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Europäische Agrarreform

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April 2014

Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wird derzeit neu geordnet. Besonders das sogenannte Greening ist in der Diskussion. Werner Kuhn erklärt, was es damit auf sich hat und fasst die Ergebnisse der Agrarreform zusammen…

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Kerninhalt des Greenings innerhalb der Agrarreform ist die Einrichtung von Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) auf Äckern. Gefördert werden sollen zum Beispiel Feldhecken, Saum- oder Blühstreifen sowie Pufferstreifen an Gewässern. Damit will die EU den massiven Rückgang der Artenvielfalt in der Feldflur stoppen. Besonders die Bestände von Feldvögeln, Wildbienen und Wildkräutern befinden sich in einem beispiellosen Rückgang.

 


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Seit 2012 wird die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) neu verhandelt. Mit mehr als 40 Prozent des EU Haushaltes ist sie eine der ältesten und wichtigsten Politikbereiche der EU. Die GAP wird nur alle sieben Jahre reformiert, die kommende Periode läuft von 2014 bis 2020. Im Wesentlichen geht es um zwei Bereiche: Die Landwirte sollen durch Direktzahlungen unterstützt (1. Säule) und die ländlichen Räume gefördert werden (2. Säule).
Doch was steckt hinter dem Begriff Gemeinsame Agrarpolitik? Vor allem in der Reformphase war es nicht nur für den nichtlandwirtschaftlich vorbelasteten Jäger schwer durchschaubar, um was es geht. Befragt man „Mr. Google“, so erscheinen zu diesem einen Begriff über 520 000 Einträge! Grüner und gerechter soll die zukünftige Agrarpolitik werden, so die Parole des Agrarkommissars Dacian Ciolos, um auf die Unzufriedenheit der Bürger Europas zu reagieren – öffentliche Gelder nur für öffentliche Leistungen.

 


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Auch moderne Agrarlandschaften benötigen extensive Bereiche um die noch vorhandenen Tierpopulationen zu stabilisieren. (Fotos: Werner Kuhn)
Trotz konservativer Kritik haben einige Vorschläge der Kommission den langen Verhandlungsprozess mit Abschwächungen überlebt. Nach zähem Ringen werden die neuen GAP-Vorschriften überwiegend erst im Jahr 2015 in Kraft treten. Für das Jahr 2014 wird es Übergangsregelungen geben, die eine weitgehende Fortschreibung der bisherigen Regelungen darstellen.
Insgesamt wurden vier Verordnungen verhandelt, die künftig die Grundlage der GAP darstellen: Die Direktzahlungsverordnung, die Gemeinsame Marktorganisation, die ländliche Entwicklung (ELER) und die horizontale Verordnung zur Finanzierung. Nachfolgend die wesentlichen Ergebnisse: Greening: 30 Prozent der Prämien sind an das Greening gekoppelt. Bei Nichtbeachtung erfolgt eine Kürzung der Greening- Prämie im Umfang von bis zu 125 Prozent (das heißt: 37,5 Prozent der gesamten Direktzahlung). Ausgenommen von diesen Auflagen sind Betriebe mit viel Dauerkulturen oder solche, die andere „äquivalente“ Umweltleistungen erfüllen.
Hinter der tatsächlichen Umsetzung sind noch einige Fragezeichen zu machen, denn die aktuellen Ausführungen lassen eigenwillige Definitionen zu. Der Anbau von Eiweißpflanzen wäre für die Landschaft und die Wildtiere sicherlich ein Gewinn. Sie würden zu einer deutlichen Erweiterung der Fruchtfolge führen, benötigen aber im konventionellen Anbau Pflanzenschutzmittel. Aktuell ist dieser auf ÖVF noch zugelassen, aber ist das dann noch eine Ökologische Vorrangfläche? Eine Zwischenfrucht kann auch Winterroggen oder Triticale sein. Diese könnte nach aktueller Definition im Mai zur Silagegewinnung geerntet werden und dann nachfolgend als Hauptfrucht Mais angebaut werden.
Das Bereitstellen Ökologischer Vorrangflächen sollte auf dem einzelnen Betrieb erfolgen, damit sie sich gerade in Intensivregionen nicht in bereits extensive Regionen verlagern. Bereits die Anerkennung von Eiweißpflanzen als Zwischenfrüchte auf den ÖVF oder das Verrechnen der Flächen mit sogenannten Gewichtungsfaktoren ist umstritten, da kaum positive Auswirkungen auf die Artenvielfalt in der Feldflur zu erwarten sind. So würde beispielsweise eine Fläche mit Maisanbau in Waldrandlage als Ökologische Vorrangfläche gelten, weil sie durch den Waldrand einen Gewichtungsfaktor erhält.

 


Junghasen
Wie lange werden sie noch mit der zunehmend schnelleren Technik mithalten können?
Mit einem Gesamtbudget von rund 56 Milliarden Euro pro Jahr und Zahlungen an fast jeden Landwirt in der EU wirkt sich die EU-Agrarpolitik bis in den letzten Winkel Europas aus. Allerdings zeigt sich, dass die Umwelteffekte in der Bilanz eher negativ sind. So konnte der Rückgang der biologischen Vielfalt nicht aufgehalten werden. Und dies, obwohl sich die europäischen Staats- und Regierungschefs in Göteborg im Jahr 2001 zu einem Stopp des Rückgangs der Biodiversität bis zum Jahr 2010 verpflichtet haben und obwohl zahlreiche Verordnungen und Richtlinien für einen besseren Schutz von Natur und Umwelt sorgen sollen.

 


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Blühschneisen im Mais sind insbesondere nach der Getreideernte eine hochwertige Lebensraumverbesserung für das Niederwild.
Insbesondere die Feldvögel scheinen neben den Insekten die großen Verlierer in der Kulturlandschaft zu sein. Speziell beim Rebhuhn ist dieser Trend schon über Jahrzehnte deutlich spürbar. Gerade diese Art reagiert weitaus stärker auf geänderte Lebensraumsituationen als der Fasan und ist somit eine herausragende Zeigerart für die Qualität einer Landschaft in puncto Biodiversität. Weil es an den Naturraum gebunden ist, ist das Rebhuhn als Zeigerart noch weit sensibler als viele andere Feldvogelarten. Bei dieser Betrachtung darf die veränderte Bejagung der Fressfeinde nicht außer Acht gelassen werden.
Auch Fluginsekten spiegeln die biologische Aktivität eines Naturraumes wider, diverse Studien belegen einen deutlichen Rückgang. Jeder, der länger Auto fährt, hat festgestellt, dass die Scheibenreinigung nach längeren Autofahrten im Sommer kaum noch notwendig ist, um an der Windschutzscheibe geplatzte Insekten zu entfernen. So zeigte beispielsweise eine Untersuchung des Entomologischen Vereins Krefeld bei der „Ermittlung der Biomassen flugaktiver Insekten im Naturschutzgebiet Orbroicher Bruch mit Malaise-Fallen (automatische Insektenfallen) in den Jahren 1989 und 2013“ ein dramatisches Bild. Die Ergebnisse zeigen gravierende Rückgänge von mehr als 75 Prozent auf.

 


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Honigbiene und Co. hungern in einer modernen Landschaft nach der Rapsblüte. Wenn das Greening keine brauchbaren Lösungsansätze bringt, sollten zumindest vernünftig ausgestatte Umsetzungsmöglichkeiten in der 2. Säule realisiert werden.
Das Spektrum der Insektentaxa umfasst sehr hohe Artenzahlen, die wichtige Ökosystemfunktionen in der Nahrungspyramide erfüllen, unter anderem der Blütenbestäubung, als Regulatoren und Parasitoide und in zahllosen weiteren Nischen von unersetzlicher Bedeutung sind. Der hier ermittelte Rückgang auf 23,0 Prozent beziehungsweise 20,7 Prozent des ehemaligen Niveaus zeigt eine unerwartete, geradezu erschreckende Größenordnung.
Werden die Zahlenwerte für jeweils den größten Teil der Vegetationsperioden 1989 und 2013 vergleichend betrachtet, wird deutlich, dass in keinem Fall der wöchentlichen Leerungsintervalle das Niveau von 1989 erreicht wird. Vielmehr fällt auf, dass 2013 sogar nur noch 7,5 Prozent und 9,3 Prozent der Werte aus 1989 erreicht werden. Die Bewertung der vorgenannten Daten wird insbesondere durch Kenntnislücken, dem Mangel an aussagekräftigen, vergleichenden Untersuchungen und Analysen lokaler Gesamtartenspektren erschwert. (Entomologischer Verein Krefeld ISSN 1865-9365/Sorg, M.; Schwan, H.; Stenmans, W. & A. Müller)
Die knapp 17 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche Deutschlands, davon circa 70 Prozent Ackerflächen, sind der größte Lebensraum für die Offenlandarten. Diese Flächen sollen vielfältige Funktionen erfüllen, Nahrungs- und Futtermittelproduktion, Bereitstellung von Substraten für die Bioenergieerzeugung, Ökosystem-Dienstleistungen (Bestäubung, Wasserfilterfunktion, Boden- und Klimaschutz, genetische Vielfalt von Flora und Fauna) bis hin zur Funktion als Erholungsund Lebensraum für den Menschen.
In diesem Spannungsfeld bewegt sich an vorderster Front der Landwirt. Wenn er überleben will, muss er primär auf die ökonomischen Möglichkeiten achten, um mit seinem Betrieb wettbewerbsfähig bleiben zu können. In Regionen, in denen intensive Viehhaltung, Feldgemüseanbau und Biogas aufeinandertreffen und die Pachtpreise für Ackerflächen die 1 000 Euro weit überschreiten, werden ÖVF und Agrarumweltmaßnahmen nur umgesetzt werden, wenn es sein muss. Folglich wird es entscheidend davon abhängen, wie die konkrete Ausgestaltung des Greenings erfolgt!Insbesondere gilt dies für die ökologischen Vorrangflächen.

 


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Blühbrachen sind hoffentlich in der 2. Säule im notwendigen Umfang umsetzbar.
In der 2. Säule haben die Mitgliedstaaten und Bundesländer Gestaltungsmöglichkeiten und könnten eine zielgerichtete Politik der neuen EU-Förderperiode ab 2014 in die Umsetzung bringen. Die Umschichtung von Mitteln aus der 1. Säule in die 2. Säule der Agrarpolitik stößt in Deutschland jedoch auf große finanzpolitische Probleme. Die Einsparungen, die in der 1. Säule der Agrarpolitik erfolgen, kommen dem Bundeshaushalt zugute.
Dagegen liegt die Verantwortung für den Umweltschutz bei den Bundesländern. Das Umlenken der Geldströme zur Finanzierung der 2. Säule der Agrarpolitik macht demzufolge eine Änderung des Bund-Länder-Finanzausgleichs beziehungsweise eine Änderung des Finanzierungsschlüssels der Gemeinschaftsaufgabe erforderlich. Bereits jetzt haben vor allem die nördlichen und östlichen Bundesländer Probleme, ihren Kofinanzierungsanteil in den laufenden Agrarumweltprogrammen zu finanzieren. Ein weiteres Ausweiten dieser Programme würde also in den Ländern an finanzielle Grenzen stoßen.

 


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Gerade bei der Biomasseproduktion für Biogas leisten mehrjährige Kulturen (Energie aus Wildpflanzen) einen hohen Beitrag zur Reduktion des Maschineneinsatzes.
Blühstreifen, Ackerschonstreifen, Pufferstreifen sowie viele andere Extensivierungsmaßnahmen wurden in der Vergangenheit aus Geldern der 2. Säule finanziert. Abhängig vom Mitteleinsatz und der Maßnahmenausgestaltung wurde in den Bundesländern einiges erreicht. So wie sich aktuell die Greeningmaßnahmen darstellen, ist eine starke 2. Säule dringend notwendig – ob sich damit dann aber der Artenrückgang aufhalten lässt? Eine sinnvolle Ausgestaltung der Maßnahmen der zweiten Säule, mit ausreichend finanziellem Rückhalt, ist unabdingbar für die Artenvielfalt in der Kulturlandschaft.
Ohne politischen Druck durch die Verbände könnte wohl auch die 2. Säule ein Einsparmodell werden. Potenzial für die Erhaltung des Lebensraums Kulturlandschaft haben auch produktionintegrierbare Maßnahmen. Hier zeigt sich insbesondere bei der Biogaserzeugung mit dem Projekt „Energie aus Wildpflanzen“ (www.lebensraum-brache.de) ein hohes Potenzial. Dieses neue Anbausystem mit ökologischem Mehrwert wird unter anderem auch aufgrund der geringeren Marktleistung im Vergleich zum Mais noch nicht im möglichen Umfang umgesetzt.

 


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Grünroggen als Winterbegrünung führt zu erheblichen Verlusten in der Setz- und Aufzuchtzeit.
Die Anerkennung als Greeningmaßnahme oder Förderung in der 2. Säule würden die Umsetzung in der Praxis beschleunigen. Es ist die unternehmerische Freiheit eines jeden einzelnen Landwirtes, das zu produzieren, wofür er den besten Preis bekommt. Das heißt auch, wenn sich mit Biodiversität in der Kulturlandschaft ein vernünftiges Einkommen erwirtschaften lässt, dann wird er das auch tun. Die Gesellschaft darf nicht vergessen, dass es Kulturlandschaft und biologische Vielfalt auf dem Weltmarkt nicht zu kaufen gibt.
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