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Der Gentleman unter den Terriern

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Jack Russell Terrier:
„Zu Lande, im Wasser und unter der Erde!“ In allen Einsatzgebieten erfreuen sich die Terrierarten und hier vor allem der Jack Russell Terrier zunehmender Beliebtheit.

 

Von Gerhard Dupper

Als Sohn eines Försters ist mir die Jagd mit „richtigen“ Jagdhunderassen bestens vertraut. Ich selbst wollte in meinem Jägerleben nicht die etablierten, über Generationen gezüchteten Jagdhunderassen anschaffen, denn dass sie es können, dürfte jedem einleuchten.

Alle Erwartungen wurden übertroffen

Mein erster Hund wurde ein jagdlich geführter Beagle (Spurlaut- und Schweißprüfung), nicht zuletzt bedingt durch meine jagdlichen Möglichkeiten in den Weinbergen des Schwabenlandes auf der warmen Spur des Hasen den Laut des Hundes erklingen zu lassen. Der Beagle ging ins siebte Feld, als ich mir ziemlich spontan 1983 einen „Hobbyhund“ für die Familie zulegte: Eine Jack Russell Terrier-Hündin. Natürlich ohne Ahnentafel, woher denn auch. In Deutschland war diese Rasse damals nahezu unbekannt. Die Familie hatte große Freude an dem lebhaften und kontaktfreudigen Hund. Doch wie es sich ergab, war die Terrier-Hündin immer öfter im Jagdauto und weg von zu Hause natürlich im jagdlichen Einsatz. Schon bald zeigte sich der terriertypische Jagdtrieb und die Anlagen für die Boden- und Stöberjagd. Interessanterweise stellte sich erst im dritten Jahr ein eigenartiger, etwas sparsamer Spurlaut ein.

Bei unseren damaligen Niederwildjagden in den Weinbergen und unzugänglichen Schwarzdornhecken sowie auf den Saujagden wurden die Jack Russell-Führer mit den „Weißen“ am Anfang belächelt. Eine gute Arbeit konnte oder wollte damals von den meisten nicht zugegeben werden, doch der Kommentar „Man sieht sie gut“ war immer wieder zu hören.

Mit einer Bauprüfung und festgestellter Schussfestigkeit wurde meinem damaligen Jack Russell zumindest auf dem Papier ein „vielseitiger Jagdeinsatz“ bescheinigt. In der Praxis hat dieser Hund alle meine Erwartungen übertroffen und mich davon überzeugt, dass der nächste Hund ein Jack Russell Terrier mit Ahnentafel sein muss. Inzwischen jage ich 20 Jahre mit Jack Russell Terriern.

Die Ergänzung zu den Foxhoundmeuten – ein Arbeitsterrier

Der Begründer der Rasse, „Parson“ (Pfarrer) John (Rufname Jack) Russell wurde 1795 in Dartmouth im Südwesten Englands geboren. Seine Familie war derart von der Fuchsjagd englischen Stils angetan, dass sich der junge John Russel davon anstecken ließ und bereits im Alter von 16 Jahren eine Meute von neun Drahthaar-Foxterriern hielt. Sehr zur Freude der örtlichen Bauern sorgte er für einen geregelten Fuchsbesatz. Sein Direktor hingegen erteilte ihm für die außerschulische Tätigkeit sogar einen Verweis. Während seines Studiums der Theologie in Oxford züchtete er als Ergänzung zu den Foxhoundmeuten einen Arbeitsterrier, den „working terrier“. Dieser sollte nach seinen Vorstellung den vor der Meute in den Bau geflüchteten Fuchs finden und durch mutiges Verbellen sprengen. John „Jack“ Russell wollte den selbstständig arbeitenden Hund, der intelligent genug war, die Gefahren unter Tage einzuschätzen, und der keine große Aggressivität aufwies. Sie hätte nämlich dazu führen können, dass der Fuchs im Bau abgewürgt würde. Somit wäre die Jagd mit der Foxhound-Meute zu Pferde vorbei gewesen.

Schönheitszucht und Leistungszucht

Zweifelsohne geht der heutige Jack Russell Terrier auf den ursprünglichen Foxterrier des 19. Jahrhunderts zurück und wurde als reiner Arbeitsterrier für die Jagd weitergezüchtet. Daran orientierte sich früher auch der Zuchtstandard, wenn man es denn überhaupt so nennen kann, für die Terrier. Es zählten als erstes sein Wesen, sein Charakter, seine jagdlichen Fähigkeiten und ein korrekter, robuster Körperbau. Das Aussehen an sich, hier vor allem die Größe, spielte in der damaligen Zeit eine untergeordnete Rolle. In seinem Mutterland England lässt der „Jack Russell Terrier Club of Great Britain“ gemäß dem dortigen Standard ein Stockmaß zwischen 25,5 und 38,1 Zentimetern zu. Heute unterscheidet die Fédération Cynologique Internationale (FCI) zwei Rassestandards: Den niederläufigen in Australien erzüchteten „Jack Russell Terrier“ und den britischen, hochläufigen „Parson Russell Terrier“ von mittlerer Größe.

Nach Deutschland kam der Jack Russell Terrier mehr durch die Reiterei als durch die Jagd. Erst Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre sah man diese Hunderasse vereinzelt im jagdlichen Einsatz. Nicht zuletzt durch die unterschiedlichen Prioritäten – Schönheitszucht sowie Leistungszucht – gibt es in Deutschland verschiedene Vereine dieser Rasse. Nur einer, der 1986 gegründete „Parson Jack Russell Terrier Club Deutschland“ (PJRTCD), ist im Jagdgebrauchshundverband vertreten und verfolgt überwiegend jagdliche Interessen. Er hat eine vom JGHV anerkannte Prüfungsordnung und will nicht zuletzt dadurch die Vorstellungen des John „Jack“ Russell verfolgen, einen kleinen, harten Arbeitsterrier mit einem freundlichen, leichtführigen Wesen für den jagdlichen Einsatz zu züchten. Hunde aus anderen Zuchtvereinen können oftmals gar nicht oder nur mit großem bürokratischen Aufwand auf den terrierspezifischen, jagdlichen Prüfungen geführt werden.

Der Verein setzt sich sowohl aus leistungsorientierten, jagdlich Interessierten, als auch sonstigen generell von der Rasse begeisterten Mitgliedern zusammen. Er besteht aus neun regionalen Landesgruppen mit derzeit etwa 1 100 Mitgliedern. Davon sind ungefähr die Hälfte Jäger.

Für die Arbeit unter der Erde prädestiniert

Jede Jagdhunderasse hat ihre anlagebedingten rassespezifischen Stärken und Einsatzbereiche. Die Schweißhunde für extreme Nachsuchen, die Vorstehhunde für die Arbeit auf dem Feld, die Stöberhunde für die heute wohl häufigste Jagdart und die Erdhunde für die Baujagd. Die Terrierarten zählen zu den echten Allroundern. Vom Namen und den Anlagen sind die Terrier im eigentlichen Sinn für die Arbeit unter der Erde (lat. terra) prädestiniert. Der JRT zeichnet sich durch eine gesunde, nicht übertriebene Schärfe aus. Ein Abwürgen des Fuchses im Bau war und ist bei dieser Rasse als abnormal anzusehen und war als Zuchtziel nie erwünscht. Mit Passion, Ausdauer und Härte und gleicher Sicherheit wie andere Erdhunderassen sprengt er Reineke aus dem Bau.

Dieser Hundeschlag ist für jede einzelne Jagdart bei entsprechender Ausbildung verwendbar. Vielleicht nicht gerade dort, wo der sicher vorstehende Feldhund gefragt ist. Genauso werden extreme Jagdbedingungen wie sehr hohe Schneelagen, dichtes Schilf oder Steilufer weiterhin Spezialisten vorbehalten bleiben.

Vor allem der Einsatz bei großen Stöberjagden, wo natürlich der Erfolg vom Einsatz verschiedenster Hunderassen in ausgewogener Mischung und in angemessener Anzahl abhängt, wird für den Jack Russell Terrier immer bedeutsamer. Nicht zuletzt, weil die Jack Russell durch ihre hauptsächlich weiße Farbe sehr gut zu sehen sind. Eine Verwechselung mit Wild ist nahezu ausgeschlossen. Wie heißt es „Viele Hunde sind des Hasen Tod“, doch heute muss das wohl eher für das Schwarzwild gelten, schaut man sich die Streckenstatistiken an. Auf diesen Jagden arbeitet er mit ausgeprägter Führerbindung. Selbst bei größeren Drückjagden hält der Hund Kontakt zu seinem Partner. Dies ist von großer Bedeutung, denn wie oft steht die Treiberwehr vor den in undurchdringlicher Deckung steckenden Sauen und die Hunde sind mit dem ersten Wild weg und jagen selbstständig weiter. Der JRT jagt in der Meute genauso gut wie als Einzelhund. Raufereien mit anderen Hunden sind nicht sein Ding, was sehr angenehm ist. Durch seine nicht übertriebene Schärfe und seine Größe beziehungsweise Gewicht ist er für den Einsatz am Schwarzwild hervorragend geeignet. Verletzungen sind sehr selten.

Die ein oder andere erschwerte Arbeit konnte gemeistert werden

Durch seine gute Nase und seinen Finderwillen lässt sich ein JRT ebenso für Nachsuchen einsetzen. Entsprechend eingearbeitete Hunde bringen die gleiche Leistung wie vergleichbare Rassen. Dass sie starkes Hochwild nicht ohne weiteres niederziehen können, leuchtet jedem Praktiker ein. Die Jagdpraxis zeigt, dass krankes Wild, auch Rehwild, sich diesen kleinen Hunden eher als den großen stellt, wodurch ein Fangschuss oft erst möglich wird. Mit meinen bisherigen JRT habe ich keine normalen Nachsuchen gescheut; auch die eine oder andere erschwerte Arbeit konnte gemeistert werden. Bei einer Nachsuche beispielsweise wurde ein Keiler in einem verlassenen Weinberg vom Hund zunächst gestellt. Die aussen stehenden Schützen waren gewarnt und konnten die laufkranke 70-Kilogramm-Sau nach einer 300 Meter Hatz auf die Schwarte legen.

Ein „Jacki“ hat die Härte, Kraft, körperliche Konstitution für die Wasserarbeit und ist in der Regel auch ein wasserfreudiger Hund. Sein dichtes, robustes Haar schützt ihn vor negativen Witterungseinflüssen. Bei entsprechender Ausbildung ist der Terrier ein sicherer Apporteur, der ohne weiteres eine Ente aus dem Wasser oder auch ein Kaninchen bringen kann.

Der Charakter des Hundes ist der Leitfaden für die Zucht des Jack Russell Terriers: Aufgeweckt, lebhaft aktiv, mutig, ein gesundes Maß Selbstvertrauen und der fröhliche Ausdruck. Doch auch für die rein körperlichen Merkmale wurden inzwischen Parameter festgelegt. Im Gegensatz zu den Standards anderer Jagdgebrauchshundrassen sind sie aber deutlich flexibler. So darf die Schulterhöhe in der deutschen Zucht zwischen 26 und 38 Zentimeter variieren. Wichtiger ist ein robuster, muskulöser Körperbau mit geraden Läufen und ein freies, flottes, athletisches Gangwerk mit Schnelligkeit und Ausdauer in einer harmonischen Erscheinung. Der Kopf soll ausgeprägt sein und mit Stopp. Der Rücken darf etwas länger sein als der Hund Höhe hat. Wobei für Rüden 35 und für Hündinen 33 Zentimter als „ideal“ gelten.

Auf eine harte Probe gestellt

Beim Jack Russell Terrier sollte immer die weiße Farbe dominieren, ergänzt durch braune oder schwarze Abzeichen. Alle drei Farben kommen ebenso vor. Das Haar ist harsch und wird nach glatt, broken coated (Stichelhaar) und rau unterschieden. Die Behänge sollen klein, V-förmig nach vorne fallend und eng am Kopf liegen. Wie bei vielen anderen Rassen soll der Fang durch muskulöse Kiefer, kräftige Zähne und ein perfektes und regelmäßiges Scherengebiss gekennzeichnet sein. Für die Zuchtzulassung der Hunde wird derzeit vom Verein grundsätzlich ein bestandener Wesenstest sowie bei einer Zuchtschau mindestens die Formwertnote „Gut“ verlangt. Darüber hinaus müssen die Tiere frei von Linsen-Luxation und Progressiver Retina Atrophie sein, sowie eine DNS-Analyse nachweisen.

Der Wesenstest wird nach dem Muster des bekannten Schweizer Kynologen Prof. Seiferle durchgeführt. Bei diesem Test wird der junge Hund unter anderem in einem Parcours optischen und akustischen Reizen verschiedenster Art ausgesetzt. Dabei wird seine Nervenstärke, Härte, Schussfestigkeit, Wasserfreudigkeit und Menschenfreundlichkeit überprüft. Die Reize sollen in Dauerfolge auf den Hund einwirken. Nerven- und Charakterstärke der Hunde werden hier auf eine harte Probe gestellt. Der zu prüfende Hund sollte nicht älter als 14 Monate sein, um das ungeformte und unbeeinflusste Wesen sicher beurteilen zu können.

Für die jagdliche Leistungszucht ist zusätzlich von beiden Elternteilen der Nachweis einer Bauprüfung oder die Naturleistungszeichen „Erdhund Fuchs“ oder „Erdhund Dachs“ in Verbindung mit einer weiteren jagdlichen Prüfung beziehungsweise einer Zucht- oder Gebrauchsprüfung zu erbringen. Die Welpen erhalten dann Ahnentafeln mit dem Zusatz „Parson Jack Russell Terrier aus jagdlicher Leistungszucht“.

Der ideale Hund für die ganze Familie

Für die jagdliche Verwendung sind nach der Prüfungsordung im PJRTCD folgende Prüfungen möglich: Junghundeprüfung (JP), Bauprüfung (BP), Zuchtprüfung (ZP), Gebrauchsprüfung (GP), Schweißprüfung (SwP) und die Naturleistungszeichen: verschiedene Lautnachweise, Erdhund Fuchs/Dachs, Saujäger oder Schweißhund. Selbstverständlich kann auch eine Jagdeignungsprüfung der Kreisjägerschaft absolviert werden.

Mit all seinen Eigenschaften hat sich der JRT im Jagdhundelager etabliert. Durch sein ausgeglichenes Wesen, seine ausgesprochene Menschen- und sprichwörtliche Kinderfreundlichkeit wird er zum idealen Hund für die gesamte Familie. Dadurch kann dieser Hundeschlag auch ideal in der Wohnung gehalten werden. Pflichtbewusstsein um Haus und Hof sind bei ihm eine Selbstverständlichkeit.

Der Parson Russell Terrier sollte konsequent anlagen- und leistungsorientiert gezüchtet werden, wobei der Lautveranlagung weiter große Beachtung zu schenken ist. Die reine Schönheitszucht mit all ihren negativen Folgen und den dadurch entscheidenden Beitrag zum zwischenzeitlich avancierten Modehund, kann sich auf die wirklich guten Eigenschaften und Anlagen negativ auswirken. Auch die dadurch verursachten überhöhten Welpenpreise haben im jagdlichen Lager nichts zu suchen und sind der jagdlichen Verbreitung abträglich. Wenn sich Welpenpreise auf ähnlichem Niveau bewegen wie die Versicherungssumme für ausgebildete Jagdhunde, so ist dies sehr bedenklich und kann im jagdlichen Lager mit Verachtung bedacht werden. Das derzeitige „Preis-Leistungsverhältnis“ zu anderen vergleichbaren Jagdhunderassen bedarf der Korrektur, vor allem wenn man die noch lückenhafte Lautanlage bedenkt.

Bei der Anschaffung sollte man frei von Vorurteilen und Rassefanatismus handeln

Nur wenn das jagdliche Lager weiterhin mit diesem Engagement zielorientiert die Parson Russell Terrier in allen Belangen arbeitet und züchtet, sich mit den andern Jagdhunderassen misst und vergleicht, wird diese Rasse weiterhin in den Revieren in zunehmender Anzahl vertreten sein.

Grundsätzlich sollte jeder Jäger bei der Anschaffung eines Jagdhundes frei von Vorurteilen und Rassefanatismus handeln. Gerade in heutiger Zeit hat der Waidmann mehr denn je auf seine eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten, sowie auf den jagdlichen Einsatz und die Notwendigkeit zu achten. Er sollte sich im klaren sein: Benötigt er einen Spezialisten oder eine Ergänzung zu selbigem oder einen Allrounder. Benötigt er einen Allrounder, so kann er sich bei den Terrierrassen kundig machen. Der Parson Jack Russell Terrier ist einer davon. Das Wort, das ihn am besten beschreibt, ist „workmanlike“:
Arbeitsfähig!

Der Jack Russel ist sowohl als Einzelgänger wie auch in der Meute ein zuverlässiger Stöberer

 


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