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Mitverschulden bei Wildschäden

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Ein Jagdpächter klagte gegen die Erstattung eines Wildschadens und machte geltend, dass den Landwirt ein Mitverschulden am Eintritt des Schadens treffe, da dieser die Aussaat eines Maisfeldes nicht mitgeteilt hatte.

I. Die Rechtsgrundlage

„Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatze sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teile verursacht worden ist.“
§ 254 Abs. 1 BGB

II. Der Sachverhalt

Landwirt L. verlangte vom Pächter Wildschadensersatz. Er hatte sein am Waldrand gelegenes Feld mit Mais bepflanzt – zur Freude des Schwarzwildes. Die zuständige Gemeinde setzte den Schaden entsprechend dem Gutachten des Wildschadensschätzers auf 1440 DM fest und verpflichtete den Pächter durch Vorbescheid, diesen Betrag zu erstatten.

Der Pächter setzte sich jedoch zur Wehr; er erhob Klage beim zuständigen Amtsgericht und machte geltend, dass den Landwirt ein überwiegendes Mitverschulden am Eintritt des Schadens treffe.

Da das Feld unmittelbar an eine Dickung am Waldrand angrenze und das Entstehen von Wildschäden an diesen Flächen seit Jahren bekannt sei, habe der Geschädigte durch das Heransäen des Maises bis an die Dickung den Schadenseintritt wissentlich selbst gefördert.

III. Das Urteil
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass den Landwirt ein überwiegendes Mitverschulden am Eintritt des Schadens trifft. Es hat daher die Höhe des zu ersetzenden Schadens auf 1/4 vermindert und dem Landwirt 3/4 der Verfahrenskosten auferlegt.

  • Zur Begründung führte das Gericht aus: Da es bereits in den vergangenen Jahren auf diesen Flächen jeweils zu erheblichen Wildschäden gekommen sei, sei der Landwirt verpflichtet gewesen, dem ersatzpflichtigen Pächter sowohl die Aussaat als auch den Eintritt der Milchreife so rechtzeitig mitzuteilen, dass dieser Sicherungsmaßnahmen, etwa in Form eines Zaunes, hätte errichten können. Das aber sei nicht erfolgt.

Die Höhe dieses Mitverschuldens sei mit 75 Prozent zu bewerten. Deshalb sei von dem Gesamtschaden nur ein Viertel, also 360 DM, zu ersetzen.
Amtsgericht Betzdorf, Urteil vom 14.1.1998 – 11 C 378/96 –

IV. Anmerkungen

Das Urteil macht trotz seiner Kürze klar, dass den Geschädigten eine Mitteilungspflicht trifft, wenn aufgrund der Lage des Feldes und regelmäßiger Wildschäden in der Vergangenheit mit dem Eintritt von erneuten Wildschäden sicher zu rechnen ist.

  • Niemand kann es dem Landwirt verwehren, dass er jeden Quadratmeter nutzt und bis an den Waldrand heransät. Wenn er dadurch aber eine erhöhte Gefahr für den Eintritt von Wildschäden schafft, muss er den Pächter verständigen, damit dieser die Möglichkeit hat, ihn belastende Wildschäden zu verhindern oder wenigstens zu vermindern.

    Denn der Pächter hat weder das notwendige landwirtschaftliche Wissen noch kann und muss er ständig alle Felder seines Revieres im Auge haben. Wenn er allerdings selbst schon gesehen hat, dass eingesät wurde oder Milchreife eingetreten ist, so wirkt sich die unterbliebene Mitteilung nicht aus und begründet dann auch kein Mitverschulden.

  • Ebenso wie die Aussaat muss der Landwirt in solchen Fällen auch den Eintritt der Milchreife mitteilen, weil ab diesem Zeitpunkt die Gefahr von Wildschäden emporschnellt.

    Milchreife nennt man beim Mais die Zeit, in der das Korn innen noch weich ist, aber bereits Stärke enthält. Dadurch wirkt es aufgrund seines Nährwertes und Geschmackes für das Wild besonders anziehend. Nach etwa 10 bis 14 Tagen trocknet der Kern und gelangt dann zur Teigreife.

  • Der Geschädigte hat keinen Anspruch auf Wildschadensersatz, wenn er dem Ersatzpflichtigen (Pächter) ohne triftigen Grund die Errichtung notwendiger Schutzmaßnahmen zur Verhinderung erheblicher Wildschäden untersagt (§ 32 Abs. 1 BJG).
  • Das ist z. B. der Fall, wenn der Landwirt der Errichtung eines Elektrozaunes um sein Maisfeld ohne überzeugenden Grund widerspricht, obwohl der Pächter vollen Ausgleich der dadurch entstehenden Schäden und Ausfälle anbietet und nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre mit erheblich höheren Wildschäden zu rechnen ist.

    Ebenso ist es, wenn der Landwirt nicht bereit ist, zur Platzbeschaffung für die Errichtung eines Elektrozaunes auf einige Reihen Einsaat zu verzichten, damit sonst entstehende höhere Wildschäden innerhalb des Feldes vermieden werden, und der Pächter dafür vollen Ersatz anbietet.

  • In einem solchen Falle kann der Geschädigte Wildschäden nur bis zur Höhe derjenigen Ausfälle verlangen, die bei Errichtung eines Elektrozaunes entstanden wären, weil er die darüber hinausgehenden Schäden selbst verschuldet hat.

V. Ergebnis

1. Ein Landwirt ist verpflichtet, dem ersatzpflichtigen Pächter die Aussaat und den Eintritt der Milchreife bei Mais mitzuteilen, wenn aufgrund der Lage des Feldes und der Wildschäden in der Vergangenheit mit anstehenden erheblichen Wildschäden zu rechnen ist.

2. Unterlässt der Ersatzpflichtige diese Mitteilung, so trifft ihn ein überwiegendes Mitverschulden am Eintritt des Schadens, das mit etwa 75 Prozent anzusetzen ist.

3. Verbietet der Geschädigte ohne triftigen Grund trotz zugesagten Ersatzes aller damit verbunden Ausfälle und Schäden die Errichtung von Schutzvorrichtungen um gefährdete Felder, so steht ihm grundsätzlich kein Anspruch auf Wildschadensersatz zu.



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