Dem Fasan geht es schlecht. Was sind die Gründe dafür? Was kann der Jäger tun? WILD UND HUND nimmt sich diesem Thema in einer Serie an.
FASANENHEGE
Der Fasanenschwund ist auch ein „hausgemachtes Problem“ der Jäger, sagen Dr. Heinrich Spittler und Alexander Feemers vom Stifterverband für Jagdwissenschaften. Sie schildern die fünf häufigsten Fehler, die sie bei zahlreichen Revierbesichtigungen entdeckt haben.
Foto: Bildagentur Schilling
Entdeckung 1:
Der Tod kommt nachts am Boden
Relativ häufig zeigten sich bei den Reviergängen Stellen in mit Gras bewachsenen Wildäckern, an denen ein Fasan auf dem Boden übernachtet hat. Dies obwohl unweit entfernt eine Möglichkeiten zum Aufbaumen vorhanden gewesen wäre. Ähnliches kann seit den 1980er- Jahren in vielen Fasanenrevieren beobachtet werden.
Ruht ein Fasan nachts auf dem Boden, ist das für ihn ein tödliches Unterfangen. Für Prädatoren wie Fuchs und Marder hat er die ideale Größe. Zudem besitzen die Hühnervögel eine relativ starke Wittrung. Jeder Fuchs, der mit gutem Wind auf circa zehn Meter vorbeischnürt, kriegt ihn in die Nase. Auch die Lebensweise des Flugwildes als weitgehend einzelgängerisch wird den auf dem Boden übernachtenden Exemplaren zum Verhängnis, da sie nachts zumindest für kurze Zeit in eine Tiefschlafphase fallen. Anders als etwa beim im Familienverband lebenden Rebhuhn, hält beim Fasan niemand für den anderen Wache. Daher kann das Übernachten auf dem Boden als anormale Verhaltensweise bezeichnet werden und kommt bei wilden Vertretern eigentlich nicht vor. Falls es in der Stammesgeschichte einmal der Fall gewesen sein sollte, dürfte es längst herausselektiert worden sein. Denn für gewöhnlich baumt er abends auf und verbringt die Nacht im Schutz des unteren bis mittleren Astbereiches von Bäumen oder höheren Sträuchern. Das Auffinden von Schlafstellen auf dem Boden deutet darauf hin, dass im jeweiligen Revier ausgesetzte Fasanen leben – gleich ob sie dort ausgewildert wurden oder zugewandert sind. Diese nämlich zeigen in der Regel ein derartiges Verhalten.
Die in den letzten Jahren aus vielen Revieren gemeldeten Hiobsbotschaften, dass vor Weihnachten noch viele Hennen im Revier vorhanden waren, deren Anzahl aber bis zum Frühjahr radikal abgenommen hat, dürften sich mit der skizzierten Situation eher erklären lassen als mit Verlusten durch unbekannte Krankheiten. Eine quantitative Aussage, wie viele Fasanen infolgedessen in den einzelnen Revieren verloren gegangen sind, lässt sich aber nicht treffen. Dass das eine der Verlustursachen darstellt, ist unstrittig.
Die Nacht verbringen wilde Fasanen auf Schlafbäumen. Foto: Markus Varesvuo / naturepl.com
Schlafstellen auf dem Boden deuten auf ausgesetzte Exemplare hin, denen dieses natürliche Verhalten häufig fehlt. Foto: Dr. Heinrich Spittler
Entdeckung 2:
Weniger Hege, weniger Deckung, weniger Fasane
In den allermeisten Revieren ist die gerade im Winterhalbjahr so wichtige Bodendeckung nicht mehr in dem Umfang vorhanden wie in den Jahren, in denen sich die Fasanenstrecken in ihrem „Allzeit-Hoch“ befanden. Ohne dichte Bodendeckung, in der sich der Fasan bei Tage stecken kann, kann es aber keine guten Besätze mehr geben.
Der Grund ist folgender: Wenn der Fasan morgens abbaumt, geht er zunächst der Äsung nach. Diese findet er primär in den an die Schlafgehölze angrenzenden Wiesen- beziehungsweise Feldbereichen oder an den Fütterungen. Sobald er den Kropf voll hat, sucht er als Schutz vor tagaktiven Räubern, insbesondere dem Habicht, erneut die Deckung auf, um die Zeit bis zum abendlichen Äsen darin zu verbringen. Um den Schutz zu gewährleisten, muss die Deckung mindestens kniehoch sein und nach oben Sichtschutz gewähren. Ferner sollte sie dicht sein, damit sie für Feinde nur schwer unbemerkt zu durchdringen ist. Dichte Altgrasbestände unter in großem Verband gepflanzten Fichten, die durch „Köpfen“ nur mannshoch gehalten werden, sowie großflächiges Brombeergestrüpp sind dafür ideal. Deckung dieser Art ist aber kaum noch zu finden. Die für die Hege des Fasans früher gepflanzten Fichtenremisen sind ins Stangenholzalter gewachsen und haben ihre Rückzugsfunktion verloren. Neue derartige Remisen werden nicht mehr angelegt.
Selbst die Brombeere hat in den meisten Fasanenrevieren gegenüber früher sichtlich abgenommen. Auch sie wird nicht mehr aktiv gefördert. Zwischen den Äsungsphasen, vom späten Vormittag bis frühen Nachmittag, ist das Flugwild somit Beutegreifern stärker ausgesetzt.
Kniehohe Deckung in Feldgehölzen bietet dem Flugwild zwischen den Äsungsphasen den besten Schutz vor Räubern. Foto: Tanja Brandt
Licht und gefährlich: Kein Fasan kann in solchen Feldgehölzen Deckung finden. Früher wurde dort aktiv Unterwuchs gefördert. Foto: Dr. Heinrich Spittler
Entdeckung 3:
Im Schutz der Zwischenfruchtflächen – aber wo sind diese?
Auch in den Feldbereichen hat die Bodendeckung etwa durch bis in den März übergehaltene Zwischenfrüchte, wie Lupine, Gelbsenf oder Ölrettich, extrem abgenommen. Insbesondere in den Einzugsbereichen von Mais-Biogasanlagen ist dies der Fall. Nach Mais als Vor- beziehungsweise Hauptfrucht ist nämlich der Anbau von Zwischenfrüchten nicht mehr möglich.
Aber es gibt auch noch Regionen, in denen kein diesbezüglicher Rückgang eingetreten ist, in denen ein Zuviel an Zwischenfrüchten vorherrscht. Große Zwischenfruchtschläge stellen nämlich auch für Füchse ein geradezu „eldoradohaftes“ Versteck dar. Damit sind sie für Fasanen ein gefährliches Terrain, zumal hinzu kommt, dass die Füchse darin nur schwer zu bejagen sind.
Sind fasanengerechte Zwischenfruchtschläge vorhanden und werden die Vögel darin zudem noch breitwürfig und regelmäßig gefüttert, gehen im Winterhalbjahr weit weniger Fasanen verloren. Für nachhaltig gute Fasanenstrecken ist es von entscheidender
Bedeutung, dass die Winterverluste, primär bei den Hennen, auf einem niedrigen Niveau bleiben. Hierzu vermögen Zwischenfruchtflächen einen wesentlichen Beitrag zu leisten.
Zwischenfruchtflächen bieten im Winterhalbjahr gute Deckung und sichern die Besätze. Foto: Bildagentur Schilling
Entdeckung 4:
Bequemlichkeit und falsche Fütterung
In allen Revieren wurde ausschließlich über verschieden konstruierte Automaten gefüttert, angefangen von Futtereimern über Futterröhren bis hin zu unterschiedlich großen Futtertonnen. Der wahrscheinliche Grund: Das Füttern mit Automaten ist weniger arbeitsintensiv. Fraglich ist jedoch, ob mit diesen Selbstbedienungsanlagen das für die Hege wichtige Ziel erreicht wird, alle im Revier vorhandenen Fasanen regelmäßig mit Körnerfutter während des Winterhalbjahres zu versorgen. Als bodenlebender Standvogel vermag er, sich im Gegensatz zu den deutlich kleineren Rebhühnern im Winter nicht nur von den Spitzen des Saatgetreides oder auf dem Boden liegender Äsung zu ernähren. Der Fasan benötigt in unseren Revieren Futter in Form von Getreide, wenn er den Winter überleben soll. Dies gilt insbesondere dann, wenn höherer Schnee liegt.
Speziell bei den Futterautomaten ist das aber nicht gewährleistet. Den Automaten sieht man von außen weder an, ob genug Getreide vorhanden ist, noch ob das Futter in ihnen feucht und verklumpt ist, sodass es nicht mehr nachrieselt.
Fraglich ist bei solchen Fütterungen auch, ob sich alle im Revier vorhandenen Fasanen an den Automaten in ausreichender Menge bedienen können. Als einzeln lebende Art ist Futterneid dem Flugwild nicht selten, besonders bei punktuellen Futterquellen. Von daher kann es sein, dass jüngere beziehungsweise rangniedrigere Hennen dort kaum zum Zuge kommen. Dieses Problem hat sich bei der früher praktizierten Fütterung nicht ergeben. Damals wurde zwei Mal wöchentlich breitwürfig unter Schütten gefüttert, die in dichter Brombeerdeckung standen, sowie in der angrenzenden Dickung selbst. So konnten mehrere Fasanen zugleich vor Feinden gedeckt am Morgen Futter aufnehmen. Die breitwürfige Fütterung unter Schütten und der Dickung ist mittlerweile ein Verstoß gegen Fütterungsverordnungen, da etwa auch Rehwild darauf zugreifen könnte. Vor dem Hintergrund des höherwertigen Auftrags der Erhaltung der Biodiversität sollte aber betont werden, dass diese nicht nur die optimale Fütterungsart für den Fasan ist, sondern körnerfressende Singvogelarten ungemein davon profitieren.
Oft wurde bei den Revierbegängen festgestellt, dass das Futter in den Automaten verklumpte – unerreichbar für Fasane. Foto: Dr. Heinrich Spittler
Optimal: Die Schütte bietet dickungsnahes Winterfutter. Foto: Reiner Bernhardt
Entdeckung 5:
Ohne Raubwildjagd geht nichts!
Bei den Begehungen wurde deutlich, dass heute eine wesentlich höhere Dichte an Prädatoren herrscht als in den „ruhmreichen“ Jahren von 1958 bis 1978. Das betrifft sowohl Gelegeräuber, wie Rabenkrähe, Elster und Marder, als auch die Prädatoren der Jung- und Altfasanen, wie Fuchs und Habicht.
Von diesem Anstieg ist besonders der Fasan betroffen. Sein Lebensraum deckt sich mit dem der genannten Prädatoren, seine Lebensweise macht ihn zur leichten Beute und seine Größe fügt ihn optimal in das Beuteschema von Fuchs und Habicht. Hohe Verluste sind daher bei ihm vorprogrammiert, wenn seine Feinde in hoher Dichte vorkommen.
Bei den Untersuchungen der Reviere wurden zum Beispiel von Rabenkrähen aufgehackte Fasaneneier vom Vorjahr gefunden, ferner regelrechte Fuchspässe und in einigen Revieren auch Gewölle des Uhus. Er schlägt Fasanen auch, wenn sie artgemäß nachts Aufbaumen. Uhu und Habicht haben keine Jagdzeit, Fuchs, Rabenkrähe und Elster aber eine von der Dauer weitgehend ausreichende. Dennoch stellten wir fest, dass die Raubwildbejagung in den meisten Revieren sehr große Defizite hatte. Bis auf wenige Ausnahmen kann von nachhaltiger, intensiver Prädatorenjagd nicht die Rede sein – das gilt für den Fuchs ebenso wie für die Rabenkrähe. Mit zwei Mal im Jahr stattfindenden Fuchs- oder Krähenjagdtagen können zwar hohe Tagesstrecken erzielt werden, die für eine erfolgreiche Fasanenhege notwendige Regulation lässt sich auf diese Weise aber nicht erreichen. Deutlich effektiver wäre es beispielsweise, in der Jagdzeit auf 300 Hektar Revierfläche pro Woche eine Rabenkrähe zu erlegen.
Oft hört man auf diese Vorgabe, sie sei nicht machbar. Das aber zeugt bei der heutigen Prädatorendichte entweder von mangelndem Können oder von mangelnder Einsatzbereitschaft. Es bestätigt im Endeffekt, dass der Rückgang der Fasanen zu einem großen Teil ein „hausgemachtes“ Problem ist.