1. Teil
Im jagdlichen Einsatz ist es immens wichtig, dass sich der Jagdhund auf Distanz ins „Halt“ befehlen lässt. Wie Sie Ihren Vierläufer in 12 Schritten dazu bringen, zeigt Jolanda Giger-Merki.
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Foto: Jolanda und Peter Giger-Merki |
Erster Lernschritt:
Mit der Ausbildung des Hundes auf den Trillerpfiff sollten Sie erst beginnen, wenn der Vierläufer gelernt hat, auf ein Hörzeichen zuverlässig „Platz“ zu machen und auch eine Weile liegen bleibt. Idealerweise wird bereits im Rahmen der Prägungs- oder Welpenspielstunden zuerst das „Sitz“ eingeübt und dann das „Platz“. Der Vierläufer ist also etwa 15 Wochen alt und noch in der Prägephase, wenn wir ihn das „Platz“ lehren. Bis diese Handlung jedoch zuverlässig ausgeführt wird, ist der Junghund normalerweise etwa fünf bis sechs Monate alt. Der gesamte Ablauf vom „Platz“ bis zum Trillern auf größere Distanz wird mehrere Wochen eingeübt.
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Dynamisches „Platz-Machen“: Mit dem Hörzeichen „Platz“ dreht sich der Führer blitzschnell zum Hund und geht hinunter auf dessen Ebene. Die rechte Hand mit dem Dummy befindet sich etwa 20 cm vor der Hundenase auf dem Boden. |
Zweiter Lernschritt:
Von nun an haben Sie stets ein handliches Reizobjekt, zum Beispiel ein Felldummy, griffbereit in der rechten Hand, wenn Sie den Jagdhund links führen. Der Vierläufer ist an der Führerleine, die Sie in der linken Hand halten. Er lernt, sich aus dem „Bei-Fuß“-Laufen heraus auf das Hörzeichen „Platz“ und das Sichtzeichen „rechte Hand auf dem Boden“ sofort hinzulegen – also das dynamische „Platzmachen“. Achten Sie darauf, dass die Aufmerksamkeit beim „Bei-Fuß“-Laufen hoch und der Hund auf Sie konzentriert ist. Sie laufen mit dem angeleinten Hund, machen ihn auf das Felldummy aufmerksam und sagen „Platz!“. Gleichzeitig – und das ist von großer Bedeutung – kommt Ihre Körpersprache zum Ausdruck: Sie drehen sich blitzschnell seitlich zum Hund und gehen auf seine Ebene hinunter. Ihre rechte Hand mit dem Fell dummy befindet sich dabei etwa 20 Zentimeter vor der Hundenase auf dem Boden. Die Hand bewegt sich nicht vom Fleck. Will der Hund zum Felldummy kriechen, kann er mit der Leine zurückgehalten werden. Lassen Sie die Leine aber sofort wieder locker, vermeiden Sie Leinenzug am Hals. Anschließend folgt eine Erwartungshaltung von fünf Sekunden. Sie bewegen sich dabei nicht und sagen kein Wort. Danach loben Sie den Hund ruhig zum Beispiel mit einem langgezogenen „Brav“. Warten Sie erneut fünf Sekunden. Nun gehen Sie sofort in eine spielerische Stimmung über, etwa mit dem Hörzeichen „Nimm!“, „Greif!“ oder Ähnlichem. Es sollte immer dasselbe Hörzeichen sein. Sie können das Dummy in der Hand halten oder es in die Laufrichtung des Hundes werfen. Letzteres sollten Sie aber nur tun, wenn der Hund damit nicht wegspringt, denn jetzt wird sofort ausgiebig miteinander gespielt! Wiederholen Sie diese Übung zwei bis drei Mal nacheinander.
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Die Hand des Führers bewegt sich nicht. Erwartungshaltung: 5 Sekunden warten.Fotos: Jolanda und Peter Giger-Merki |
Dritter Lernschritt:
Üben Sie den zweiten Lernschritt ein, sodass Sie und der Hund sich an diesen dynamischen Ablauf gewöhnen. Gehen Sie mit den Lernschritten keinesfalls zu schnell vor, und achten Sie auf die erwünschte angespannte Erwartungshaltung des Hundes. Sie lenken das Geschehen. Der Hund darf nur zum ausgiebigen Spiel kommen, wenn er sich vorher hingelegt und aufmerksam gewartet hat! Bereiten Sie sich mental vor, kommunizieren Sie klar. Ihre Stimmung beeinflusst die Übung maßgebend.
Vierter Lernschritt:
Praktizieren Sie noch einmal Lernschritt zwei, der nun jedoch im Laufschritt ausgeführt wird!
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Im Anschluss wird der Hund gelobt sowie ausgiebig und freudig mit ihm gespielt. |
Fünfter Lernschritt:
Nun üben Sie das Ganze ohne Leine, beginnend ab dem zweiten Lernschritt. Gehen Sie nun aber nicht mehr auf die Ebene des Hundes hinunter. Praktizieren Sie jedoch die Handbewegung mit dem Felldummy auf dem Boden weiterhin. Achten Sie darauf, dass der hohe Erregungsgrad des Hundes nur während der Übung anhält. Diese Erregung entspricht in etwa jener auf der Jagd. Im Anschluss braucht der Hund einen ruhigen Halt Ihrerseits und allenfalls auch etwas Ablenkung, damit er wieder zur Ruhe kommt. Mit der Häufigkeit der Übungen sollten Sie es nicht übertreiben, denn auch einen Hund kann man süchtig machen. Nicht jeder Vierläufer ist außerdem gleich stark belastbar. Deshalb sollten Sie seinem Ausdrucksverhalten besondere Beachtung schenken. Wenn zahlreiche Konfliktreaktionen auftreten, der Hund winselt, nervös ist und intensiv mit der Rute wedelt, sind das klare Anzeichen für eine zu hohe Erregung und/oder eine Überforderung.
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Sechster Lernschritt: Die Hilfsperson (r.) trillert exakt im gleichen Moment, in dem der Führer dem Hund das Hörzeichen „Platz“ gibt.Fotos: Jolanda und Peter Giger-Merki |
Sechster Lernschritt:
Klappt diese Übung einwandfrei und der Hund ist mit Freude bei der Sache, können Sie die Verknüpfung mit dem Hörzeichen des Trillerpfiffs in die Wege leiten. Dafür muss Ihnen eine Hilfsperson zur Verfügung stehen. Bei dieser Übung praktizieren Sie mit dem Hund zunächst wieder den fünften Lernschritt. Nach dem Lernprinzip „Gleichzeitig Erlebtes und Empfundenes verknüpft sich“, pfeift der Helfer exakt im gleichen Moment in die Triller-Pfeife, in dem Sie dem Hund das Hörzeichen „Platz“ geben. So wird das dynamische „Platz-Machen“ nun erstmals mit dem Trillerpfiff verknüpft. Die Hilfsperson steht dazu in etwa drei bis zehn Metern Entfernung zum vereinbarten Punkt. Die Distanz ergibt sich ausder vermuteten Empfindlichkeit und Reaktion des Hundes auf unerwartete akustische Geräusche. Wiederholen Sie auch diese Übung zwei bis drei Mal nacheinander.
Siebter Lernschritt:
Praktizieren Sie erneut Lernschritt fünf, jedoch diesmal ohne das Hörzeichen „Platz“ zu sagen. Stattdessen trillern Sie nun selbst den Hund ins „Platz“. Lenken Sie den Hund mit Ihrer dynamischen Körpersprache. Denken Sie an das Lernprinzip, dass sich gleichzeitig Erlebtes und Empfundenes verknüpft: Alle Abläufe der bisherigen Schritte hat sich der Hund gemerkt – nicht nur den Pfiff. Auch diese Übung wird zwei, drei Mal wiederholt. Wie es weitergeht und wie Sie Ihren Hund auf Distanz auf den Trillerpfiff vorbereiten, erfahren Sie in Teil zwei.
Die gleiche Sprache
1. Der Triller ist der tiefe, schrille Ton einer für den Menschen hörbaren Hundepfeife. Diesen Pfiff hat der Hund über das Lernprinzip „Gleichzeitig Erlebtes und Empfundenes verknüpft sich“ mit dem Hörzeichen und sofortigen „Platz-Machen“ verbunden. Zusätzlich kann die erhobene Hand als Sichtzeichen mit einbezogen werden.
2. Dynamisches „Platz-Machen“: Der Hund geht unverzüglich ins „Platz“. Das Verhalten, das Geschick der Bezugsperson sowie das gewählte Reizobjekt führen in erster Linie zum Erfolg.
3. Angespannte Erwartungshaltung: Der Hund wartet überaus aufmerksam und in freudiger Erwartung auf die nächste Handlung. Zeitspanne: Fünf Sekunden.
4. Spielen: Aufgrund der Erwartungshaltung und großer Aufmerksamkeit darf der Hund das Felldummy erhaschen. Kontrolliert lenkt die Bezugsperson das Geschehen und spielt ausgiebig mit dem Hund. Das vermittelt Mensch und Hund positive Gefühle.
5. „Gleichzeitig Erlebtes und Empfundenes verknüpft sich“: Bei diesem Lernprinzip nach Heinz Weidt spielen immer Gefühle und Emotionen beim Lernen mit. Sie treten in ähnlichen Situationen immer wieder gleich auf – sowohl positiv als auch negativ. Deshalb sollten sie Schritt für Schritt vorgehen, auf eine positive Stimmung von Mensch und Hund achten, und ganz besonders Konfliktreaktionen und Erregungszustände des Hundes beobachten.
WAS TUN?
Kommunizieren Sie klar, seien Sie fair im Umgang mit dem Hund und bieten ihm soziale Anregung. Auf die Übungen bereiten Sie sich mental vor.
Sie sind psychisch und physisch fit.
Die Lernschritte wählen Sie der biologischen Reife, dem inneren Antrieb und der momentanen Belastbarkeit des Hundes entsprechend.
Trainieren Sie unter günstigen äußeren Bedingungen. Ist es sehr nass oder kalt, verzichten Sie darauf. In der Anfangsphase halten Sie sich konsequent daran.
Nehmen Sie sich viel Zeit für die Übungen und rechnen Sie damit, dass es zahlreiche Wochen dauern wird, bis der Hund das neue Hörzeichen „Trillerpfiff“ verstanden hat und richtig umsetzt.
WAS NICHT?
Drücken Sie den Hund nicht ins „Sitz“ und „Platz“. Außerdem werfen Sie sich nicht auf ihn (Stressdressur) oder forcieren ihn ins „Platz“, indem Sie an der Leine ziehen, die unter dem Schuh durchführt. Starkzwang-Hilfsmittel, wie Koralle oder Teletakt, sind verboten. Streicheln Sie den Hund nicht am Kopf, wenn er in angespannter Erwartungshaltung ist. Meistens passt das den Hunden in diesem Augenblick nämlich überhaupt nicht, und die Situation gerät aus dem Ruder.
Verlangen Sie nicht das sogenannte „Down“ (im Platz liegend und den Kopf auf dem Boden zwischen den Vorderläufen).
Diskussionen werden vor oder ans Ende einer Übung verlegt.
Konfliktreaktion
Achten Sie auf zunehmende Konfliktreaktionen wie das Züngeln (im Bild). Treten sie häufig, intensiv und anhaltend auf, ist das ein Warnsignal. Der Hund kann Ihrer Anforderung gefühlsmäßig und in seiner Bewältigungsfähigkeit nicht nachkommen. Sein Organismus befindet sich im unbewältigbaren Stress. Gehen Sie unbedingt einen oder mehrere Lernschritte zurück und achten Sie darauf, dass Sie die Übung kürzer und nicht so hektisch gestalten.
Das Buch
Seit elf Jahren bietet Jolanda Giger in der Schweiz
sogenannte Jagdspezifische Prägungskurse für
Hunde sowie andere weiterführende Jagdhundekurse
an.
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter
Die handliche DIN-A5-Broschüre zum Thema
„Trillerpfiff als Abbruchsignal“ ist dort für
13 Euro zzgl. Porto erhältlich.