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Vom Spion zum Gebrauchshund

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DER KLEINE MÜNSTERLÄNDER VORSTEHHUND
Nach einer bewegten Geschichte wurde aus dem unscheinbaren „Spion“ der Kleine Münsterländer Vorstehhund (KlM), ein heute populärer Jagdgebrauchshund, der nach dem Leitsatz gezüchtet wird: Leistung, Charakter, Form und Gesundheit.

Hans Eggerts
Im 19. Jahrhundert lebten nur noch wenige Kleine Münsterländer Vorstehhunde in abgelegenen Dörfern des Bergischen Landes, des Münsterlandes und in niedersächsischen Regionen nahe der niederländischen Grenze. In den unübersichtlichen Heide-, Moor- und Buschrevieren suchten diese Hunde unter der Flinte ausdauernd, gründlich und mäßig flott. Gefundenes Niederwild standen sie fest vor, krankes Wild wurde energisch verfolgt, gegriffen und freudig gebracht. Häufig waren sie Verbeller oder Verweiser. Scherzhaft sagte
man vom KlM wegen seiner geringen Größe, dass er sich wohl „ein wenig von unten
abgelaufen habe“. Wegen der vielen Hecken in seiner Heimat nannte man ihn Heckenhündchen, aber auch Magister- und Pastorenhündchen, weil er damals oft von Menschen dieser Berufe gezüchtet und geführt wurde. Gebräuchlich waren auch Bezeichnungen wie Spion, Spannjer oder Spiönken, denn seine vorsichtige Suche glich dem Ausspionieren. Auch bewachte er Haus und Hof.
Hegemeister Edmund Löns lernte auf seinen jagdlichen Streifzügen und der Suche
nach der „roten hannoverschen Heidbracke“, zu der sein Bruder, der Heidedichter Hermann Löns aufgerufen hatte, auch die weißbraunen Kleinen Münsterländer Vorstehhunde des Lehrers Clemens Heitmann, Burgsteinfurt, kennen. Heitmann erwarb von dem Gastwirt August Heßling, Leer, der seit 1850 KlM züchtete, seine erste Hündin. Er nannte sie und nach ihr alle seine weiteren Zuchthündinnen „Flora“. Seine dritte Flora wurde in das im Jahr 1912 eingerichtete Zuchtbuch des KlM-Verbandes unter der Nummer 1 eingetragen. Die
elegante, tief braun geplattete Hündin war etwa 1900 gewölft worden: Sie hatte ein
dunkles Auge, suchte ruhig, gründlich, stand fest vor und jagte laut. Heitmanns Hunde waren sehr lebhaft, zierlich, hoch auf den Läufen, stark behaart und hatten eine Schulterhöhe von 45 bis 50 Zentimetern. Sie arbeiteten sehr gut im Feld, stöberten laut und zeigten verlässlichen Gehorsam an Wild. Wasserfreudigkeit war diesen Hunden angewölft. Die Dorstener Hunde des Jagdaufsehers Wolberg hingegen waren ruhig, kräftig,
lang im Rücken, hatten lockiges Haar und manchmal eine Stirnlocke zwischen den Augen. Ihre Schulterhöhe lag meist über 50 Zentimetern. Wolberg paarte die Geschwister „Mirzel“ und „Rino“. Der Wurf fiel am 15. April 1909. Deren Tochter, „Mirzel II 40“ wurde dem Heitmann-Rüden „Boncoeur II“ zugeführt. Der Wurf fiel am 30. September 1912 und war der Beginn der Verschmelzung beider, jagdlich absolut gleichwertiger Stämme. Zum ersten Mal trat der von 67 KlM-Liebhabern gegründete KlM-Verband am 2. Juni 1912 anlässlich seiner Hauptversammlung mit einer Zuchtschau – damals Musterung genannt – an die Öffentlichkeit. Bewertet wurden drei Rüden und sechs Hündinnen. In Anbetracht der nur noch in wenigen Exemplaren vorhandenen Kleinen Münsterländer wurde ein ziemlich erschöpfendes Bild über den Stand der Zucht geboten. Die Köpfe dieser Hunde waren größtenteils schon sehr gut, bei den meisten ließ auch die Hinterhand nichts zu wünschen übrig. An Adel der Gesamterscheinung fehlte es kaum einem der Vierläufer.

Edmund Löns, der Bruder des Heidedichters Hermann Löns, züchtete die ersten KlM-Hunde als Dunkelbraunschimmel
Die ursprüngliche Fellfärbung des KlM war weiß mit braunen Platten, kurz: weißbraun

Eine Jagdsuche nach dem verbandseigenen Zuchtsuchen-Reglement – ähnlich der VZPO – fand dann am 3. Oktober 1913 bei Tönnishäuschen/Ahlen statt. Einige Hunde waren offenkundig nicht oder nur ungenügend vorbereitet. „Die KlM zeigten in der Gesamterscheinung und im Kopf eine erfreuliche Ausgeglichenheit.“ So urteilte
jedenfalls Verbandsrichter Engler vom Deutsch Kurzhaar Club.Bereits Anfang der zwanziger Jahre wurde der bodenwüchsige KlM weit über seine Heimat hinaus auch in anders strukturierten Revieren eingesetzt und in allen Teilen des damaligen Deutschen Reichs geführt und gezüchtet. Ebenso in fast allen europäischen Ländern sowie in China (1924)
und Amerika (1927). Die Zuchtbucheintragungen stiegen im Jahr 1921 sprunghaft
auf 737 Hunde. In der Zeit von 1912 bis 1920 waren nämlich insgesamt nur 1038
Kleine Münsterländer Vorstehhunde eingetragen worden. Nunmehr beauftragte der KlM-Verband den Züchter und Falkner, Dr. Friedrich Jungklaus, Bielefeld, die „Rassekennzeichen“ zu formulieren. Auf 63 Gemälden niederländischer Maler des 17. Jahrhunderts entdeckte er eine auffallende Ähnlichkeit mit dem KlM-Typ, den Löns an der
niederländischen Grenze zu Deutschland gefunden hatte. Die von ihm formulierten
„Rassekennzeichen“ und der Jagdgebrauch blieben in ihren Grundzügen bis heute erhalten. Dem KlM gab Jungklaus den wissenschaftlichen Namen „Canis acceptoritus
minor guestfalicus“. Edmund Löns überraschte den KlMVerband 1927 mit von ihm selbst gezüchteten braungeschimmelten Hunden. Diese Farbe setzte sich bald durch und wurde bereits 1929 vom Verband anerkannt. Löns nannte seine Hunde nur „Heidewachtel“.
Im Jahr 1946 wurde der Verband neu gegründet. Man stellte sich auf die veränderten
jagdlichen Verhältnisse ein. Die auf großflächigen Feldern notwendige flotte, schnelle und weiträumige Suche auf Rebhühner wurde zumeist abgelöst von der jagdlich angepassten „gemäßigten“ Suche auf Fasanen. Diese Arbeitsweise war dem KlM auf den Leib geschneidert, denn sein vorsichtiges und genaues Untersuchen von Geländefalten, Busch- und Bruchstücken sprach für ihn.

Der gut ausgebildete Kleine Münsterländer arbeitet nicht nur zuverlässig im Feld und im Wasser, sondern auch bei Nachsuchen
Er hat das Kaninchen „ausspioniert“ und vorgestanden, sein Führer hat es erlegt und nun trägt der KlM die Beute zu

Anfang der siebziger Jahre setzte eine ungeahnte Entwicklung der KlM- Zucht ein. Die Zuchtbuch-Eintragungen erreichten 1997 mit 1457 Welpen ihren absolut höchsten Stand in der Geschichte des KlMVerbandes. Auch die Mitgliederzahl stieg rasant von rund 1200 in Jahr 1970 auf 5600 im Jahr 2000. Kontinuierlich erhöhte sich ebenso die  Prüfungsbeteiligung. Aufgrund der ständigen Aufwärtsentwicklung wurden die Bundes-HZP (1970) und die Bundes-Zuchtwartetagung (1972) eingeführt. Beide Veranstaltungen haben
die Aufgabe, einen Überblick über die Entwicklung der Zucht im gesamten Verbreitungsgebiet zu geben. Vorausgegangen war die Auswertung der Prüfungsergebnisse (ab 1959) bis hin zur elektronischen Datenverarbeitung (Zuchtwertschätzung). Der KlM ist ein langhaariger Vorstehhund von mittlerer Größe (Rüden 52 bis 56 Zentimeter,  Hündinnen 50 bis 54 Zentimeter Schulterhöhe). Er ist weißbraun oder braungeschimmelt und hat manchmal lohfarbene Abzeichen am Fang oder Auge. Das Haar ist mittellang, fest anliegend, wenig gewellt. Der Oberkopf ist leicht gewölbt mit geringem Stopp. Der langgestreckte Fang hat eine braune Nasenkuppe. Der Behang ist breit, hoch angesetzt, fest anliegend und läuft spitz zu. Das Auge ist dunkelbraun. Der Hals ist geschwungen und
gut bemuskelt. Die tiefe und geräumige Brust hat gut gewölbte Rippen. Der Rücken ist mittellang, die Nierenpartie fest und der Leib ein wenig aufgezogen. Die graden Vorderläufe
sind behost und die gewinkelte Hinterhand ist befedert. Die Rute hat eine lange Fahne.
Der KlM ist ein vielseitiger, leicht zu führender Jagdgebrauchshund mit großer Arbeitsfreude, der all seinen jagdlichen Anforderungen aufgrund der Erbanlagen und
seiner körperlichen Substanz gerecht wird. Seine Jagdpassion und Leistungsfähigkeit
zeigt sich im Feld bei der Suche, dem Finden, Vorstehen und Bringen. Seine vorzügliche
Nase, gepaart mit dem angewölften Jagdverstand, befähigt ihn, sicher zu finden und einer Spur auch dann zu folgen, wenn sie schon länger steht. Sein ausgeprägter Spurwille ist häufig mit Spurlaut verbunden. Seine Suche ist bei Anpassung an das Gelände planmäßig, flott und ausdauernd. Das Tempo steht im Einklang mit seiner Nase. Seine Vorsteh-Anlage, wie auch seine Wild- und Raubwildschärfe sind züchterisch verankert. Der KlM nutzt den Wind, findet schnell und sicher Wild, macht es fest, zieht nach und steht ohne einzuspringen fest vor. Er arbeitet das Geläuf von geflügeltem Federwild, findet und bringt es freudig seinem Führer, nimmt das gefundene Wild korrekt auf und richtet seinen Griff nach der Art und dem Gewicht des Wildes. Mit zunehmender Jagderfahrung kommt oft eine KlM-typische Eigenschaft hinzu: Das Umschlagen von Wild, um es sicher zwischen sich und den Führer zu bringen. Im Wasser zeigt der KlM hohe Passion, nimmt es freudig an, stöbert selbstständig im Schilf und lässt sich durch Wink und Zuruf lenken. Er zeigt Finderwillen und bringt erlegtes Wasserwild freudig, selbst unter schwierigen Umständen. Sein mittellanges Haar schmiegt sich im Wasser an, isoliert ihn gegen Nässe und Kälte und schützt selbst vor scharfem Schilf. Im Wald stöbert der KlM planmäßig in Dickungen und Schonungen und jagt laut, selten stumm. Er scheut auch dichte Dornen nicht. Unter der Flinte buschiert er in enger Anlehnung an seinen Führer, und auf dem Stand verhält er sich ruhig. Auch bei der Schweißarbeit am langen Riemen arbeitet der KlM seinem Wesen
entsprechend ruhig, konzentriert, zügig, aber nicht stürmisch. Er verbellt und verweist
– je nach Ausbildung – von ihm gefundenes verendetes Schalenwild. Nicht verendetes Wild verfolgt er und zieht es nieder. Dieses Rasseportrait wäre nicht vollständig, ohne die Empfindsamkeit und die breite Skala an Gefühlsäußerungen dieser Jagdhundrasse zu erwähnen. Deshalb ist es auch weniger geübten Führern möglich, einen KlM auszubilden und zu führen. Aber es muss auch gesagt werden, dass alle guten Anlagen eines Hundes nichts nützen, wenn sie nicht gefördert und gelenkt werden. Und dann ist da noch die Gefahr seiner „Attraktivität“! Die Verantwortlichen dieser Rasse wissen es und handeln danach: Auch wenn sich der anpassungsfähige und anhängliche KlM für die Haltung in der
Wohnung anbietet, als reiner „Stubenhund“ ist er zu schade. Er muss ein Jagdgebrauchshund in Jägerhand bleiben, sonst lebt er „nicht wirklich glücklich“. Denn
schon Hegendorf (Frhr. v. Zedlitz) bezeichnete den KlM treffend als den „kleinen Universalhund“.

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