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Überjagende Stöberhunde: Klage auf Unterlassung erfolgreich

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Ein Stöberhund kennt keine Grenzen und gelangt so schnell einemal ins Nachbarrevier. Wie urteilt das Gericht?

Ein Stöberhund kennt keine Grenzen und so gelangt er schnell einmal ins Nachbarrevier. Hier liegt es an der Jagdleitung, so ein Überjagen auszuschließen. Zum Beispiel dadurch, dass in grenznahen Dickungen nur Treiber ohne Hunde oder nur mit angeleinten Hunden durchgehen.

Von Mark G. von Pückler

I. Die Rechtsgrundlage

„Wird das Eigentum (ebenso: das Jagdausübungsrecht) in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.“ § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch

II. Der Sachverhalt

Ansitzdrückjagd in Norddeutschland. Wie bereits in den vergangenen Jahren, fand im Klosterforst X. eine weiträumige Bewegungsjagd statt. Dabei wurden auch freilaufende Stöberhunde eingesetzt, die wiederholt und zu mehreren in den angrenzenden Jagdbezirk überjagten und dort nach Wild stöberten.

Die Pächter des angrenzenden Jagdbezirks waren nicht mehr bereit, dies tatenlos hinzunehmen; bereits in den vergangenen Jahren war es zu ähnlichen Störungen ihres Jagdausübungsrechts gekommen, ohne dass ihre Einwendungen gegen die Art der Durchführung dieser Jagden beachtet wurden. Sie erhoben beim zuständigen Amtsgericht Klage auf Unterlassung künftiger Störungen durch den unkontrollierten Einsatz von Stöberhunden auf Ansitzdrückjagden.

III. Das Urteil

Das Gericht gab den Pächtern recht; es verurteilte den Veranstalter der Ansitzdrückjagd „unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500 000 Mark, ersatzweise Ordnungshaft“, es zu unterlassen, dass bei künftigen Ansitzdrückjagden der benachbarte Jagdbezirk Y. von den eingesetzten weitjagenden Stöberhunden „mit abgesucht, durchstöbert und Wild hochgeschreckt wird“.

1. Rechtswidrige Störung
Die vernommenen Zeugen hätten, so das Gericht in seiner Begründung, übereinstimmend bekundet, dass es während der Ansitzdrückjagd mehrfach zu einem Überjagen der eingesetzten Jagdhunde gekommen sei. Dadurch sei das Jagdausübungsrecht der Reviernachbarn verletzt worden, ohne dass diese die Beeinträchtigung hinzunehmen hätten.

Zwar könne ein Überjagen der Hunde nie vollständig ausgeschlossen werden, der Veranstalter der Jagd habe jedoch weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass er irgendwelche Vorkehrungen gegen ein Überjagen der Hunde vorgenommen habe.

2. Wiederholungsgefahr
Auch in den kommenden Jahren sei mit der Durchführung von Bewegungsjagden in der Form von Ansitzdrückjagden zu rechnen, bei denen wieder Jagdhunde zum Hochmachen des Wildes eingesetzt würden. Außerdem hätten die Nachbarn bereits vor der Jagd ihre Bedenken gegen die Art der Durchführung der Jagd geäußert, ohne dass Maßnahmen gegen ein unkontrolliertes Überjagen der Hunde getroffen worden seien.

3. Kein generelles Verbot
Durch dieses Urteil werde dem Forstamt nicht untersagt, generell auf die Durchführung von Bewegungsjagden unter Einsatz frei jagender Hunde zu verzichten; vielmehr werde es dazu verpflichtet, künftige Jagden nicht in gleicher Weise durchzuführen, damit nicht erneut mit einem unkontrollierten Überjagen zu rechnen sei.

Die Jagdnachbarn könnten nur verlangen, dass bei der Durchführung von Ansitzdrückjagden alle „möglichen und zumutbaren“ Maßnahmen gegen ein Überjagen der Hunde getroffen würden (zum Beispiel größerer Abstand zur Reviergrenze, Verwendung besonders zuverlässiger Hunde im Grenzgebiet und anderes). Sollte es dann gleichwohl zu einem Überjagen kommen, so begründe dies noch keinen Unterlassungsanspruch, weil es eine absolute Sicherheit gegen ein Überjagen nicht gebe.

Amtsgericht Bückeburg, Urteil vom 11.01.2000 – 73 C 175/99 (VI) -, bestätigt durch Landgericht Bückeburg, Urteil vom 05.10.2000 – 1 S 47/00 –

Anmerkungen

1. Rechtswidrige Störung

  • Das Urteil entspricht der ständigen Rechtsprechung. Überjagende Stöberhunde stellen grundsätzlich eine rechtswidrige Störung des fremden Jagdausübungsrechts dar, die der Jagdnachbar nicht hinnehmen muss.

    Das gilt schon dann, wenn die Hunde im fremden Jagdbezirk nur stöbern und suchen, also noch kein Wild hochgemacht haben, oder nur Wild aus dem eigenen Revier dorthin verfolgen.

  • Der Jagdnachbar kann mit Erfolg auf Unterlassung klagen, wenn mit einer Wiederholung bei künftigen Jagden zu rechnen ist. Das gilt für Staatsjagden und für Privatjagden in gleicher Weise.

    Anders ist es nur dann, wenn der für die Bewegungsjagd Verantwortliche (Jagdleiter/Jagdausübungsberechtigter) alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ein Überjagen zu verhindern, und dennoch vereinzelt Hunde in das Nachbarrevier eindringen. Denn solche sporadischen Beeinträchtigungen hat der Jagdnachbar dann zu dulden, weil ein absolut sicherer Ausschluss des Überjagens nicht möglich ist.

  • Zu diesen „möglichen und zumutbaren“ Maßnahmen gegen ein Überjagen gehört vor allem, dass ein ausreichender Abstand zum Nachbarrevier eingehalten wird, genügend Teilnehmer zur Grenze hin abgestellt werden und nur niederläufige Hunde zum Einsatz kommen.
  • Jeder Jagdherr/Jagdleiter muss sich daher schon bei der Planung der Jagd sehr sorgfältig überlegen,
    • ob das zu bejagende Gebiet aufgrund seiner Größe, Lage und Beschaffenheit (Abstand zur Grenze, Ein- und Ausbuchtungen, Dickungen an der Grenze) überhaupt für eine solche Bejagung geeignet ist;
    • wie groß in der konkreten Situation der Grenzabstand sein muss;
    • welche Hunde zwecks Vermeidung von Grenzverletzungen einzusetzen sind (weitjagende oder kurzläufige Stöberhunde); wen er vor der Grenze zur Sicherung abstellt (zum Beispiel die Hundeführer, damit die Hunde bei Anruf auch tatsächlich umkehren);
    • welche sonstigen Maßnahmen zum Schutz des benachbarten Jagdbezirks notwendig sind.
    • Reicht eine Dickung bis in unmittelbare Grenznähe, so scheidet eine Bejagung mit freilaufenden Hunden in der Regel aus, weil ein Abhalten der Hunde nahezu ausgeschlossen, ein Überjagen also programmiert ist. Solche und ähnliche Gebiete sind Treibern vorzubehalten.

    Werden diese oder ähnliche Maßnahmen sorgfältig ausgeführt, so reicht ein vereinzeltes Überjagen der Hunde nicht aus, um die Rechtswidrigkeit der dadurch verursachten Störung zu begründen. Denn solche „Ausreißer“ sind dem Einsatz von Jagdhunden gewissenmaßen immanent und müssen daher vom Jagdnachbarn nach § 1004 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch geduldet werden. Dementsprechend dürfen überjagende, erkennbar im jagdlichen Einsatz befindliche Hunde auch keinesfalls im Nachbarbezirk im Rahmen des Jagdschutzes getötet werden.

  • Rechtswidrig ist die Situation aber dann, wenn die notwendigen Sicherungsmaßnahmen nicht oder nicht ausreichend getroffen wurden und daher das Überjagen vorhersehbar war, zum Beispiel weil weitjagende Stöberhunde auf zu kleinen Flächen oder in Grenznähe eingesetzt wurden oder eine Grenzsicherung überhaupt nicht erfolgte.)

    2. Wiederholungsgefahr
    Der Unterlassungsanspruch setzt außer einer rechtswidrigen Störung/Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts weiter voraus, dass Wiederholungsgefahr besteht. Es muss also die Befürchtung gegeben sein, dass in Zukunft weitere Jagden auf die gleiche Weise durchgeführt werden, so dass es dann wiederum zu einem Überjagen der eingesetzten Hunde kommen wird.

    • Hat bereits in der Vergangenheit eine solche Jagd mit Störungen stattgefunden, so besteht in der Regel Wiederholungsgefahr, wenn jetzt eine erneute Jagd auf die gleiche Weise durchgeführt werden soll. Ebenso liegt Wiederholungsgefahr vor, wenn nach einer Jagd mit Störungen eine verbindliche Zusage darüber verweigert wird, dass in Zukunft solche Jagden nicht mehr durchgeführt werden.
    • Wird erstmals eine solche Jagd angesetzt und ist aufgrund der örtlichen Situation (kleine Fläche, Grenznähe, Einbuchtungen, Dickungen) oder der einzusetzenden Jagdhunde (weitjagende Stöberhunde) mit einem erheblichen Überjagen zu rechnen, so muss nicht erst die erste Störung abgewartet werden, um Unterlassung künftiger Störungen verlangen zu können. Es genügt, dass eine erste Störung konkret bevorsteht.

    3. Wilderei

    • Werden Hunde oder Treiber bewusst oder unter billigender Inkaufnahme so eingesetzt, dass sie auch fremde Revierteile mit durchstöbern, um das dortige Wild zwecks Erlegung hochzumachen, so liegt Wilderei vor. Das gilt selbst dann, wenn es nicht zu einem Erlegen kommt, weil bereits das Nachstellen im fremden Revier den Tatbestand der Wilderei erfüllt.
    • Wer am Tage vor der Jagd Wild aus dem Nachbarrevier in sein eigenes hineindrückt oder hineindrücken lässt, um es am folgenden Tage erlegen zu können, begeht noch keine Wilderei, sondern nur eine rechtswidrige Beeinträchtigung des fremden Jagdausübungsrechts. Denn dadurch wird das Wild noch nicht unmittelbar gefährdet, es liegt also noch kein Nachstellen vor – das erfolgt erst am nächsten Tage auf der Jagd –, sondern nur eine (noch) straflose Vorbereitungshandlung. Der Jagdschein ist wegen unwaidmännischen Verhaltens zu entziehen.
    • Ebenfalls begeht keine Wilderei, sondern nur eine rechtswidrige Störung des Jagdausübungsrechts, wer am Tage vor der Jagd das Wild aus dem Jagdgebiet verscheucht, um es zu retten oder den Jäger zu schädigen. Denn ein solches Verhalten ist mangels Erbeutungsabsicht ebenfalls noch kein Nachstellen, sondern „nur“ ein Verscheuchen. Auch in diesem Falle ist der Jagdschein wegen unwaidmännischen Verhaltens zu entziehen.
    • Derartige Beeinträchtigungen können nur durch den Unterlassungsanspruch abgewehrt werden, bei Eintritt eines konkret bezifferbaren Schadens kann auch Schadensersatz verlangt werden.
    • Wird die Jagdausübung selbst durch Dritte konkret gestört, so liegt nach den Landesjagdgesetzen eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit erheblichen Geldbußen geahndet werden kann.

    V. Ergebnis

    1. Überjagende Stöberhunde stellen – bei Privatjagden wie auch bei Staatsjagden – grundsätzlich eine rechtswidrige Störung des fremden Jagdausübungsrechts dar.
    Der Jagdnachbar kann daher Unterlassung verlangen, wenn in Zukunft mit weiteren Störungen zu rechnen ist oder eine solche Störung erstmals konkret bevorsteht.

    2. Das gilt nicht, wenn nach Sachlage alle „möglichen und zumutbaren“ Maßnahmen getroffen wurden, um ein Überjagen zu verhindern, und es gleichwohl zu einem vereinzelten Eindringen von Hunden in den benachbarten Jagdbezirk kommt.

    3. Vor Durchführung einer Bewegungsjagd ist daher sorgfältig zu prüfen,

    • ob das Gelände für eine solche Jagdart überhaupt geeignet ist,
    • welche Hunde einzusetzen sind,
    • welche sonstigen Sicherungsmaßnahmen notwendig sind.

    4. Absichtliches Mitbejagen fremder Revierflächen, zum Beispiel durch Aufstöbern des Wildes durch Treiber oder Hunde, um es im eigenen Jagdbezirk zu erlegen, ist Wilderei und damit eine Straftat.



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