Durch Dick und Dünn…

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Titan 6 von RWS/Rössler:
…begleitete die neue Repetierbüchse Titan 6 Berufsjäger Sascha Schmitt. Bei Pirsch, Ansitz und Drückjagd sollte sie zeigen, was sie kann.

 

Von Revierjäger Sascha Schmitt

Professionell, zuverlässig und treffsicher: Mit diesen Worten wirbt RWS für seine neue Repetierbüchse Titan 6, die von Rößler in Kufstein gefertigt wird. Wer die Waffe das erste Mal in der Hand hält, merkt bald, was mit diesen Worten gemeint ist: Der mit Monte-Carlo Backe und geradem Rücken versehene Schaft aus Nussbaumholz ist zweckmäßig, doch hohe Anforderungen in punkto Aussehen darf man hier nicht stellen. Wenn überhaupt, so kann beim Aussehen der Waffe eher von einer „herben Schönheit“ gesprochen werden: Mit einfachem, matt lackiertem Holz und einer maschinell geschnittenen Fischhaut, bleiben die Vorzüge des Schaftes auf den ersten Blick verborgen. In der Revierpraxis hat er jedoch nicht zu unterschätzende Vorteile: Weder Schwarzdorn noch das Anstoßen an Kanzelecken konnten dem Holz etwas anhaben. Auch ein Wolkenbruch hinterließ keinerlei Andenken an die ins Wasser gefallene Pirsch. Nicht so bei dem Rest der Waffe: Bereits nach dem ersten Ansitz bei feuchter Witterung überzog am folgenden Tag ein leichter Hauch von „Jägergold“ Lauf, Hülse und Verschluss-Zylinder. Doch mit einem Lappen und Waffenöl konnte man dieses kleine Problem schnell wieder beheben.

Gutes manövrieren und angenehm zu tragen

Die auf dem Kolbenhals liegende Drei-Stellungssicherung, die auf Abzug und Abzugsstollen wirkt sowie die Kammer gegen ungewolltes Öffnen sperrt, versah ihren Dienst vorbildlich, tat dies aber nicht ganz geräuschfrei und anfangs etwas schwerfällig. Gerade beim Umschalten von der ersten zur zweiten Stellung klickte es vernehmlich. Beim Ansitz auf den Winterfuchs, der nah am Hochsitz vorbeischnürt, schon zu laut. Das eigentliche Entsichern – also von der mittleren Stellung in die Endposition – geht dann mit etwas Gefühl nahezu geräuschlos.

Die Oberfläche des Sicherungsschiebers selbst ist durch eine Riffelung zwar recht griffig, aber ein Widerlager für den Daumen des Bedieners wäre hier mit Sicherheit eine Erleichterung – vor allem im Winter mit klammen Fingern oder Handschuhen.

Einer der Vorteile der Waffe ist ihre Führigkeit. Mit einer Länge von 108 Zentimetern und einem Gewicht von 2,9 Kilogramm (ohne Zielfernrohr) läßt sie sich auf engen Kanzeln noch recht gut manövrieren und bei der Pirsch angenehm tragen. Bedingt durch das relativ geringe Gewicht und dem „trittfreudigen“ Testkaliber 7×64 fiel jedoch der Rückstoß recht stark aus – natürlich rein subjektiv gesehen. Wer in dieser Hinsicht empfindlich ist, sollte lieber die .308 als Kaliber wählen.

Als Allround-Glas versah ein Schmidt & Bender 3-12×50 Zenith den Dienst auf der Waffe, montiert mit einer EAW-Schwenkmontage – eine passende Kombination.

Hervorragende Schießeingenschaften

Durch den 56 Zentimeter langen Lauf der Büchse fiel das Mündungsfeuer bei Nacht und im Frühdunst sehr deutlich aus, was aber natürlich auf alle Büchsen mit kürzeren Läufen in bestimmten Kalibern zutrifft. Neben der 7×64 ist die Titan 6 auch in den Kalibern .243 Win, .308, .30-06, 9,3×62 und .300 Win. Mag. (61-cm-Lauf) erhältlich. Wechselläufe können eingelegt werden.

Der trocken stehende Flintenabzug ist bereits vom Hersteller auf etwa 12 Newton (1200 Gramm) Abzugsgewicht eingestellt und läßt selbst bei „stechergewohnten“ Schützen keine Wünsche offen. Trotzdem ist die Waffe auch wahlweise mit Rückstecher zu erhalten, dann wird sie aber nur mit einer Zwei-Stellungssicherung ausgeliefert.

Zur Präzision der Waffe kann man nur eines sagen: Die Testbüchse schoss wie Gift (siehe Tabelle). Dazu trug sicher die Kunstharzbettung bei. Über die verstellbare offene Visierung, die aus V-Kimme und Balkenkorn besteht, läßt sich zudem hervorragend flüchtig schießen.

Arbeitstier statt Schönheitskönigin

Der Zylinder-Verschluss ist mit sechs Warzen ausgestattet, die direkt im Lauf verriegeln und durch ihre große Anlagefläche somit für maximale Sicherheit sorgen. Durch die saubere Verarbeitung der Schlossteile und den geringen Kammer-Öffnungswinkel von 60 Grad ist leichtes und vor allem schnelles Repetieren kein Problem. Dadurch ist die Titan nicht nur für Ansitz und Pirsch, sondern auch für die Drückjagd eine gute Wahl. Neben dem serienmäßig mitgelieferten Drei-Schuss-Einsteckmagazin gibt es im Handel ein Magazin für fünf Patronen, das speziell für den Drückjagd-Einsatz gedacht ist. Zu erwähnen ist noch, dass der Magazinschacht und der Abzugsbügel aus schlagfestem Kunststoff gefertigt sind. Die Magazinverriegelung über zwei Kunststoff-Tasten machte allerdings keinen robusten Eindruck: Die beiden Tasten zum Auslösen des Magazins sind sehr groß und nicht versenkt. Zwar müssen sie beide gedrückt werden, wenn man das Magazin entnehmen will, stößt man aber mit einer Taste irgendwo an, entriegelt die eine Seite – der erste Schritt, um das Magazin zu verlieren.

Die Titan 6 ist sicherlich nicht die Schönheitskönigin unter den Repetierbüchsen, sondern eher das Arbeitstier. Wer also eine Waffe ohne viel Schnörkel aber mit hervorragender Schussleistung sucht, ist mit ihr gut bedient. Die Ausführung mit Direktabzug kostet 777 Euro, bei der Rückstecherversion liegt der Preis bei 926 Euro. In diesem Preissegment ist die Titan 6 unschlagbar. Wer bei der Auswahl seiner Büchsen also statt auf Wurzel-Schaftholz mehr auf hervorragende Präzision Wert legt, für den bietet die Büchse viel Waffe für wenig Geld.

Griffgünstig: die Dreistellungssicherung auf dem Kolbenhals. Die Kammer mit dem 60-Grad-Öffnungswinkel erlaubt zügiges Repetieren

 

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