AUS DEM WUH-TESTREVIER
Ein Wechselbad der Gefühle hält die Jagd an der Röhre bereit. Entweder steckt Reineke, und es geht direkt zur Sache, oder der Bau ist leer, und die Jäger ziehen gemütlich zum nächsten weiter.
Markus Deutsch
Leise die Autotür zugedrückt, dann öffnet Karl-Heinz den Kofferraum. Vor Aufregung niesen die Dackel „Carl“ und „Finn“. Sie tippeln von einem Vorderlauf auf den anderen, denn sie wissen, was sie jetzt erwartet: Es geht, wie alle zwei Wochen, auf Baukontrolle im Testrevier. Start ist im Pohler Wäldchen.
Karl-Heinz nimmt den älteren „Finn“ heraus. Er soll den Anfang an der Röhre unmittelbar am Limes machen. Der zurückgelassene „Carl“ quittiert die Wahl unwirsch mit zwei, drei kurzen Fiepern. Ohne Worte gehts in den Bestand.
An den Resten des römisch-germanischen Grenzwalls beziehen der Hundeführer und ich stumm unsere Posten, während der Vierläufer geduldig sitzend auf das Zeichen zum Sturm des Kunstbaus wartet. Wir sind ein eingespieltes Team, bei dem jeder weiß, wo er hingehört. Um dem Dackel die Arbeit unter Tage nicht zu erschweren, ist es sehr wichtig, dass vor Ort alles absolut leise vor sich geht, damit eventuell im Bau steckende Füchse nichts von der bevorstehenden Hausdurchsuchung mitbekommen.
Karl-Heinz steht an einem Fichtenstamm, ich rund drei Meter weiter ebenfalls an einem Baum. Auf einen Wink seines Führers prescht „Finn“ zur Röhre, wittert kurz am Eingang und schlieft dann zügig ein – ein gutes Zeichen! Wir spitzen unsere Ohren und betrachten aufmerksam die Ausfahrt. Alle Sinne sind geschärft.
Da! Ein dumpfes Knurren, dann wütendes Bellen. Wir schauen uns kurz erwartungsvoll mit hochgezogenen Augenbrauen an, fassen die Flinten fester und fixieren wieder den Bau. Keine 30 Sekunden sind seit dem Einschliefen vergangen, als sich etwas hinter den Zweigen regt, die als Verblendung der Röhre dienen: Ein Fuchsfang tastet sich vor, dann ist der Kopf zu sehen. Mit angelegten Gehören windet Reineke, ob die Luft vor dem Bau rein ist, und springt.
Er kommt nicht weit. Zwei Garben, fast zeitgleich abgefeuert, lassen den Rotrock sofort verenden. Das vernimmt natürlich auch unser Kamerad unter Tage und ist schon an der Ausfahrt. Vor lauter Eifer bekommt er nicht mit, dass wir bereits Waidmannsheil hatten, windet hektisch an der offensichtlich stark duftenden Röhre und ist drauf und dran, wieder einzufahren. Da bemerkt „Finn“, dass er bereits ganze Arbeit geleistet hat, ist mit einigen Sprüngen an seiner Beute und nimmt sie stolz in Besitz. Für die Streckenstatistik wird sie gewogen. Die Fähe bringt 6,2 Kilogramm auf die Waage. Ein klasse Start für den Tag!
Im Kohlwald kommt „Carl“ zum Einsatz. Dafür ist „Finn“ jetzt etwas eingeschnappt und, durch den gerade erlebten Erfolg angestachelt, wohl der Meinung, dass durchaus zwei Teckel in den Kunstbau passen würden. Aber sein kurzer Protest kann das harte Hundeführerohr nicht erweichen.
Zwar schlägt der Dackel nach dem Einschliefen kurz an, aber der Bau ist leer. Wir haben dasselbe dort schon öfter erlebt und vermuten, dass sich eventuell eine Betonröhre verschoben hat, an der der Hund aneckt. Wir werden in der jagdarmen Zeit einmal nachschauen müssen. Die nächsten Kunstbaue kontrollieren die vierläufigen Spezialisten jeweils im Wechsel, allerdings ohne irgendeinen Bewohner anzutreffen.
Unterhalb der Heide ist ein Bau in eine Grabenböschung eingelassen, der allem Anschein nach durch Lage und Schnitt den Geschmack der hiesigen Füchse trifft. Dort haben wir schon häufig Waidmannsheil gehabt, aber das soll nichts heißen. Durch das Wechselschichtsystem ist „Finn“ an der Reihe. Wieder geht ohne Worte jeder auf seinen Posten. Im weiten Bogen umschlagen wir den Kessel und die Röhre. Vorsichtig klettern wir über die Äste, die noch vom letzten starken Sturm den Wald stellenweise zum Hindernisparcours machen. Links und rechts der Röhre beziehen wir Stellung.
Der Wind hat kupferrotes Buchenlaub in den Einschnitt davor geschoben und damit quasi versiegelt. Ob da was steckt? „Finn“ lässt sich nicht zweimal bitten und springt ins Laub. Kurz gewindet, dann schlieft er vorsichtig ein. Stille.
Ein helles, kurzes Jaulen gefolgt von giftigem Bellen lässt unseren Puls schlagartig schneller schlagen. In dem Moment schießt ein roter Blitz aus der Röhre. Meine Garbe fasst ihn, noch bevor er die Grabensohle erreicht. Ich öffne die Flinte, doch erneut gibt „Finn“ Laut. Mit aufgerissenen Augen zeigt mir Karl-Heinz zwei Finger. In dem Moment, ich habe die Waffe kaum geschlossen, springt ein zweiter Fuchs, will zu mir hoch, dreht um und verendet im Schuss aus Karl-Heinz‘ Doppelläufiger direkt auf dem ersten Rotrock. Was für ein Tag – für Hunde und Jäger ein hundertprozentiger Erfolg! Der Rüde, der als erster sprang, wiegt nur 4,9, die Fähe 5,4 Kilogramm. Um „Carl“ ein bisschen was zu bieten, holen wir ihn dazu. Auch er nimmt die Beute in Besitz, denn schließlich tragen alle Beteiligten einer Baujagd zum Erfolg bei und sind somit Erleger