Bei der Neuverpachtung eines Reviers kommt es immer wieder zu überhöhten Forderungen, wenn es um die Reviereinrichtungen geht. Was darf eine alte Kanzel kosten? Wann lohnt sich überhaupt eine Übernahme?
Als Neupächter sollte man sich erst einmal mit folgenden Überlegungen auseinandersetzen: Welche bejagbaren Wildarten leben im Revier? Welche Ansitzeinrichtungen benötigt man, um Strecke zu machen? In welchem Zustand befinden sich die vorhandenen Einrichtungen? Welche Kosten entstehen beim Neukauf beziehungsweise Eigenbau?
In einem Niederwildrevier, in dem nur sporadisch eine Sau oder ein anderes Stück Hochwild durchzieht, genügt in der Regel die Ausstattung mit Leitern und Schirmen. Dem passionierten Fuchsjäger ist vielleicht noch eine Luderhütte wichtig oder an besonders günstiger Stelle eine geschlossene Kanzel, die auch an einer Kirrung stehen kann, oder ein fahrbarer Ansitzwagen. Wird das Revier von kleinen Gräben durchzogen, kann ein kleiner Steg von besonderem Nutzen sein, wenn es gilt, einen möglichst kurzen Weg für die Wildbergung zu finden.
Ist das Niederwildrevier mit überwiegend geschlossenen Kanzeln oder offenen, überdachten Hochsitzen ausgestattet, ist die Übernahme für den neuen Pächter nicht nur eine Frage des Geldbeutels, sondern auch die der jagdlichen Notwendigkeit. Hochwildreviere ohne Rotwild vorkommen benötigen als Ansitzeinrichtung sicher nicht die schwindelerregend hohen Türme.
Hier reichen durchaus offene, überdachte Hochsitze mit 1,50 bis zwei Meter Fußbodenhöhe aus. Geschlossene Kanzeln sollten zumindest in den Waldteilen die Ausnahme bilden, in zugigen Feldteilen können sie aber notwendig sein. Auch die eine oder andere umsetzbare Leiter oder einige Drückjagdböcke lassen sich sinnvoll einsetzen.
Fotos: Jörg Rahn
In Rotwildrevieren sind den offenen, überdachten Hochsitzen mit einer Fußbodenhöhe von 2,50 bis drei Metern der Vorzug zu geben. Bei dieser Höhe kann das Rotwild nicht „durch den Hochsitz“ äugen. Bei niedrigeren Ansitzeinrichtungen ist der Blickwinkel so, dass das Rotwild den ansitzenden Jäger und somit auch dessen geringste Bewegung gut eräugen kann und dann sein Heil in der Flucht sucht. Dieser Effekt wird noch zusätzlich durch einen hellen Hintergrund (Himmel, Feld, Freifläche) verstärkt, vor dem sich der Waidmann besonders gut abhebt.
Nicht jeder Sitz muss übernommen werden. Wenn kleinere Reparaturen ihn aber wieder brauchbar machen, ist dies trotzdem ratsam.
Auch im Waldrevier sollte den geschlossenen Kanzeln nur einige wenige attraktive Standorte wie Wildäcker, Teiche, Suhlen oder auch Kirrstellen vorbehalten bleiben. Hohe Wachtürme im Feldteil sind unzweckmäßig, da man nie außerhalb desWindes sitzen kann. So bringen beispielsweise auch Fallwinde unsere Witterung zum Wild, egal wie hoch man sitzt.
Transportable Drückjagdhochsitze und -leitern runden die jagdlichen Einrichtungen in einem solchen Revier ab. Natürlich müssen sie gut verblendet sein, da das Rotwild sehr gut äugt und jede unvorsichtige Bewegung wahrnimmt.
Wie oft habe ich schon in weniger gut geführten Rotwildrevieren starr auf einem Hochsitz gesessen, weil das Alttier minutenlang die Ansitzeinrichtung observierte
und selbst nach einer Viertelstunde erst in ein Scheinäsen überging. Von dieser Reviereinrichtung muss schon einmal eine Gefahr ausgegangen sein!
Weiß man als Neupächter, auf was man jagt und dafür braucht, lässt es sich mit dem scheidenden Pächter schon besser verhandeln. Die nicht benötigten Einrichtungen werden entweder gar nicht oder nur zu einem geringen Preis erworben. Um sich ein Urteil über den Preis bilden zu können, muss man einige Faustzahlen in Bezug auf die Kosten der verschiedenen Ansitzeinrichtungen parat haben.
Die meisten Hersteller jagdlicher Einrichtungen bieten in ihrem Programm einige Leitertypen sowie Hochsitze und Kanzeln an. Schirme sind darin kaum zu finden, da sie von einem einigermaßen handwerklich geschickten Jäger leicht selbst zu bauen sind. Die im Handel käuflich zu erwerbenden Reviereinrichtungen sind in der Regel kesseldruckimprägniert oder durch ein Tauchverfahren haltbar gemacht worden. Da das Imprägniermittel durch Kesseldruck tiefer in das Holz eindringt als beim Tauchverfahren oder gar beim Anstreichen mit einem Holzschutzmittel, ist das Material höher zu bewerten, und somit kann auch mehr Geld ausgegeben werden.
Einrichtungen ohne jeglichen Schutz sind genauestens auf ihre Betriebssicherheit zu überprüfen, da die im Handel erhältlichen in der Regel aus Fichte oder Kiefer gefertigt sind und ohne Holzschutz sehr schnell verrotten. Selbstverständlich dürfen die Stirnflächen der imprägnierten Hölzer nicht abgesägt werden, da ansonsten der Schutzfaktor verloren geht.
Die Ständer sowohl der Leitern als auch der Hochsitze beziehungsweise Kanzeln sollten auf Steinplatten, die größeren „Bauwerke“ auf Erdanker-schrauben stehen. Ist dies nicht der Fall, sind die Ständer besonders sorgfältig zu begutachten, da gerade die Hölzer, die auf dem feuchten Untergrund stehen, verstärkt zur Fäulnis neigen. Die Übernahme von kleinen, transportable Leitern, die nur drei Leitersprossen haben, ist nicht sinnvoll, da sie viel zu niedrig sind (Sitzhöhe etwas über 1 Meter).
Die Sitzhöhe sollte schon bei zirka zwei Metern liegen. Derartige Leitern haben, als freistehende Ansitzleiter gebaut, einen Preis von etwa 140 Euro, Leitern mit Innenaufstieg einen von etwa 180 Euro und Baumleitern (Sitz-höhe 3,60 Meter) liegen ebenfalls bei 180 Euro. Drückjagdleitern haben einen Preis von zirka 170 Euro. Sollen die Leitern zusätzlich mit einem Dach versehen sein, entstehen Mehrkosten in Höhe von zirka 80 Euro.
Da Ansitzeinrichtungen mit Dach erheblich länger leben, sollte der Neupächter in diesem Fall auch bereit sein, einen höheren Übernahmepreis zu bezahlen. Dies gilt natürlich nur, insofern die Reviereinrichtung den Unfallverhütungsvorschriften entspricht.Offene überdachte Hochsitze liegen preislich etwa bei 400 Euro (Höhe zirka zwei Meter).
Bevor man eine Übernahmekomplett ablehnt, stellt sich dieFrage, ob man neue Sitze bauen oder kaufen kann.
Sind die Bockgerüste aus einem verzinkten Stahlrahmen hergestellt, erhöht sich der Preis um zirka 100 bis 150 Euro. Geschlossene Kanzeln mit einer Fußbodenhöhe von etwa drei Metern kosten zirka 1 000 Euro, wobei auch hier für den Stahlrahmen tiefer in den Geldbeutel gegriffen werden muss. Schlafkanzeln liegen preislich noch einmal etwa 600 Euro höher. Sind die geschlossenen Kanzeln mit Schall- und Wärmedämmung ausgeschlagen und mit Sitz-iege-polster versehen, können noch einmal ungefähr 200 Euro hinzugerechnet werden.
Die Bewertung der selbstgebauten Ansitzeinrichtungen gestaltet sich da schon etwas schwieriger. Sie kann regional sehr unterschiedlich sein (Arbeitskräfte, Holz-und Zubehörpreise, Schlepperkosten etc.) und hängt auch von den verwendeten Baumarten ab. Selbstverständlich auch davon, ob selbstgeworbenes Rundholz oder gekauftes Schnittholz beim Bau eingesetzt wird. Rundholz lässt sich in unserer Region beim Förster für etwa sieben Euro pro Raummeter kaufen. Das Holz muss dann allerdings selbst gesägt und aus dem Waldgezogen werden.
Beim Einsatz von Hilfskräften kostet der Leiterbau in etwa das Gleiche wie die handelsüblich zu erwerbenden Leitern. Dagegen lassen sich beim Hochsitz- oder Kanzelbau 200 bis 300 Euro einsparen. Der Bau eines Schirmes kostet je nach Bauart zwischen 50 und 100 Euro.
Das alles können nur grobe Faustzahlen sein. Letztlich muss man die vorhandenen Reviereinrichtungen in Augenschein nehmen. „Kuriositäten“ sollten dabei nicht übernommen werden. Derartige Bauwerke sind vom Vorgänger zu entfernen, die restlichen Einrichtungen sind auf Schäden zu prüfen. Je älter die Ansitzeinrichtung ist, desto mehr Schäden können auftreten. Überdachte Hochsitze und Leitern haben eine Lebensdauer von zirka zwölf Jahren (unbehandeltes Holz), ohne Dach verkürzt sich die Lebenszeit auf etwa die Hälfte, sofern sie ganzjährig den Witterungsunbillen ausgesetzt sind.
Leitern oder Drückjagdhochsitze, deren Ständer durch Bodenkontakt rasch faulen, können durch deren Einkürzen oftmals noch weiter einsetzbar sein. Eingegrabene faulende Hochsitz- bzw. Kanzelständer lassen sich anschuhen, wodurch sich deren Lebensdauer um einige Jahre verlängert. Festgestellte Schäden, die Nachbesserung erfordern, können eine Minderung des Kaufpreises bis zu 50 Prozent zur Folge haben.
Will man die Ständer auf ihre Tauglichkeit überprüfen, leistet ein Jagdmesser außerordentlich gute Dienste. Mit ihm sticht man in den unteren Teil der Ständer (auch Leiterholme), verschwindet die Messerklinge leicht im Holz, ist es morsch. Eingegrabene Ständer müssen teilweise freigelegt werden, um diese Überprüfung durchführen zu können. Abgefaulte Leiterholme kann man nicht einkürzen, hier ist die ganze Leiter zu ersetzen. Je nach Höhe können bis zu 100 Euro vom Kaufpreis abgezogen werden.
Weiter geht die Überprüfung mit den Leitersprossen. Erneuerbare Sprossen bringen allerdings kaum eine Wertminderung, sind aber unbedingt zu ersetzen. Ist die Ansitzeinrichtung seitlich abgestützt, muss man diese Streben ebenfalls kontrollieren und später gegebenenfalls auswechseln. Weiterhin sind alle Nagel- beziehungsweise Schraub-stellen zu untersuchen, da hier das Regenwasser besonders lange steht und dadurch eine schnellere Fäulnis eintritt. Sind tragende Teile befallen und können nicht ausgetauscht werden, muss die Reviereinrichtung vom Vorpächter entsorgt werden. Nicht überdachte Hochsitzvorbauten haben eine kürzere Lebensdauer als der Hochsitz selbst.
Treten dort starke Schäden auf, kann das zum Abriss der ganzen Einrichtung führen, das heißt Entsorgung durch den Vorpächter. Defekte Hochsitz- und Kanzeldächer können zu einer Wertminderung von zirka 100 Euro führen, sofern der Rest des Bauwerkes nicht schon so schwer Schaden genommen hat, das es insgesamt entsorgt werden muss.
Resümee: Es sollten nur diejenigen Ansitzeinrichtungen übernommen werden, die keine Schäden aufweisen und die sich für die im Revier vorkommenden Wildarten eignen. Baufällige Einrichtungen oder solche aus „problematischen“ Materialien sollten dem Vorpächter nicht abgekauft werden.
Rechtslage
Pächter bleibt Eigentümer
Der Pächter ist Eigentümer der jagdlichen Anlagen, auch wenn diese mit einem fremden Grundstück fest verbunden sind. Er darf sie innerhalb von sechs Monaten ab Pachtende entfernen, es sei denn, der Verpächter (nicht Pacht nach folger!) wendet dies gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung ab (Landesrecht beachten). Trotz eines solchen Angebotes darf der Altpächter die Anlagen mitnehmen, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat (z. B. für ein neues Revier). Er muss die jagdlichen Anlagen entfernen, wenn der Verpächter dies verlangt (Beseitigung gefährlicher „Ruinen“). Der neue Pächter kann nicht verlangen, dass sein Vorgänger ihm die Anlagen überlässt; der alte Pächter kann nicht verlangen, dass sein Nachfolger die Anlagen übernimmt (Landesrecht beachten).
Baden-Württemberg: Der Pächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks ist verpflichtet, Ansitze und Futterplätze dem Pachtnachfolger auf dessen Verlangen gegen angemessene Entschädigung zu überlassen (§ 16 Abs. 2 LJG BW).
Hessen:
Jagdeinrichtungen aller Art sind vom ehemaligen Jagdausübungsberechtigten innerhalb von sechs Monaten ab Pachtende zu entfernen, falls der Nachfolger sie nicht übernimmt (§22HessJG):
Niedersachsen: Nicht fest mit dem Boden verbundene Anlagen (Ansitze, Futterplätze u. a.) darf der Jagdausübungsberechtigte auf nicht intensiv genutzten Grundstücken errichten, fest verbundene Hochsitze und Jagdhütten nur mit Zustimmung des Grundeigentümers. Nicht mehr benötigte und unbrauchbare Anlagen sind unverzüglich zu entfernen. Bei einem Pächterwechsel hat der bisherige Pächter die Anlagen innerhalb von drei Monaten ab Pachtende zu entfernen, falls der neue Pächter nicht innerhalb von einem Monat ab Pachtbeginn die Übernahme erklärt (§ 2 Abs. 1 LJG). In Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein sind Jagdeinrichtungen vom bisherigen Jagdausübungsberechtigten unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Monaten ab Pachtende, zu entfernen, sofern nicht der nachfolgende Jagdausübungsberechtigte sie übernimmt (§20 Abs. 2 LJG RLP). Mark G. v. Pückler