Waffen und Munition auf der 30. IWA:
Dreißig Jahre ist sie jung, sehnsüchtig wird sie von Jägern, Schützen und „Outdoorfreunden“ erwartet, und auch diejenigen, die sie schon länger kennen, freuen sich jedes Jahr auf ein Wiedersehen: Die „Internationale Fachmesse für Jagd- und Sportwaffen, Outdoor und Zubehör“ (IWA) in Nürnberg ist immer für Überraschungen gut und der Weiser über das Wohl und Weh der Waffen- und Ausrüstungsbranche.
Herausforderung: Chapuis „Challenger“- Repetierbüchse |
Schon längst ist die IWA nicht mehr nur eine Fachmesse, bei der sich alles nur um Jagd- und Sportwaffen dreht: In den letzten Jahren nahm das Angebot an Kleidung, Sicherheitsbedarf und Outdoor-Ausrüstung im weitesten Sinne einen breiteren Raum ein, was sich dem Anschein nach auch bei dieser Jubiläumsmesse fortsetzte. Nicht zuletzt wird das durch den geänderten Namen „IWA & OutdoorClassics“ unterstrichen.
Viele der rund tausend Aussteller zeigten sich trotz der schwachen Konjunktur mit der Auftragslage sehr zufrieden, und man konnte sich beim Messebummel des Eindrucks nicht erwehren, dass das allgemeine Konjunkturtief diese Branche nur am Rande erreicht hat und mittlerweile vorbeizieht. Neue Produkte, gut besuchte Messestände, volle Auftragsbücher und zufriedene Gesichter fanden sich bei vielen Ausstellern. Zwar werden die Durchführungsverordnungen zum neuen deutschen Waffengesetz immer noch heiß diskutiert, und noch längst ist nicht alles „unter Dach und Fach“, aber die Rechtssicherheit nach Verabschiedung des Waffengesetzes selbst scheint den Jagd- und Waffen-Markt doch wieder etwas beflügelt zu haben. Deutlich zu sehen war das an den Ständen der Tresor-Hersteller, die immer gut besucht waren – schließlich müssen die Aufbewahrungsvorschriften nach dem neuen Waffengesetz bis zum 1. August umgesetzt werden, und der eine oder andere Waffenbesitzer wird bis dahin noch „A“, „B“ oder „0“ sagen müssen.
Was den Status der Messe als Fachmesse angeht, gibt es Bestrebungen, sie auch für Nicht-Fachpublikum zu öffnen: Blaser-Chef Michael Lüke machte diesen Vorschlag und begründete das mit Kundennähe sowie positiven Rückkopplungen in der Jagd- und Waffenbranche. WILD UND HUND würde gern erfahren, was Sie davon halten. Schreiben Sie uns einfach.
Grund zur Freude hatte Blaser: Schließlich präsentierte das Allgäuer-Unternehmen die 100 000ste R 93-Repetierbüchse, deren Abbildung den Titel dieser WILD UND HUND schmückt. Die Traum-Büchse im Kaliber .300 Win. Mag. (Wechsellauf .375 H & H), deren Wert in Euro übrigens ihrer Seriennummer entsprechen dürfte, ziert eine wunderschöne Gravur von Jürgen Göser mit Wildmotiven aus Nordamerika und Afrika. Dazu wählte der Künstler eine Mischung aus erhabenen Tierstück- und feinsten Federstich-Gravuren (Bulino), wie sie in ihrer Kombination nur ganz selten zu sehen ist. Zudem ist die Waffe mit genau 11,64 Meter Gold-Einlagen versehen, was vielleicht auch die begehrlichen Blicke einiger Besucher in die Schauvitrine erklärte. „Etwa neun Monate habe ich für die Waffe gebraucht“, sagt der Künstler nicht ohne Stolz in der Stimme.
Nach dem Motto „Good things come in pairs“ („Gute Dinge kommen doppelt“) – wie Blaser-Geschäftsführer Bernhard Knöbel zu sagen pflegt – hatte die Firma aus Isny die Safari-Version der S 2-Doppelbüchse im Gepäck. Diese zeichnet sich wie ihre kleine Schwester durch freischwingende Läufe aus, was einen Folgeschuss ohne Treffpunktlage-Veränderung aus dem zweiten Lauf völlig unabhängig vom Zeittakt erlaubt – ein Novum bei Doppelbüchsen in den schweren Afrika-Kalibern. Ansonsten weist die S 2-Safari die gleichen Eigenschaften wie die S 2 auf, wozu die Handspannung genau so gehört wie der starke Kippblockverschluss. Der Schaft ist praxisgerecht mit geradem Schaftrücken und Kickstopp ausgestattet, bei den Kalibern kann man von der .375 H & H bis zur .500 N. E. wählen (Preis: ab 4 850 Euro).
Auch ein Jubiläum feiert Browning in diesem Jahr. Schließlich hatte John Moses Browning vor 125 Jahren sein erstes Gewehr produziert. Später wurde er mit der legendären Selbstladeflinte „Auto 5“ berühmt. Gleich drei Neuheiten hatten die Belgier im Messegepäck: zwei Versionen eines Halbautomaten, von der die „BAR ShortTrac“ für die kurzen Magnumkaliber .270, 7 mm und .300 Winchester Short Magnum (WSM) eingerichtet ist, während die „BAR LongTrac“ ein 10 Millimeter längeres System für die .30-06 und die .300 Win. Mag. hat. Beide basieren auf der bewährten Konstruktion des „alten“ BAR-Selbstladers, sind aber technisch (zum Beispiel besser stehender Abzug) und optisch weiterentwickelt worden (Preis: etwa 1 150 Euro). Die BAR-Selbstladebüchse ist natürlich weiterhin erhältlich – jetzt auch als Modell „Evolve“ mit 51-cm-Lauf in 9,3×62.
Für diejenigen, die mit Selbstladern nichts anfangen können, gibt es eine neue Bockbüchse namens CCS 525 in 8×57 IRS und 9,3×74 R, bei der ein Zusammenschießen der Läufe durch einen Zwischenring am Laufende unter dem Kornsattel erreicht werden soll. Je nach Dicke des Ringes kann damit die Treffpunktlage der im letzten Drittel freischwingenden Läufe geändert werden (etwa 3 000 Euro). Zu guter Letzt zeigte das Herstaler Unternehmen die fünfte Version der bekannten B 25-Bockflinte, die B 525 Classic (Kaliber 20 und 12), mit verbessertem Abzug, geändertem Laufprofil, Ölschaft und neuen Gravuren. Alle B 525-Modelle mit Invector-Chokes sind für Stahlschrote geeignet (etwa 1500 Euro).
Eine kleine Messe-Sensation präsentierte der französische Hersteller Chapuis, der wohl die bekannten Repetierbüchsen-Hersteller der Welt herausfordern will: Challenger („Herausforderer“) heißt so auch die pfiffige Neukonstruktion, die in Deutschland über das Ingenieurbüro Otto Repa (Tel. 0 74 23/8 38 24, www.ottorepa.de) vertrieben wird. Das System erinnert mit einer Art Teleskopverschluss an die alte Mauser 66. Interessant: Ein Laufwechsel ist ohne Werkzeug ebenso möglich wie das Austauschen der Abzugsgruppe. Weiterhin verriegelt die Challenger direkt im Lauf, hat einen 60-Grad-Öffnungswinkel für schnelles Repetieren, eine Schlagbolzensicherung sowie eine mattschwarze Oberflächenbeschichtung, die gegen Korrosion und Kratzer schützt. Das Einsteckmagazin kann gegen ein Schloss ausgetauscht werden, so dass die Waffe vor dem Gebrauch durch Unbefugte geschützt ist. Abgerundet wird die Neuheit durch eine formschöne Montage, die über einen drehbaren Vorderfuß verriegelt (etwa 1790 Euro).
Da die Politik der Bundesregierung die deutschen Jäger offenbar noch mehr ins Ausland drängt, ist der Markt für reisepraktische Take Down-Repetierer heiß umkämpft. Neben der schon in WuH 5 vorgestellten Sauer 202 „Take Down“ bietet Heym sowohl den seit Jahren bewährten Großwild-Repetierer „Express“, dessen neuen, kleineren Bruder „Express light“ (Kaliber .300 Win. Mag. bis .416 Rem. Mag.), als auch die SR 21 in Take Down-Ausführung an. Bei allen dreien lassen sich die Läufe in Sekundenschnelle ohne Werkzeug herausnehmen (Express Take Down: ab 11 030 Euro, Express light: 3 960 Euro, als Take Down ab 9 260 Euro, SR 21 Take Down: ab 4 740). Dazu bietet Heym eine neue Luxus-Ausführung der Repetierer SR 21 und SR 30 mit Federstich oder erhabener Gravur, hochwertigem Holz, nitrierten Kleinteilen und vergoldeten Abzügen an (Mehrpreis: 11 970 Euro, zuzüglich Grundpreis).
Eine schwere Doppelbüchse für schweres Wild ist die neue Heym „Jumbo“, die mit Seitenschlossen und Ejektoren vom Kaliber .470 N. E. bis 600 N. E. in Afrika ihre Dienste leisten wird (ab 39 200 Euro).
Sie können alles außer Hochdeutsch: Was in der Fernseh-Werbung auf das Schwabenland generell abgestimmt ist, trifft im Jagdwaffenbau sicher auf Krieghoff zu. Da das Kaliber 12 durch die Stahlschrot-Problematik auch in Kombinierten wieder interessanter wird, präsentierten die Ulmer den Optima-Drilling im Kaliber 12 mit Stahlsystemkasten, der für die Verwendung von Stahlschroten eingerichtet ist (ab 4 511 Euro). Außerdem ist ein Afrika-Drilling in .500/.416 (ab 9 177 Euro) erhältlich. Eine Wiedergeburt erlebt der legendäre „1-2-Abzug“, bei dem der vordere Abzug wahlweise als Einabzug verwendet werden kann. Die neue Kooperation mit Keller+Simmann (www.einstecklauf.de) trägt gleich Früchte in Form des neuen Einstecklaufes im Kaliber 9,3×74 R für 20er-Schrotläufe.
Nachdem Mauser mit der Wiederauflage des Mauser Modells 98 „Magnum“ für Furore sorgte, wird das legendäre Gewehr in bester Qualität jetzt auch in Standard- und Medium-Kalibern von der .22-250 bis zur 9,3×64 mit der begehrten Double Square Bridge (ab etwa 6 750 Euro) angeboten.
Vielleicht kennen Sie den Bockrepetierer von Pfeiffer-Waffen? Durch einen einschüssigen .22 Hornetlauf (mit Abzug – oder besser Auslöser – an der linken Seite des Vorderschaftes) unter dem normalen Lauf wird die Repetierbüchse noch universeller einsetzbar. Auf der IWA zeigte Pfeiffer (Tel. 00 43 (0) 55 22/7 41 74) diese Variante für die R 93.
Remington präsentierte eine Büchse, die sicher für Saujäger interessant sein könnte: Die „Guide Rifle“ basiert auf dem kurzen System des „Model Seven“-Repetierers, ist aber in der .300 SA Ultra Magnum und der .350 Rem. Mag. erhältlich. Ein laminierter Schaft sowie die Schiene, die über den ganzen Lauf geht, machen die kurze Büchse (56-cm-Lauf) unverwechselbar.
Noch ein Jubiläum: Erich Schoder aus Österreich (Tel. 00 43 (0) 74 77/4 26 19) lernte in den 60er Jahren als letzter Büchsenmacherlehrling bei Mannlicher, den legendären Mannlicher-Schönauer 1903 herzustellen. Bei entsprechender Nachfrage will er nun 100 Jahre nach der Erstproduktion eine Kleinserie der unvergessenen Büchse produzieren. Derzeit ist eine Jubiläums-Ausführung namens „RB 2003“ erhältlich, die dem Original detailgetreu entspricht.
Der finnische Hersteller Tikka, der mittlerweile genau wie Sako und Burris zum Beretta-Konzern gehört, hatte die neue T 3-Repetierbüchse im Messegepäck, die in verschiedenen Ausführungen in Deutschland über Kettner vertrieben wird.
Traditionelle Jagdwaffenfertigung wird in Suhl immer noch groß geschrieben, und so fertigt die gleichnamige Firma mit dem Kürzel TJF (Tel. 0 36 81/80 01 90, www.TJF-Jagdwaffen.de) neben klassichen Kipplaufwaffen auch so ausgefallene Sachen wie einen Büchsflinten-Waldläufer (Büchsflinte mit kleinkalibrigem Kugellauf in der Laufschiene).
Auf dem Patronenmarkt tat sich natürlich auch einiges. Allen voran stellte Brenneke sein neues TOG – Torpedo Optimal Geschoss – vor. Dabei handelt es sich um ein Deformationsgeschoss, bei dem der Mantel mit dem Bleikern durch ein spezielles Verfahren „verschweißt“ ist, wodurch das Geschossrestgewicht bei über 90 Prozent liegt. Weitere TOG-Kennzeichen: Hohlspitze, Torpedoheck, Scharfrand, starker Mantel. Patronen sind zunächst in den Kalibern .30-06, .300 Win. Mag. und 8×57 IRS erhältlich. Für Wiederlader stehen zudem schon 9,3-Geschosse (16,0 g) zur Verfügung.
Auf den Zug der Verbundgeschosse springt auch Hornady auf und stellte das Inter-Bond vor, bei dem der Mantel ebenfalls mit dem Kern verbunden ist. Die Hohlspitze dabei ist durch einen aerodynamischen Kunststoff-Einsatz verdeckt. Erhältlich sind Geschosse und Patronen in verschiedenen Kalibern von .270 bis .30.
Bei Nosler nennt man die Verbundkern-Variante „AccuBond“, die von Norma in den kurzen Magnum-Kalibern .270 und .300 WSM für Blaser verladen wird. Für die .270 WSM entschied man sich für das 9 g-Geschoss (v100 = 938 m/s), in der .300er ist erstmals ein 13 g-Geschoss (v100 = 827 m/s) als Fabriklaborierung erhältlich.
Unter dem Motto „Ein Klassiker kehrt zurück“ legt RWS/RUAG die alte „Försterpatrone“ 9,3×72 R (12,5 g-Kupfer-Teilmantel-Geschoss, v0 = 615 m/s) wieder auf. Waldjäger werden diese wildbretschonende Laborierung auf Rehwild sicher gern wieder einsetzen, und so mancher alte Hahndrilling wird vielleicht zu neuen Ehren gelangen. Neu im RWS-Programm ist unter anderem auch eine Laborierung in der .30-06 mit dem 13 g-TUG (v0 = 790 m/s), auf die viele Jäger sicher schon gewartet haben. Nebenbei bemerkt feierte RWS auch ein besonderes Jubiläum: über 50 Millionen verkaufte Patronen mit TUG- und TIG-Geschossen – das will schon was heißen.
Im Schrotbereich präsentiert Rottweil/ RUAG im Kaliber 12/70 und der Schrotgröße 3,2 mm ein Streupatrone, in 12/76 eine Magnumpatrone mit 4-Millimeter-Schroten und 52 g-Vorlage sowie Stahlschrotpatronen für Trap und Skeet, die der Umwelt zuliebe einen biologisch vollständig abbaubaren Becherpropfen aufweisen.
Mit vier verschiedenen Geschossen wird Sakos neue 9,3×66 verladen. Kompakter und ohne Gürtel, macht sie in der Leistung der .375 H & H Konkurrenz. Verladen wird sie mit verschiedenen Voll- und Teilmantel-Geschossen.
Entschuldigung
Josef Ambacher, Präsident des Deutschen Schützenbundes, entschuldigte sich bei der Eröffnung der Messe wegen seiner Äußerungen bei einer Schützenversammlung. Die Süddeutsche Zeitung zitierte Ambacher mit den Worten: „Wann geht es Deutschland wieder besser? Wenn Bundeskanzler Stoiber auf der Beerdigung von Fischer die Witwe von Schröder fragt, wer den Trittin erschossen hat.“ Nach der Äußerung trat Ambacher wohl auf Druck von Bundeskanzler Gerhard Schröder als Schatzmeister des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) zurück.
S 2-Safari heißt die Großwild-Version der Blaser-Doppelbüchse, hier in einer Luxusausführung |