JAGEN IM NORDEN
Unendliche Weiten, schweres Gelände: Elchjagd mit Hunden ist fordernd und spannend zugleich. Thore Wolf folgte Los- und Leithunden durchs schwedische Fjäll.
Mit der Zeit wird die Hündin immer sicherer. Wie ein Schweißhund verweist sie mit kurzem Nasenstups frische Elchlosung oder Trittsiegel. Magnus lässt sie kaum aus den Augen. Er liest regelrecht ihr Verhalten. Als sie wenig später etwas unsicher wirkt und einer frischen Rentierfährte zu folgen scheint, greift er vor und gibt er ihr etwas mehr Riemen. „Vermutlich hat sie die Elchfährte verloren. Wart‘ ab, gleich wird sie wieder Wind holen“, flüstert Magnus.
Die Gedanken kreisen. Was hat der Hund gestellt? Alttier mit Kalb oder wirklich einen Schaufler? Ein älteres Alttier hatte ich gestern bereits vor „Chivas“ erlegt. Ein Hirsch wäre heute natürlich die Krönung! War ich bisher froh für jede Marschpause, fällt es mir jetzt schwer, nicht zu schnell zu sein. Zu groß ist die Aufregung. Immer wieder deutet mir Magnus, dass ich langsamer gehen soll. „Wir haben alle Zeit der Welt“, flüstert er mehr als einmal. Sobald der Laut aussetzt, bleiben wir stehen und lauschen. Hoffentlich hält „Vilda“ den Stand. Das Geläut ertönt, bleibt an einer Stelle. Sie hält! Wir prüfen den Wind, pirschen äußerst langsam weiter. Eine gute Stunde sind wir schon unterwegs, steigen immer wieder über tote Baumstämme, verhören den Lau und schleichen so leise, wie wir nur können. Die riesigen Hirsche vernehmen kleinste Geräusche auch noch auf mehrere Hundert Meter. Magnus hält mich an der Schulter fest.
„Nur noch 70 Meter, geh ein Stück alleine weiter, bis du in Schussentfernung bist!“ Beherzt setze ich mit der Waffe im Voranschlag einen Fuß vor den anderen. Als der Laut erneut ausbleibt, erkenne ich den weißen Hund, der zwischen den Fichten vor dem Elch zurückweicht. Ihm folgt … ein Alttier. Mit ausholenden Tritten wehrt es den scharfen Vierläufer ab. Ein Kalb ist nicht dabei. Sofort hat „Vilda“ wieder gestellt. Ich nutze die Chance, gehe bis etwa 20 Meter ran. Das Blatt ist frei, der Vierläufer in sicherer Distanz. Sofort ist die Merkel an der Wange, der Schuss bricht. Kaum hat die Kugel ihr Ziel gefunden, dreht das Alttier bei, hält in seiner Todesflucht direkt auf mich zu. Für Sekunden spüre ich mein Herz bis unter die Kopfhaut schlagen. Ein zweiter Schuss ist unmöglich, der Hund ist zu dicht am Stück. Rechts versperrt mir der Fluss den Fluchtweg. Ich komme nicht mehr zum Denken. Etwa drei Schritte vor mir fällt das Elchtier mit dumpfem Schlag zur Seite. „Vilda“ ist sofort dran, rupft büschelweise Haare aus ihrer Beute, um ihre ganze Wut auszulassen. Mein ganzer Körper zittert, während wir gemeinsam ans Stück treten. Was für eine Jagd – Spannung und Abenteuer pur!