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Verkehrssicherungspflicht bei Gesellschaftsjagden

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Rechtzeitige Mitteilung an Tierhalter

Bei Gesellschaftsjagden kann immer etwas schief gehen. Deshalb sind schon im Vorfeld Maßnahmen zu ergreifen, um Gefahrensituationen erst gar nicht entstehen zu lassen. In unserem dicht besiedelten Raum sind das vor allem Verkehrssicherungspflichten, die dem Verantwortlichen der Jagd obliegen und dem allgemeinen Gebot der Rücksichtsnahme entspringen.

Der Jagdleiter sollte den Halter dieser Pferde mindestens 24 Stunden vor dem Anblasen davon unterrichten, dass rund um die Koppel gejagd werden wird. Das entlastet den verantwortlichen Jäger, wenn der Tierhalter später Schadenersatz geltend machen möchte und die Pferde durch Schüsse in Panik geraten

Von Müller-Schallenberh, Knemeyer & Lobitz

Die Zeit der Gesellschaftsjagden naht. Derartige Jagden sind mit vielen rechtlichen Verpflichtungen für den Jagdausübungsberechtigten verbunden. Schnell kann ein Haftungsfall entstehen, gerade wenn sich Tiergehege oder Reiterhöfe im Revier befinden. Grundsätzlich besteht zwar keine gesetzliche Verpflichtung zur Ankündigung von Gesellschaftsjagden gegenüber dem Tierhalter. Sie ist jedoch dringend zu empfehlen, um mögliche Schadensersatzzahlungen zu vermeiden, wenn der Tierhalter später behauptet, seine Tiere seien aufgrund der Jagd zu Schaden gekommen.

Ein ganz aktuelles und für die Jagdausübungsberechtigten sehr positives Urteil des Amtsgerichts Coesfeld vom 03. 07. 2002 (Aktenzeichen 6 C 27/02) sei hier exemplarisch dargestellt:

Der Jagdausübungsberechtigte beabsichtigte, in seinem Revier unter anderem um einen Reiterhof herum an einem Samstag um 10.30 Uhr eine Gesellschaftsjagd zu veranstalten. Dies kündigte er dem Reiterhofbesitzer zwei Tage zuvor mit Datum und Uhrzeit an. Als die Jagdgesellschaft zum genannten Zeitpunkt die Jagd beginnen wollte, stellte man fest, dass sich auf einer angrenzenden Pferdekoppel noch Pferde befanden. Dem Reiterhofbesitzer wurde daher mitgeteilt, dass man ihm noch eine halbe Stunde Zeit gebe und nach 11 Uhr, spätestens 11.30 Uhr, mit der Jagd beginnen werde. Gegen 11.30 Uhr wurde dann die Jagd begonnen und der erste Schuss abgegeben. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Jäger nach ihren Angaben keine Pferde mehr gesehen. Der Reiterhofbesitzer erklärte dagegen, dass man die letzten Pferde gerade noch in die Stallungen brachte. Er behauptete, dass durch die Schüsse einige Pferde in Panik geraten und dadurch verletzt worden seien. Deshalb machte er Schadensersatz geltend. Der Jagdausübungsberechtigte wies diese Forderung als unbegründet zurück und forderte den Reiterhofbesitzer auf, die gegen ihn gerichteten Ansprüche zurück zu nehmen.

Urteil: Erhebliches Eigenverschulden

Als das nicht geschah, erhob der Jagdausübungsberechtigte Klage mit dem Antrag, festzustellen, dass dem Reiterhofbesitzer aus der Durchführung der jagdlichen Aktivitäten vom entsprechenden Tage keine Schadensersatzansprüche zustehen.

Das Amtsgericht Coesfeld gab dem Jagdausübungsberechtigten in vollem Umfang recht. Dabei ließ es dahingestellt, ob sich zum Zeitpunkt der ersten Schussabgabe noch Pferde auf der Koppel befanden oder nicht. Hierauf kam es nach Ansicht des Gerichts nicht an:

Der Jagdausübungsberechtigte habe zwar als Veranstalter der Gesellschaftsjagd geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Dritte vor vorhersehbaren Gefahren durch die geschaffene Gefahrenquelle zu schützen. Im konkreten Fall habe er aber seiner Verkehrssicherungspflicht genügt, indem er den Reithallenbesitzer zwei Tage vor der Jagd über deren Stattfinden informiert hatte. Das Amtsgericht befand, dass der Reithallenbesitzer zwei Tage und am Morgen vor der Jagd genügend Zeit hatte, seine Pferde in Sicherheit zu bringen. Dass dieses nach seinem eigenen Vortrag angeblich nicht gelungen sei, stelle sein eigenes Versäumnis dar. Dieses Versäumnis – eine Pflichtverletzung des Jagdausübungsberechtigten überhaupt einmal angenommen – stelle jedenfalls ein so gravierendes eigenes Verschulden dar, dass eine Verantwortlichkeit des Jagdausübungsberechtigten letztendlich nicht mehr ins Gewicht fallen könne.

Mit dieser Problematik hat sich auch bereits das LG Münster in seinem Urteil vom 21.01.1983 – 4 O 448/82 – befasst. Allerdings wurde hier nur festgestellt, dass ein Jagdherr verpflichtet sei, dem Eigentümer eines benachtbarten Tiergeheges von einer bevorstehenden Treibjagd Mitteilung zu machen. Dies insbesonders dann, wenn ihm aus früheren Angelegenheiten bekannt sei, dass die Tiere im Gehege durch Gewehrschüsse in Panik geraten. Diese Mitteilungspflicht gelte in einem solchen Fall gerade für eine Treibjagd, bei der unkontrollierbar viele Schüsse abgegeben würden. Den in einem benachbarten Tiergehege infolge unterlassener Mitteilung über eine Treibjagd entstandenen Schaden habe der Jagdherr zu ersetzen.

Fazit: Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht – das heißt, im Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung anderer zu nehmen – beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen hat. Dies bedeutet, dass der Veranstalter einer Gesellschaftsjagd verpflichtet ist, demjenigen, der ein Tiergehege oder einen Reiterhof im Revier unterhält, von der bevorstehenden Jagd rechtzeitig Mitteilung zu machen (andere Ansicht: Amtsgericht Wuppertal, Urteil vom 24.11.1993 – 39 C 110/93). Konsequenterweise müsste dies auch bei Weidehaltung von Kühen, Schafen oder ähnlichem gelten.

Frühzeitig informieren schützt vor Strafe

Es ist daher in den vorgenannten Fällen dringend zu empfehlen, Gesellschaftsjagden mindestens 24 Stunden vor ihrem Beginn anzukündigen, um dem Tierhalter die Gelegenheit zu geben, angemessene Vorkehrungen zu treffen. Sicherheitshalber sollte man am Jagdtag selbst dem Tierhalter noch eine kurze Nachfrist geben, wenn dieser offenbar keine Maßnahmen ergriffen hat. Dann wird der Vorwurf, man habe „sehenden Auges“ durch den Jagdbeginn einen Schaden verursacht, nicht mehr erhoben werden können. Anderenfalls hätte es der Tierhalter in der Hand, die Durchführung einer Gesellschaftsjagd durch das Belassen von Tieren im Jagdbereich faktisch zu verhindern.

Die Urteile des AG Goesfeld,
LG Münster und AG Wuppertal können mit Entscheidungsgründen unter www.jagdrecht-nrw.de nachgelesen werden.



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