31. IWA: Eröffnung, Waffen, Munition:
Um zu wissen, welche Waffenmodelle hinter diesen Bezeichnungen stecken, müssen sie nicht auf der „31. Internationalen Fachmesse für Jagd- und Sportwaffen, Outdoor und Zubehör“ gewesen sein. Hier lesen sie schwarz auf weiß, welche IWA-Knüller im Bereich Waffen und Munition die Hersteller parat hatten und welche Forderungen die Verbände aufstellten.
Unglaublich: „Die schöne Hélène“ von Mueller und Blaser |
Von Arndt Bünting
Dass es der „Branche“ nicht gut gehen soll, hört man hinter vorgehaltener Hand immer wieder. Auf der IWA selbst war das auf vielen Ständen zu spüren: Nur einige Hersteller verbreiteten sprühenden Optimismus und sprachen von „vollen Auftragsbüchern“. Die allerdings spiegelten bei manchen Produkten wohl die Nachfrage aus dem Ausland wieder, denn das Inlandsgeschäft im letzten Jahr war insgesamt eher „schwach“, wie der Verband der Hersteller von Jagd-, Sportwaffen und Munition (JSM) bekannte. Er sprach von einem „bedingt zufriedenstellenden Jahr 2003“. Trotzdem stellten die deutschen Hersteller im Wert von 199 Millionen Euro Waffen- und Waffenteile her, was im Vergleich zu 2002 eine Steigerung von acht Prozent bedeutete.
JSM-Präsident Franz Wonisch zeigte sich bei der IWA-Eröffnung enttäuscht, dass die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Waffengesetz, das immerhin schon im Oktober 2002 in Kraft trat, immer noch nicht verfügbar seien. Das schaffe „Unsicherheit“ beim Konsumenten, und der „kauft nicht“, so Wonisch kurz und knapp. In die gleiche Kerbe schlug DJV-Präsident Jochen Borchert, der von „zähen Verhandlungen“ mit den Landesbehörden sprach und an die Verantwortlichen in den Bundesländern appellierte, endlich „praktikable Bestimmungen“ in den Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Hinsichtlich der Beschränkung beim Munitionstransport (siehe WuH 5/2004, Seite 11) forderte Borchert eine höhere Gewichtsgrenze sowie keine weiteren Transport-Restriktionen auch im Luftverkehr.
Firmenfusionen waren ja in der Vergangenheit nichts Neues, und auch diesmal wurde eine für viele sicher interessante Kooperation verkündet: Die Manfred Alberts GmbH aus Wiehl, die unter anderem Swarovski, Fiocchi, Steyr in Deutschland vertritt, ist Mitglied der Beretta-Holding geworden, wie Manfred Alberts und Ugo Gussalli Beretta in einer gemeinsamen Pressekonferenz bekanntgaben. Damit ist der Vertrieb von Beretta-Produkten über ein breites Händler- und Service-Netz in Deutschland wieder gesichert. Ab Mai/Juni soll der Fachhandel wieder mit den ersten Waffen beliefert werden.
Eine Variation des unermesslichen Reichtums menschlicher Fantasie
Prunkvoller Höhepunkt der IWA war wohl die R 93-Repetierbüchse, die mit Szenen aus Jacques Offenbachs Oper „La belle Hélène“ meisterhaft verziert wurde. Die Büchse mit Stahlsystem und Wurzelholz mit Seltenheits-Charakter lieferte Blaser, Mueller Murgenthal übernahm die Silberschmiedearbeiten. „Uns ist jede Fläche zu klein, die Mittel immer zu beschränkt, die Möglichkeiten ohne Ende. Was schlussendlich Form wird, ist nur eine Variation des unermesslichen Reichtums menschlicher Fantasie“, beschreibt Silberschmied Vivian Mueller seine Arbeit. Die Silber- und Stahlteile der Waffe wurden mit aufwändig gearbeiteten Ornamenten versehen. Eigentlich erinnert die Waffe insgesamt mehr an ein Kunstwerk als an eine Waffe. Natürlich fehlen bei der „La belle Hélène“ Goldeinlagen und Brillanten nicht (Wert etwa 380 000 Euro).
Für den Praktiker hatte Blaser einen neuen Kunststoffschaft für eine „Professionell“-Ausführung der R 93 im Messe-Gepäck, der durch gummi-ähnliche „Soft-Kunststoff“-Einlagen am Vorderschaft und Pistolengriff deutlich griffiger wurde.
Die Sensation für den Flintenschützen zeigte Browning: Die Bockflinte „Cynergy“ kommt mit zahlreichen neuen technischen und optischen Leckerbissen auf den Markt und wird in verschiedenen Ausführungen ab etwa 2 400 Euro erhältlich sein. Auffallend ist der sehr niedrige Systemkasten, der durch eine neuartige Verschlusstechnologie namens „Monolock Hinge“ (wörtlich: „Einzelverrieglungs-Scharnier“) ermöglicht wird. Damit hat die „Cynergy“ den niedrigsten Systemkasten aller zur Zeit auf dem Markt befindlichen Bockflinten, so der Hersteller. Komplett neu ist auch die Abzugseinheit, bei der die Schlagbolzenfeder nicht nach vorn, sondern nach hinten schlägt. Über eine Umlenkkonstruktion ist es dabei technisch möglich, die Zündverzugszeit vom im Mittel 3,1 Millisekunden bei herkömmlichen Flinten (Selbstladeflinten je nach Modell etwa 7 Milli-Sekunden), auf 1,9 Millisekunden zu drosseln. Für den Otto-Normal-Schützen gewiss kaum auszunutzen, aber für den Spitzenschützen vielleicht die Entscheidung über Gold oder Silber. Neben weiteren interessanten Details absorbiert die neuartige Schaftkappe der Hightech-Flinte mit integriertem Dämpfer 25 Prozent mehr Rückstoßenergie als herkömmliche Schaftkappen.
Neben der „Cynergy“ wurde die „Fusion Evolve“ gezeigt, die neueste Selbstladeflinte aus dem Hause Browning. Der Halbautomat wurde komplett überarbeitet. Durch die so genannte „Speed Loading“-Technik muss der Schütze nur eine Patrone ins Magazin schieben. Dabei wird automatisch der Verschluss geschlossen und die Patrone dabei in die Kammer geführt, die restlichen (zwei) Schüsse werden dann ganz normal in das Röhrenmagazin geladen (Preis: etwa 1 350 Euro).
Heym speckte seinen Seitenschloss-Doppelbüchsdrilling 37 B ab: Die bewährte Waffe wurde etwa 400 Gramm leichter und wiegt nun je nach Kaliber und Holz bei einer Lauflänge von 58 Zentimetern zwischen 3,3 und 3,4 Kilogramm (13 450 Euro). Genau wie andere Hersteller zeigte auch Heym eine spezielle Montage, für die die hauseigenen Repetierer auf der Hülse vorgefräst werden. Die zweiteilige Schwenkmontage verriegelt vorn über einen Sternzapfen und hinten über einen Drehringverschluss direkt in der Hülsenbrücke. Bei dem Geradezugrepetierer SR 30 wurden die Kaliber .270 und .300 Winchester Short Magnum in die Palette aufgenommen.
Zum 50-jährigen Bestehen von Korth hat die Ratzeburger Waffenschmiede einen Leckerbissen im Angebot: In limitierter Auflage bietet der Kurzwaffenhersteller ein super-exklusives Set in einer Schatulle, bestehend aus einem Revolver im Kaliber .357 Magnum, einer 9 mm-Para-Pistole sowie einem Sammlermesser an. Erstklassige Korth-Qualität sowie wunderschöne Gravuren und das in Gold eingelegte Antlitz von Firmengründer Willi Korth werden das Herz vieler Sammler sicher höher schlagen lassen (Set 21 000 Euro).
Kriegeskorte aus Pyrbaum zeigte die M 52 „Bavaria“ auf Basis der Tikka-Bockbüchse, die in klassischen Kalibern bis zur 9,3×74 R angeboten wird. Das Laufbündel der „Bavaria“ ist mit einem matten Finish versehen (ab 3 011 Euro). Die bekannte Krico 902 wird jetzt auch als „Take Down“-Variante angeboten.
Einen reinrassigen Kugeldrilling für den Afrikajäger hat Krieghoff jetzt im Angebot. Der „Dreiläufer“ bietet zu dem .470 Nitro Express-Laufbündel zusätzlich einen dritten Lauf im Kaliber .30-06 (ab 11 000 Euro). Wer es lieber auf die leichte Schulter nehmen möchte, für den ist der „Optima-Drilling“ in neuer Duralausführung gedacht. Gegenüber der Stahlversion beträgt die Gewichtsersparnis rund 400 Gramm. Sowohl die 12er als auch die 20er-Variante sind in dieser „Leichtbauweise“ erhältlich (ab 4 737 Euro).
Auch Krieghoff bietet nun eine hauseigene Montage an, die nach und nach auf allen Krieghoff-Waffen eingesetzt werden soll. Die Ulmer entschieden sich für eine Spannmontage, für die zuerst die „Ultra 20“-Bockwaffen eingerichtet werden. Weitere Krieghoff-Modelle werden dann nach und nach für diese Montage vorbereitet.
Nach der erfolgreichen Markteinführung der M 03 beschränkte sich Mauser aus Isny in diesem Jahr auf Modellpflege: Neu sind zwei handgravierte Ausführungen der Handspanner-Repetierbüchse in den Ausführungen „Arabesque“ (ab 2 195 Euro) und „De Luxe“ (ab 2 895 Euro). Für den Jagdschützen ist das M 03-Modell „Jagdmatch“ gedacht, das in .222 Remington und .308 Winchester mit extra schwerem Lauf ohne Visierung (19 Millimeter Mündungsdurchmesser) angeboten wird (ab 1 840 Euro).
Die Firmenfusion von Merkel und Heckler & Koch trägt Früchte: Stolz präsentierten die Suhler ihre erste Repetierbüchse, die alles hat, um anderen Repetierern auf dem Markt Paroli bieten zu können: Die KR 1 erinnert äußerlich ein bisschen an eine Mauser 66 und hat es technisch in sich: Solider Drehkopfverschluss, der mit sechs Warzen direkt im Lauf verriegelt, kurzes System mit kleinem Öffnungswinkel, einfache Laufwechselmöglichkeit, wobei Zerlegen oder Umbauen keine Auswirkung auf die Treffpunktlage haben, Flintenabzug oder Rückstecher, ergonomisch auf dem Kolbenhals gelegene Dreistellungssicherung (nur auf den Abzug wirkend). Um das Magazin, das sich durch das kurze System (Gesamtlänge der Waffe ab 98 Zentimeter) über der Abzugseinheit befindet, entnehmen zu können, lässt sich die Abzugseinheit einfach nach unten wegklappen. Dabei ist die Waffe gesichert und wird automatisch entstochen. Die speziell für die KR 1 entwickelte Aufkippmontage sitzt nur auf dem Lauf (ab 1 590 Euro).
Bei ihren Bockbüchsen und Bockbüchsflinten setzt Merkel auf noch mehr Sicherheit und stattet die Modelle der 2000er-Reihe mit einer Handspannung aus. Belässt man den Spannschieber nach dem Schuss in vorderer Stellung, ist die Waffe nach dem Nachladen sofort wieder schussbereit.
Für Freunde der „Kurzwaffen“ bieten die Suhler den K 96-Drilling mit 55 Zentimeter kurzen Läufen. Damit wird er sehr führig und wiegt im Kaliber 20 nur runde 3,1 Kilogramm (ab 3 645 Euro).
Wer sich bei der Großwildjagd in Afrika nicht in Gefahr begeben will, für den ist die „Hatari“-Ausfürung der 202 „Take Down“ von Sauer wie geschaffen: „Hatari“ heißt übersetzt „Gefahr“, und genau der kann man mit der Büchse in den Kalibern .375 H & H und .416 Remington Magnum, trotzen. Ein Prototyp aus dem Sauer Custom-Shop in .458 Lott war ebenfalls auf der IWA zu sehen. Damit der Jäger beim harten Gebrauch das vier Schuss fassende Magazin nicht verlieren kann, wurde es praxisgerecht mit einer Sperre ausgestattet. Der gerade Hinterschaft mit Deutscher Backe hat eine selbstnachziehende Befestigung, so dass er sich – selbst wenn er bei längerem Einsatz in extremer Trockenheit minimal schrumpft – nicht lockert. Voll gehaltener Vorderschaft ohne Tropfspitze, mattschwarze Brünierung, Klappkorn a lá Holland und Holland, Express-Visier sowie Stahl-Pistolengriffkäppchen runden das Bild des Take Down-Großwildrepetierers ab (ab 4 350 Euro).
Als weiteres Modul im Sauer 202-Programm bieten die Eckernförder einen Matchabzug mit Top-Charakteristik an. Gerade für jene, die Stecherabzüge meiden, reine Flintenabzüge aber als zu hart empfinden, ist der Abzug gedacht. Verstellbar ist der Triggerstop, der Vorzug sowie das Abzugsgewicht von 500 bis 900 Gramm. Jede 202 kann damit nachträglich ausgestattet werden.
Da der Trend eindeutig in Richtung „Take Down“-Repetierer geht, wollen auch die Skandinavier nicht zurückstehen: So bietet Schultz & Larsen (www.schultzlarsen. com) seine klassische M 97-Repetierbüchse als „Take Down“ mit simpler Laufwechselmöglichkeit an. Man legt nur einen kleinen Hebel vor dem Magazin um, und schon kann bei geöffneter Kammer der Vorderschaft samt Lauf abgezogen werden (ab etwa 2 000 Euro). Matchabzug, direkte Verriegelung im Lauf sowie die seitliche Schiebesicherung sind einige der Merkmale der soliden, dänischen M 97-Repetierbüchse.
Die zum Browning-Konzern gehörende Schwester-Marke Winchester hatte einige neue Flinten im Angebot und in der bekannten Winchester 70-Repetierbüchsenreihe die „Super Shadow“ in den Short- und Super Short-Kalibern .223, .243, .270 und .300 dabei. Der Kunststoffschaft der Büchse besteht aus einem „Composite“-Material. Das kurze System ist eine Mischung aus „Controlled Round Feed“ und „Push Feed System“ namens „Controlled Round Push Feed System“. Dabei gleitet die Patrone, sobald sie der Zubringer frei gibt, in den unten offenen Kammerboden und wird fest vom federgelagerten Auszieher gegriffen. Auf den langen Auszieher a lá Mauser beziehungsweise „Winchester pré 64“ wurde verzichtet (Preis 599 Euro).
Für Aufsehen gesorgt
Auf dem Munitionsmarkt sorgte Arthur Alphin von A-Square (www.a-squarecompany.com, erhältlich zum Beispiel über Johannsen) mit der neuen .400 „Dual Purpose“ für Aufsehen: Mit den 25,9 Gramm schweren A-Square-Geschossen ist die Patrone, deren Hülsenmaße auf der .375 H & H-Ursprungshülse basieren, optimal für Großwild geeignet. Neben der „schweren“ Ladung bietet Alphin aber auch eine leichte Ladung an, die ein Revolvergeschoss im Kaliber .40 verfeuert. So wird die Patrone bei moderatem Rückstoß auch auf leichtes Wild einsetzbar.
Brenneke erweitert sein Programm an Munition mit dem Torpedo Optimal Geschoss (TOG) um die 7×64(65 R). Das Verbundkern-Projektil wiegt in diesem Kaliber 9,7 Gramm (29,80 bzw. 31,30 Euro, 10 Stück).
Mit einer v0 von 1 189 Meter pro Sekunde bietet die neue .204 Ruger von Hornady die gestreckte Flugbahnkurve der .22-250 bei Verwendung von 20 Prozent weniger Pulver, so der Hersteller. Die Patrone ist mit einem 2,6 Gramm schweren V-Max-Geschoss ausgestattet. Ebenfalls neu ist die .17 Hornady Mach 2, sozusagen der kleine Bruder der Randfeuerpatrone .17 HMR (vo = 640 m/s, 1,1-g-V-Max-Geschoss). Die .17 Mach 2 wird auch über AKAH von Eley angeboten (12 Euro, 50 Stück).
RWS/RUAG bietet eine Spezial-Edition ihrer Büchsenmunition an, bei der die Patrone mit einem Namenszug versehen wird und vergoldete H-Mantel-Geschosse und schwarzruthenierte Hülsen eingesetzt werden. Die exklusive Sonderserie wird unter Verwendung bester Komponenten gefertigt (329 Euro, 30 Schuss).
Für denjenigen, der Wasserwild mit Weicheisenschroten schießen muss, gibt es von Rottweil/RUAG jetzt die „Steel Game“ in 12/70. Die besonders umweltverträgliche Patrone ist in verschiedenen Schrotgrößen für Flinten mit Normalbeschuss sowie für Flinten mit Stahlschrotbeschuss erhältlich (8,20 Euro, 25 Stück).
Superkurz sind die Winchester „Super Short Magnums“ in den Kalibern .223 und .243. Die Patronen basieren auf den „dicken“ gürtellosen Hülsen der Short Magnum-Patronen aus dem gleichen Hause und bieten durch eine moderne Hülsengeometrie entsprechende Vorteile bei der Innenballistik. Laut Hersteller ist die .223 WSSM rund 50 Meter in der Sekunde schneller als die .22-250, die .243 WSSM rund 50 Meter in der Sekunde schneller als die .243 Winchester.
Die Manfred Alberts GmbH übernimmt die Deutschlandvertretung von Beretta. V. links: Manfred Alberts, Ugo Gussali Beretta, Rudi Alberts |