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Gamswilderei im Chiemgau: Urteil bestätigt

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Das Landgericht Traunstein hat am 25. März das Urteil gegen einen Jäger bestätigt, der im vergangenen Jahr wegen Jagdwilderei von zwei Gams zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt wurde.

In Traunstein stand am Freitag ein Jäger wegen Wilderei vor Gericht. Statt einem Freispruch gab es erneut eine Geldstrafe (Foto: Frank Lambert / AdobeStock)

Der Mann aus Prien war mit dem Ziel Freispruch in die Berufung gegangen. Die Erwartung wurde enttäuscht, daran änderte auch ein Auftritt des Jagdpräsidenten Ernst Weidenbusch nichts.

Wie der 42-jährige Beklagte dem Gericht darlegte, war er am 10. Dezember 2019 in den Pirschbezirk seines Vaters bei den Bayerischen Staatsforsten, Betrieb Schliersee, gefahren, um Gams zu jagen. Bei der Pirsch im Schneetreiben und Nebel im steilen Bergrevier habe er sich schwergetan, sei dreimal gestürzt und habe letztlich die Orientierung verloren. So erklärte der Mann, warum er den Graben, der die Grenze zum Nachbarpirschbezirk markiert, offenbar unbemerkt durchschritten hat, um dann auf der anderen Seite gute 300 Meter weit ins fremde Revier vorzudringen.

Dort, in einem breiten Lawinengraben, konnte er auf rund 100 Meter eine Gamsgeiß mit Kitz ansprechen und beschießen. Er traf beide nicht richtig und benötigte letztlich fünf Schuss, um die beiden Stücke zu strecken. Beim Versorgen des Wildes sei dann das Wetter aufgeklart und ihm bewusst geworden, wo er sich befand. Er sei erschrocken und schockiert gewesen, behauptete der Jäger, der erst 2016 seinen Jagdschein gemacht hatte. Aus Angst habe er das Wild mitgenommen und den Abschuss nicht im Wildeingangsbuch des Forstbetriebs vermerkt.

Der 64-jährige Inhaber des Nachbarpirschbezirks entdeckte am nächsten Tag eine Schweißlache und Fußspuren in seinem Revier. Als Zeuge in Traunstein schilderte er, wie er den Forstbetrieb informiert habe und der zuständige Berufsjäger noch am gleichen Tag mit ihm hinausgefahren sei. Dabei habe dieser die zweite Schweißlache entdeckt. Einige Tage nach dem Vorfall, als der Schnee weggetaut sei, habe er im Revier zwei Patronenhülsen gefunden und der Polizei übergeben.

Auch der 55-jährige Berufsjäger trat in Traunstein in den Zeugenstand. Er schilderte unter anderem, wie er nach den Schweiß- und Spurenfunden den Vater des Beklagten, also den Inhaber des Nachbar-Pirschbezirks, angerufen habe. Dieser, der auch lokaler Funktionär des Jagdverbands ist, habe ihm aber mitgeteilt, er und sein Sohn seien am Vortag nicht im Revier, sondern auf einer Familienfeier gewesen. Man hätte, so der Berufsjäger, diesen Fall durchaus innerhalb des Forstbetriebs regeln können. Aber aufgrund dieser Aussage sei die Angelegenheit dann zur Polizei gegangen.

Wie aus dem ersten Prozess in Rosenheim bekannt war, nahmen die polizeilichen Ermittlungen erst Fahrt auf, nachdem eine der Gamsdecken in einem anderen Revier des Vaters auftauchte. Spaziergänger fanden sie an einem Baum hängend und informierten ebenfalls die Polizei. Diese wollte dann im Wildeingangsbuch prüfen, ob die Aussage des Vaters über die Herkunft der Decke stimmte – und fand keinen Abschussvermerk. Erst ab diesem Zeitpunkt zog sich die Schlinge zu.

Hauptstrategie der Verteidigung war die Aussage des Beklagten, dass er die Grenze aufgrund von Schneetreiben und Nebel versehentlich überschritten habe. Sowohl der Nehmer des benachbarten Pirschbezirks als auch der zuständige Berufsjäger sagten dem Gericht allerdings am 25. März, dass die Jagdgrenze – ein Graben – markant und auch bei schlechtem Wetter nicht zu übersehen sei.

Die Verteidigung fuhr hierzu noch einen Zeugen auf: Ernst Weidenbusch, den Präsidenten des Bayerischen Jagdverbands. Sein Auftritt als Zeuge des Beklagten wurde im Zuschauerraum mit Austrittsankündigungen und „Pfui“-Kommentaren quittiert. Letztlich musste Richterin Andrea Titz darum bitten, die Emotionen zu bändigen. Weidenbusch gab an, vom Vater des Beklagten im Jahr 2021 zu einer Besichtigung gebeten worden zu sein: „Die Kreisgruppe Rosenheim wollte das, weil die Geschichte hochgekocht ist zu einer Auseinandersetzung zwischen Privatjagd und Forst“, so der Münchner Jurist.

Die Meinung des BJV nach der einmaligen Tour fasste er so zusammen, „dass es im oberen Bereich immer schwieriger wird, aber bei guter Sicht kann man sich da oben schon orientieren“. Allerdings war Weidenbusch weder der mehr als 80 Meter breite Lawinengraben bekannt, noch wusste er – entgegen seiner anfänglichen Meinung – auf Luftbildern korrekt zu zeigen, wo tatsächlich der Abschussort lag. Auf die Frage, ob er glaube, dass man sich im Schnee bei der Grenze vertun könne, sagte er nach einer langen Pause: „Wenn er an diesem Tag schon lange draußen war, kann das passiert sein.“ Ob einer Jungjäger sei oder lange erfahren, sage dabei nichts aus, betonte der Jagdpräsident. Grenzverletzungen kämen immer wieder vor.

Auch dass der Schütze im Schnee zwar auf 100 Meter Gams ansprechen konnte, aber nicht mitbekommen haben wollte, wo er sich befand, hielt Weidenbusch für möglich: Man sei stundenlang unterwegs und pumpe schwer auf, „wenn er dann eine Gams sieht, ist er fokussiert nur auf die Gams.“ Schließlich unterband Richterin Andrea Titz die Befragung mit dem Hinweis, dies sei alles Spekulation, Ernst Weidenbusch sei schließlich nicht dabei gewesen.

Nicht mehr dabei war zu diesem Zeitpunkt auch der Beklagte. Er hatte noch vor Beginn der Zeugenvernehmung den Antrag gestellt, die Verhandlung verlassen zu dürfen. Zuvor hatte er das Angebot der Kammer einer Beschränkung auf den Rechtsfolgenanspruch abgelehnt. Damit hätte er das Verfahren unter Umständen mit einem Strafmaß von unter 60 Tagessätzen beenden können, indem er ein Geständnis abgelegt hätte. Der Beklagte lehnte dies aber ab und kommentierte, hier wie in Rosenheim komme er sich vor wie in einem Mordprozess, was es ja nicht sei.

Nach Anhörung der drei Zeugen entschied das Landgericht Traunstein dann in seiner Abwesenheit, dass die Berufung verworfen werde und der Angeklagte die Verfahrenskosten zu tragen habe. Der Beklagte habe, so die Ansicht von Richterin und Geschworenen, bei seinen Abschüssen zumindest billigend in Kauf genommen, im fremden Revier zu sein. Das Gericht bestätigte damit das Urteil der ersten Instanz vom Mai 2021.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dem Angeklagten und der Staatsanwaltschaft steht dagegen die Revision zum Bayerischen Obersten Landesgericht offen, die innerhalb einer Woche eingelegt werden müsste.

vk

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