Futter für Welpen, aktive Jagdhunde oder alte Teckel auf der Couch – Hundenahrung gibt es in allen Variationen. Doch was verbirgt sich tatsächlich in den Säcken und Dosen? THEODOR HESSLING hat in die bunten Verpackungen geschaut und erklärt das Kleingedruckte.
Früher wurden Jagdhunde fast ausschließlich mit Küchen- und Tischabfällen gefüttert. Heute finden sich knapp 100 Hundefuttersorten auf dem deutschen Markt. Darunter gibt es natürlich sehr hochwertige Produkte, aber leider auch viele minderwertige.
Anhand der Deklaration der Inhaltsstoffe kann der Kunde aber nicht unbedingt erkennen, welche Futterqualität er in seinen Händen hält. Meist macht sich dies erst später durch Allergien, Verdauungsprobleme oder ein stumpfes Haarkleid des Hundes bemerkbar.
Wenn der Hund ein Futter gut und gerne frisst, muss es noch lange nicht von guter Qualität sein. Wichtig bei der Hundeernährung ist die ausgewogene Zusammensetzung. Betrachtet man die Inhaltsdeklaration bei Trockenvollnahrungen und Nassfutter, werden sofort Unterschiede deutlich. Entscheidend sind dabei die empfohlenen Richtwerte zur Mengenfütterung, damit der Hund alle erforderlichen Nährstoffe erhält.
So müsste ein Deutsch-Drahthaar bei manchem Dosenfutter zwei bis vier Dosen fressen, um seinen täglichen Nährstoffbedarf zu decken. Dies übersteigt jedoch oft das Fressbedürfnis des Hundes. Nimmt der Vierläufer nicht die empfohlene Menge auf, fehlen ihm wichtige Mineralstoffe und Vitamine. Mangelerscheinungen sind die Folge. Bei Trockensubstanzen gibt es diesbezüglich kaum Probleme, da die Nährstoffe in konzentrierter Form enthalten sind.
Einige Feuchtfutter verfügen noch immer über erheblich mehr Eiweiß als notwendig. Weiterhin werden sehr oft Dickungs und Geliermittel beigemischt, um Wasser zu binden.
In der Regel sind in den hier aufgeführten Inhalts stoffen weitere Zusätze in unterschiedlicher Zusammensetzung vorhanden. Diese werden jedoch nicht in der Deklaration aufgeführt. |
Zwar müssen die Inhaltsstoffe auf der Verpackung angegeben werden und den Richtlinien des Landes, in denen das Futter hergestellt wurde, entsprechen, doch in der Praxis tauchen hier bereits die ersten Probleme auf. Denn über die Qualität der Inhaltsstoffe sagen diese Deklarationen nichts aus. Sind darauf 22 Prozent Rohproteine angegeben, können diese entweder aus hochwertigen Fleischprodukten bestehen oder aus Abfällen wie Hühnerfüßen oder -federn, die zwar nicht schädlich sind, aber vom Verdauungssystem des Vierläufers nicht aufgeschlossen und sinnvoll verwertet werden können.
Welche tierischen Nebenprodukte in Heimtierfuttermitteln verwendet werden dürfen und welche nicht, hat die Europäische Gemeinschaft (EG) in der Verordnung 1774/2002 in drei Kategorien festgelegt. Demnach kommen nur Nebenprodukte der Kategorie 3 in Frage. Allerdings liegt hier der Teufel im Detail: Unter diese Kategorie fallen auch so genannte Schlachtkörperteile, also auch Federn, Hufe, Häute und Felle.
Gerade bei Fertigfutter besteht schnell die Möglichkeit, dass die enthaltenen Mengen an tierischem Eiweiß ausschließlich von solchen unverwertbaren Körperteilen stammen. Kritiker würden an dieser Stelle den Wolf in die Diskussion bringen, der seine Beute mit „Haut und Haaren“ frisst. Der Wolf nimmt diese Körperteile seiner Beute als Nebenbestandteile auf. Die Bezeichnung Carnivore bedeutet zwar Fleischfresser, wird aber oft falsch ausgelegt. Der Wolf ernährt sich eben nicht nur von Fleisch, sondern nimmt zu sich, was er benötigt. Instinktiv frisst er Insekten, Würmer, Mäuse, Wild, Früchte, Gräser, Blätter, Kräuter und vieles mehr. Die Bestandteile seiner Beutetiere wie Blut, Knochen, Magen- und Darminhalt sowie Körperfette enthalten sämtliche für den Karnivoren wichtigen Nährstoffe.
Auch wenn der Hund seinem Urahn nur noch teilweise ähnlich sieht, haben sich trotz Domestikation die artbestimmenden physiologischen Eigenschaften fast gänzlich erhalten. Der Hund ist demnach kein reiner Fleisch-, sondern ein Allesfresser. An dieser Tatsache sollte sich die Hundeernährung orientieren und mit unterschiedlichsten Bestandteilen dem Hund alle wichtigen Nährstoffe bieten.
Deklaration auf einem Trockenfutter: Da in diesem Fall explizit Geflügelfleisch angegeben ist, kann man davon ausgehen, dass es sich um hochwertiges Rohprotein handelt. |
Eine Fütterung ausschließlich mit Fleisch wäre deshalb falsch. Sie kann sich sogar schädigend auf den Hundekörper auswirken. Skeletterkrankungen durch Demineralisierung, Störungen der Schilddrüse und Fehlgährungen im Dickdarm sind nur einige Beispiele. Bei einseitiger Fütterung fettarmen Fleisches besteht beispielsweise ein Eiweißüberschuss, bei fettreichen Produkten eine Unterversorgung.
Kalzium ist ebenso wie Natrium nur in ganz geringen Mengen im Muskelfleisch vorhanden, dafür wiederum hohe Gehalte an Phosphor. Da Fleisch zu etwa 98 Prozent verdaulich ist, glauben viele Hundehalter, dass die reine Fleischfütterung gut und inhaltsreich ist. Leider ist das Gegenteil der Fall. Der Mineralstoffgehalt und der Anteil unterschiedlicher Vitamine ist viel zu gering. Auch Kohlenhydrate sind nur in niedrigen Mengen als Glykogen im Muskelfleisch enthalten. Natürlich können Fleischrationen mit Flocken gemischt werden. Allerdings ist es für den Hundehalter äußerst schwierig, das exakte Mischungsverhältnis des Mineralstoff- und Vitaminbedarfs zusammenzustellen.
Analog zum steigenden Angebot der Futtermittel mehren sich auch Berichte über Skandale: In einigen Fällen wurden beispielsweise systematisch Tierabfälle verarbeitet, in anderen stimmten die Mischverhältnisse nicht. Sogar krebserregende Inhaltsstoffe ließen sich nachweisen. Kurzum: Die Liste der Verstöße gegen das Vertrauen der Hundehalter ist lang. Schlimmer noch sind die Folgen für unsere Hunde: Gelenkerkrankungen, Konditionsmängel, Fettleibigkeit, Haar- und Hautprobleme, Stoffwechselstörungen und immer häufiger auftretende Allergien.
Im Jahr 2006 setzte allein die deutsche Futtermittelindustrie 900 Millionen Euro um. Stetig kommen weitere neue Sorten und Namen auf den Markt. Der Druck auf die Hersteller wächst, das Geschäft wird schnelllebiger, und die Qualität leidet. Nach Aussage der Industrie werden die Produkte ständig optimiert. Wenn das machbar ist, stellt sich tatsächlich die Frage, ob von den Firmen vorher nur schlechte Futtermittel angeboten wurden?
Stiftung Warentest versuchte, Licht in dieses Dunkel zu bringen, und publizierte 2006 eine Untersuchung über Hundefutter. Mit erschreckendem Ergebnis: Die Zusammensetzung einiger Futtermittel war nicht einwandfrei, teilweise sogar schädlich für den Hundeorganismus. Besonders bemängelt wurde die Verarbeitung von Schadstoffen oder die falschen Mengeninhalte an Vitaminen und Spurenelementen. Sehr oft fehlte das lebenswichtige Vitamin A.
Wie aus dem Testergebnis der Stiftung Warentest ersichtlich ist, existieren auch im Bewertungsbereich „sehr gut” noch qualitative Unterschiede. Viele Futtermittel erweckten den Anschein, dass zwar viel Geld in Werbung und hochwertige Glanztüten floss, aber weniger in die Kontrolle der Inhaltsstoffe.
Dennoch muss auch das Testverfahren bei Warentest kritisch hinterfragt werden: Es fehlen Langzeittests, die Aussagen über die Auswirkungen im Organismus des Hundes treffen können. Sicherlich wäre dies noch wesentlich aufschlussreicher, denn viele futtertechnische Mängel machen sich erst im Nachhinein oder im Alter des Vierläufers bemerkbar. Zudem werden viele Hundefuttermittel außerhalb der Europäischen Union unter anderen Zulassungs- und Kontrollbedingungen hergestellt.
Qualitative Vollnahrungen müssen auf den Bedarf, die Bewegung und das Alter eines Hundes zugeschnitten sein. Um das geeignete Futter zu finden, sollte der Hundehalter zunächst die Bedürfnisse seines Vierläufers analysieren. Je nach Belastungsintensität eines Jagdhundes, der während der Saison teilweise bis zu 60 Kilometer täglich läuft, ist es wichtig, den Energiebedarf richtig einzuschätzen. Im restlichen Jahr ist der Bedarf des Hundes in der Regel geringer.
Junghunde, deren Hauptwachstumsphase bis zum sechsten Lebensmonat stattfindet, sollten möglichst mit Bedacht ernährt werden. In dieser Zeit ist der kleine Körper besonders anfällig für eine unausgewogene Fütterung. So kann beispielsweise die Wachstumsgeschwindigkeit stark beeinflusst werden und durch viel zu rasches Wachstum Gelenkspaltprobleme auftreten. Zudem haben junge Hunde einen deutlich erhöhten Bedarf an Nährstoffen als ein erwachsener Vierläufer Große Hunde haben in jedem Alter – bezogen auf ihre Körpermasse – einen geringeren Bedarf an Energie und Nährstoffen als ihre kleineren Mitstreiter.
Wiederum anders muss beim alten Hund verfahren werden. Etwa ab dem siebten Lebensjahr setzt der Alterungsprozess ein, bei kleineren Rassen mit höherer Lebenserwartung auch etwas später. In den meisten Fällen kommt es mit zunehmendem Alter zu reduziertem Energiebedarf, dafür steigt der Bedarf an Rohfasern (pflanzliche Zellwand-Bestandteile), um das Verdauungssystem aktiv zu halten.
Wie viele Dinge des Lebens, sollten auch Futtermittel und ihre Zusammensetzungen kritisch hinterfragt werden.
» Das kleine Futter-ABC