Kurzrepetierbüchsen oder Bullpups spalten die (Jagd-)Nation: Traditionsbewusste Jäger stöhnen auf, Technikfreaks dagegen geraten in Verzückung. Zu den „Kurzen“ gehört auch der Griffrepetierer von Sommer & Ockenfuß.
Blitzschnelles Repetieren ohne umzugreifen – hier zeigt sich der Griffrepetierer gegenüber herkömmlichen Repetierbüchsensystemen im Vorteil. Zieht man den Griff zurück, öffnet sich die Magazinklappe und die Patrone wird ausgeworfen, der Abzug bleibt dabei stehen. |
Welcher Jäger träumt nicht von der idealen Repetierbüchse. Kurz und führig sollte sie sein, zuverlässig, die Magazinkapazität muss stimmen und natürlich die Schussleistung. „Shorty“ heißt das Zauberwort, das den Traum Wirklichkeit werden lassen könnte: Ein Bullpup-Repetierer, der nicht auf gängige Verschlusssysteme zurückgreift.
Die Basis besteht aus einem hochfesten Aluminiumrahmen, der als Trägerelement für Lauf, Verschluss und Bedienungsteile dient. Kernstück dieser Konstruktion ist der nur vier Zentimeter lange Verschlussblock, der mit drei Kämmen und einer Fläche von 170 mm2 auch die dicksten Kaliber „verdaut“.
Alle Waffenfunktionen werden beim „Shorty“ über den Griff gesteuert. Im entspannten Zustand wird der Verschluss durch Zurückziehen des Pistolengriffs geöffnet. Das Griffstück gleitet dabei in zwei Führungsschienen 14 Zentimeter zurück, der Abzug bleibt an seinem ursprünglichen Platz stehen.
Wird der Griff wieder nach vorne geschoben, transportiert der Verschlussblock eine Patrone aus dem Magazin und verriegelt. Eine Schussabgabe erfolgt nur, wenn die auf das Abzugssystem wirkende Handballensicherung gedrückt wird. Nach dem Schuss hebt man den Handballen ein kleines Stück von der Griffsicherung ab, streckt den Zeigefinger, damit er am Abzug vorbeigleitet, und schon kann erneut durchgeladen werden. In der Praxis lässt sich so extrem schnell schießen, verbunden mit ruhigem Anschlag. Zum Nachladen muss man kaum aus dem Ziel gehen.
Die Sicherung
Die Taste der Handballensicherung dient gleichzeitig als Arretiersicherung. Um sie zu aktivieren, zieht man die Taste zurück, schiebt sie hoch und zieht den Griff (etwa 1,5 cm) ebenfalls zurück. Dadurch wird der Abzug blockiert, und der Verschluss so abgesenkt, dass der Schlagbolzen das Zündhütchen nicht erreichen kann. Selbst bei einem Fall aus großer Höhe kann sich kein Schuss lösen. Leider kann man die Büchse aber nur entspannen, indem man sie abschlägt.
Die Patronenzufuhr erfolgt über ein fünfschüssiges Reihenmagazin. Um den Ladevorgang zu erleichtern, ist auf der Unterseite des Magazins ein Kunststoffgriffstück angebracht. Viel Kraft gehört dazu, die letzte Patrone ins Magazin zu drücken, da die Magazinfeder stark zusammengepresst werden muss. Diese hohe Spannung erschwert auch den Repetiervorgang. Der Verschluss kann aufmunitioniert nur mit Mühe die oberste Patrone nach unten drücken. Lädt man dagegen nur vier Schuss, kann leicht und komfortabel durchgeladen werden.
Im Testwaffen-Kaliber .308 Winchester standen sieben Werkslaborierungen (Norma Vulkan und Oryx; RWS DK und Match-S-Geschoss; Federal Nosler Partiton, Trophy Bonded und Hi-Shock) zur Verfügung. Die Präzision der Büchse mit dem 62 cm langen, freischwingenden Lauf von Lothar Walther war beeindruckend. Keine der Fünf-Schuss-Gruppen kam über 35 mm Streukreis hinaus (Entfernung 100 m, sitzend aufgelegt). Spitzenreiter war das RWS Match-S-Geschoß, dicht gefolgt von der DK-Patrone der gleichen Firma. Die Streukreise lagen hier bei 25 Millimeter.
Die Schussbilder
Probleme gab es mit der Federal Premium Laborierung mit Trophy Bonded-Geschoß. Der Ladevorgang war extrem schwergängig, und nach dem fünften Schuss streikte die Büchse. Der Verschluß saß fest und ließ sich nicht mehr öffnen. Nur mit Hilfe eines Schraubenziehers konnte die abgeschossene Hülse herausrepetiert werden. Da es nun auch bei bisher problemlos verarbeiteten Munitionssorten Zuführungsprobleme gab, wurde die Waffe an die Firma zurückgeschickt.
Auf Nachfrage bestätigte Ulrich Ockenfuß, dass ein defektes Magazin Grund für die Störung war. Bedingt durch eine geweitete Magazinlippe wurde das relativ weiche Hülsenmaterial der Trophy Bonded bereits beim Zuführen beschädigt. Durch den gestauchten Hülsenmund klemmte die Patrone in dem aus Präzisionsgründen mit engsten Toleranzen gefertigten Patronenlager. Durch die – zugegebenermaßen – sehr ruppigen Ladeversuche wurde die Magazinlippe noch mehr geweitet, so dass sich auch andere Patronen nicht mehr laden ließen. Ausgerüstet mit zwei neuen Magazinen wurde dem „Shorty“ nach diesem Ausfall nochmals richtig auf den Zahn gefühlt. Mehr als 100 Schuss wurden damit abgegeben. Die Waffe verdaute nun alle Patronen problemlos und lieferte auch mit wirklich heißem Lauf noch exzellente Schussergebnisse.
Wesentlichen Anteil an dieser Leistung hat sicher der gute Abzug des Griffrepetierers. Das Züngel löst den Schuss bei einem praxisgerechten Druck von 1100 g (11 Newton). Aus Sicherheitsgründen ist der Abzug mit 1,5 mm Vorweg eingestellt. Bei den aktuell ausgelieferten Büchsen ist das Abzugsgewicht allerdings werksseitig auf 650 Gramm fest eingestellt. Die Waffe wird auch mit einem separat platzierten Sicherheitsstecher angeboten.
Bei einer Gesamtlänge von gerade mal 81,5 Zentimetern (mit Mündungsfeuerdämpfer 85 cm) ist die Waffe sehr handlich. Enge Kanzeln, dichtes Gestrüpp und schwieriges Gelände werden problemlos bewältigt. Nachteilig ist dabei allerdings das hohe Gewicht von 3,8 Kilogramm. Ausgerüstet mit Fünf-Schuss-Magazin, Montage und Zielfernrohr (Klemm-Montage, Zeiss VZF 2,5-10×50 T*) bringt die Büchse satte 4950 Gramm auf die Waage.
Da die Riemenbefestigung linksseitig positioniert ist und der Schaft mit seiner linken Seite auf dem Rücken liegt, trägt sich die Waffe sehr angenehm. Die Büchse kann, wie im militärischen Bereich schon seit längerer Zeit üblich, auch vor der Brust transportiert werden. Führt man dabei den Riemen unter der Schulter durch, ist die Büchse stabil positioniert und man hat beide Hände frei.
In der Jagdausführung ist der „Shorty“ mit einem ansprechenden Nußbaum-Ölschaft ausgerüstet. Durch die Einlage von Distanzstücken kann die Länge den individuellen Bedürfnissen (Körpergröße, Sommer/Winter) angepasst werden. Die konstruktionsbedingt sehr dicke Kolbenoberseite und der hintere Riemenbügel sind beim schnellen Anschlag etwas hinderlich.
Leider ist im vorderen Bereich des Magazinschachts das längsgemaserte Holz sehr schwach dimensioniert. Beim Einführen des Magazins splitterten mehrfach kleine Holzpartikel ab. Ein harter Schlag auf eine Hochsitzsprosse und die Nase bricht ab. Da eine Bullpup-Büchse naturgemäß keine Senkung aufweist, wird die Augenhöhe über die Zielfernrohrmontage gesteuert. Hier sollte man sich beim Kauf unbedingt Zeit lassen und genau Maß nehmen.
Die Montage
Das Zielfernrohr der Testwaffe wurde mit einer Klemm-Montage auf der Prismenschiene des Alurahmens montiert. Der Augenabstand kann über drei quer verlaufende Fräsrillen im vorderen Schienenbereich verstellt werden. Das Abnehmen des ZF ist allerdings sehr zeitaufwendig. Eine Schwenkmontage ist alternativ erhältlich.
Für den Griffrepetierer werden auch Wechselläufe angeboten. Da die Zielfernrohrmontage auf dem Aluminiumgehäuse und nicht direkt auf dem Lauf befestigt wird, müssen die Läufe aber nach jedem Austausch kontrollgeschossen werden.
Der schnelle und ruhige Repetiervorgang macht den „Shorty“ zum idealen Drückjagdbegleiter. Allerdings erfordert der flinke Anschlag mit der Büchse Übung, da die Gewichtsverteilung doch erheblich von normalen Büchsen abweicht – an die „Hecklastigkeit“ muß man sich eben erst gewöhnen.
Leider sind der Ladevorgang und die Arretiersicherung sehr laut. Durch unangenehmes Klappern macht sich auch der Pistolengriff bemerkbar. Dieser, von der Mössinger Firma Nill hergestellte Griff ist allerdings ergonomisch sehr gut geformt und erlaubt in Verbindung mit einer griffigen Punzierung eine optimale Handhabung.
Der mit einer Spezialbeschichtung versehene und zusätzlich brünierte Lauf zeigte auch nach einem total verregneten Jagdwochenende keine Korrosionsspuren. Ebenso die sauber gearbeiteten Metallteile. Schmutz konnte der Waffe auch nichts anhaben: Das sich nur beim Repetiervorgang öffnende Auswurffenster trägt sicher wesentlich zum Schutz des Waffensystems bei.
Maximale Lauflänge und Präzision bei geringsten Abmessungen und schnelles Repetieren sind die herausragenden Eigenschaften des Griffrepetierers, das hohe Gewicht dagegen ein Wermutstropfen. Wer sich für eine solche Büchse als Jagdbegleiter entscheidet, sollte sich aber mit Handling und Funktionsweise der Waffe eingehend beschäftigen und vor dem ersten Pirschgang üben.
Die Gestaltung des Holzschaftes im Magazinbereich sollte überarbeitet werden. Kinderkrankheiten, wie Magazinfeder und -halterung oder der klappernde Pistolengriff, sind beim Hersteller bekannt und sollen in Kürze behoben werden. Bereits ausgelieferte Shorty’s werden nach Firmenaussagen kostenlos nachgerüstet.
Die laute Arretiersicherung und das geräuschvolle Durchladen muss man wohl oder übel in Kauf nehmen. Mit Nußbaum-Schaftholz und den geprägten Tierstücken bemüht sich S & O um Anlehnung an Gewohntes und erleichtert damit vielleicht so manchem Jäger den Griff in die waffentechnische Zukunft.
Zum Reinigen kann man den „Shorty“ einfach und in kurzer Zeit zerlegen. Auf dem Griffrücken erkennt man die Sicherungstaste, mit der der Verschluß arretiert werden kann. |