FANGJAGD FÜR GROSSTRAPPEN
Im Schutzprojekt zum Erhalt der Großtrappe in Sachsen-Anhalt ist die Raubwildjagd eine der zentralen Artenschutzstrategien. Besonders die Fangjagd spielt dabei eine große Rolle. Doch jetzt steht alles auf der Kippe.
Revierjäger Paul Rößler
Foto: Klaus Schendel (2), Harald Grunwald, Michael Migos, Karl-Heinz Volkmar, Reiner Bernhardt
Raubwildjagd und Artenschutz stehen keineswegs im Widerspruch. Mit dem Schutzprojekt zum Erhalt der Großtrappe in Sachsen-Anhalt gibt der Förderverein Großtrappenschutz e.V. im EU-Vogelschutzgebiet Fiener Bruch ein exzellentes Beispiel: Finanziert durch Landesmittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds (ELER) beinhaltet die Schutzarbeit des Vereines neben Optimierungs-Maßnahmen zur Habitat-Ausstattung auch ein umfassendes Prädatorenmanagement.
Seit Anfang der 1990er-Jahre sorgt neben den ungünstigen ökologischen Bedingungen im Lebensraum der Großtrappe zusätzlich eine stark angestiegene Beutegreiferdichte für akuten Nachwuchsmangel. Um die hohen Gelege- und Kükenverluste zu reduzieren, wurden 2011 die ersten 25 Kastenfallen für die Reviere im Fiener Bruch angeschafft. Die Ergebnisse ließen die Jäger aufwerfen. Keiner hatte mit derart hohen Fangzahlen gerechnet. Dabei überzeugte insbesondere die Waschbärstrecke.
Beim Fuchs konnte nur mit Kastenfallen keine nennenswerte Reduktion auf der etwa 4 000 Hektar großen Fläche erreicht werden. Deshalb wurden 2012 zehn Wipp-Betonrohr-Fallen angeschafft und die Baujagd intensiviert.
Das führte dann auch zum erhofften Anstieg der Fuchsstrecke und brachte zusätzlich deutlich mehr Marderhunde ein. Zwar stieg die Gesamtstrecke, das eigentliche Ziel – eine deutliche niedrigere Prädatorendichte zur Brutzeit – wurde aber noch nicht erreicht. Eine wirkungsvolle Reduktion ist nämlich erst dann erreicht, wenn die Fangstrecke über den Zuwachs und Zuwanderung hinausgeht beziehungsweise die Vermehrung der potenziellen Reproduktionsträger verhindert oder eingeschränkt wird. Um das zu erreichen, ist jedoch eine sehr intensive Jagd notwendig.
Gelege und Küken der Großtrappe sind besonders durch Prädatoren gefährdet. Foto: Jörg Fischer
Deshalb wurde im Oktober 2013 eine halbe Berufsjägerstelle und weitere Fallen angeschafft. So kamen 20 weitere Wipp-Betonrohr-Fallen, 20 Kastenfallen, 20 Kofferfallen sowie Kunstbaue mit Fangsystemen und Marderfangbunker hinzu. Zum einen mussten die Fallen natürlich allesamt auf- beziehungsweise eingebaut werden. Zum anderen ist eine regelmäßige Betreuung aller Fangplätze Grundvoraussetzung für deren Erfolg.
Fallenjagd in dieser Größenordnung ist aber für die ehrenamtlich tätigen Jäger nicht alleine zu stemmen. Meine Aufgabe als Berufsjäger liegt nun darin, die Revierinhaber bei der Raubwildbejagung zu unterstützen. Im Jagdjahr 2013/2014 waren insgesamt 45 Kastenfallen, 17 Wipp-Betonrohr-Fallen, acht Kofferfallen sowie einige Marderfangbunker
im Einsatz. Darüber hinaus konnten die Revierinhaber nun regelmäßig auf mich und meine Erdhunde zurückgreifen.
Von Dezember bis Ende Februar ist die Baujagd eine der effektivsten Fuchsjagd-Methoden. Foto: Dr. Karl-Heinz Betz
Damit die Ergebnisse der Raubwildjagd beurteilt und daraus Schlüsse gezogen werden können, ist ein genaues Auswerten der Strecke unumgänglich. So lassen die Streckenzahlen Rückschlüsse auf die Effektivität einzelner Fangsysteme, Fangplätze und Jagdarten zu:
Der Vergleich der einzelnen Fangsysteme zeigt deutlich, dass die Wipp-
Betonrohr-Falle alle Raubwildarten, außer dem Waschbären, am erfolgreichsten fängt. Wobei dort, wo die meisten Waschbären gefangen wurden, nur wenige Wipp-Betonrohr Fallen zum Einsatz kamen. Es ist demnach davon auszugehen, dass sich mit steigender Anzahl dieser Fallenart das Verhältnis weiter zu deren Gunsten verschieben wird.
Um einen temporären Rückgang der Beutegreifer zu erreichen, ist die Jagd vor der Reproduktionszeit besonders wichtig. Vergleicht man die Streckenergebnisse von Fangjagd und Baujagd bei Fuchs, Marderhund und Dachs, zeigt sich, dass die Baujagd äußerst effektiv ist, um in der Zeit von Dezember bis Ende Februar gezielt diese Arten zu bejagen.
Kastenfallen brachten erstaunlich hohe Waschbärstrecken, die allein durch Ansitzjagd nicht ansatzweise erreicht wurden. Foto: Karl-Heinz Volkmar
Aussagen örtlicher Jäger und Landwirte sowie eigene Beobachtungen zeigen bereits einen deutlichen Anstieg der Fasanen- und Hasenbesätze. Es ist zu erwarten, dass eine nachhaltige Niederwildjagd bei Bestehen des Projektes zukünftig möglich sein wird.
Besonders der Frühjahrsbesatz der Prädatoren ist entscheidend, um für den Artenschutz und das Niederwild einen positiven Effekt zu erzielen. Dieser lässt sich aber nur durch
anhaltende intensive Jagd mithilfe aller verfügbaren Methoden erreichen. Eine Unterbrechung oder Abnahme der Intensität führt zu einem sofortigen Prädatorenanstieg, der dann sogar über dem ursprünglichen Niveau liegen kann und damit alle bisherigen Bemühungen zunichte macht.
Umso ärgerlicher: das Land Sachsen-Anhalt sieht sich auf Grund des verzögerten Übergangs in die neue EU-Agrarförderperiode gezwungen, die Finanzierung des Großtrappenschutzprojektes ab Oktober 2014 einzustellen.
Fangjagdstrecke im Fiener Bruch: anteilige Zusammensetzung in den letzten Jagdjahren (in %)
Grafik: Christoph Höner, Quelle: Paul Rößler
Durchschnittliche Fänge im Fiener Bruch: Jagdjahr 2013/2014 (Stück pro Falle)
Grafik: Christoph Höner, Quelle: Paul Rößler
Vergleich Baujagd zu Fangjagd: Dezember bis März 2013/2014 (Stücke)
Grafik: Christoph Höner, Quelle: Paul Rößler
SIE KÖNNEN HELFEN!
Dringend Fördermittel gesucht
Durch den verzögerten Übergang in die kommende Agrarförderperiode der Europäischen Union ist das Land Sachsen- Anhalt dazu gezwungen, die Zahlung der Mittel an den Förderverein Großtrappenschutz
e.V. ab Oktober 2014 auf unbestimmte Zeit einzustellen. Da der Förderverein das Schutzprojekt nicht finanzieren kann, droht dem Großtrappenschutz im Fiener Bruch in Kürze das Aus. Um die imposante Wildart Großtrappe und die bisher im Projekt erzielten Erfolge sowie die Arbeitsplätze der engagierten Projektmitarbeiter für die Zukunft zu sichern, werden dringend neue Förderer für den Artenschutz im Fiener Bruch gesucht. Wenn Sie das Projekt finanziell unterstützen wollen, haben Sie über folgendes Konto die
Möglichkeit dazu:
Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam
Förderverein Großtrappenschutz e.V.
IBAN: DE34 1605 0000 3859 1920 85
BIC: WELADED1PMB
Betreff: Fiener Bruch