ANZEIGE

“Gehorsam geht ohne Totenstarre!”

6756


Macht das klassische „Down“ eigentlich noch Sinn?:
Hundeausbilder Uwe Heiss hat seine eigene Meinung zur Gehorsamsausbildung, und er hat damit Erfolg . Warum seine vierläufigen Jagdhelfer auch ohne den Klassiker der Hundeausbildung auskommen, und welche Vorteile alternative Ausbildungsmethoden haben, sagt er uns im folgenden Beitrag.

 

Von Hundeausbilder Uwe Heiss

Ein Trillerpfiff und der Hund fährt aus vollem Tempo das Fahrwerk ein und landet staubaufwirbelnd mit Körper und Unterkiefer im Sand. Flach wie eine Flunder verharrt er regungslos in der klassischen Downstellung, und der Schütze könnte über dem Hund hinweg den Hasen schießen. Er lässt es aber hoffentlich lieber.

Die absolut zuverlässige „Down“-Abrichtung soll ja angeblich das A und O der Jagdhundausbildung sein, aber warum eigentlich? „Erst wenn du deinen Hund im Down absolut durchgearbeitet hast, dann hast du ihn in jeder Situation im Griff“, habe ich wohl tausendmal gehört.

Neue Wege gehen

Natürlich gehört ab einem bestimmten Alter des Hundes absoluter Gehorsam zu den wichtigsten Dingen und macht jagdliche Ausbildung erst möglich. Aber das A und O der Jagdhundeausbildung kann doch nicht dieses „In-Deckung“-Kommando sein. Dem Junghund beizubringen, bei Ertönen des Trillerpfiffes ruckartig zusammenzufahren, dabei den Kopf auf den Boden zu legen und ihn dort zu lassen, erfordert für ihn oft sehr starken Zwang. Da ist mir ein absolut konsequent beigebrachtes „Sitz“ einfach sympathischer. Vielleicht mag dem einen oder anderen diese „zackige“ Umgangsform noch aus alten Zeiten vertraut sein, aber warum nicht neue Wege gehen. Mir persönlich geht dieses Rittmeistergetue, bei dem die Weidenrute entweder über dem Kopf des Hundes geschwungen wird oder im Stiefel des Abrichters steckt, mächtig auf die Nerven. Wird die Gehorsamsausbildung mit ebenso viel Fingerspitzengefühl durchgeführt, wie das Fördern und Kanalisieren seiner natürlichen Triebe und Anlagen, kann man mit einer guten Bindung an seinen Führer den Junghund zu einem hervorragenden Jagdhelfer ausbilden.

Einige Hundeführer glauben, den Hund besser auf sich konzentrieren zu können, wenn dieser bei der Feldarbeit nach dem „Down“ den Hasen nicht weglaufen sieht und so anschließend die Suche besser aufnimmt. Das ist meiner Meinung nach kein haltbares Argument. Es wäre für mich sehr bitter, wenn ich den Hund, den ich am Hasen halten konnte, nicht mehr zu einer planmäßigen Suche bewegen kann, nur weil er eräugt hat, wohin der Hase gelaufen ist. Da funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Hund und Führer nicht, unabhängig von der Wahl des Kommandos „Sitz“ oder „Down“. Gerade in der Jagdpraxis lässt sich sichtiges Wild, welches ignoriert werden muss, nicht vermeiden. Wer kennt nicht die Jagdhunde, die dem gesunden Hasen und unbeschossenem Fasan bis an den Horizont nachjagen?

Einzig bei der Ausbildung des VJP- oder HZP-Kandidaten, der im Fach Hasenspur geprüft werden soll, ist es wirklich ratsam, wenn der Hund den flüchtenden Hasen nicht eräugt. Der unerfahrene Junghund wird zunächst in die Richtung losstürmen, in der er den Hasen noch im Gedächtnis hat, und keine konzentrierte Arbeit auf der Spur zeigen. Deswegen sollte man nicht den jungen, in Ausbildung befindlichen Hund den Hasen suchen, finden und auf die Läufe bringen lassen, um dann die Spur zu arbeiten. Lieber mit dem Fernglas eine Hasen ausmachen und ihn auf die Spur bringen.

Ein Gehorsamsproblem

Auch den Begriff „Notbremse“ höre ich als Argument für das „Down“ oft. Ich halte das für überflüssig. Wenn bei einem Hund die Bremse nicht funktioniert, warum soll dann die Notbremse klappen? Wenn der Hund sich nur halten lässt, wenn er das Wild nicht eräugen kann, habe ich allenfalls ein Gehorsamsproblem, welches wiederum unabhängig von der Wahl des Kommandos zu bewerten ist. Gehorsamsprobleme, und somit der Hund, sind nun wirklich anders in den Griff zu kriegen als mit dem „Down“. Ein Hundeführer, der seinem Hund das „Down“ mit Kopf runter als Autoritätsbeweis abverlangt, hat offensichtlich nicht erkannt, wie er seine natürliche Autorität im Zusammenleben mit dem Hund vernünftig einsetzen kann. Auch bei genauerer Durchsicht verhaltensbiologischer Literatur wird mir nicht klar, warum „Down“ als Strafe für „Nichtapportieren“ irgendeinen pädagogischen Sinn ergeben kann.

Dressurprüfung in verschiedenen Varianten

Das immer noch beliebte „Down-Voran“ oder das „Kriechen“ als pädagogische Maßnahme will mir nicht in den Kopf. Für mich bleibt es unsinnige Gewaltanwendung für vorangegangenen Ungehorsam, zu dem der Hund nur schwerlich (wenn überhaupt) eine richtige Verknüpfung herstellen kann. Erzählungen älterer Herrschaften, die früher vom Lehrer mit einer Art Taktstock die Finger rotgeschlagen bekamen, weil sie ein Gedicht nicht gut genug auswendig gelernt hatten, kommen mir bei solchen Argumenten spontan in den Sinn. Sie haben durch die Schläge nichts besser behalten, sondern es wahrscheinlich aus einer Angstmotivation öfter und intensiver gelesen. Dieses Mehr an Training durch häufigere Wiederholungen obliegt aber dem Hundeführer und sollte sich nicht primär in angstgesteuerter Abrichtung darstellen.

In Bayern wird das klassische „Down“ in einer der Brauchbarkeitsprüfung vorgeschalteten Dressurprüfung in verschiedenen Varianten verlangt. Es soll Vereine geben, die das Bestehen solch einer Dressurprüfung verlangen, bevor der Hund auf seine jagdlichen Brauchbarkeit überprüft wird. Nichts gegen Gehorsam, aber würde es nicht mehr Sinn machen, Gehorsamsaspekte mehr in die jagdlichen Fächer zu integrieren und dort auch verstärkt zu verlangen? Und warum sollte ein Hund jagdlich unbrauchbar sein, der sich schnell und zuverlässig ins normale „Platz“ legt und liegen bleibt, nur weil der Unterkiefer nicht am Boden klebt?

Auf Entfernung Einfluss nehemen

Mir persönlich ist ein zuverlässig eingearbeitetes „Stopp“, bei dem der Hund sitzt oder steht, auch oder gerade für die jagdliche Ausbildung des Hundes, wesentlich angenehmer. Bei Vorstehhunden, die unerwünschterweise mit tiefer Nase das Geläuf ausarbeiten, anstatt mit hoher Nase nachzuziehen, ist es geradezu unsinnig, diese durch das Down auch noch genau mit der Nase auf das Geläuf zu legen. Würde man diese Hunde mit einem Sitzkommando stoppen, bekämen sie wieder Wind und somit auch Wittrung oberhalb des Bewuchses und ließen sich so besser zum Nachziehen animieren.

Ein aufrechtes „Stopp“ macht auch aus Sicherheitsaspekten Sinn. Der Hund mit Signalhalsung wird bei der Treibjagd von den anderen Schützen besser gesehen, wenn er steht oder sitzt. Und warum sollte der Hund nicht sehen, wo geschossenes Wild zum liegen kommt? Dann findet er es schneller, ist schneller wieder bei mir und stört weniger den Jagdbetrieb. Gerade die Fallstelle eines Infanteristen oder den Anschuß eines angeflickten Hasen kann der Hund im Sinne der Waidgerechtigkeit eigentlich nicht schnell genug finden.
Seien wir doch einmal ehrlich. Selbst die noch so gut im klassischen „Down“ ausgebildeten Hunde führen im Jagdbetrieb das „Down“ in den allerseltensten Fällen, wie von vielen gewünscht, mit dem Unterkiefer auf dem Boden, aus. Sie lassen sich unterm Strich einfach nur gut am flüchtenden Wild halten. Der Hund lernt dabei allerdings, dass Kommandos nicht so eingehalten werden müssen, wie sie erlernt wurden. Für die Altvorderen war es schon klar, dass mit zunehmender Entfernung des Hundes die Autorität sinkt. Da keine vernünftigen Mittel zur Verfügung standen, auch auf Entfernung pädagogisch auf ihren Hund Einfluss zu nehmen, wurde mit dem klassischen „Down“ der Hund im unmittelbaren Einflussbereich hundertprozentig gehorsam gemacht, um auf Entfernung vielleicht noch akzeptable 80 Prozent zu erreichen.

Hervorragende pädagogische Mittel

Wichtig ist es, dass das „Sitz“ in Situationen geübt wird, in denen der Hund sich gerade im Beutetrieb befindet. Zunächst müssen meine Hunde das Kommando in allen erdenklichen Situationen beherrschen. Das heißt: Vor dem Futternapf, im Zwinger, bevor die Tür geöffnet wird. Ist sie geöffnet, muss der Hund weiterhin so lange sitzen bleiben, bis er ein neues Kommando von mir bekommt. Befolgt der Hund meine Anweisungen in diesen Situationen, übe ich es an der Reizangel. Hier muss der Befehl aus dem Hetzen heraus befolgt werden. Wenn ich genügend gute Handarbeit geleistet habe, sichere ich das Kommando mit dem Reizgerät ab.

Nicht nur die Einstellung zum vierläufigen Jagdkameraden hat sich in den letzten Jahren geändert, auch verfügen wir heute über hervorragende pädagogische Mittel, wenn wir sie denn richtig anwenden.

Es ist sinnvoll, über ein alternatives „Stopp“-Kommando nachzudenken.

Der Hund liegt flach auf den Boden, den Fang in das Gras gepresst. Ein Augenzwinkern kann schon Ungehorsam bedeuten. In keiner bisherigen Fachliteratur wird das klassische “Down” ausgelassen. Es wird als A und O der Gehorsamsausbildung angesehen

 

ANZEIGE

ANZEIGE
Aboangebot