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Wiederbelebung wertvoller Lebensräume: Zurück zur Natur

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Da standen wir nun in dieser Agrarsteppe, die früher mal ein blühendes Jagdrevier war. Es gab nur zwei Möglichkeiten: resignieren oder renaturieren.

 

Die geplanten Maßnahmen waren nur mit schwerem Gerät zu bewältigen

von Dr.Ulrich Ratzke / Hans Vahle

Die Bestandsaufnahme war ernüchternd: Die Sölle – so nennt man mitten in der Feldflur gelegene, natürlich entstandene Wasserlöcher, die mit Schilf, Büschen und Hecken umwachsen sind – waren fast „erblindet“, da sie mit Erosionsfrachten, Lesesteinen und sogar Gerümpel gefüllt waren.

Eine alte einseitige Wegerandbepflanzung war so lückig geworden, dass sie dem Wild keine Deckung mehr bieten konnte und ein Grenzrain nur noch mit wenigen, vor sich hinkümmernden Gehölzen bestockt. Wir waren uns einig: das musste sich ändern.

Als wir dann sogar noch die Chance bekamen, den Randbereich eines Kleingewässers als Feuchtgebiet (Flachgewässer) zu erweitern, war unser Eifer vollends geweckt.

Zunächst mussten wir aber statt Grab- und Pflanz-Überzeugungsarbeit bei Eigentümern und Nutzern leisten. Sie sollten diese letzten noch verbliebenen Flurelemente doch bitte nicht als lästige Hindernisse ansehen, sondern als erhaltenswertes Naturkapital akzeptieren und behandeln. Aber mit vereinten Kräften gelang uns das überraschend schnell und gut.

Jetzt konnten wir konkrete Maßnahmen planen. Und das war auch wichtig; denn wir wollten natürlich auch Zuschüsse für diesen gemeinnützigen Einsatz haben.
Folgende Arbeiten wollten wir anpacken:

  • Drei Sölle renaturieren,
  • ein Feuchtgebiet auf Kosten einer Queckenflur um 0,05 ha vergrößern,
  • ausgebaggerten Erdaushub zu Erdwällen aufschichten, um darauf Wallhecken („Knicks“) anzupflanzen,
  • die Lücken des Wegerandes und des Grenzraines wieder zupflanzen.

Zunächst wurden unsere Vorstellungen mit dem brandenburgischen Landesumweltamt und mit der Unteren Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung abgestimmt, beraten und ergänzt.

Und da Genehmigungen und Zuschüsse für solche Projekte nicht selbstverständlich sind, forderten die Behörden eine Kurzdokumentation mit Darstellung der sachlichen Umfänge und finanziellen Aufwendungen.

Also setzten wir uns zusammen, legten eine Revierkarte im Maßstab 1:1000 auf den Tisch und trugen Lage und Bezeichnungen der Flurstücke, die Größenverhältnisse und die geplanten Maßnahmen ein. Auf dieser Grundlage konnte für die vorgesehenen Maßnahmen bei der Eigentümerin, der Treuhand-Nachfolgerin BVVG, die Duldungserklärung beantragt werden, die – mit Auflagen – dann auch erteilt wurde.

Danach galt es, die Kosten zu kalkulieren. Bagger, Pflanzgut, Arbeitsstunden – alles musste berücksichtigt werden. Die Gesamtkosten pro Quadratmeter renaturierter Fläche erreichten schließlich nach unserem Überschlag 5,08 DM. Der Betrag wurde von staatlicher Seite aus dem Naturschutzfond übernommen.

Uns war klar, dass im Laufe der Arbeiten sicher noch weitere Kosten anfallen würden. Aber der landwirtschaftliche Betrieb, der die umliegenden Flächen bewirtschaftet, sagte auch noch seine Unterstützung zu, und wir Jäger waren natürlich ebenfalls bereit, unser Scherflein beizutragen.

Mit viel PS und großer Schaufel

Im November und Dezember 1998 wurden die erforderlichen Erdarbeiten an den Söllen und am zu erweiternden Feuchtbiotop mit einem Bagger durchgeführt.

Derart „schweres Gerät“ kann man natürlich nur dann einsetzen, wenn der Boden gefroren ist. Aber auch bei optimalen äußeren Bedingungen sollte man sich auf keinen Fall selbst in so eine Maschine setzen; denn all die Knöpfe und Hebel sind nur etwas für Profis.

Unsere Baggerfahrer hatten nicht nur ihre „Ungetüme“ perfekt im Griff, sondern brachten auch noch wertvolle Gestaltungsvorschläge ein. So wurden beim Ausheben der Sölle die Erdwälle sofort in der für den jeweiligen Standort zweckmäßigsten Form aufgeschüttet.

Im Klartext heißt das, dass sie abgezweigt, unterbrochen, doppelt nebeneinander gelegt oder gekreuzt wurden.

Die im Aushub zahlreich enthaltenen Lesesteine wurden gesondert an sonnenexponierten Stellen zu Steinhaufen aufgeschichtet. So stellen sie ein eigenständiges Kleinbiotop dar, das weiteren Tieren und Pflanzen Lebensraum bietet.

Insgesamt bewegten die Bagger etwa 2500 Kubikmeter Erde. So entstanden 330 laufende Meter Erdwall (durchschnittlich drei Meter breit und zwei Meter hoch). Die übrige Erde wurde zur Gestaltung zusätzlicher Strukturen eingesetzt, wie z. B. kleine Hügel bzw. Übergänge zu vorhandenen Landschaftselementen.

Was

Unsere Arbeit trug rasch die ersten Früchte. Denn schon bald nach dem Aushub führten die Sölle wieder Wasser, und die Erdwälle gewannen über den Winter die für die Frühjahrspflanzung erforderliche Lagerungsdichte.

Genau diese Pflanzaktion galt es nun vorzubereiten; denn Ende März 1999 sollte die „Wiederbegrünung“ erfolgen. Ziel war eine vielfältige Bestockung, die eine artenreiche Tierwelt anziehen würde.

Eine wichtige Rolle spielte dabei das Wildobst; denn bekanntlich äsen Hasen, Fasanen und sämtliches Schalenwild mit Vorliebe dessen Früchte und Schösslinge, und die Blüten dienen vielen Insekten als Nahrungsquelle.

Aber neben Äsung musste natürlich auch Deckung her, um Bodenbrütern und dem Niederwild Schutz vor vierläufigen und gefiederten Räubern zu bieten.

Zuerst legten wir fest, wie viele Pflanzen von welcher Art eingebracht werden sollten. Danach führten wir bei den Baumschulen der Umgebung eine Art Ausschreibung durch, um das günstigste Angebot herauszufinden.

Weiter entfernte Anbieter schieden dabei von vornherein aus, da deren „Zöglinge“ nicht an örtliche Klima- und Bodenbedingungen angepasst gewesen wären.

Bei Anlieferung unserer Bäumchen und Sträucher erhielten wir noch wertvolle Tipps und Ratschläge zu Behandlung, Pflanzung und Pflege. Das ist ein wichtiger Punkt, den man bei der Auswahl der Bezugsquelle beachten sollte. Denn Kompetenz und Service sind oft wichtiger als ein paar gesparte Pfennige.

Dann ging’s an die Arbeit: Auf den Erdwällen wurden abwechselnd Sträucher und Bäume zwei- bis dreireihig im Abstand von etwa 1,5 Metern mit dem Spaten eingesetzt.

Die Wildobstarten und die weiteren einheimischen und standortangepassten Gehölze wurden in Lücken, an die Nordseite der Sölle sowie flankierend am Kleingewässer unter Beachtung spezifischer Standortansprüche gepflanzt (z. B. die Wildbirnen auf trockene Hänge mit sandigeren Böden).

Die Pflanzlochvorbereitung besorgte ein großer Schneckenbohrer, der von einem Traktor angetrieben wurde. Der lockerte die verdichteten, rohen Lehmböden spielend bis auf 70 Zentimeter durch und war eine wirklich große Hilfe.

Als Fege- und Verbissschutz fertigten wir Stachelbäume aus verschweißten Drähten, die wir jedem Stämmchen schützend zur Seite stellten. Zusätzlich wurden Brombeersträucher, die wir selbst aus Stecklingen herangezogen hatten, an geeigneten und frostgeschützten Stellen eingebracht. Arten wie Schlehe oder Wildrose haben wir von anderen Stellen im Revier geholt und so als kosten-
lose Ergänzungspflanzung eingebracht.

Im Lauf des Jahres entwickelte sich auf den Erdwällen stellenweise eine dichte Unkrautflora, die wir mühsam auslichten mussten. Diese Arbeit wird auch in den nächsten Jahren noch einige Male anstehen, bis die gewünschten Arten – egal ob gepflanzt oder aus Naturverjüngung – dominieren.

Schönere Flur

Das hier vorgestellte Beispiel einer Renaturierung zeigt, dass sich intakte, artenreiche Natur nur mit der Landwirtschaft – dem größten Flächeneigner und -nutzer – erhalten, pflegen und wiederherstellen lässt.

Nach einem Zeitraum von einem bis fünf Jahren ist damit zu rechnen, dass der renaturierte Bereich als Einstands-, Rückzugs-, Nahrungs- und Ruheraum zur Stabilisierung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes wirksam werden wird.

Ein deutlich verstärktes Interesse der Fauna an den neu gestalteten Strukturen zeichnet sich schon jetzt ab. So können wir davon ausgehen, dass sich an den bewachsenen Erdwällen rund um die Gewässer Marder, Fuchs und anderes Raubwild leichter kontrollieren und bejagen lassen wird.

Das Verständnis und die Bereitschaft, Umweltsünden der Vergangenheit zu korrigieren, ist bei den Jägern, Landwirten, Ämtern und der Bevölkerung unterschwellig vorhanden. Es muss nur geweckt werden.

Wir Jäger können hier die entscheidende Triebfeder sein, die im Interesse aller die Initiative ergreift. So bekommen wir bessere Reviere, einen gesteigerten Erholungswert der Landschaft und ein besseres Image in der Bevölkerung.

 


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