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Borrelioseimpfung für Hunde: Alles fauler Zauber?

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Jeder hat Angst vor Borreliose. Doch während es für Menschen keinen zugelassenen Impfschutz gibt, bieten Pharma-Hersteller Impfstoffe für Hunde an. Aber was taugen diese Präparate? Von Thore Wolf.

Hunde
Bild: www.zecken.de

„Nero“ wirkt abgeschlagen und schlapp. Der Hund will sich kaum bewegen und liegt beständig in seiner Ecke. Mit Sicherheit liegt es an der Hitze. Oder hat der Hund vielleicht doch Borreliose? Seitdem Rudi in der Tageszeitung einen Artikel über Borreliose gelesen hat, sorgt er sich ernsthaft um seinen Vierläufer. „Borreliose ist tödlich –- Impfen sie Ihren Hund“, titelte das Blatt. Und als Jaghund hat „Nero“ regelmäßig Zecken. Rudi überlegt, ihn vielleicht wirklich impfen zu lassen.

Schließlich kann eine Borreliose Fieber, Lahmheit und Gelenkentzündungen verursachen sowie Organe oder das Nervensystem des Hundes schädigen und im schlimmsten Falle zum Tod führen. Seine Jagdkollegen raten dem Hundeführer von einer Impfung ab. „So ein Blödsinn. Meine Hunde wurden nie gegen Zecken geimpft und sind alle alt geworden“. „Aber der Tierarzt hat es mir empfohlen“, entgegnet der Hundeführer. „Alles nur Geldmacherei“, meint ein Jagdfreund. Aber wer hat nun recht? Wie sinnvoll sind „Zecken-Impfungen“ für den Hund? Rudi recherchiert im Internet.

Die Lyme Borreliose (benannt nach dem Ort Lyme in den USA) wird über den Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) übertragen. Nach einem Biss gibt die Zecke das Bakterium Borrelia burgdorferi sensu latu an ihren Wirt weiter. Unter diesen Erreger fallen insgesamt zwölf Erregertypen, die jedoch nicht alle für den Hund gefährlich sind. Am gefährlichsten ist die Spezies Borrelia burgdorferi sensu stricto, die aber in Mitteleuropa nur zu etwa zehn Prozent (SUTER & KOHN 2011) verbreitet ist. In einigen Regionen Deutschlands fehlt sie komplett. Ganz im Gegensatz zu den USA, wo diese die einzige Vertreterin der Borrelien darstellt. Deutlich häufiger kommen in Deutschland die beiden Stämme Borrelia afzelii und Borrelia garinii vor. Für Borrelia burgdorferi wurde bereits in Experimenten bestätigt, dass sie die Borreliose auf Hunde übertragen kann. Für die Pathogenitätb der beiden anderen Spezies, B. afzelii und B. garinii, liegen bisher zwar noch keine experimentellen Nachweise vor, Untersuchungen der Zecken an infizierten Hunden haben allerdings auch diese als Erreger bestätigt.


Zeckenschutz
Prophylaxe-Mittel gegen Zecken gibt es viele: Sie schützen vor den Zecken und somit auch vor allen Krankheitserregern, die die Plagegeister übertragen.Bild: Paul Parey Shop

Auf dem deutschen Markt existieren bislang zwei Impfstoffe gegen Borreliose beim Hund: „Merilym®“ aus dem Hause Merial und der Impfstoff „Virbagen canis B®“ der Virbac Tierarzneimittel GmbH, der auch unter dem Namen „Rivac Borrelia“ von Ecu Phar vertrieben wird. Während sich der Merial-Impfstoff gegen den in Deutschland selteneren Erregerstamm B. burgdorferi richtet, deckt der Impfstoff von Virbac und Ecu Phar die häufiger verbreiteten Erregertypen B. afzelii und B. garinii ab. Laut Herstellerinformationen werden damit 80 Prozent aller in Deutschland vorkommenden Borrelienarten abgedeckt. Das sei der breiteste Schutz, der in Deutschland erreicht werden könnte, so Virbac.

 


Aber wie hoch ist das Risiko von Nebenwirkungen? Bei seiner Recherche stößt Rudi auf eine Publikation von Dr. Roland Friedrich. Der emeritierte Professor für Virologie und molekulare Onkologie am Universitätsklinikum Gießen warnt vor möglichen Nebenwirkungen der Impf stoffe. Von Tierärzten und Hundebesitzern sei ihm immer wieder berichtet worden, dass gesunde Hunde Stunden nach einer Impfung schwer erkrankten. Dennoch sei es kaum möglich, zu beweisen, dass die Symptome eindeutig auf die Borreliose-Impfung zurückzuführen sind. Es sei aber zu befürchten, so Friedrich in seiner Publikation, dass Autoimmunreaktionen, die durch den Impfstoff hervorgerufen werden, zu diesen Symptomen führen.

„Wie alle Impfstoffe wurde auch der Merial-Borreliose-Impfstoff umfangreich bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit getestet“, schreibt der Hersteller Merial auf seiner Internetseite. Nach seinen Ausführungen wurden seit 1999 mehr als zwei Millionen Hunde in Deutschland gegen Borreliose geimpft. Die niedrige Rate von 0,0058 Prozent gemeldeter Nebenwirkungen im Jahre 2009 bestätige die Verträglichkeit des Impfstoffes. Auch Virbac-Produktmanager und Veterinär Dr. Stephan Kiessling relativiert die Gefahr: „Wie bei jedem anderen Medikament sind Nebenwirkungen jederzeit möglich. Allerdings werden zahlreiche ausführliche Untersuchungen gemacht, bis ein Impfstoff zugelassen wird. Virbac führte acht Jahre lang immer wieder Tests und Untersuchungen zur Verträglichkeit durch, bis der Impfstoff Ende 2009 zugelassen wurde.“ Schädigende Nebenwirkungen sind Kiessling nicht bekannt.

Prof. Friedrich empfiehlt Hundebesitzern und Tierärzten, die Notwendigkeit einer Borreliose-Impfung sehr kritisch zu überdenken. Darüber hinaus sollte auf keinen Fall während der Zeckensaison geimpft werden, um das Risiko einer durch den Impfstoff bedingten Erkrankung auszuschließen. Schließlich muss sichergestellt sein, dass der zu impfende Hund gesund und nicht bereits mit Borrelien infiziert ist. In einem solchen Fall könnte der Schuss nach hinten losgehen und der Hund erst recht krank werden.

Auch Merial empfiehlt, Hunde mit früherer klinischer Borreliose-Erkrankung nicht impfen zu lassen. Zu groß sei die Gefahr eines möglichen Rückfalls. Vor der Impfung muss also ein sorgfältiger Nachweis geführt werden, dass der Hund keine Borreliose-Antikörper im Blut hat. Genau darin liegt aber jedoch die Schwierigkeit. Wie Friedrich schreibt, sind die meisten Antikörpertests unzuverlässig und bringen häufig falsche Ergebnisse.

Experten gehen derzeit von einer Borrelien- Durchseuchungsrate von 20 bis 30 Prozent bei adulten (erwachsenen) Zecken und fünf bis 20 Prozent bei jugendlichen Zecken (Nymphen) aus. Regional unterschiedlich liegt die Infektionsrate bei Hunden zwischen 17 und 61 Prozent (Quelle: Merial). Die Tatsache aber, dass ein Hund infiziert ist, bedeutet noch lange nicht, dass die Borreliose ausbrechen muss. Letztlich erkranken statistisch gesehen nur fünf bis zehn Prozent aller infizierten Vierläufer.

 


Untersuchung Hund
Borreliose-Impfungen sollten erst nach eingehender Untersuchung des Hundes und einem gesicherten Antikörpertest erfolgen.Bild: Falk Kern
Friedrich geht sogar davon aus, dass Hunde eine genetisch bedingte Resistenz besitzen und auch nach zahllosen Zeckenbissen nie erkranken. Selbst dann nicht, wenn sich die Bakterien im Körper ausbreiten. Allerdings gibt es keine verlässlichen Daten über die Resistenz gegenüber der Lyme-Borreliose. Der Professor führt an, dass in zeckenverseuchten Gebieten bis zu 90 Prozent der untersuchten Hunde Borrelien-Antikörper trugen, aber die wenigsten Hunde an Borreliose erkrankten.
Daher sei anzunehmen, dass die Zahl der borrelioseresistenten Hunde sogar noch weit größer ist als die resistenter Menschen. Und auch dort geht man davon aus, dass lediglich etwa 0,1 bis 1,5 Prozent der Zeckenbisse zu einer Erkrankung führen. Auch Virbac-Produktmanager Dr. Kiessling bestätigt, dass mehr als 90 Prozent der infizierten Hunde nie an Borreliose erkranken. „Aber dennoch empfiehlt es sich, das Restrisiko mit einer Impfung auszuschalten“, so Kiessling.
Durch ihre korkenzieherartige Struktur können Borrelien Zellwände durchbrechen und Organe befallen.

 


Organbefall
Durch ihre korkenzieherartige Struktur können Borrelien Zellwände durchbrechen und Organe befallen.Bild: www.zecken.de

Ganz anders sieht dies wiederum Tierärztin Dr. Julia Frangipani aus dem hessischen Hainburg. In ihrer Praxis lehnt sie das Impfen der Hunde gegen Borreliose ab. „Wir machen dies nur auf ausdrücklichen Wunsch der Besitzer. Mit Sicherheit schadet eine Borreliose-Impfung nicht, aber im Grunde nützt sie auch nicht wirklich, außer vielleicht dem Pharmakonzern, der den Impfstoff vertreibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hund an Borreliose erkrankt, ist sehr gering“, sagt die Tierärztin.
„Bedenkt man, dass Zecken noch zahlreiche andere Krankheiten, wie beispielsweise Anaplasmose, Babesiose oder Leishmaniose, auf Hunde übertragen können, ist eine Borreliose-Impfung nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Frangipani weiter. In Anbetracht dessen hält sie eine Zeckenprophylaxe mittels Spot-on-Präparaten oder Zeckenhalsbändern sowie täglichem Absuchen des Hundes für wesentlich effizienter. Schließlich werden die Borrelien erst ungefähr 12 bis 20 Stunden nach dem Biss der Zecke auf den Hund übertragen. Werden die Zecken also frühzeitig entdeckt und entfernt, sinkt das Risiko einer Infektion deutlich.

Sollte ein Hund tatsächlich an Borreliose erkranken, kann dies, laut Dr. Frangipani relativ leicht mit einem Antibiotikum wie beispielsweise „Doxycyclin“ behandelt werden. „Denn im Unterschied zur Borreliose beim Menschen, die erst Jahre nach der Infektion ausbrechen kann, bemerkt der aufmerksame Hundehalter dies bei seinem Vierläufer recht früh, wenn der Hund Fieber bekommt, abgeschlagen wirkt, wenig Appetit hat oder geschwollene Gelenke zeigt. “

Weitere Infos:
Neben Borreliose können sich Jagdhunde auch mit anderen Kranheiten infizieren. Auf wildundhund.de unter der Rubrik „Hunde“ hat WuH-Hundeexperte Theodor Heßling eine Kurzübersicht über die gängigsten Hundeparasiten und -krankheiten zusammengestellt. Klicken Sie rein!

 


Zeckenset
Mit diesem Testset kann man Zecken, die den Hund befallen haben, selbst auf Borreliose-Erreger untersuchen.Bild: www.zeckenschnelltest.com

Zecken ohne Schrecken: So schützen Sie ihren Hund

1. Beugen Sie Zeckenbefall durch Prophylaxemittel, wie Spot-on-Präparate und Zeckenhalsbänder, vor.

2. Suchen Sie während der Zeckensaison von April bis Oktober Ihren Hund regelmäßig und so gründlich wie möglich nach Zecken ab.

3. Um auf Nummer sicher zu gehen, testen Sie die entfernten Zecken in einem sogenannten „Schnelltest“ auf Borreliose. Beobachten Sie Ihren Hund in den folgenden Tagen und Wochen und suchen Sie bei etwaigen Auffälligkeiten Ihren Tierarzt auf. Info: www.zeckenschnelltest.de, Preis: 7,90 Euro

4. Wenn Sie Ihren Hund gegen Borreliose impfen lassen möchten, lassen Sie sich von Ihrem Tierarzt eingehend beraten.

Beachten Sie dabei folgende Punkte:
– Welcher Borreliose-Erreger kommt in Ihrer Gegend häufiger vor?
– Lassen Sie vor der Impfung einen Antikörpertest bei Ihrem Hund durchführen.
– Lassen Sie den Hund nicht während der Zeckensaison impfen. Besser: zwischen Januar und März.

 

 

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