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Schluss mit dem Theater

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Einstweilige Verfügung erfolgreich

Einen solchen Menschenauflauf in seinem Revier wollte der Jagdpächter nicht länger dulden. Das Gericht verbot die „Theaternacht“. Im Falle der Zuwiederhandlung droht dem Veranstalter ein hohes Ordnungsgeld

Von Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage

„Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu befürchten, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.“

„Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.“ § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch

II. Der Sachverhalt

Der Pächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks staunte, als er auf einem Plakat las, dass in seinem Revier an zwei Wochenenden Ende Juni/Anfang Juli 2004 eine „experimentelle Theaternacht“ stattfinden sollte. „Romeo und Julia“ standen auf dem Programm, Kaffee- und Bistrobetrieb inbegriffen.

Sein Rechtsanwalt forderte die Veranstalterin unter Fristsetzung zu der Erklärung auf, die Vorbereitungen einzustellen und auf die Veranstaltungen zu verzichten. Die hiermit geforderte Unterlassungserklärung wurde nicht abgegeben.

Als damit begonnen wurde, ein Dieselaggregat aufzustellen, Scheinwerfer zu montieren und ein Partyzelt zu errichten, beantragte der Pächter bei Gericht eine Einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Veranstaltung.

Zur Begründung machte er geltend, dass das Wild durch die erheblichen Störungen für sechs bis acht Wochen vergrämt werde. In dieser Zeit sei die Ausübung der Jagd ohne Erfolg, die Erfüllung des Abschussplanes werde in Frage gestellt.

III. Die Entscheidung

Das Gericht gab dem Pächter recht. Es verurteilte die Veranstalterin, die „Theaternacht“ samt Cafe- und Bistrobetrieb im Revier zu unterlassen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ihr ein Ordnungsgeld bis zu 50 000,- Euro angedroht, bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass das Jagdausübungsrecht ein dem Eigentum ähnliches absolutes Recht sei, das durch die geplante Veranstaltung in erheblichen Maße beeinträchtigt werde.

Aus der eidesstattlichen Versicherung des Pächters ergebe sich, dass sich das Wild bei ähnlichen Aufführungen in den vergangenen Jahren für sechs bis acht Wochen verzogen habe. Eine solche Dauer stelle angesichts der Jagdzeit auf Rehböcke vom 1.Mai bis 15. Oktober eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Jagdausübung dar.

Diese Beeinträchtigung habe der Jagdausübungsberechtigte nicht wegen Ortsüblichkeit der Grundstücksnutzung zu dulden. Denn es sei ausgeschlossen, dass eine solche Nutzung in der Umgebung üblich sei, auch wenn die Forstverwaltung die Veranstaltung genehmigt habe.

Unerheblich sei schließlich auch die Tatsache, dass der Veranstalterin durch die Untersagung der Theaternacht erhebliche finanzielle Nachteile entstünden. Denn diese Folge hätte durch eine vorherige Verständigung mit dem Jagdpächter vermieden werden können.

Da die Veranstalterin entgegen dem Verlangen des Pächters nicht auf die Durchführung der Aufführung verzichtet habe, sei die Androhung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, geboten gewesen. Die Höhe von 50 000 Euro erscheine angesichts der Kosten der Veranstaltung als angemessen.

Amtsgericht Augsburg, Beschluss vom 23.6.2004 – 71 C 10094/04 –

III. Anmerkungen

1. Allgemeines
Das Jagdausübungsrecht ist wie das Eigentum ein absolutes Recht, das von jedermann zu respektieren ist. Deshalb kann der Jagdausübungsberechtigte gegen rechtswidrige Beeinträchtigungen gerichtlich vorgehen und die Beseitigung gegenwärtiger sowie die Unterlassung künftiger Störungen verlangen. Entsteht durch die Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts ein Schaden, so ist dieser zu ersetzen, wenn den Täter ein Verschulden trifft, etwa bei Wilderei.

  • Ist für ein Gerichtsverfahren keine Zeit, weil die Störung/Beeinträchtigung in Kürze bevorsteht, so kommt ein Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung in Betracht. Diese kann im Extremfall binnen weniger Stunden, ja sogar Minuten ergehen, wenn sonst ein wirksamer Rechtsschutz zu spät käme.

    2. Voraussetzungen

    Der Unterlassungsanspruch hat zwei Voraussetzungen:

  • Erstens muss die drohende oder bereits eingetretene Störung „rechtswidrig“ sein. Das ist immer dann der Fall, wenn sie gegenüber dem Jagdausübungsberechtigten ohne Rechtsgrund erfolgt, dieser sie also nicht dulden muss.
  • Maßnahmen der ordnungsgemäßen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sind grundsätzlich hinzunehmen, zum Beispiel Nutzungsänderungen wie der Übergang von Feld- zu Weidewirtschaft und umgekehrt, ein Wechsel im Fruchtanbau und die Rekultivierung ungenutzter Flächen. Auch das Spazierengehen zu Erholungszwecken sowie das erlaubte Radfahren und Reiten auf Wegen muss der Jagdausübungsberechtigte dulden. Anders ist es aber, wenn sich die neue Nutzung nicht in die land- und forstwirtschaftlich genutzte Umgebung einfügt, sondern ein Störfaktor ist, wie zum Beispiel die Errichtung eines Modellflugplatzes oder – wie hier – einer Theaterbühne auf einer Waldwiese.
  • Zweitens muss hinsichtlich der Störung „Wiederholungsgefahr“ bestehen. Dieses Merkmal ist gegeben, wenn es bereits in der Vergangenheit zu gleichartigen Störungen gekommen ist und jetzt weitere drohen, oder wenn eine Störung erstmals konkret bevorsteht.

    Um die Wiederholungsgefahr zu dokumentieren und nachzuweisen, wird vielfach vom Störer eine schriftliche Erklärung darüber verlangt, dass er die bevorstehende beziehungsweise künftige Störung unterlässt. Verweigert er eine solche schriftliche Zusicherung, so ist in der Regel vom Bevorstehen einer Störung beziehungsweise einer Wiederholungsgefahr für weitere Störungen auszugehen.

    3. Ordnungswidrigkeit

    Auf einem anderen Gebiet von Jagdstörungen, nämlich bei absichtlichem oder mutwilligem Stören der Jagdausübung, liegt nach Landesrecht in der Regel eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einer erheblichen Geldbuße geahndet werden kann.

  • In solchen Fällen kann zusätzlich zu einer Anzeige Klage auf Unterlassung künftiger Störungen erhoben werden, wenn Wiederholungsgefahr besteht, insbesondere wenn der Täter bereits in der Vergangenheit gestört hat oder er die Unterzeichnung einer Unterlassungsverpflichtung verweigert (siehe hierzu WuH 18/2001, S. 88).

    Eine solche Klage ist sehr wirkungsvoll, weil es dann für den Störer richtig teuer wird. Denn liegt erst einmal ein solches Unterlassungsurteil vor, so droht für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes, das in der Regel erheblich höher ist als die Geldbuße der Ordnungswidrigkeit. Außerdem muss der Störer im Falle des Unterliegens alle Prozesskosten zahlen, auch die Anwaltskosten des Jagdausübungsberechtigten.

  • Am besten wird eine solche Unterlassungsklage erst erhoben, wenn das Ordnungswidrigkeitsverfahren abgeschlossen ist, weil man sich dann auf die im Bußgeldbescheid oder anschließenden Urteil festgestellte Tat berufen kann.
  • Gleiches gilt übrigens auch für notorisch uneinsichtige Hundehalter, die – je nach Landesrecht – ihren Hund im Jagdbezirk entweder „außerhalb ihrer Einwirkung“ oder „unbeaufsichtigt“ frei laufen lassen. Auch hier liegt eine Ordnungswidrigkeit und eine rechtswidrige Störung des Jagdausübungsrechts vor, so dass man gegen den Täter zweispurig vorgehen kann (siehe hierzu WuH 3/1988, S. 20).

    V. Ergebnis

    1. Der Jagdausübungsberechtigte kann die Unterlassung rechtswidriger Störungen und Beeinträchtigungen verlangen, bei Zeitmangel durch Beantragung einer Einstweiligen Verfügung.

    2. Rechtswidrig sind solche Störungen, die der Jagdausübungsberechtigte nicht hinnehmen muss, zum Beispiel ein Theaterfestival oder Modellflugplatz im Feld oder Wald, das absichtliche Stören der Jagdausübung oder das unbeaufsichtigte Laufenlassen von Hunden im Jagdbezirk.
    Dagegen sind Maßnahmen im Rahmen der ordnungsgemäßen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft hinzunehmen, ebenso das Spazierengehen sowie das erlaubte Radfahren und Reiten auf Wegen.

    3. Liegt eine Störung vor, die zugleich eine Ordnungswidrigkeit darstellt, so empfiehlt sich in hartnäckigen Fällen zusätzlich zu einer Anzeige eine Unterlassungsklage, da diese äußerst wirkungsvoll ist.

    Einsender des Urteils:
    Rechtsanwalt W. Füger, Augsburg



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