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Bisonjagd in South Dakota

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Bisonjagd

Wo der Wolf tanzte
BISONJAGD IN SOUTH DAKOTA
Einmal den großen, amerikanischen Bison jagen. Michael Sand und sein Sohn erlebten ihren Traum auf den Spuren Kevin Costners in den Prärieweiten des Westens.

„Achtung! Nicht bewegen!“, zischt mir Jagdaufseher Frank Myers zu. „Ein Bulle äugt genau zu uns herüber.“ Wir hatten die Herde mit einem starken Trophäenträger
schon von Weitem ausgemacht. Unser Weg führte über offenes Gelände. Nur das Präriegras bot spärliche Deckung. Jede Bewegung könnte den Trupp zur Flucht bewegen. Langsam beruhigen sich die wachsamen Prärieriesen. Ich bereite mich auf den Schuss vor. Die Büchse wandert in Zeitlupe an die Schulter. Begonnen hatte alles mit dem Film
„Der mit dem Wolf tanzt“. Seitdem mein Sohn Robin und ich dieses Monumentalwerk
mit seinen Jagdszenen, der Prärie und den Bisonherden gesehen hatten, war klar: Wie Hauptdarsteller Kevin Costner würden wir eines Tages auf den Spuren der Indianer in den weiten der Great Plains auf einen der zotteligen Giganten jagen. Ich begann, nach einer Jagdgelegenheit Ausschau zu halten. Als ich über die Internetseite der Triple-U-Buffalo-Ranch stolperte, fiel mir ein Satz sofort ins Auge: Sämtliche Außenaufnahmen inklusive der Jagdszenen aus „Der mit dem Wolf tanzt“ waren dort gedreht worden. Für mich stand fest: An diesem Ort werden wir unseren Prärietraum erleben. Einige E-Mails und Telefonate später war es beschlossen: Im Spätherbst sollte es losgehen. In dieser Zeit haben die Bullen bereits die begehrte Winterdecke. In den USA angekommen, machten wir uns auf den Weg von Casper, Wyoming, zum Jagdgebiet in South Dakota. Knapp 500 Meilen, anfangs durch die Ausläufer der Big Horn Mountains. Auf unserem Weg änderte sich schon bald die Umgebung. Die Bergausläufer verloren sich in den Hügeln der Prärie. Wir näherten uns unserem Ziel. Von der Straße aus machten wir einige Schatten aus. Der Blick durch das Fernglas zeigte sie: Bisons, teilweise sehr starke Bullen. Die Aufregung stieg, in Robins Augen glomm die Vorfreude auf dieses Abenteuer. Spät abends erreichten wir die Ranch.
Am nächsten Morgen waren wir schon früh wach. Endlich wollten wir sehen, wo einst die Great-Plains-Stämme der Lakota lebten und jagten. Nach ein paar Probeschüssen ging es auf das 25 000 Hektar große Ranchgelände. Die Prärie zeigte sich als sanft gewelltes
Grasmeer, das sich bis zum Horizont erstreckte. Leicht bereift wiegten die Halme im Wind. Immer wieder sahen wir Büffelherden über die Hänge ziehen. Nach kurzer Zeit zeigte sich in einer Herde ein starker Bullen. „Der ist wirklich gut. Und reif ist er auch“, sagte Jagdführer Frank. Wir waren gefesselt vom Anblick der großen Wild tiere. In uns loderte das Jagdfieber. Ob die Ureinwohner auf ihren Streifzügen ebenfalls so gefühlt haben? Als es noch keine Pferde und Büchsen gab, mussten sich die geschickten Jäger auf  Pfeilschussweite an ihre Beute anpirschen. In einem von Robins Büchern hatte ich Berichte über die Jagdmethoden der Indianer gelesen. Mit Bisonfellen getarnt krochen sie furchtlos
mitten in die grasenden Herden. Auf kürzeste Distanz schossen sie ihre mit  Feuersteinspitzen bewehrten Pfeile ab oder schleuderten mit Knochenspitzen versehenen
Speere. Plötzlich wurde die Herde vor uns unruhig, einzelne Stücke warfen auf und äugten zu uns herüber. Da bemerkten wir unseren Fehler: Der Wind küselte. Das Wild hatte uns mitbekommen und zog schnell aus unserer Reichweite.

Frank führte uns weiter durch eine Landschaft, die noch nie einen Pflug gesehen hatte. Er wusste, wo er Bisons finden konnte. Wie ein echter Trapper las er aus ihren Fährten, ob ein starker Bulle unter den Verfolgten ist. Nach einiger Zeit hatten wir erneut Anblick. Wir  pirschten eine Gruppe von 20 Stück an. Auf allen Vieren, im hohen Präriegras versteckt.
Bald würden wir einen sicheren Schuss wagen können. Einen guten Bullen hatten wir schon angesprochen. Plötzlich schreckte uns ein schriller Pfiff auf. Die Herde stürmte los. Ein „Wachposten“ einer Präriehundkolonie hatte uns entdeckt und lautstark unsere  Anwesenheit verkündet. Wie musste es erst geklungen haben, wenn zu den Zeiten der Indianer tausend oder mehr Bisons in wilder Flucht durch die Hügel preschten? Schon diese kleine Gruppe brachte die Erde zum Beben. Nicht weit von dieser letzten Begegnung entfernt stehen einige aus Bruchstein gemauerte Hütten. Sie sind Millionen von  Kinobesuchern bekannt: Der kleine Außenposten, in dem Kevin Costner alias Leutnant John
Dunbar hauste. Unser Jagdführer Frank schlug eine Rast vor. Die Möglichkeit, an einem Schauplatz unseres Lieblingsfilmes eine Brotzeit einzunehmen, konnten wir uns nicht entgehen lassen. Als wir von dort über das Grasmeer blickten, deutete Frank auf den Gegenhang. „Pronghorn-Antilopen! Auch sie waren eine begehrte Beute der hier lebenden Indianerstämme“, erläuterte unser Jagdführer.

Wir entdeckten eine Bisonherde, die über einen Hügelrücken zog. Grade noch friedlich nebeneinander äsend, gingen plötzlich zwei mittelalte Bullen aufeinander los. Ein  beeindruckendes Schauspiel. Die massigen Schädel der Giganten krachten gegeneinander, Grassoden spritzten und beim Aufprall lösten sich große Staubwolken aus den zotteligen Decken. „Zu jung“, nach Ansicht des Jagdführers. „Wir sollten es noch einmal dort versuchen, wo wir heute morgen den starken Bullen gesehen haben. Die Herde war nicht beunruhigt und ist wahrscheinlich noch dort.“ Nach einigen Meilen stiegen wir auf eine
Anhöhe. Grade als wir über den Kamm spähen konnten, sahen wir die Herde vor uns. Wir näherten uns im hohen Präriegras, immer wieder in die Hocke gehend und verharrend, sobald eines der Stücke in unsere Richtung äugte. Irgendetwas ließ die Tiere unruhig werden. Sie zogen von uns weg. Wir pirschten zurück und versuchten einen erneuten Anlauf, als die Büffel auf einem Hügelkamm verhofften. „Wir müssen die Herde umschlagen. Wenn wir sie jetzt verschrecken,ziehen die Bisons meilenweit. Wir werden versuchen, der Gruppe den Weg abzuschneiden“, erläuterte uns Frank die weitere Vorgehensweise. Nach einem anstrengenden Tag mobilisierten wir unsere Kräfte für eine letzte Pirsch. Jetzt musste jede Bewegung stimmen, sonst wäre unsere Chance dahin. Auf allen Vieren krochen wir an die Herde heran. Spitze Steine bohrten sich in Handflächen und Knie. Vorsichtig spähte Frank nach den Büffeln. Dann das erlösende Zeichen: Wir waren
nahe genug an der Herde. Langsam erhoben wir uns aus dem Gras.

Getroffen! Der gut platzierte Schuss stoppt die Flucht des reifen Bullen.
Bekannte Hütte: Kevin Costners Filmunterkunft in den Weiten der Prärie.
Der Blick durchs Zielfernrohr. Hinter dem Lauscher suchen viele Jäger in den USA den Haltepunkt.

Mit der Waffe im Anschlag suche ich den passenden Bullen. Robin hat sein Fernglas vor den Augen und beobachtet mit angespannter Miene. „Da! Ein Starker“, flüstert er mir zu. Doch welchen Büffel meint er? Bison auf Bison zieht an unserer Position vorbei. Einer der Bullenäugt direkt zu mir herüber. Alle Zweifel sind sofort verflogen: Ein ungewöhnlich massiges Haupt, stark im Wildbret – ein guter Trophäenträger. Ich werde ruhiger und visiere eine Stelle etwa 15 cm hinter dem Lauscher an. Ein Treffer an dieser Stelle banne das Wild an den Platz, wie mir unser Jagdführer sagte. Jagdfieber schüttelt mich. Schließlich kann ich den Zielpunkt fassen, der Schuss bricht. Doch anstatt zusammenzubrechen schüttelt der Bulle nur träge sein massiges Haupt und läuft weiter mit der Herde. Schnell repetiere ich und laufe parallel zum Wild, um einen weiteren Schuss antragen zu können. Die Herde beschleunigt ihren Schritt, nimmt langsam Geschwindigkeit auf. Die Erde bebt unter den Hufen der Bisons, als ich erneut schieße. Wie vom Blitz getroffen sackt der Getroffene in sich zusammen, versucht noch einmal auf die Läufe zu kommen, doch ein schneller  Fangschuss lässt den Recken zusammensinken. Da liegt er, unser großer Traum. Wir nähern uns dem Koloss. „Da liegt eine Tonne Bison vor euch, ein starker, alter Bulle“, sagt Frank. Robin berührt ehrfurchtsvoll die Hörner, streichelt über die dichte Decke. Er beschaut den massigen Körper vom Haupt bis zu den Schalen. Auch ich bin erstmal sprachlos.

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