aufgefächert
und mit einem Filzstück versehen, das mit der Flüssigkeit getränkt wird. Er wird lose in etwa einem Meter Höhe aufgehängt. Die Alustreifen flattern und knistern im Wind. So entstehen zusätzlich optische und akustische Reize. Als weitere Ausbringungsmethode
bietet Kieferle die „Hukibomb“ und das „Hukinol-Stänkerset“ an. Erstere besteht aus einer geruchsdicht verschließbaren Flasche, die mit Watte gefüllt ist. Sie wird mit „Hukinol“ beträufelt und zum Transport verschlossen. Vor Ort hängt man sie auf und entfernt den Deckel. Damit kein Regen ins Innere gelangen kann, muss das Glas waagerecht zum Boden aufgehängt werden. Das „Hukinol-Stänkerset“ besteht aus 25 gebrauchsfertigen Flaschen zu je 30 Millilitern, die mit getränkter Watte gefüllt sind. Das Set bietet anhaltenden
Schutz von bis zu zwei Monaten, ausreichend für etwa einen Hektar. Die Flaschen sind beliebig oft wiederverwendbar und lassen sich mithilfe beiliegender Kabelbinder aufhängen.
Der Abstand zueinander sollte 15 Meter betragen.

Wildschwein-Stopp
Das Mittel wird in zwei verschiedenen Duftkomponenten in Sprühdosen angeboten.
Die abwechselnde Verwendung von „Wildschwein-Stopp Rot“ und „Wildschwein-Stopp Blau“ soll eine mögliche Gewöhnung der Sauen an einen Geruch unterbinden. Die Sprays sind umweltneutral und voll abbaubar. Sie bestehen aus der Kombination von synthetisch hergestellten Düften von Mensch, Bär, Wolf und Luchs. Aufgrund des ausgeprägten
Gestanks sollten sie nicht in der direkten Nähe von menschlichen Siedlungen ausgebracht werden. Das Mittel sprüht man auf Filzdepots, die am oberen Ende von mitgelieferten
Aluminiumstreifen aufgeklebt sind. Die ziehharmonikaförmig zusammengefalteten
Streifen müssen zuvor auseinandergezogen werden. Das obere Ende, an dem die Filzdepots sitzen, wirkt dabei als Dach und soll die Witterungsträger vor Regen schützen. Da die Stoffe wasserlöslich sind, kann ein Nachsprühen nach stärkerem Regen trotzdem
nötig werden. Die einzelnen Aluminiumstreifen werden an Pfählen oder Pflanzen im Abstand von acht bis 15 und in einer Höhe von etwa einem Meter aufgehängt. Ein geringer Luftzug genügt, um sie in Bewegung zu setzen. So entstehen Geräusche und  Lichtreflexionen, die zusätzliche Sinne des Schwarzwildes ansprechen. Um die Wirkung zu erhalten, müssen die Duftdepots – je nach Wetterlage – etwa alle zwei bis vier Wochen
erneut besprüht werden. Damit ein Gewöhnungseffekt des Wildes vermieden wird, werden die rote und die blaue Spraydose immer abwechselnd eingesetzt.

Porocol
Das „Porocol“-Wildvergrämungsmittel ist in seiner Mischung chemisch verwandt mit der Buttersäure. Es wird als Komplett-Set angeboten und beinhaltet zehn witterungsbeständige Verdampfersäulen inklusive Duftstoff. Die Wirkstoffbehälter sind mit jeweils fünf Millilitern Vergrämungsmittel gefüllt. In diese werden mitgelieferte Dochte gesteckt.
Die Handhabung dieses Produkts ist sehr einfach: Als erstes stellt man die einen Meter langen Plastikstäbe auf. Die abgeschrägte Stabseite steckt man dabei in den Boden. Danach wird der Verdampferkopf in den Stab gedrückt und die geöffnete Duftstoff-Flasche
vorsichtig hineingesetzt. Der mitgelieferte Docht wird in die Flasche gesteckt und der Verdampferdeckel auf den Kopf gesetzt. Durch die Schlitze kann die Luft ungehindert zirkulieren, und das „Porocol“ verteilt sich. Der Deckel verhindert, dass Regenwasser in die
Glasflasche eindringt. Das Set ist wiederverwendbar, lediglich die Flaschen müssen erneuert werden. Die Langzeitwirkung hält bis zu sechs Monate an. Der Säulenabstand sollte 50 bis 60 Meter betragen.

Alle Vergrämungsmittel wurden nach Gebrauchsanweisungen angewendet.
Teilweise mussten sie aber entgegen der Empfehlung direkt am  Feldrand aufgestellt werden. Denn alle Maisflächen lagen zumindest mit einer Seite an einem Waldrand. Die Feldberegnungslinien und die Außenränder wurden abgeerntet und anschließend gefräst, sodass eine tägliche Kontrolle möglich war. Je nach Bedarf wurden die Beregnungslinien erneut gefräst. Bei allen getesteten Mitteln sollten unbedingt Handschuhe und alte Kleidung
getragen werden. Die Gerüche sind sehr unangenehm und begleiten einen über längere Zeit. Für das Ausbringen des „Hukinol“ wurden ein Meter lange Holzpfähle in den Boden geschlagen und mit Schwamm bestückt. Auf diesen träufelten wir das „Hukinol“. Dabei ist äußerste Vorsicht geboten: Kein Tropfen sollte auf die Bekleidung oder die Hände gelangen. Unweigerlich würde man extrem und langanhaltend danach stinken. Für 13,50 Euro vertreibt die Firma Kieferle ein Reinigungsmittel, das den Gestank neutralisiert.
Bei dieser Art der Ausbringung kann das Mittel durch Regen ausgewaschen werden. Das Verstänkern ist bedingt durch die geringen Abstände der Pfähle relativ aufwendig. Zusätzlich kann der „Wildstopp-Alustreifen“ eingesetzt werden. Zum Benetzen des Duftdepots ist eine größere Einwegspritze ideal geeignet. So wird wenig Flüssigkeit verschwendet. Einfacher ist der Einsatz des „Hukinol- Stänkersets“ oder der „Hukibomb“.
Hier müssen lediglich die Gläser aufgeschraubt und mit einem Kabelbinder festgezurrt werden. Genau wie beim „Porocol“-Set lassen sich die Gläser wieder verschließen
und ohne Geruchsbelästigung nach Hause oder zum nächsten Feld transportieren.
Die Schraubdeckel, die mit Wirkstoff benetzt sind, sind am besten in einem verschließbaren Gefrierbeutel zu transportieren. Beim Einsetzen der „Porocol“-Fläschchen erleichtert einem eine lange Pinzette die Arbeit. Aufgrund der großen Abstände der Verdampfersäulen zueinander, der langen Wirkungsdauer des Mittels und dem Einsatz der Plastikstäbe ist der Arbeitsaufwand gering.

Dagegen ist er beim Einsatz des „Wildschwein-Stopp“ vergleichsweise groß. Die Pfähle müssen zugeschnitten, angespitzt und mit einem schräg eingeschlagenen Nagel versehen werden. Da die Abstände der Pfähle mit acht bis zehn Metern sehr gering sind, ist eine große Anzahl nötig. Das Aufsprühen des Mittels ist relativ einfach, man sollte allerdings die
Windrichtung beachten. Die beiden Komponenten ROT und BLAU, die abwechselnd eingesetzt wurden, verhinderten eine rasche Gewöhnung der Schwarzkittel. Bei der anhaltenden Hitzewelle über den Testzeitraum verdunsteten die Mittel schneller als vorausgesagt. Sie mussten daher früher erneuert werden, als in der Gebrauchsanleitung
empfohlen wurde. Mit steigendem Erntefortschritt in den anderen Kulturen wurde der Druck auf die Maisflächen stärker, und die eine oder andere Sau fand doch ihren Weg in die Maisschläge. Dies war insbesondere der Fall, wenn das Vergrämungsmittel direkt oder zu nahe am Mais ausgebracht werden musste. In einem Fall entfernte ein Wanderer mehrere „Porocol-Verdampfersäulen“. Umgehend nahmen die Sauen den Schlag an. Mithilfe einiger Hunde konnten sie aus dem Maisdschungel vertrieben werden. Bei dieser Aktion kamen
dann drei Frischlinge zur Strecke. Insgesamt erfüllten alle getesteten Mittel ihren Zweck. Größere Wildschäden, die ohne Schutzmaßnahmen sicherlich eingetreten wären, blieben aus. „Hukinol“ und „Wildschwein-  Stopp“ schnitten aufgrund des höheren  Arbeitsaufwandes etwas schlechter ab als das „Porocol“. An der Wirkung aller Mittel gab es nichts auszusetzen.


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