Schwarzwälder Pirsch

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98er von SAR:
Die Zutaten für die beiden kompakten „Sahnestückchen“ aus dem Süden sind vom Feinsten: Hochwertige 98er Originalsysteme, Visiere und Matchabzüge von Recknagel und hartverchromte Läufe von Lothar Walther. Michael Schmid und Eugen Seyboldt begaben sich mit den „Kurzen“ von Schwaben Arms Rottweil (SAR) auf Schwarzwälder Pirsch.

 

Von Michael Schmid und Eugen Seyboldt

Das gibt’s doch gar nicht – ein Stainless-98er, war unser erster Gedanke, als sich Förster-Kollege und Pirschführer Andreas seine Büchse über die Schulter warf. Während der spannenden Pirsch durch die dunklen Tannen- und Fichtenwälder des Schwarzwaldes machte die kurze „Silberbüchse“ unseres Begleiters eine gute Figur. Ohne Rücksicht ging es über schmale Steige, rauen Buntsandstein, vorbei an kratzigen Stechpalmen und immer wieder durch dichten Verhau aus dürrem Reisig und Hirschholunder, den Hinterlassenschaften des Orkans Lothar. „Ein präzises Gewehr fürs Grobe“, so charakterisierte Andreas bei der Brotzeit zwischen gelben Ginsterblüten seine ungewöhnliche Büchse, die quasi „um die Ecke“ gefertigt wird.

Meilensteine der Waffentechnik findet man am östlichen Rand des Schwarzwaldes, dem „Oberen Neckar“, zuhauf. Firmen wie Mauser und Heckler & Koch haben hier Waffengeschichte geschrieben. Inspiration genug für die Tüftler und passionierten Jäger von Schwaben Arms, es mit einem eigenen Entwurf zu versuchen.

Auf Kundenwunsch sind selbstverständlich auch andere Kaliber möglich

„Als Basis für unsere Schwarzwälder Pirschbüchsen kommt eigentlich nur das System 98 in Frage“, so Eckhard Prewo, der Inhaber und Geschäftsführer von Schwaben Arms (Tel. 07 41/9 49 40 66). Der Mauser-Oldie hat sich millionenfach unter Extrembedingungen bewährt und steht SAR, dank guter Kontakte im Ordonanzwaffenbereich, in ausgezeichneter Vorkriegsqualität zur Verfügung. Handwerkliche Bearbeitung, ein paar Tricks und Kniffe aus dem Militärwaffenbau und natürlich erlesene Zutaten verwandeln die klobige Soldatenbraut in eine speziell auf die Bedürfnisse des Pirschjägers und Nachsuchenführers abgestimmte Jagdwaffe. Drei Modelle stehen derzeit in den Kalibern .308 Win., 8×57 IS und 9,3×62 zur Verfügung. Die „Allwetter“-Version mit Kunststoffschaft und der Stutzen in „Luxus“- oder „De Luxe“-Ausführung.

Auf Kundenwunsch sind selbstverständlich auch andere Kaliber möglich. Aufgrund der geringen Lauflänge von nur 45 Zentimetern empfiehlt sich jedoch die von SAR getroffene Vorauswahl. Die Systeme werden in der firmeneigenen Werkstatt sorgfältig geprüft und überarbeitet. Der Kammergang der beiden Testwaffen ist entsprechend leichtgängig und mit wenig Spiel behaftet. Das fünfschüssige Zick-Zack Magazin (vier Patronen in der 9,3×62) und der typische, geschlossene Magazindeckel des 98ers werden von SAR beibehalten. Wohlüberlegt, denn im dicken Busch ging schon so manches Einsteckmagazin verloren. Ist das „Pulver verschossen“, blockiert eine Ladesperre die Kammer und zeigt das leere Magazin an. Die Gefahr, einen annehmenden Keiler nur mit einem „Klick“ zu verunsichern, wird dadurch erheblich minimiert.

Ungewöhnlich ist die silbrig glänzende, vernickelte Oberfläche der Allwetterversion. Was auf den ersten Blick rostfreien Stahl suggeriert und quasi eine Neufertigung des 98er Systems bedingt hätte, ist eine auf Originalteile aufgetragene Beschichtung. In einem elektro-chemischen Verfahren werden Kammer, das Kammergehäuse und der Lauf inklusive ZF-Montage und Visier zuerst verkupfert und dann in einem zweiten Arbeitsgang vernickelt. Die dünne Kupferschicht ist für die zuverlässige Verbindung von Stahl und Nickel unerlässlich. Das Ergebnis ist eine robuste und weitgehend korrosionsbeständige Oberfläche, die im Test so manch harten Stoß und jede Menge Regen und Schnee problemlos weggesteckt hat.

Brünierte Metallteile findet man bei den beiden Stutzen. Beim „De Luxe“ hat der Kunde zusätzlich die Auswahl zwischen polierter oder matter Oberfläche. Alle drei Modellvarianten sind mit einem justierbaren Recknagel-Flintenabzug ausgestattet. Persönlichen Vorlieben sind kaum Grenzen gesetzt. Das Abzugsgewicht lässt sich von stecherartig fein bis zu einer harten, Nachsuche tauglichen Einstellung variieren. Als äußerst angenehm haben wir im Test das ein Zentimeter breite, griffige Züngel empfunden. Der Zeigefinger hat eine hervorragende Auflage, und die Kontrolle für eine exakte Schussabgabe wird erleichtert. Einziger Nachteil: Will man die Waffe ausschäften, muss zuerst das überbreite Züngel ausgebaut werden.

Laden und Entladen ist nur im entsicherten Zustand möglich

Drei Sicherungsvarianten werden für die Pirschbüchsen angeboten. Der Luxusstutzen ist serienmäßig mit der um 180 Grad schwenkbaren Original-Flügelsicherung ausgestattet. Erste Wahl ist dieses zuverlässige System für Hundeführer. Durch die Drehbewegung quer zur Schussrichtung wird ein unbeabsichtigtes Entsichern weitgehend ausgeschlossen, und die Mittel-Stellung erlaubt ein Öffnen der Kammer im gesicherten Zustand.

Nachteile, wie die durch den Flügel bedingte hohe Zielfernrohr-Montage und das unvermeidliche Knacken beim Entsichern sind bei Nachsuchen zweitrangig. Beim Allwettermodell und beim Stutzen „De Luxe“ sorgt eine relativ leise zu bedienende Zwei-Stellungs-Sicherung für einfaches Handling. Die geringe Drehbewegung von nur 45 Grad ermöglicht zudem eine tiefe Zielfernrohr-Montage. Die Vorteile sind risikobehaftet; denn Laden und Entladen ist nur im entsicherten Zustand möglich.

Gegen Aufpreis baut SAR eine Recknagel-Horizontalsicherung – ähnlich dem Dakota-Modell – in die Büchsen ein. Diese Lösung beinhaltet wie das Original eine Ladesicherung und verbindet Komfort mit einem Maximum an Sicherheit. Der „De Luxe“-Stutzen hebt sich von den beiden Raubeinen „Luxus“ und „Allwetter“ durch ein vier Patronen fassendes Schaftmagazin, vergoldetes Abzugszüngel und Systemschrauben, einen abgeflachten Kammerstängel und hochwertiges Nussbaumholz ab.

Geringe Anfälligkeit für Geschossablagerungen

Die kurzen Läufe der Schwarzwälder-Pirschbüchsen haben eine ungewöhnlich kräftige Kontur. Der Mündungsdurchmesser beträgt im Kaliber 8×57 IS satte 17 Millimeter. Das sind schon fast Matchlaufdimensionen, die sich vor allem auf das Warmschussverhalten positiv auswirken. Als besonderes Schmankerl werden die von Lothar Walther gelieferten Rohre von SAR in einer Auftragswerkstatt zusätzlich elektropoliert und innen hartverchromt – ein bei modernen automatischen Militärwaffen übliches Verfahren. Eine herausragende Oberflächenqualität der Züge und Felder und eine von Schwaben Arms garantierte Leistung von 15 000 Schuss sind nur ein positiver Effekt der teuren und aufwändigen Bearbeitung. Für den Jäger weit wichtiger ist die hohe Korrosionsbeständigkeit und der geringe Reinigungsbedarf des Innenlaufes.

Im Test wurden immer nur die dicksten „Elefanten“ ausgewischt, und jeder preußische Unteroffizier hätte sich über den Dreck die Haare gerauft, trotzdem blitzten die Läufe nach unserer abschließenden Endreinigung wie neu. Ein weiterer Vorteil der Hartverchromung ist die geringe Anfälligkeit für Geschossablagerungen und die einfache Beseitigung dieser präzisions- und leistungshemmenden Reste.

Wird ein Teil dieses zu erwartenden Verlustes durch die Hartverchromung kompensiert?

„Die Spezialbehandlung der Läufe führt zu einer Steigerung der v0“ – ein verlockendes Werbeangebot von Schwaben Arms. Über den Daumen gepeilt, reduziert sich die Mündungsgeschwindigkeit pro fünf Zentimeter Laufkürzung um etwa zwei Prozent. Verglichen mit einer Standard-Messlauflänge von 60 Zentimetern (8×57 IS) bedeutet das eine um etwa sechs Prozent geringere v0 für die kurzen Büchsen von SAR.

Wird ein Teil dieses zu erwartenden Verlustes durch die Hartverchromung kompensiert? Wir gingen der Frage in einem Versuch auf dem Schießstand nach. Die Schützengesellschaft Ebingen 1845 e. V. stellte WILD UND HUND freundlicherweise den überdachten Vereinsschießstand zur Verfügung. Frankonia steuerte mit dem Geschwindigkeits-Messgerät „BMC 17“ von Werner Mehl die notwendige Technik bei. Mit zwei Lichtschranken und integriertem Kleinrechner liefert die Anlage äußerst genaue Werte. Im Kaliber 8×57 IS traten gegen die Büchse von SAR zwei 98er mit 60- und 48 Zentimeter Lauflänge an. Beide Waffen waren mit unbeschichteten Lothar Walther-Läufen bestückt. Unsere Munitionsauswahl fiel auf die 12,0-g-TMR von Geco und die 12,7-g-CDP von Blaser.

Aufwändig getunte Läufe

Anspruch und Wirklichkeit klaffen sowohl bei der Blaser-Testmunition als auch bei diesen SAR-Testbüchsen offensichtlich auseinander (siehe Tabelle). Die Angaben auf der CDP-Patronenschachtel kann man getrost als optimistisch bezeichnen, und die Vorteile der Hartverchromung liegen – das haben Praxis- und Schießstandtest eindeutig gezeigt – im Bereich der Korrosionsbeständigkeit und Lebensdauer. Eine Steigerung der v0 ist mit dieser Technik, wenn überhaupt, nur minimal zu erreichen. Also Vorsicht, sowohl die GEE als auch die Geschossenergie sind bei den Kurzen aus dem Schwarzwald etwas geringer als bei langläufigen Waffen.

Kaum zu steigern ist dagegen die Präzisions-Schussleistung der beiden SAR-Testbüchsen. Die beste Fünf-Schussgruppe auf 100 Meter lieferte der „De Luxe“-Stutzen mit der 12,0-g-TMR von Geco. Nur 28 Millimeter lagen die Einschüsse auseinander. Die „Allwetter“ im Kaliber 9,3×62 brachte es mit der 15,03-g-Norma-Vulkan auf einen ebenfalls kaum zu unterbietenden Streukreis von 32 Millimetern. Die Schusslöcher hatten buchstäblich Tuchfühlung. Die sorgfältig gearbeitete Kunstharz- beziehungsweise Kunststoffbettung der Systeme und natürlich die aufwändig getunten Läufe machen aus den Pirschbüchsen Präzisionswaffen.

Trotz des kurzen Laufes zeigten beide Testkandidaten ein erstaunlich moderates Rückstoßverhalten. Die gerade Schaftgeometrie und das hohe Eigengewicht der Büchsen haben den befürchteten „Kick“ weitgehend gezähmt.

Das Recknagel-Programm an offenen Visieren ist vielseitig

Robust und konsequent auf die Jagdpraxis ausgerichtet ist die offene Visierung der Schwarzwälder-Pirschbüchsen. Das sich nach oben verjüngende Kimmenblatt und das weiße Kunststoffkorn garantieren optimale Übersicht und eine schnelle Zielerfassung. Einziger Kritikpunkt: Bei geschlossener Schneedecke fehlt bis zum Erfassen des Keilers mit dem weißen Korn der Kontrast. Kein Problem: Gelb oder orange, rechteckig oder rund – das Recknagel-Programm an offenen Visieren ist vielseitig, und SAR ist gerne bereit, Kundenwünsche zu erfüllen.

Die Kimme der Pirschbüchsen lässt sich seitlich verstellen, für Höhenkorrekturen muss das Korn ausgetauscht werden. Zwei am Sockel verschraubte Metallflanken dienen als Kornschutz. Die SAR-Idee hält vorbeistreifende Äste zuverlässig vom empfindlichen Korn ab und gewährleistet im Gegensatz zum klassischen Ringkornschutz ausreichenden Lichteinfall auf die Visierung.

Beide Testwaffen sind mit einer schussfesten und wechselpräzisen Eramatik-Schwenkmontage ausgestattet. Das auf dem „De Luxe“-Stutzen montierte Swarovski 1,5–6×42 besticht durch hervorragende Bildqualität und ein universelles Einsatzspektrum. Optisch zur „Allwetter“ passend empfiehlt sich das 3–9×40 Bushnell Trophy Silverfinish für die Tagespirsch.

Leicht sind die beiden Schwarzwälder auf keinen Fall

„Kurz und gut“, so einfach lassen sich die beiden Testwaffen auf einen Nenner bringen. Bei 99 Zentimeter Gesamtlänge ist kein Pfad zu schmal und kein Busch zu dicht. Um die Geländegängigkeit zusätzlich zu steigern, bietet SAR speziell für den Nachsucheneinsatz, eine mündungsbündige, linksseitige Riemenbefestigung an. Trägt man eine solche Waffe auf dem Rücken, steht der Lauf nicht über und ein störendes verhakeln in Ästen wird vermieden.

Leicht sind die beiden Schwarzwälder auf keinen Fall. Mit einem Nettogewicht von 3,5 Kilogramm (De Luxe) und 3,25 Kilogramm (Allwetter) hat man „gewichtige Argumente“ zur Hand. Gestört haben uns die Pfunde nicht, zumal sie sich positiv auf das Präzisionsschießen und den Rückstoß auswirken. Pirsch und Nachsuche sind Tagjagd-Disziplinen. Mündungsfeuer ist dabei kein Thema. Wer die SAR-Büchsen auf dem Ansitz führt, bringt dank ultra-kurzer Lauflänge „Licht ins Dunkel“.

Jagd-98er sind auf dem Markt schon für 500 Euro zu haben. Für diesen Betrag gibt es keine „Schwarzwälder Pirsch“. Wer mit der gelungenen Symbiose aus 98er und High-tech jagen will, muss tiefer in die Tasche greifen: Mit 1 198 Euro (Allwetter), 1 580 Euro (Luxus), 1 850 Euro (De Luxe matt) und 1 980 (De Luxe poliert) setzen die Kurzen von SAR, trotz reduzierter v0, jeden Cent in Praxistauglichkeit um.

Robust: Das Korn wir durch seitliche Metallflanken geschützt

 


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