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Wer ist versichert?

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Fuchsbandwurm-Befall
Schon vor vielen Jahren erkrankte ein Berufsjäger am Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis). Er klagte auf Anerkennung des Leidens als Berufskrankheit und bekam Recht. Ein Fall, der aktueller ist denn je, vor allem weil nicht nur Berufsjäger abgesichert sind.
Wildmeister Dieter Bertram, Mark G. v. Pückler

Wer viele Füchse erlegt und im Winter auch selbst streift, steigert automatisch das Risiko, an Fuchsbandwurm-Befall zu erkranken

von Wildmeister Dieter Bertram und Mark G.v.Pückler

Rudolf hatte 40 Jahre als Berufsjäger gearbeitet, unter anderem in der bekannten Jagdverwaltung Schwirzheim in der Eifel, als er an einem Echinococcus in der Leber erkrankte. Die Untersuchungen ergaben einen hochpathologischen Befund (handbreite Vergrößerung) der Leber, die bereits mit Tumoren durchsetzt war.

Eine Operation kam nicht mehr in Frage, Therapien blieben erfolglos. Aus der Bescheinigung des behandelnden Arztes ergab sich, dass die Erkrankung als Berufskrankheit angesehen werden müsse. Der Erkrankte wurde von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft umfangreich über seine hauptberuflichen Tätigkeiten befragt, insbesondere darüber, ob er mit erkrankten Hunden oder erkranktem Wild in Berührung gekommen sei. Rudolf verneinte.

Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag auf Entschädigung aus der Unfallversicherung ab, weil eine berufsbedingte Hundewurm-Erkrankung nicht wahrscheinlich sei. Nach ihren Ermittlungen sei in dem Jagdbezirk kein Echinococcus-Befall des Wildes bekannt geworden. Auch sei nicht nachgewiesen, dass der Jäger in den letzten Jahren mit an Echinococcus erkrankten Tieren in Berührung gekommen sei.

Erst abgelehnt

Gegen diesen Bescheid erhob der Erkrankte beim Sozialgericht Klage. Ein Rechtsanwalt und ein Gutachter vom Institut für Wildforschung und Jagdkunde wurden hinzugezogen. Nachdem von unterschiedlichen Ärzten unstrittig eine Echinococcus-Erkrankung festgestellt worden war, gab der Gutachter seine Stellungnahme ab: Herr N. leide als Zwischenwirt an einem Hülsenwurmbefall der Leber. Hülsenwürmer oder Blasenwürmer seien Finnen, das heißt Entwicklungsstadien von Bandwürmern. Im vorliegenden Falle kämen zwei Echinococcus-Arten als Hülsenwürmer in Frage, nämlich zum einen die Echinococcus alveolaris, die Finne des wenig gliedrigen Fuchsbandwurms, Echinococcus multilocularis oder Echinococcus Granulosus.

Im Körper des lebenden Patienten sei eine Unterscheidung beider Arten schwierig und medizinisch kaum bedeutungsvoll. Vorliegend sei die Übertragung im einen Falle vom Fuchs, im anderen vom Hund ausgegangen, in beiden Fällen also von einer Tierart, mit der ein Berufsjäger bei Ausübung seines Dienstes ständig in Berührung komme.

Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei Herrn N. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um eine Infektion gehandelt habe, die von seinem Jagdhund ausgegangen sei. Durch den häufigen Aufenthalt in der Wildbahn hätten Jagdhunde mehr als andere Hunde Gelegenheit, sich an Aufbrüchen von Wild oder Fallwild an dem dreigliedrigen Hundebandwurm zu infizieren.

Am 15. Juni 1972 erging vor dem Sozialgericht in Koblenz unter dem Aktenzeichen S 8 U 96/71 das Urteil: Die Hessen-Nassauische Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft wurde verurteilt, die Echinococcus-Erkrankung des Jägers als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen. Der in wirtschaftliche Not geratenen Familie war dadurch geholfen. Eineinhalb Jahre später verstarb der Erkrankte.

Urteil gilt nicht nur für Berufsjäger

Dieses Urteil gilt nicht nur für Berufsjäger, sondern für alle Personen, die mit der Jagd zu tun haben und in der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft versichert sind. Daher fallen auch Jagdpächter, Jagdaufseher und Jagdgehilfen (Treiber, Nachsuchenführer u.ä.) unter diesen Schutz, sogar Jagdgäste und Ehegatten von Versicherten, wenn sie sich als typische Jagdgehilfen betätigt und dabei infiziert haben (siehe WuH Nr.3/1997, S.46 und Nr. 15/1997, S. 50).

Auch Forstbeamte sind bei einer Erkrankung am Fuchsbandwurm rechtlich abgesichert. Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Tätigkeit in besonderem Maße der Gefahr einer Erkrankung an bestimmten Leiden ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt das nach Paragraf 31 Abs. 3 des Beamtenversorgungsgesetzes als Dienstunfall. Es sei denn, der Beamte hat sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen. Er erhält Unfallfürsorge nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften.

Eine Erkrankung am Fuchsbandwurm ist als eine solche Berufskrankheit anerkannt, da Forstbeamte aufgrund ihres Dienstes in erheblich höherem Maße als die Allgemeinheit gefährdet sind. (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 20.5.1987 – 4 S 3036/86 –).



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