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Dinner for Wutz

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Kirrmitteltest

K I R R M I T T E LT E S T
Was schmeckt Schwarzwild? WILD UND HUND hat acht Kirr-Leckerbissen einer  unbestechlichen Testsau vorgelegt. PETER SCHMITT und SIMON OBERMEIER waren gespannt, wie sie sich entscheiden würde.

Äste knacken, ein Wildkörper streift an den dünnen Bäumen des Einstandes entlang. Schemenhaft zeichnet sich der Schatten einer Sau am Rande der Dickung ab. Zielstrebig
zieht das einzelne Stück in Richtung des auf einer Freifläche ausgebrachten Kirrguts. Silbrig glänzt die Schwarte der Bache im Licht. Was sich nach einer typischen Szene
eines Ansitzes an der Kirrung anhört, ist in Wahrheit der WILD UND HUND-Kirrmittel-
Test an einem Frühjahrsmorgen bei gleißendem Sonnenschein. Ziel des Unternehmens
ist es, herauszufinden, was Schwarzwild gerne am Kirr-Büfett vorgesetzt haben will. Zweifelsohne wäre es schwierig gewesen, unter den bundesdeutschen Schwarzkitteln eine Umfrage zu lancieren. Deshalb engagierten wir eine unbestechliche Kritikersau, die den Geschmack der Wutzen bestens kennt: die dreijährige Schwarzwilddame „Nicole“.

Die Auswahl, aus der sie sich bedienen kann, ist reichlich: vom klassischen Kirrmitteln Mais bis hin zu ausgeklügelten und speziell für Schwarzwild hergestellten Schmankerln. Im
ersten Testdurchlauf wurden der Testerin „Boar Balls“ sowie „Ground Powder“ von Hart, „Köder Möckle“, „Schwarzwild- Pralinen“ und „Lockmittel für Schwarzwild“ der  schwäbischen Lockstoffschmiede Kieferle, das „Schwarzwild Additiv“ von Hagopur sowie das jagdliche Hausmittel Mais mit Maggi-Würze kredenzt. Sowohl das „Schwarzwild Additiv“ als auch die „Boar Balls“ und das „Ground Powder“ wurden, wie vom Hersteller empfohlen, mit einem anderem Kirrgut – in diesem Fall Mais – gemischt. Auch bei Sauen „äst das Licht mit“, deshalb wurden alle Testkandidaten offen und gleichmäßig nebeneinander im Abstand
von 30 Zentimetern serviert, um maximale Chancengleichheit zu gewährleisten. Da „Nicole“ eine zahme Gattersau ist, konnte auf landesrechtliche Anforderungen, wie das Abdecken oder Eingraben der Naschereien, verzichtet werden. Kaum war der  Versuchsaufbau arrangiert, preschte „Nicole“ auch schon los und gab sich den  Verlockungen hin. Oder genauer ausgedrückt: vor allem einer Verlockung. Denn wider Erwarten ließen sie fast alle der intensiv riechenden Schwarzwild-Spezial-Produkte völlig
kalt. Es machte nicht den Anschein, als hätte „Nicole“ die Qual der Wahl auch nur für einen Moment verspürt. Ohne groß zu zögern machte sie sich zunächst über den mit  „Schwarzwild Additiv“ vermengten Mais her, der sich am rechten Ende der Versuchsstrecke
befand. Nach etwa drei Minuten kam ihr scheinbar etwas anderes in den Sinn. Völlig unbeeindruckt von den verlockenden Gerüchen der übrigen Testprodukte zog die Bache an diesen vorbei und widmete sich dem mit Maggi gewürzten Mais, der sich auf der gegenüberliegenden Seite des Aufbaus befand. Auch diese Mischung schien „Nicole“ also zu munden. Danach das gleiche Spiel, aber in umgekehrter Reihenfolge: Die Sau zog es zurück zur Hagopur-Mais-Mixtur. Erst als die „veredelten“ Körner vollständig den Weg in „Nicoles“ Magen gefunden hatten, schenkte sie auch den weiteren „Gerichten“ Beachtung und stellte fest: Es gibt ja noch mehr Mais! Der versteckte sich allerdings unter den „Boar Balls“ und dem „Ground Powder“.

Erstaunlich feinfühlig pickte die Bache das gelbe Getreide aus dem Kirrgemisch. Sowohl die braunen, haselnussgroßen Bällchen als auch das mehlige und intensiv duftende „Ground Powder“ blieben verschmäht auf ihren Plätzen zurück. Nachdem „Nicole“ sämtliches „Schweinegold“ in der Versuchsanordnung geplündert hatte, wagte sie sich
auch kurz an die „Boar Balls“. Das Ergebnis war verblüffend: Sekunden nachdem die Kugel in ihrem Gebrech verschwand, fand diese schon wieder den Weg zurück auf die Erde. Eiskalt hatte „Nicole“ sie ausgespuckt. Schon nach dieser ersten Test runde ließ sich als Zwischenfazit festhalten: Die Sau ist heiß auf Mais. Selbst bei den Mischungen fischte sie ihre goldenen Favoriten gekonnt heraus. War kein Mais mit von der Partie, wie etwa
bei den „Schwarzwild-Pralinen“ oder „Köder Möckle“, verweigerte die borstige Feinschmeckerin die Aufnahme zur Gänze. Reiner Zufall? Um diese ersten Ergebnisse zu bestätigten, folgte ein zweiter Kontrollversuch, vor dem die Testsau von ihrem Halter „abgetragen“ und abgelenkt wurde, um sicherzustellen, dass sie sich wieder auf ihre Sinne verlassen muss.

Währenddessen wurde die Reihenfolge der Testprodukte vertauscht. Schließlich sollte ausgeschlossen werden, dass der Schwarzkittel sich an den Standort der Schmankerl erinnert. Zusätzlich bereicherte im zweiten Durchgang Mais pur das Menü. Dadurch sollte geprüft werden, ob „Nicole“ tatsächlich „Mais- Fetischistin“ ist. Oder weckten vielleicht
das „Schwarzwild Additiv“ und Maggi ihr Verlangen nach den gelben Feldfrüchten?
Die zweite Runde des Kirrguttests wurde eingeläutet, und die Sau ließ sich nicht
zweimal bitten. Wie schon die Ergebnisse des ersten Durchgangs vermuten ließen,
nahm sich „Nicole“ wieder den Mais in seinen verschiedenen Variationen vor. Den Beginn machte Mais mit Maggi, dicht gefolgt von Mais ohne jegliche Zusatzmittel. Um von ihrer ersten Wahl zur zweiten zu gelangen, musste die Bache erneut an allen übrigen  Testobjekten vorbeiwechseln. Und prompt das gleiche Spiel: Nicht für den Bruchteil einer Sekunde schenkte sie den vermeintlichen Schwarzwild-Verlockungen ihre Aufmerksamkeit.
Als das Testschwein die beiden Maiskreationen vertilgt hatte, zeigte sich langsam aber sicher: „Nicoles“ Magen war fast voll. Ihr Appetit versiegte merklich. Vergleichsweise
lustlos begann sie um den Versuchsaufbau zu schlendern, und der zuvor munter wedelnde Pürzel zuckte nur noch sporadisch. Ein letztes Mal besann sich „Nicole“ ihrer Funktion als Testerin und äste nochmals am mit dem „Schwarzwild Additiv“ vermischten Mais. Als wollte sie deutlich machen, dass es nun genug sei, stapfte sie mürrisch quer durch den Versuchsaufbau in Richtung ihres schattigen Einstandes. Unangetastet blieben das „Ground Powder“ und die „Boar Balls“ sowie das „Lockmittel für Schwarzwild“, „Köder Möckle“ und die „Schwarzwild-Pralinen“. Zu Recht stellt sich nun die Frage: Wurde „Nicole“ vor dem Test regelmäßig mit Mais gefüttert, und erklärt sich damit auch ihre Vorliebe? Das
Gegenteil ist der Fall. Im Normalfall wird der zahme Schwarzkittel mit Gemüse- und Küchenresten eines nahe gelegenen Restaurants versorgt – also eine richtige Feinschmeckersau. Nur selten bekommt sie eine Handvoll „Schweinegold“.

Wirft man einen Blick in die Kataloge und auf die Internetseiten diverser Anbieter für Jagdzubehör, kann der Jäger aus einem breit gefächerten Kirrmittelsortiment wählen. Von Pulvern, über Flüssigkeiten bis hin zu Presslingen – der Markt bietet vieles. Angesichts des Testergebnisses ist es fraglich, ob solche teils hochpreisigen Mittelchen überhaupt notwendig sind oder ob unsere heimischen Sauen nicht doch ganz bodenständige Maisliebhaber sind. Das „Schwarzwild Additiv“ oder Maggi als Beilage nahm die borstige Kritikerin jederzeit gerne. Zweifelsohne ist der Test durch „Nicoles“ persönlichen Geschmack subjektiv. Trotzdem weiß sie wahrscheinlich am ehesten, was ihre Artgenossen an der Kirrung wollen.

Von der kleinen Wutz zur Testsau
Es war zur Mittagszeit im April 2009 – „Nicoles“ heutiger Besitzer war gerade mit
Aushubarbeiten auf seinem Hof beschäftigt – als plötzlich etwas Kleines und Gestreiftes
vor seiner Baggerschaufel herumwuselte. Der passionierte Waidmann
erkannte sofort, dass es sich bei diesem kleinen, gestreiften Etwas um einen
Frischling handelte. Offensichtlich hatte der „Frosch“, der fortan auf den Namen
„Nicole“ hören sollte, den Anschluss an die Rotte verloren. Und so bekam der
Frischling eine neue, wenn auch menschliche Rotte und wurde in der Folgezeit
mit Aufzuchtsmilch aufgepäppelt. Auf dem Arm, wie einst, lässt sich der Schwarzkittel
allerdings nicht mehr so leicht tragen: Aus „Nicole“, der kleinen Wutz, ist eine
statt liche, aber keineswegs zu Übergewicht (etwa 55 Kilogramm) neigende Bache
von drei Jahren geworden. Sie bewohnt mittlerweile ein geräumiges und gut
eingerichtetes Gatter unweit der französischen Grenze. Nicht zuletzt aufgrund
der Nähe zu Frankreich ist „Nicole“ wie keine andere als „Feinschmecker-Sau“ für
den WILD UND HUND-Kirrmittel-Test prädestiniert. so/ps

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