NADELHOLZREMISEN
Richtig angelegte Nadelholzdeckungen sind unersetzliche Rückzugsräume für das Niederwild. Revierjagdmeister Elmar Eickhoff zeigt, welche Vorteile diese mit sich bringen und was beim Pflanzen und bei der Pflege beachtet werden sollte.
Foto: Elmar Eickhoff
Der große Nutzen von Nadelhölzern gegenüber den Laubhölzern ist für viele Tierarten der Schutzund Deckungseffekt im Winterhalbjahr. Nach dem Laubfall verwandeln sich Hecken oft in bodenkahle Lebensräume, die dem Wild nur noch wenig Schutz vor Witterung und Prädatoren bieten. Bei langer und hoher Schneelage verstärkt sich dieser Effekt zusätzlich. Unter einem dichten Nadelholzdach finden hingegen alle Tiere meist ganzjährig trockene und geschützte Bereiche, in denen sie ruhen, scharren und, zum Beispiel Hühnervögel, hudern können. Zudem baumt der Fasan sehr gerne auf Nadelbäumen auf. Dort ist er dann im Winterhalbjahr durch die immergrünen Nadeln geschützt. Auch der Schutzeffekt vor dämmerungs- und nachtaktiven Räubern, wie Habicht, Marder und Uhu, ist deutlich besser.
Die Attraktivität von Nadelgehölzen für viele Tierarten sollte sich der Niederwildheger für die Fütterung und Raubwildbejagung zu Nutze machen. So gehören Fasanenschütten und Futterautomaten sowie Fangsteige und Fallen möglichst in jede Nadelholzremise. Eine zusätzliche „strategische“ Bedeutung haben Nadelholzanpflanzungen, um ganzjährig gedeckt jagdliche Einrichtungen zu erreichen oder sie dauerhaft zu tarnen. Beispielsweise kann man auch tagsüber einen einzeln stehenden hohen oder abgestorbenen Baum ungesehen erreichen, wenn eine mehrreihige Nadelholzanpflanzung, in die ein Pirschweg hineingelegt wurde, zu ihm hinführt. Solche Bäume werden erfahrungsgemäß ganztägig gerne von Rabenvögeln angeflogen. Aus einem passend unter dem Baum angelegten Schirm können sie dann jederzeit bejagt werden, wenn man einen schwarzen Gesellen aus der Ferne erspäht hat. Idealerweise berücksichtigt man schon bei der Anpflanzung diese Jagdeinrichtung, die man durch regelmäßiges Beschneiden äußerst blickdicht bekommt.
Auch für die erfolgreiche Bejagung der Ringeltaube sind Nadelholzstangenhölzer wichtig. Zum einen werden sie sehr gerne zur Brut genutzt, zum anderen können solche Bestände im Winterhalbjahr zu einem regelrechten Magneten zum Übernachten größerer Schwärme werden. Hier lohnt sich der Anstand am Schlafgehölz.
Durch das Köpfen wird langfristig eine optimale Deckung erreicht. Foto: Elmar Eickhoff
Dabei sollte mindestens ein grüner Astquirl erhalten bleiben, damit der Baum wieder neu austreibt. Foto: Elmar Eickhoff
Als Standort für die Anpflanzung von Nadelholz sind grundsätzlich alle Bodenverhältnisse, außer Staunässe, geeignet. In Hecken sollten einzelne Gruppen im Meterverband gepflanzt werden. Bei größeren Flächen hat es sich bewährt, in Reihen im Abstand von circa 1,5 x 1,5 Metern zu pflanzen. Ein im Reihenverband begründeter Bestand lässt sich leichter pflegen. In den ersten Jahren muss die Anpflanzung zweimal jährlich freigemäht werden. Das ist deshalb wichtig, damit die Bäume ihre Nadeln bis zum untersten Astquirl behalten, sodass der Bestand möglichst dicht wird. Ausfälle sollten zeitnah nachgepflanzt werden.
Besonders geeignete Standorte für Nadelholzanpflanzungen sind bestehende, lichte Pappel- oder andere Laubholzbestände. Oftmals wuchern dort die Brennnesseln, die im Winter absterben und als Deckung unbrauchbar werden. Grundsätzlich gilt: Wo die Brennnessel wächst, kommt genügend Licht an den Boden, um Wildäcker oder Anpflanzungen anzulegen. Ein Schirm aus lichtem Laubholz hat den Vorteil, dass das Nadelholz langsamer wächst und somit länger in seinem, für das Niederwild optimalen, Zustand bleibt. Im vollen Licht stehende Bestände wachsen sehr schnell ins Dickungsalter, in dem die natürliche Astreinigung beginnt. Das führt zum Lichtwerden der Bestände und dadurch zu einem geringeren Deckungseffekt. Deshalb sollten die Dickungen beim Beginn der Astreinigung geköpft werden. Dabei ist zu beachten, dass mindestens ein grüner Astquirl erhalten bleibt. Durch diese Maßnahme bleibt der Bestand länger im optimalen Deckungszustand.
Niederwildperspektive: Nadelholzremisen bieten eine hindernisfreie und trockene Deckung, die Schutz nach oben bietet. Foto: Elmar Eickhoff
Dadurch entstehen unter anderem ganzjährig trockene Huderstellen. Foto: Elmar Eickhoff
Allein der Gedanke, Nadelholz zur Hege von Niederwild, vor allem des Fasans, anzupflanzen, grenzt heute fast schon an Anachronismus. Lebensraumverbesserungen durch den Jäger sollen heute allgemeingültige ökologische Standards erfüllen. Wenn solche Maßnahmen durch die verschiedenen öffentlichen Förderprogramme unterstützt werden sollen, dürfen ausschließlich standortgemäße Baum- und Straucharten in der Feldflur gepflanzt werden. Gerade heute schadet es aber nicht, solche meist von einschlägig bekannten Interessengruppen gesetzte Standards gelegentlich zu hinterfragen.
Der hohe Fallbaum kann durch die Remise ungesehen angepirscht werden. Dort werden regelmäßig Rabenkrähen erlegt. Foto: Elmar Eickhoff
Auch natürliche Schirme lassen sich durch richtiges Beschneiden „herstellen“. Foto: Elmar Eickhoff
Das wichtigste an einer Hecke oder einem Feldgehölz ist nämlich, dass es in der ausgeräumten Feldflur überhaupt angelegt und dauerhaft gepflegt wird. Der Niederwildheger bezieht seine Primärmotivation für solch eine kosten- und arbeitsintensive Anpflanzung hauptsächlich in der Aussicht, irgendwann darin Niederwild bejagen zu können. Diese Triebfeder ist mehr oder weniger flächendeckend in allen Niederwildrevieren vorhanden und kostet die Allgemeinheit nichts. Der in der Öffentlichkeit oft unterschätzte Nebeneffekt dieser und anderer Hegemaßnahmen wie die Prädatorenbejagung ist, dass viele, auch bedrohte Tier- und Pflanzenarten, von der Jagdleidenschaft der Waidmänner profitieren.
Bei größeren Anpflanzungen sollte im Abstand von 1,5 Metern gepflanzt werden, um eine dichte Remise zu erhalten. Foto: Elmar Eickhoff
Unter einem lichten Laubholzschirm bleiben Nadelhölzer länger in einem für das Niederwild idealen Deckungszustand. Foto: Elmar Eickhoff
Wenn man das berücksichtigt, dürfte es die Pragmatiker unter den nicht jagenden Naturschützern nicht stören, wenn Teilbereiche der durch Jäger angelegten Biotope mit Nadelholz für die Bedürfnisse des Niederwildes optimiert werden. Für das Nadelholz gilt dabei das gleiche wie für den von einigen Naturschützern als Fremdling gebrandmarkten Fasan: An die Messlatte der biologischen Landwirtschaft angelehnt, kommt es nicht darauf an WAS angebaut oder gehegt wird, sondern einzig und allein WIE es umgesetzt wird. Ein Fasan oder eine der Fichtenarten ist also im Grunde nicht negativer zu beurteilen, wie die selbstverständlich im Biolandbau angepflanzten „Fremdlinge“ Kartoffeln oder der Mais.
Baumarten für Remisen
Für eine Nadelholzremise eignen sich grundsätzlich alle immergrünen Arten. Je nach Boden- oder Lichtverhältnissen sind aber einige besonders empfehlenswert.
Die Rotfichte wurzelt flach, mag keine Staunässe, benötigt aber viel Niederschlag. Trockenschäden auf sandigen oder sehr flachgründigen Bodenauflagen können vorkommen. Auf solchen Standorten ist sie zudem windgefährdet. Bei genügend Licht wird das Nadelwerk sehr dicht.
Die Sitkafichte ist die Variante für den feuchteren Standort. Sie ist bei Forstwirten und Treibern wegen ihrer spitzen Nadeln und widerhakenähnlichen Ästen berüchtigt. Freiwillig geht niemand in einen dicht gepflanzten Bestand hinein, was sie für den Anbau an Remisenrändern und in stark beunruhigten Revieren prädestiniert.
Die Douglasie ist für alle Standorte geeignet. Ihr Nachteil ist das – gegenüber den anderen Baumarten – meist lichtere Nadelwerk und somit ein geringerer Deckungseffekt.
Die Hemlocktanne bildet das dichteste und vor allem das schattenverträglichste Nadelwerk aus. Diese Nadelbaumart ist auch am regenerationsfreudigsten nach dem Köpfen oder Beschneiden.
Die Kiefernarten eignen sich für ausgesprochen trockene Standorte. Vor allem die Latschenkiefer ist für die Bedürfnisse des Niederwildes geeignet. Sie wächst von Natur aus nicht hoch, muss somit nicht geköpft werden und gewährt lange einen optimalen Deckungseffekt.