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Eine Nacht im November

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Der frühe Novembermond war in Obertiefenbach nicht zu gebrauchen. Wolken, Regen und dichter Nebel machten alle jagdlichen Bemühungen zunichte – bis zur Vollmondnacht.

Peter Schmitt

Foto: Peter Schmitt

Montagnacht, 11. November: Ich fahre nach Hause und biege von der Bäderstraße nach Obertiefenbach ab. Dichter ­Nebel lässt nur eine Sichtweite von etwa 40, 50 m zu. Aber das reicht, um zu sehen, was ich sehen muss: Ein Fuchs kreuzt vor mir die Straße, ein zweiter verkneift sich das Überqueren im Angesicht des Autos und setzt sich verdutzt auf die Keulen.

Ich kenne die Geschwister. Sie hatten sich meinen Nachstellungen über Monate entziehen können. Meist ­bewahrte ihnen die miserable Kugelfang-Situation in ihrem Streifgebiet ihr Leben. Dann war auch die Oktober-Mondphase vorbei. Jetzt sollte das Spiel also in die nächste Runde gehen. Ein Vorteil: Wer regelmäßig Reineke nachstellt, weiß, dass er ­äußerst standorttreu ist. Die Ranz mag eine Ausnahme darstellen, aber sowohl Jung- als auch Altfuchs sind, sollten im Streifgebiet keine gravierenden Änderungen auftreten, über Monate im gleichen Areal anzutreffen. Und ich kenne die zwei Freibeuter und deren Gewohnheiten mittlerweile ganz gut. Aber bei dieser Bewölkung und der Milchsuppe reicht die Strahlkraft des Mondes für die Fuchsjagd heute Nacht noch nicht aus.

Dienstagmorgen, 12. November: Als ich vor Dienstbeginn die Fallen kontrollieren möchte, überzieht Reif die Autos, und es herrschen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Irgendwann in der zweiten Nachthälfte muss es kräftig angezogen haben. Und das bedeutet: klarer Himmel und wenig Nebel. Ein gefangener Steinmarder läutet den Tag verheißungsvoll ein. Aber der Höhepunkt soll erst spät folgen.
Tatsächlich bleibt es bis weit in die Nacht kalt und klar – zumindest am Boden. Immer wieder bedecken einzelne Wolken den Himmel, als ich mich aufmache, zumindest einen der zwei Füchse zu strecken.
Um ohne Gefahr wirken zu können, muss ich ­einen Radweg entlangpirschen, um von auserkorener Warte guten Kugelfang zu haben. Der Mond ist erst spät in der Nacht hell genug, und was ich zwar vermutet, aber nicht gehofft habe, tritt ein: Das Wärmebildgerät zeigt bereits einen der Füchse beim Absuchen der Bankette. Wie so viele Male zuvor kann ich nicht schießen – Bauernhof und Asphalt sind eben ein schlechter Kugelfang.

In der Nacht ging zudem ein Fallenalarm ein. Am kommenden Morgen bereicherte ein Waschbär die bunte Strecke der Nacht zuvor.
Foto: Peter Schmitt

Ich warte ab. Mehrmals quert Reineke die Fahrbahn, schnürt dabei in meine Richtung. Ich sehe schon kommen, dass der Freibeuter so weit aufläuft, bis er mich spitz hat, ohne dass ich zuvor abdrücken kann. Die einzige Möglichkeit wäre der schmale Streifen neben dem asphaltierten Radweg. Und genau dorthin steuert der Jungfuchs jetzt.
Reineke zeigt mir zwischen zwei Stämmen hindurch seine Flanke. Jetzt oder nie! Der gedämpfte Schuss peitscht. Mit wildem Keckern überschlägt sich der Rotrock mehrmals und rutscht in den Straßengraben. Im Schuss hatte er leicht angezogen, sodass ich etwas zu weit hinten abkam. Jedoch schätze ich den Treffer als
unmittelbar tödlich ein.

Als ich nach etwas Wartezeit nach dem Beschossenen schauen möchte, suche ich den Anschuss mit dem Wärmebildgerät. Ich fasse es nicht! Der Fuchs kommt keine 40 m vor mir aus dem Straßengraben, fixiert mich kurz und prellt davon, immer wieder pausierend und nach hinten sichernd. „Das ist der Kranke!“, schießt es mir durch den Kopf.

Zum Glück steht der Mond frei, und das Licht reicht für einen Flüchtigschuss spitz von hinten. Eine unschöne Sache, aber krank ist krank, ich muss meine Scharte auswetzen. Im gewagten Schuss klappt der Jungfuchs zusammen. Puh!

Als ich die Beute einsammle und die Treffersitze untersuche – schließlich war die Einschätzung „unmittelbar tödlich“ offensichtlich ziemlich daneben –, finde ich nur einen Einschuss. Mir schwant etwas. Im Straßengraben finde ich kurz darauf das längst verendete Geschwister. Manchmal hat man mehr Glück als Verstand, denn ­einen wissentlich gesunden Fuchs hätte ich sicherlich nicht auf diese Weise beschossen!

Da dieser Ansitz schon vorbei war, bevor er angefangen hatte, beziehe ich noch andernorts Stellung, denn auch dort vagabundiert ein Rotrock. Nach geraumer Wartezeit kommt es aber ­anders, und ich picke einen starken ­Frischling aus einer Rotte.

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