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RAUHHAAR REINZUCHT VERBAND Fraktion der Bärtigen

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Markus Wörmann

Griffon, Pudelpointer und Deutsch Stichelhaar spielen im Vergleich zu der übermächtigen Rasse Deutsch-Drahthaar seit Jahrzehnten eine eher untergeordnete Rolle in der  Jagdhundeszene. Um dies ein wenig zu ändern, wollen die drei Vereine jetzt eine alte Idee mit neuem Leben füllen.

Zum Kreis der rauhaarigengehört auch der Korthals-Griffon. Sein Blut fließt in den Adern vieler deutscher Vorstehhundrassen FOTO: MICHAEL BREUER

Auf der Münchner Messe „Jagen und Fischen“ Anfang April 2005 präsentierten sich die drei Vereine erstmalig seit fast 40 Jahren wieder unter einem Dach, oder besser gesagt auf einem Stand. Eine neue Rasse soll nicht geschaffen werden, ganz im Gegenteil, erzählt Rainer Hornung, Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft, die den „Rauhhaar Reinzucht Verband“
aus der Versenkung der Geschichte geholt hat. Es gelte, die Eigenständigkeit jedes einzelnen Rauhhaarigen zu erhalten, aber die RAUHHAAR REINZUCHT VERBAND Fraktion der Bärtigen Gemeinsamkeiten in der heutigen Zeit zu bündeln. Die Bedeutung dieser Aussage lässt sich zum Teil in der Geschichte der deutschen Jagdgebrauchhundzucht wiederfinden. Anfang des 20. Jahrhunderts vereinnahmte die Drahthaar-Bewegung einen nicht geringen Teil der rauhaarigen, insbesondere der stichelhaarigen Vorstehhunde, um eine neue Rasse zu begründen. Nach dem heute noch gültigen Motto „durch Leistung zum Typ“ griffen die Initiatoren des Deutsch-Drahthaars auf die ihrer Meinung nach besten Griffons, Pudelpointer (PP) und Deutsch-Stichelhaar (DSt) zurück. Einer der rührigsten unter ihnen war zweifelsohne Freiherr Sigismund von Zedlitz und Neukirch (1838-1903), auch „Hegewald“ genannt. Ihm und Carl Rehfus (1857-1927), besser bekannt als „Oberländer“, verdankte bereits 20 Jahre zuvor der Pudelpointer seine Entstehung. Zwangsläufig schwächten die Aufnahmen von Rauhhaarigen in das Zuchtbuch der Drahthaarigen die drei etablierten Vereine. 1924 formierte sich dagegen der erste Widerstand. Die Liebhaber der „Reinzucht“ wollten dem Untergang der Rassen Griffon, Pudelpointer und Deutsch Stichelhaar nicht tatenlos zusehen und gründeten den
„Reinzuchtverband Deutsch Rauhhaar“.

Aus dem Verein Pudelpointer gehen jährlich zwischen 120 und 200 Welpen hervor. Dieses Niveau sichert den Verantwortlichen eine züchterisch tragfähige Basis für die Zukunft

Was verstand man damals unter dem Begriff Reinzucht? In den 1926 erstmals veröffentlichen Rauhhaarblättern, einer gemeinsamen Postille, steht dazu: „Unter Reinzucht verstehen wir im allgemeinen die Paarung gleichgearteter Hunde, also Hunde, die sich im Körperbau, im Haar und auch in ihrer Veranlagung möglichst ähnlich sind, um dadurch die Nachkommenschaft mit den gleichen Eigenschaften auszustatten und eine sich gleichmäßig vererbende Rasse zu erzielen“.

Aber nicht nur die Hunde waren rau(h) in dieser Zeit, sondern auch der Umgangston.
Die DD-Funtionäre forderte man vehement auf, nur noch mit eigenen Nachkommen zu züchten, anstatt „allemöglichen Kreuzungen zuzulassen“. Würden die Drahthaarleute diesem Begehren nachkommen, so schrieb man damals, stünde einer Einigung mit dem „Neuling“ nichts im Wege. Auf dieses honorige Angebot brauchten die Nachfolger von Hegewald nicht einzugehen, denn Mitte der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts hatte Drahthaar die anderen Rassen in punkto Welpenzahlen und Eintragungen in das Gebrauchshund-Stammbuch überflügelt. 1933 folgte die Gleichschaltung aller Zuchtvereine im „Reichsverband für das Deutsche Hundewesen“ (RDH). Von 1926 bis 1933 fanden insgesamt zwölf gemeinsame Feld- beziehungsweise Zuchtsuchen der Griffon, Pudelpointer und Stichelhaarigen statt. Das mag recht wenig erscheinen, ist aber im Hinblick auf die damalige Mobilität und finanziellen Möglichkeiten der Menschen mit der heutigen Zeit kaum
vergleichbar. Anfang 1937 wurde die „Fachschaft Jagdgebrauchshundewesen“
aus dem RDH gelöst und an die Deutsche Jägerschaft angeschlossen. Es ist fast schon eine Ironie der Geschichte, dass dabei die drei Rauhhaar-Vereine in die Abteilung für „deutschdrahthaarige Vorstehhunde“ eingegliedert wurden. Die DD-Zucht hatte sich endgültig an die Spitze gesetzt, woran sich bis heute nichts geändert hat. Während des Krieges ruhten die Aktivitäten der einzelnen Vereine weitgehend. Der Rauhhaar-Reinzucht-
Verband fand erst 1956 wieder zusammen, und dies auch nur für kurze Zeit. Bis 1960 führte man einige Zuchtprüfungen gemeinsam durch, und auch die Rauhhaar-Blätter erschienen wieder, bis sie mit der Ausgabe 36 im März 1967 eingestellt wurden. Das vorläufige Ende der vorher als „Vernunftehe“ bezeichneten Interessengemeinschaft.
Heute, knapp ein halbes Jahrhundert später, formiert man sich nun zum dritten Anlauf – mit etwa den gleichen Vorzeichen wie damals: geringe Mitgliederzahlen und niedrige Welpenerwartung.

So individuell wie die Rassen sind aber auch die jüngeren Bemühungen aus dem Schatten des Drahthaars herauszutreten. Dem Verein Pudelpointer (VPP) ist es wohl am besten von allen dreien gelungen: Seit mehr als zehn Jahren fallen jedes Jahr mehr oder weniger konstant zwischen 120 und 200 PP in Deutschland. Einer Inzuchtdepression oder zu geringen Zuchtbasis scheint damit vorgebeugt. Seit 1990 ist die Reinzucht wieder oberstes Gebot im VPP, nachdem in den 80er Jahren sowohl in Westdeutschland als auch in der ehemaligen DDR gezielt Pointerblut eingekreuzt wurde. Mittelfristig will der Verein Pudelpointer jährlich über 150 Welpen in sein Zuchtbuch eintragen, um den zur Zeit etwa
1 000 Mitgliedern und solchen, die es noch werden wollen, einen jagdlich gut veranlagten Hund an die Hand zu geben. Im letzten Zuchtjahr 2004 ist dies mit 156 Welpen gelungen.
Auch der Griffon-Klub hat seine Aktivitäten zur weiteren Verbreitung der Rasse Korthals-Griffon in der letzten Zeit forciert. Im Gegensatz zu den Pudelpointern konnten sie nach dem Aufgang der Mauer nicht mit einer blutauffrischenden Zucht der DDR rechnen. Alle dort einst geführten Griffons wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in die Zucht der Deutsch-Drahthaar integriert. Eine eigenständige Linie war damit ausgelöscht. Heute präsentiert sich der Griffon-Klub als kleiner, aber aufstrebender Verein. Nach eigenen Angaben beheimatet er etwa 570 Anhänger des Korthals-Griffon in seinen Reihen. Die jährliche
Welpenerwartung gibt der Klub mit 80 bis 100 an, was im letzten Jahr mit 122 kleinen
Bärtigen übertroffen wurde.

Obwohl eine der ältesten hiesigen Rassen erfährt der Deutsch Stichelhaar nur eine geringe Verbreitung in der Jägerschaft
In einigen Deutsch-Drahthaar erkennt man heute noch seine Urahnen, wie Griffon oder Deutsch Stichelhaar. Neben den Rauhaarigen wurde aber auch Deutsch Kurzhaar eingekreuzt FOTO: BURKARD WINMANN-STEINS

Das „Sorgenkind“ unter den drei Rauhhaarigen ist seit langem der Deutsch-Stichelhaar. Registrierte der Verein 1994 noch 74 Welpen, so sank die Zahl in den letzten zehn Jahren stetig. Der Tiefpunkt im Zuchtjahr 2004 mit nur acht (!) Welpen ließ bei den Verantwortlichen die Alarmglocken läuten. Aus Reihen des zirka 250 Mitglieder starken Vereins kam letztlich auch die Initiative zur Wiederbelebung des Rauhhaar Reinzucht Verbandes. Der Sinn und Zweck dieses Bestrebens lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Öffentlichkeitsarbeit. Für Rainer Hornung, Landesobmann Süd im Verein Stichelhaar, ist der Verband eine weitere und wichtige Präsentationsplattform für seine Rasse oder besser gesagt zur Erhaltung des Deutsch Stichelhaars. Die Verantwortlichen wollen auch ein Stück Aufklärung betreiben. Trotz des bundesweiten Anspruchs im Namen „Deutsch“ Stichelhaar liest man in vielen Beschreibungen, dass der DSt eher eine regionale Rasse aus der niedersächsischen Küstenregion ist. Diesem Vorurteil sei man in der Vergangenheit seitens des Vereins auch nicht energisch genug entgegengetreten, räumt Rainer Hornung ein. Er selbst führt die erste und einzige Landesgruppe im Verein. Damit sei es aber nicht getan, erklärt der Mittelfranke, es müsse mehr gezüchtet werden – nicht nur im Norden. Es gelte den Stichelhaar bundesweit wieder in die Köpfe der hundeführenden Jäger zu bekommen. Doch im Moment könnte man eventuelle Interessenten aufgrund der geringen Welpenzahlen nur auf eine Warteliste setzen.
Dies ist nicht unproblematisch, denn wer sich zur Anschaffung eines Jagdhundes entschlossen hat, will meist nicht ein oder gar zwei Jahre warten, bis der Welpe ins Haus
kommt. Sollte die jährliche Nachzucht fortdauernd unter 70 Welpen bleiben, wird die
Zuchtbasis so gering, dass im schlimmsten Fall mit dem Verschwinden der ursprünglichen
Rasse gerechnet werden muss. Jetzt könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass der Bedarf aus jagdpraktischer Sicht oder die Präferenzen der einzelnen Jäger nun einmal den Fortbestand, die Weiterentwicklung oder auch den Untergang einer Jagdhunderasse beeinflussen. Im Fall Stichelhaar liegt ein entscheidender Aspekt auch in der bewährten Alternative „Deutsch Drahthaar“. Die Behauptung, dass die Stichelhaarigen in den Drahthaarigen „aufgegangen“ seien, wird die Verantwortlichen im Verein DSt kaum trösten
und in ihrem Bestreben nicht voranbringen.

Man kann nämlich auch die Meinung vertreten, dass es auf jeden Fall lohnenswert ist, diese alte Jagdhunderasse mit allen Mitteln, oder besser gesagt mit enormem Aufwand zu erhalten. Dazu wurde die DNS (Desoxyribosenukleinsäure, Träger der Erbinformation) des Stichelhaars analysiert und mit denen anderer rauhaariger Jagdhunderassen verglichen, erklärt Rainer Hornung. Dabei sei nicht ganz unerwartet herausgekommen, dass der Cˇesky´ Fousek (Böhmischer Rauhbart) „gen-identisch“ mit dem Deutsch Stichelhaar ist.
Wie gesagt, dies war keine Überraschung, wusste man doch seit jeher um die enge
Verwandtschaft zwischen beiden. Erst 1963 wurde der Böhmische Rauhbart von der FCI (Fédération Cynologique Internationale), der Welthundeorganisation, als eigenständige Rasse anerkannt, damals gegen den Widerstand des deutschen Hundeverbandes (VDH), da sich die Rasse von den hiesigen rau- und stichelhaarigen Vorstehhunden kaum unterschied. Was vor 40 Jahren in der kynologischen Welt zu Kontroversen geführt hat – vielleicht auch
aus politischem Kalkül, liegt dank moderner Genanalysen nun schwarz auf weiß vor. In Tschechien hat der Cˇesky´ Fousek derweil eine Beliebtheit unter den Jägern erlangt, wie hierzulande der Deutsch-Drahthaar. Aus unserem Nachbarland sollen nun Böhmische Rauhbärte importiert, auf Prüfungen geführt und anschließend in die Stichelhaarzucht integriert werden. „Dieser Zuchtversuch ist bereits vom VDH genehmigt“, erläutert Rainer Hornung. Die Angelegenheit war recht unproblematisch, da der Verein DSt seit jeher in Deutschland für die Rasse Cˇesky´ Fousek zuständig war. Durch die Einkreuzung erhofft man sich, den Deutsch-Stichelhaar auf eine breitere Basis zu stellen und damit langfristig am Leben zu erhalten. Doch was nützen alle Zuchtbemühungen, wenn die Vorstehhunde bei den Jägern nicht ankommen. Landesobmann Hornung glaubt, dass alte Vorurteile über
den Deutsch Stichelhaar sich lange Jahre zu Unrecht in den Köpfen der Jägerschaft gehalten hätten. Die Hunde seien ruhig und wesensfest – das Hauptziel aller züchterischen
Bemühungen neben den rassetypischen Äußerlichkeiten, erläutert der Mittelfranke. Die „Mannschärfe“ früherer Tage sei heute kein Thema mehr und auch nicht rassetypisch. Rainer Hornung züchtet selber und hält seine Stichelhaarigen als Jagd- und Familienhunde.
Das Engagement für ihre Rasse wollen die Verantwortlichen im Verein Deutsch Stichelhaar auch in den Rauhhaar-Reinzucht-Verband einbringen – zum Wohle aller rauhaarigen Vorstehhunde, wie offen bekundet wird. In 2005 finden weitere Treffen der Vereine untereinander statt, im nächsten Jahr soll die erste gemeinsame Verbandsgebrauchsprüfung (VGP) abgehalten werden. Es gelte, die Plattform des Verbandes zu nutzen, um die Rassen einer breiteren jagdlichen Öffentlichkeit zugänglich
zu machen. „Vom Leistungsvermögen unserer Rauhaarigen her brauchen wir uns vor niemandem zu verstecken“, sagt Mitinitiator Rainer Hornung selbstbewusst. Ein solcher Verband kann aber nur existieren, wenn er von den Beteiligten mit Leben erfüllt wird, dazu reichen gute Absichten oft nicht aus. Begriffe wie „Zweckgemeinschaft“, „lose Vereinigung von Hundeleuten“ oder „Vernunftehe“ spiegeln nicht den absoluten Willen zum Miteinander
wieder. „Häufig entwickelt sich aus ihr im Laufe der Zeit, beim Sich-näher-Kennenlernen,
eine Liebesehe“, erklärt dazu der Rauhhaar Reinzucht Verband und macht Hoffnung, dass die alten deutschen, rauhaarigen Vorstehhundrassen wieder an Popularität gewinnen.

Um den Deutsch- Stichelhaar züchterisch eine breitere Basis zu erschaffen, sollen geprüfteCˇesky´ Fouseks (Böhmische Rauhbärte) in die Zucht integriert werden.
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