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Der Hähnchen-Test – Fasan im Fokus Teil 3

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Dem Fasan geht es schlecht. Was sind die Gründe dafür? Was kann der Jäger tun?
WILD UND HUND nimmt sich dieses Themas in einer Serie an.

Fasan
Foto: Colin Seddon, naturepl.com

Will man dem Raubwild und seinem Einfluss auf die Fasanen auf die Spur kommen, reicht es nicht, nur Spuren zu zählen. Sie geben lediglich einen vagen Hinweis auf die Raubwilddichte. Ein wirklicher Nachweis aber bleibt aus. Daher wurde seitens des Stifterverbandes für Jagdwissenschaften im April und Mai 2013 in vier Revieren der sogenannte Raubwild-Schnelltest durchgeführt. Er erlaubt eine Aussage darüber, wie hoch der Stammbesatz an Raubwild ist, und inwieweit der in dem betreffenden Revier eingetretene Rückgang der Fasanen damit in Zusammenhang steht. Entscheidend für ein Urteil ist nämlich nicht in erster Linie die Höhe der Jahresstrecken an Raubwild in den einzelnen Revieren, sondern die Höhe des Raubwildbesatzes, der in den Revieren zu Beginn der Fortpflanzungszeit im April und Mai vorhanden ist (Stammbesatz).

Der Raubwild-Schnelltest sah wie folgt aus: In jedem der Versuchsreviere wurden im April und Mai 2013 an jeweils zehn verschiedenen Stellen je ein frisches Suppenhuhn in einer leichten Bodenvertiefung ausgelegt und anschließend so verblendet, dass es nicht mehr sichtbar war. Es konnte somit nicht von Greif- und Rabenvögeln entdeckt werden. Ausgewählt wurden Plätze, an denen mit Raubwild zu rechnen war. Um zu dokumentieren, wer die Köder nimmt und wie schnell das passiert, wurde in der Nähe jeweils eine Wildkamera postiert.

Die Versuchsreviere unterscheiden sich sowohl in ihrer Revierstruktur als auch hinsichtlich des vorhandenen Besatzes an Fasanen und der Streckenentwicklung.

Revier Nr. 1:
• rund 700 Hektar (ha) groß, überwiegend Feldcharakter
• neben einigen speziell für den Fasan angelegten Wildäckern nur wenige Hecken und Feldgehölze
• Tagesstrecken von über dreißig Hähnen und Jahresstrecken von 500 Hasen waren keine Seltenheit.
• in den letzten Jahren Fasan- und Hasenstrecken stark rückläufig, seit vier Jahren keine reguläre Jagd mehr möglich
• Fuchs-Jahresstrecke: zwischen 30 und 40 Stück

Revier Nr. 2:
• etwa 300 ha, halbinselartig vom Rhein umflossen, stadtnah
• rund 80 ha der Revierfläche bestehen aus Auwald, Feldgehölzen und Hecken – ein optimales Fasanenrevier
• früher guter bis sehr guter Besatz, dann starker Einbruch, seit 2005 kaum noch Fasanen vorhanden
• weitgehender Jagdverzicht auf Fasan und Hase
• Fuchs-Jahresstrecke: 15 bis 20 Stück

Revier Nr. 3:
• circa 300 ha groß, gute Anzahl an Hecken und Feldgehölzen sowie kleinen Waldparzellen – ideales Fasanenrevier
• früher sehr guter Fasanenbesatz, aber stark eingebrochen
• Fuchs-Jahresstrecke: um 30 Stück

Revier Nr. 4:
• circa 300 ha groß, zahlreiche gepflegte Wildäcker und Remisen
• früher wie heute sehr gute bis optimale Fasanenbesätze
• Fuchs-Jahresstrecke: zwischen 20 und 30 Stück

In den ersten drei Revieren waren in den ersten sechs Tagen nach der Auslage zum Teil mehr als die Hälfte der Köder nicht mehr auffindbar. Nach zehn Tagen belief sich die Verlustrate im Revier 1 sogar auf 100, in den beiden anderen auf 90 beziehungsweise 70 Prozent (%). Das lässt den Schluss zu, dass der Prädationsdruck durch das Bodenraubwild in diesen drei Revieren im Untersuchungszeitraum hoch gewesen sein muss. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass in diesen Revieren in den vergangenen Jahren ein massiver Rückgang der Fasanen eingetreten ist.

Ein Befund in Revier 4 beweist, dass der Fasanenschwund mit der jeweiligen Raubwilddichte zusammenhängt. Dort kam es bei der Untersuchung zu einem anderen Ergebnis. In diesem Revier wurde während der zehntägigen Untersuchungsdauer kein einziger Köder angenommen. Der Druck durch das Bodenraubwild war hier also deutlich geringer. Geradezu erwartungsgemäß gut ist die hier im letzten Jahr erzielte Strecke an Fasanen ausgefallen.

Überwiegend waren es Füchse, die die Köder geholt haben. In zwei Revieren sind jeweils 70 % durch sie verloren gegangen. Im dritten Revier waren Füchse zu 50 % die Verursacher. In insgesamt drei Fällen waren es Steinmarder, in einem Fall eine Katze. Drei weitere Verluste konnten keinem Prädator zugeordnet werden, da die betreffenden Wildkameras in diesen Fällen aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert haben.

Dass dreimal Steinmarder die Köder, die immerhin jeweils ein Gewicht von 1,2 Kilogramm hatten, fortgeschleppt haben, bestätigt, dass dieses Raubwild durchaus auch erwachsene Fasanen im Revier reißen kann, egal ob es sich dabei um auf dem Boden befindliche oder aufgebaumte Fasanen handelt.

Fasan
Sowohl die Brutzeit als auch die Phase, in der die Küken noch nicht flugfähig sind, bergen eine hohe Gefahr für Henne und Nachwuchs, Opfer von Raubwild zu werden. Foto: Regina Usher

Wenn in Fasanenrevieren gute Strecken erreicht werden sollen, ist auf 1 000 Hektar Revierfläche lediglich ein Stammbesatz von ein bis zwei Füchsen tolerierbar. Dies war im Übrigen zur Zeit der optimalen Fasanenstrecken der Fall. Wenn dagegen bis zu vier Füchse als Stammbesatz auf 1 000 ha vorhanden sind, wie es sich durch den Test für drei Reviere ergeben hat, ist ein Rückgang des Fasans geradezu programmiert, vor allem, wenn die Dichte über mehrere Jahre gegeben ist. Dieser Grenzwert dürfte flächendeckend für die meisten Fasanenreviere zutreffen. Hierfür muss man sich die Fuchs-Strecken von früher und heute nur an einem aussagekräftigen Beispiel vor Augen führen. Die fünf Landkreise Kleve, Viersen, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf zählen zu den besten Niederwildgebieten Nordrhein-Westfalens. Vergleicht man die dortigen Fuchsstrecken der Jagdjahre 1964/65 und 1971/72 sowie 2012/2013 ergibt sich: Die aktuellen absoluten Fuchsstrecken sind zwei- bis sogar fünfmal so hoch wie in den Jahren mit den höchsten Fasanenstrecken. Rechnet man die betreffenden Streckenwerte der Füchse auf die jeweiligen Stammbesätze um, dann ergeben sich für die Jahre 1964/65 und 1971/72 Frühjahrsdichten in Höhe von zwei bis 2,5 Füchsen pro 1 000 ha, während sie aktuell bei fünf bis zehn Stück auf 1 000 ha liegen. Dem ist ein Zuwachs bei den Füchsen von 200 Prozent zugrunde
gelegt.

In den vier Versuchsrevieren wurden die meisten Köder von Füchsen gefunden und gefressen (o.). An zweiter Stelle folgten Steinmarder. Fotos: Dr. Heinrich Spittler

Gleichzeitig standen der Fuchspopulation früher zwei- bis zehnmal so viele Fasanen als Beute zur Verfügung. Anders formuliert: Die heutige etwa fünfmal so hohe Fuchspopulation muss mit Blick auf die Fasanen mit einer Beutetierpopulation vorliebnehmen, die rund zwei- bis zehnmal so niedrig ist wie früher. Damit hat der Fuchs heute einen viel höheren Negativeinfluss auf die Fasanenbesätze. Zudem kommt hinzu, dass alle anderen Arten, die zum Beutespektrum des Fuchses gehören, ebenfalls deutlich weniger geworden sind.

Wie greift nun der Fuchs in den Fasanenbesatz ein? Er unterscheidet sich nämlich diesbezüglich ganz erheblich von dem zweiten Primärfeind des Fasans, dem Habicht. Letzterer greift das ganze Jahr über in die Besätze ein, sowohl bei Jung- als auch erwachsenem Wild. Die Zeit, in der der Fuchs unter den Fasanen Beute machen kann, ist auf nur etwa zwei bis drei Monate beschränkt, da er meist nachts und ausschließlich auf dem Boden jagt. Zum einen sind das die drei Wochen, in denen die Henne brütet, sich über Nacht also auf dem Boden aufhält. Zum anderen sind es die anschließenden etwa vier Wochen, in denen sie ihre noch nicht flugfähigen Küken nachts hudert und ebenfalls auf dem Boden übernachten muss.

Jungfuchs mit zugetragenem Wildbret: Teilweise muss eine Fähe bis zu zwei Fasanenhennen pro Nacht erbeuten, um ihr Geheck in der Aufzuchtzeit zu versorgen. Foto: Carol Scholzte

Bezieht man die nicht seltene Situation eines Nachgeleges ein, kommt ein Zeitraum von drei Monaten infrage, in denen der Fuchs den Fasanen gefährlich werden kann – und zwar im Prinzip nur den Hennen. In der restlichen Zeit des Jahres sind wilde, nachts aufbaumende Fasanen vor dem Fuchs weitgehend sicher. In Volieren aufgezogene und ausgesetzte Fasanen hingegen sind sogar das ganze Jahr über gefährdet, da diese meist das natürliche Verhalten, nachts aufzubaumen, nicht mehr zeigen.

Versuchsaufbau: Die Köder wurden vergraben und mithilfe von Wildkameras überwacht. Foto: Dr. Heinrich Spittler

Trotz des vergleichsweise geringen Zeitfensters, in dem der Fuchs in wilde Besätze eingreifen kann, ist sein Einfluss groß. Denn diese Zeit deckt sich mit der Aufzuchtszeit seiner Welpen. Der Fuchs reißt in diesen Monaten nicht nur Beute für sich selbst, sondern auch für in der Regel vier Welpen. Eine Fähe kann sich daher nicht nur mit einem Beutetier in der Größe einer Fasanenhenne für zwei Tage zufrieden geben, sondern muss unter Umständen auch zwei Hennen beziehungsweise vier und mehr größere Küken in einer Nacht greifen. Teilweise wird sogar mehr angeschleppt als die Welpen tatsächlich an Fraß bedürfen.

Die Prädation bei der Ursachensuche des Fasanenrückgangs weitgehend außen vor zu lassen, wie es derzeit oftmals geschieht, ist nicht nachzuvollziehen. Zumal auch die Steinmarderbesätze erheblich zugenommen haben, zum Teil noch stärker als beim Fuchs. Er wird nicht nur den brütenden und führenden Hennen sowie deren flugunfähigen Küken gefährlich, sondern auch aufgebaumten Fasanen. Damit vermag der Steinmarder ganzjährig empfindlich in die Fasanenbesätze einzugreifen. Da die Zunahme des Haarraubwildes vor allem auf nicht intensiv genug betriebene Bejagung zurückzuführen ist, liegt dem eingetretenen Rückgang der Fasanen auch mangelnde Hege zugrunde. Damit ist er zum Teil auch unter diesem Aspekt ein „hausgemachtes“ Problem der Jägerschaft.

Fasanen-Hilfe: Die Jagd auf Raubwild ist in einigen Revieren die einzige Stellschraube, die dem Jäger bleibt. Entsprechend intensiv sollte sie ausgeübt werden. Foto: Laurent Geslin
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