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Angriff auf den Weizen

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Zuletzt hatten uns die Sauen im Frühjahr auf den Wiesen heimgesucht. Selbst in der Milchreife des Weizens blieb es zunächst relativ ruhig. Doch dann schlugen die Schwarzkittel plötzlich wieder zu.

Ingo Tesch

Aktuelle Drohnenansicht von den Schäden im WuH-Testrevier.
Foto: Ingo Tesch

Von allen Seiten höre ich es Schmatzen. Keine 20 Meter vor mir wackeln die Weizenähren im fahlen Mondlicht. Langsam pirsche ich gegen den Wind auf der Fahrspur weiter. Weizenhalme hängen darüber. Die Sauen haben sie in den Vor­nächten umgebogen. Mit einer Hand schiebe ich sie langsam zur Seite, mit der anderen trage ich das Gewehr am Lochschaft. In Zeitlupe geht es so weiter, bis rechts der Fahrspur eine niedergemachte Fläche vor mir liegt. Ich warte und lausche dem Schmatzkonzert der Schwarzkittel. Eine schöne Untermalung für die bewölkte Mondnacht. Mein Glas stellte ich auf zweifach. Selbst schmatzend und im Anschlag, bewege ich mich weiter Richtung Esszimmer. Dann auf acht Meter steht ein durchgefärbter etwa 20-kg-Frischling frei. Doch er zieht von mir weg und verschwindet wieder im Weizen­dschungel. Dahinter kommt der nächste ins Freie. Er steht breit, ich schieße, er liegt.

Bis zum 15. Juli hatten wir im Testrevier nur geringen Schaden. Die Milchreife war bereits durch, und der Weizen wurde hart und trocken. Bei einem Drohnenflug erkannten wir, dass die Sauen mehrere Weizenschläge für sich entdeckt hatten. Zwei nebeneinander liegende in der Holzhäuser Delle, ein riesiger im Pohler Feld und drei kleinere um das Grenzholz. Tagsüber platzierten wir, unter Berücksichtigung der Wind­richtung und der Hauptwechsel, Ansitzeinrichtungen in und um die Felder.

Der Beutezug stellte sich jedoch als äußerst anspruchsvoll heraus. Meist waren es Bachen mit sehr kleinen Frischlingen, die in Anblick kamen. Sie hielten sich überwiegend im dichten Getreide auf und waren daher sehr schwierig anszusprechen. Der Vollmond war nur eine geringe Hilfe. Die spärlich leuchtende Kugel verbarg sich überwiegend hinter einer dichten Wolkendecke. Das helle Getreide bot den einzigen Kontrast zum dunklen Wildschweinkörper.

Nach erster Inspektion wurde dieser Schirm mitten ins Feld, an die Schadfläche mit Quelle und Suhle, platziert.
Foto: Ingo Tesch

Ein Ereignis sollte für mich eine bleibende Erinnerung werden. Nachdem ich am Abend zuvor bereits in der Dämme­r­ung eine Rotte mit wenigen Wochen alten Frischlingen im größten Feld vor hatte und sie nur verjagen konnte, wollte ich es dort erneut probieren. Kurz nach Sonnenuntergang hörte ich bereits, wie das Überfallkommando am oberen Feldrand einwechselte. Nach wenigen Minuten erschienen sie auf der vor mir liegenden Schadfläche. Die selbe Rotte wie in der Nacht zuvor. Bachen mit geringen Frischlingen. Doch nach kurzer Zeit kam plötzlich Unruhe in die Rotte. Eine schwarze Dampflock zog eine Furche durchs Getreide, sprang dabei immer wieder hoch, um über das Feld äugen zu können, und ließ durch die erhobene Quaste erkennen, dass sie in Aufregung versetzt war. Einzelne Sauen wurden von dem Neuankömmling in die Schranken gewiesen. Vor allem, dass er jede Bache auf ihren Duft untersuchte, verriet mir, dass ich einen Keiler vor hatte. Nur auf die Freifläche wollte er nicht. Die Rotte entfernte sich weiter ins Feld hinein. Einzig der dunkle Rücken des Keilers ragte manchmal kurz aus dem Weizen. Dann wurde es ruhig. Ich wartete zwei Stunden, hörte aber hin und wieder aus größerer Entfernung, dass die Schwarzkittel noch anwesend waren. Dann ein helles, langgezogenes Quicken. Der D-Zug war zurück, jagte ein anderes Stück durchs Feld in Richtung der offenen Schadfläche. Auf diesen Moment schon lange wartend und bereits im Anschlag, schickte ich die Kugel auf eine 40 Meter kurze Reise in Richtung des zum letzten mal Weizen fressenden Keilers.

Insgesamt streckten wir in zwei Wochen sechs Sauen und verhinderten somit sicherlich noch größeren Wildschaden. Eine davon fiel bei der Erntejagd an einem Rapsfeld. Jetzt ist der Mais in Gefahr, und die Ansitzeinrichtungen werden neu platziert. Dabei beunruhigen uns Beobachtungen von extrem großen Rotten. Hoffentlich können wir Schlimmeres verhindern.

Endlich die richtige Größe gefunden. Es dauerte etwas, bis außer Bachen und Gestreiften auch solche 20-Kilo-Sauen vor die Büchse kamen.
Foto: Ingo Tesch
78 Kilo brachte der Keiler aufgebrochen auf die Waage. Nicht gerade Handtaschenformat. Da waren beim Bergen Hebeltechniken gefragt.
Foto: Ingo Tesch

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