AUS DEM WILD UND HUND-TESTREVIER
Besonders in der kalten Jahreszeit fallen sie an kahlen Bäumen auf: Misteln. Über die Jahre wurden immer mehr Apfel- und Birnbäume von den Gewächsen befallen. Landwirt Stefan Eckert hat die Obstbäume im Testrevier von der Plage befreit.
Agnes M. Langkau
Schon von weitem höre ich die Motorsäge, als ich mich den hochstämmigen Obstbäumen nähere. Landwirt Stefan ist ausgebildeter Landschaftsgärtner und will heute seine Apfelbäume von Misteln befreien. Er steht auf einer Leiter mitten in der Krone und entfernt einen Seitenast, der von den Schmarotzern befallen, ganz grün erscheint. Die Obstbäume im Revier sind nicht zuletzt für das Wild eine heiß begehrte Äsungsquelle, wenn je nach Art die Früchte von August bis September auf den Boden fallen. Aber auch Insekten, Igel und Vögel wie zum Beispiel die Drosseln sind Nutznießer des Fallobstes.
Bei der weißbeerigen Mistel handelt es sich um einen immergrünen Halb-Schmarotzer. Sie entzieht über ihre eigenen Wurzeln dem Wirt Wasser und Mineralstoffe, indem sie die Leitungsbahnen des Baumes anzapft. Ist ein Baum stark befallen, hört er zunächst auf zu blühen, trägt keine Früchte mehr und stirbt zuletzt ab. Der Name Mistel ist nicht umsonst mit dem Wort Mist verwandt. Die weißen Beeren, in denen der Samen enthalten ist, werden von Vögeln aufgenommen und gelangen mit ihren Ausscheidungen (Vogelmist) wieder auf die Äste.
„Man kann der Plage durch konsequentes Entfernen der befallenen Äste Herr werden. Es gibt eine Scheu, die Bäume zu beschneiden, weil die Besitzer irrtümlich glauben, die Schmarotzer stünden unter Naturschutz“, erklärt Stefan. Bei den betroffenen Bäumen ist es wichtig, einen Verjüngungs schnitt durchzuführen. Dieser sollte aufgrund des Saftstroms möglichst ab dem Herbst bis in den auslaufenden Winter vorgenommen werden. Ziel ist es, die Krone im Ganzen bestehen zu lassen. Dass heißt, sie sollte möglichst nicht ihre Form verlieren. „Typischerweise besitzt der Apfelbaum eine runde Form, wie die Frucht selbst. Ein alte Gärtnerweisheit besagt, dass die Krone so beschnitten werden muss, dass man einen Hut hindurchwerfen und ein Vogel noch hindurchfliegen kann“, erklärt Stefan grinsend und zeigt auf einen alten Hochstamm.
Um die Mistel nachhaltig zu entfernen, muss man mindestens 20 bis 30 Zentimeter unterhalb des Ansatzes des Hexenbesens den Ast entfernen. Bei kleineren Schmarotzern, die noch keine großen Wurzeln im Ast des Wirtsbaumes ausgebildet haben, ist auch ein Keilschnitt möglich. Seitenäste, die von dem Wintergrün betroffen sind und direkt am Stamm wachsen, sollten möglichst direkt am Astansatz abgesägt werden, jedoch ohne den Astring zu verletzten. Hierdurch kann der Baum die Wundfläche selbstständig überwallen. Es ist zu beachten, dass bei Arbeiten auf einer Leiter und beim Schneiden von Bäumen eine Sicherung mit Sitz- oder Auffanggurt unbedingt erforderlich ist.
Ist der Obstbaum sehr stark befallen, hilft meistens nur noch ein radikaler Rückschnitt. Hierfür sollte das Gehölz noch genügend Vitalität aufweisen. Mit ein bisschen Baumschnitterfahrung und Sachverstand besteht jedoch durchaus die Chance, dass sich der betroffene Baum wieder erholt.