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Rettender Keulenbiss

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Teckel am langen Riemen:
Teckel sind relativ kleine Hunde, deren Körpergröße eventuell
die jagdlichen Einsatzmöglichkeiten über der Erde begrenzen. Doch aus Mangel an Alternativen müssen Dackel manchmal
Arbeiten verrichten, die anderen Rassen vorbehalten sein sollten – und bewähren sich gut…

 

Ende einer Nachsuche: Das Hauptschwein wird nach dem Fangschuss geborgen

Von: Dr. Karl-Heinz Betz

Da ich beruflich häufig in den Ländern des ehemaligen Ostblocks zu tun hatte, ergaben sich dort auch vermehrt Jagdmöglichkeiten. Oft jedoch wurde der Genuss solcher Veranstaltungen dadurch geschmälert, dass sich das Jagdpersonal gar nicht oder überaus laienhaft um angeschweißtes Wild kümmerte. Von Ausnahmen abgesehen, fehlte es an der richtigen Einstellung zur Nachsuche und für die Einarbeitung der Schweißhunde. Deshalb nahm ich bei jeder Gelegenheit meinen Teckel mit ins Ausland. „Tinka“ – eine Hündin aus Schleswig-Holstein, deren Eltern sich bereits von Jugend an mit Sauen und Rotwild beschäftigten. Ich bekam sie als Welpen mit elfeinhalb Wochen und führte sie relativ konsequent auf Schweiß ab, zuerst noch mit Schleppen, später mit Kunstfährten.

Sie arbeitete sich gewissenhaft durch 80 Meter Dickung

Ihre erste Totsuche machte sie mit knapp einem halben Jahr im polnischen Teil der Rominter Heide. Ich hatte gegen 21 Uhr bei gutem Januarmond und Schneelage einen Überläuferkeiler beschossen, der nach dem Schuss in der Dickung untergetaucht war. Sicherheitshalber wartete ich bis zum nächsten Morgen. Das Wildbret konnte keinesfalls verhitzen, denn wir hatten um die 20 Grad minus. Ohne Probleme nahm die kleine Hündin nach einer klirrenden Frostnacht morgens gegen 8.30 Uhr die Fährte am Anschuss auf und arbeitete gewissenhaft zirka 80 Meter durch eine verschneite Dickung zum Stück, das sie kräftig beutelte. Das war der Anfang. Elf Monate später, im Dezember 1991, fuhren wir zu viert bei zunehmendem Mond in das Urwaldgebiet von Bialowieza nach Nord-Ostpolen, um in der Oberförsterei Browsk auf Keiler zu jagen. Auf den knapp 20 000 Hektar wurden dort jährlich mehr als zwanzig gute Keiler geschossen. In der ersten Nacht kam mein Kollege Klaus ärgerlich und verzweifelt in die Unterkunft. Er hatte mit seinem Jagdführer eine Rauschrotte angepirscht und einen recht starken Keiler mit seiner 9,3×62 beschossen.

16 Kilometer durch verschneiten Forst

Am Anschuss war trotz intensiver Suche mit starker Lampe nichts zu finden gewesen. Er nahm sich vor, am nächsten Morgen beim ersten Licht den Anschuss erneut zu überprüfen. In der Nacht begann es, heftig zu schneien. Wir saßen am anderen Tage schon beim Frühstück, als Klaus zurückkehrte und noch schlechterer Laune war als am Abend zuvor: „Du musst mal mit deinem Hund nachsehen! Wir haben wieder nichts gefunden!“ Also los! Regenzeug übergestreift, Schweißriemen und Hund geschnappt und dann 16 Kilometer im Geländewagen durch den verschneiten Forst. Das Auto wurde abgestellt, und Klaus und sein Jagdführer gingen voran. Nach zirka 100 Metern blieben sie stehen. „An diesem Baum habe ich angestrichen, dort stand die Rotte und in der Mitte der Keiler!“ Klaus wies mit der Hand auf eine vierzig Meter entfernte, etwas freiere Fläche. Auf der jungfräulichen Schneedecke waren nur die Spuren von Klaus und seinem Jagdführer auszumachen, die ja am frühen Morgen schon den Anschuss gesucht hatten.

Plötzlich stoppte sie und grub die Nase in den Schnee

Ich streifte „Tinka“ die Schweißhalsung über, legte sie in zehn Schritt Entfernung vom vermeintlichen Anschuss ab und untersuchte gewissenhaft die Stelle. Nichts. Nun führte ich den Hund am Riemen heran und ließ ihn vorsuchen. Der kleine Hund stupste mit der Nase im Schnee herum und zog nach zwei bis drei Metern scharf nach links. Pirschzeichen waren keine zu sehen. Fragend blickte ich mich nach Klaus um. „Sie sucht genau in die Richtung, in der die Rotte abgegangen ist“, kommentierte er die Arbeit der Hündin. Ich ließ den Teckel gewähren, denn wie oft hatte ich es schon erlebt, dass der Schütze kurz nach dem Knall die Situation anders beobachtet hatte, als sie in Wirklichkeit war. Doch nach gut 50 Metern trug ich die Hündin ab, denn an ihrem Benehmen merkte ich zwar, dass dort Wild gewechselt war, doch eine Krankfährte nahm sie gewöhnlich anders an. Also zurück und noch einmal! Dieses Mal griff ich ein wenig weiter vor, da Klaus der Ansicht war, dass der Keiler sich von der Rotte nach dem Schuss getrennt hatte und in gerader Richtung von ihm weggeflüchtet war. Zehn Meter vom ersten Startpunkt aus setzte ich „Tinka“ erneut an und ließ sie am Riemen hin- und hersuchen. Plötzlich stoppte sie, grub die Nase in den Schnee und begann äußerst interessiert die Stelle zu untersuchen. Ich beugte mich herab – und tatsächlich, sie hatte unter der Schneedecke Schweiß hervorgezaubert. Ich bat Klaus und den Jagdführer im Abstand zu folgen. Wir setzten uns gerade in Bewegung, als Klaus mich fragte: „Wo hast Du eigentlich deine Waffe?“ Ich winkte ab, denn ich war der Ansicht, dass der mit einer 9,3 getroffene Keiler irgendwo mausetot liegen oder längst über alle Berge sein müsste.

„Tinka“ begann nun, sehr gewissenhaft und ruhig die Fährte auszuarbeiten. Sie führte uns in ein sehr unübersichtliches Gelände mit halbhohen Fichten, Weiden und Reetinseln. Im Sommer und ohne Frost war dieser offenbar recht sumpfige Teil wohl kaum so leicht zu begehen wie jetzt nach den Minusgraden der letzten Nacht.

Plötzlich teilten sich auf der linken Seite die Zweige

Immer tiefer ging es in das bebuschte Moor hinein. In regelmäßigen Abständen verwies die Hündin Schweiß, den sie unter dem Schnee hervorkramte. Weder eine Fährte, noch andere Pirschzeichen verrieten die kranke Sau. Nach zweihundert Metern begann ich, intensiver über die Lage des Schusses nachzudenken. Meiner Theorie nach hätten wir die Sau längst haben müssen. Oder war das nur leicht angekratzte Stück längst über alle Berge? Meter für Meter arbeiteten wir uns voran. Ungefähr sechzig Schritte weiter standen die kleinen Fichten besonders dicht. Hier hob die Hündin plötzlich die Nase und beschrieb am Riemen einen Bogen nach rechts um einen der dichten Nadelbäume herum. Im selben Moment rumpelte es auf dessen linker Seite, die Zweige teilten sich und eine gewaltige Sau kam direkt auf mich zu. Es war der kranke Keiler, pechschwarz mit deutlich herausragenden Gewehren. Obwohl alles blitzschnell ablief, hatte ich das Gefühl, den Vorgang in Zeitlupe zu durchleben. Den Schweißriemen hielt ich noch in der Hand und hatte nur einen Gedanken: Hoffentlich verfängt er sich nicht irgendwo im Ästegewirr und fesselt den dadurch bewegungsunfähigen Teckel. Dann dachte ich daran, mich mit einem Satz in Sicherheit zu bringen. Denn die Sau kam zwar stetig, aber nicht sehr schnell. Plötzlich war „Tinka“ da, hatte den lockeren Schweißriemen um die Fichte herumgezogen und attackierte den Bassen von hinten.

Das war noch einmal gutgegangen!

Als dieser die Hundezähne in seiner Keule spürte, warf er sich keine anderthalb Meter vor mir herum, und beide waren wieder hinter dem Vorhang aus Fichtenzweigen verschwunden. Ich ließ den Schweißriemen nun endgültig fahren und rief nach Klaus’ Repetierer. Der stand kreidebleich ungefähr zehn Meter entfernt und hatte sich das ganze Schauspiel mit angesehen. Schnell fing ich die herübergeworfene 9,3×62 auf. Der Keiler hatte sich mit dem Haupt unter der tief beasteten Fichte verkeilt, während meine Hündin immer noch „Standlaut knurrend“ an dessen Keule hing. Es dauerte eine Weile, bis ich die Silhouette des Keilers im Gewirr der Zweige ausmachen und die Position des Hundes erkennen konnte. Dann schoss ich ins Dicke in den Bereich, wo ich den Teller vermutete und den Hund nicht gefährden konnte. Mit kurzem „Wuff“ quittierte die Sau die Kugel und hauchte schlegelnd ihr Leben aus. Langsam zog ich „Tinka“ mit dem Schweißriemen aus dem Wald. Klaus hatte sich, weiß wie eine Wand, auf einen umgestürzten Baum gesetzt, während der Jagdführer versuchte, den Keiler unter den Ästen hervorzuziehen. Das verendete Schwein, ein wirkliches Schwein, wie sich bald herausstellte, bewegte sich keinen Zentimeter. Das war noch einmal gutgegangen! Hätte „Tinka“ den Bassen nicht abgelenkt, wäre es um meine Beinkleider und vielleicht auch um deren Inhalt geschehen. Vielleicht hätte ich mich aber mit einem Sprung aus der Gefahrenzone bringen können. Diskussionen dieser Art sind im Nachhinein müßig. Nur eines wusste ich: Ganz gleich, welches Kaliber geschossen und wo immer der Schusses vermutet würde, beim nächsten Mal hätte ich eine geladene Waffe auf dem Rücken!

Wir vermuteten Medaillen – Gewaff

Mit vereinten Kräften gelang es uns, den Keiler hervorzuziehen. Der Schuss war ein wenig tief gewesen, hatte den rechten Vorderlauf zertrümmert und den Brustkern nur ganz leicht geöffnet. Dennoch waren ein paar Splitter des Geschossmantels in die Kammer eingedrungen, wie sich beim Aufbrechen herausstellte. Diese Verletzung hatte den Keiler nur langsam gemacht, war aber selbst nach einer Nacht noch nicht ins Leben gegangen. 117 Kilogramm aufgebrochen brachte er auf die Waage – und wir vermuteten ein Medaillen-Gewaff: Acht Zentimeter der Gewehre ragten aus dem Unterkiefer! Die Enttäuschung aber kam nach der Präparation. Statt der erwarteten 16 kamen nur noch acht weitere Zentimeter an Gewehrlänge dazu. Eines wurde aber klar: Die Teckelhündin hatte einen ganz „alten Knaben“ zur Strecke gebracht – ein Hauptschwein.

Erleger Klaus mit seinem Jagdführer am hart erkämpften Bassen

 


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