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Ein qualvolles Ende

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Trotz aller Bemühungen bekamen wir ein abgekommenes Reh nicht vor die Büchse.
Im Sommer fanden wir es wieder. Peter Schmitt

Das abgefangene Reh war stark abgekommen, Beckenknochen und Wirbelsäule traten deutlich hervor.

Hallo Peter, fahr bei Gelegenheit mal zu meinem Maschinenplatz, da liegt ein totes Reh unter dem einen Anhänger“, erklärte unser Jagdgenossenschaftsvorsitzende Günther Hasselbach seinen Fund am Rande des Dorfes. Passend stand gerade die Mittagspause an, und so fuhr ich sofort los.
Am Ort des Geschehens fand ich erst einmal nichts, roch jedoch bereits einen unangenehmen süßlichen Geruch. Also zum Telefon gegriffen, und Günther lotste mich zum Reh, dass nur mit der hinteren Hälfte unter einem Anhänger hervorschaute, der zwischen zwei tief beasteten Obstbäumen abgestellt war.
Während wir am Telefon rätselten, warum das Reh eingegangen sein könnte, traute ich meinen Augen kaum. In dem von Hunderten Fliegen umschwirrten vermeindlichen Kadaver war noch Leben. Sehr flach, aber merklich atmete das Stück noch. Zum Glück hatte ich ein Messer im Auto. Beherzt griff ich zu, zog das völlig abgekommene Schmalreh an den Hinterläufen hervor. Mit weit aufgerissenen Lichtern versuchte es, noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren. Mehr als ein laues Zucken war jedoch nicht mehr drin. Wenige Sekunden später hatte das Drama ein Ende.
Obwohl das Stück noch gelebt hatte, hatten die Fliegen bereits tausende Eier abgelegt. Auch der Geruch ließ nicht vermuten, dass das Reh noch am Leben gewesen war.
Fundort, Alter und Aussehen legten nah, dass es sich um ein Schmalreh handelte, dass wir bereits im April in einem sehr schlechten Zustand fotografiert hatten. Jedoch war die Jagd auf das lädierte Stück leider immer erfolglos gewesen.
Da es Freitag war und hochsommerliche Temperaturen herrschten, kam ein Einschicken des Rehkörpers nicht infrage. Um zumindest einen Hinweis auf die Ursache, der zum Abkommen des Stücks geführt hatte, zu finden, brach ich es auf. Schon beim Öffnen des Brustkorbes fiel die veränderte Lunge ins Auge. Während alle anderen Organe völlig normal erschienen, wichen deren Konsistenz und Farbe an mehreren Stellen vom Normalzustand ab.

Links: Schlund, Lunge und Herz, wobei die Lunge gallertartige Veränderungen aufweist. Rechts: Beim genauen Betrachten war an diesen Stellen ein Muster aus hellen Knubbeln zu erkennen.

Einige aussagekräftige Fotos schickten wir an Dr. med. vet. Iris Völker, Fachtierärztin an der Universität Gießen. Nach ihrer Diagnose handelt es sich bei den gallertigen oder schwartigen Verdichtungen, die ihrerseits noch ein Muster in Form kleiner weißer Knubbel (Zubildungen) zeigen, höchstwahrscheinlich um Brutknoten aus Larven von Lungenwürmern. Der Befall stelle eine der häufigsten Lungenkrankheiten beim Rehwild dar.
„Es handelt sich dabei um eine Infektion mit dem Parasit eines kleinen Lungenwurms, der beim Reh Varestrongylus (Capreocaulus) capreoli heißt. Dieser ausschließlich im Reh vorkommende Nematode ist mit drei Millimetern Durchmesser relativ dick und als circa drei Zentimeter langer weißer Faden zu erkennen“, schreibt uns die Expertin.

ein qualvolles Ende
Rechts: Das eingegangene Schmalreh war schon im April in schlechter Verfassung.

In den Bronchien parasitierend führe er zu Lungenentzündung mit durch Ansammlung von Entzündungszellen verfestigten Bereichen, die zu Luftrückstau und Verdickung der Muskulatur führen, weil gegen diesen Wiederstand angeatmet werden müsse. Das bedeute erhöhten Energieaufwand für das Stück, was das Abkommen erklärt. „Ist die Infektion chronisch oder hochgradig, besteht die Gefahr, dass durch die permanente Gewebsreizung auch Bakterien den Weg in die Blutbahn finden und das Reh innerlich vergiften (Sepsis)“, erklärt die Veterinärin den erbärmlichen Zustand des Rehes zur Fundzeit. Zwar sei die Krankheit für den Mensch nicht ansteckend und das Wildbret verwertbar, jedoch haben wir in diesem Fall gern darauf verzichtet. Rechts: Das eingegangene Schmalreh war schon im April in schlechter Verfassung. Einige aussagekräftige Fotos schickten wir an Dr. med. vet. Iris Völker, Fachtierärztin an der Universität Gießen. Nach ihrer Diagnose handelt es sich bei den gallertigen oder schwartigen Verdichtungen, die ihrerseits noch ein Muster in Form kleiner weißer Knubbel (Zubildungen) zeigen, höchstwahrscheinlich um Brutknoten aus Larven von Lungenwürmern. Der Befall stelle eine der häufigsten Lungenkrankheiten beim Rehwild dar.

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