Den Teichwirten geht vor allem im Osten Bayerns die Luft aus: Die Fischotter-Schäden an ihren Fischbeständen steigen immer weiter. Ohne funktionierendes Otter-Management müssen viele Züchter aufgeben, meist Familienbetriebe mit nachhaltiger Regionalvermarktung.
Junge Bachforelle mit Otterbiss. Foto: LFV Bayern
In nur einer Nacht: 1.189 Bachforellen getötet
Es sind grausige Bilder, die sich in der Fischzucht Mauka des Landesfischereiverbands Bayern in Neufahrn vor den Toren der Landeshauptstadt bieten: 1.189 junge Bachforellen wurden in nur einer Nacht vom Fischotter getötet. 54 Fische starben durch Bisse (siehe Foto), der Rest erlag dem Jagdstress. Alles Fische, die zur Stärkung der Bestände gefährdeter Fischarten ausgewildert werden sollten. Die Fischotter fressen dabei beileibe nicht alle Fische auf. Oft verfallen sie in den Teichen in eine Art Fischrausch und töten wahllos alle Fische, die sie erwischen. Fische die dem Räuber entkommen konnten erliegen meist dem Stress der Jagd und ihrer Überanstrengung. Die blutige Nacht in der Fischzucht Mauka steht exemplarisch für viele Teichwirtschaften in Bayern.
Schäden in Millionenhöhe
„Fischotterschäden in Höhe von 1,1 Millionen Euro wurden im Jahr 2019 laut Bayerischem Landwirtschaftsministerium gemeldet – nur zum Teil werden sie aus dem Fischotterfonds ersetzt“, kommentiert Prof. Dr-Ing. Albert Göttle, Präsident des Landesfischereiverbands Bayern. „Viele Fischzuchten sind deshalb in ihrer Existenz bedroht. Denn nicht nur gehen Fische für den Verkauf verloren. Viel dramatischer ist es, wenn die Laichfische getötet werden. Sie sind die Grundlage für die Zucht der kommenden Jahre und ihr Wert lässt sich kaum beziffern, geschweige denn durch Geld ersetzen.“
Management endlich ermöglichen
„Der uneingeschränkte Schutz des Fischotters stellt die traditionellen bayerischen Teichwirtschaften vor große Probleme“, erklärt Alfred Stier, Vizepräsident des Landesfischereiverbands Bayern und selbst Teichwirt. „Wir fordern deshalb dringend ein funktionierendes Fischottermanagement und die Umsetzung der vom Landtag beschlossenen vierten Säule. Sie sieht die Erprobung des Abschusses von Fischottern in Teichanlagen vor. Sonst werden Teiche aufgegeben und wertvolle Biotopflächen für die Artenvielfalt gehen verloren. Aufgelassene Teich würden zu Maisackern – rentabel aber ökologisch wertlos.“ Ein geplantes Pilotprojekt in der Oberpfalz liegt derzeit allerdings wegen einer Klage auf Eis. Besonders ärgerlich: Der für Juni geplante Verhandlungstermin wurde bis auf Weiteres verschoben.
Zäune helfen kaum
Der Fischotter findet in den Fischzuchten einen reich gedeckten Tisch. So vermehrt sich das Tier rasch – ein Problem auch für die freien Gewässer, die dem Fraßdruck eines untypisch hohen Fischotterbestands ausgesetzt sind. Die ohnehin schon stark gefährdeten Fischbestände einiger Arten, wie Huchen, Nase oder Äsche, drohen regional zusammenzubrechen. Zäune könnten helfen, doch ist eine großräumige Einzäunung ist in vielen Teichwirtschaften schlicht nicht machbar. Dies belegt auch eine aktuelle Studie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Nur massive Elektrozäune halten den Marder ab. Sie sind jedoch trotz Förderung meist unwirtschaftlich. Gerade bei größeren Teichen mit langer Uferlinie, reicht eine Fischergeneration nicht aus, um die enormen Kosten wieder zu erwirtschaften. Zäune unterliegen zudem dem Baurecht und bei einer Vielzahl der naturnah bewirtschafteten Karpfenteiche dürfen sie aus Naturschutzgründen gar nicht gebaut werden. Sie würden auch andere gefährdete Tierarten an der Wanderung hindern oder durch Stromschläge schädigen.
Immer mehr Fischotter in Bayern
Der Fischotterbestand in Bayern ist enorm gewachsen: Galt das Tier noch vor einigen Jahren als nahezu ausgerottet, ist heute in einigen Regionen bereits der gute Erhaltungszustand erreicht (vgl. Bayerischer FFH-Bericht 2013). Insbesondere in Ostbayern finden sich längst überproportional große Bestände, begünstigt durch die Nahrungsquelle Teichwirtschaft. Auch aus Südbayern melden immer mehr Fischer Ottersichtungen und vom Fischotter verletzte Fische. Allerdings fehlt es in Bayern an einem flächendeckenden Monitoring – ein schweres Manko für ein vernünftiges Fischottermanagement.
„Die Fischzuchten in Bayern sind für die Hege der freien Gewässer von besonderer Bedeutung. Sie züchten unter anderem seltene und gefährdete Fischarten, ohne die die Artenhilfsprogramme des Landesfischereiverbands unmöglich wären. Ohne diese Besatzfische würden Flüsse und Seen weiter verarmen“, erläutert Willi Ruff, Vizepräsident für die Angelfischerei im Landesfischereiverband Bayern. „Es ist zu befürchten, dass die starke Ausbreitung des Fischotters auch die natürliche Reproduktion massiv behindert. Die für den Arterhalt in der freien Natur wertvollen, großen Laichfische passen leider genau in das Beuteschema des Fischotters. Beobachtungen an Wanderhilfen und Laichplätzen belegen dies. Es zeigt sich erneut: Einseitiger Tierschutz geht immer zu Lasten der Artenvielfalt!“
Alle wichtigen Fragen und Antworten rund um den Fischotter und die Fischerei in Bayern…
Karte der Fischotterverbreitung in Bayern…
-pm-