„Keine Bange, da gibt es soviel Wild, dass Sie mit etwas Glück ihren Hirsch am ersten Tag kriegen sollten. Außerdem sind sie der erste Jagdgast“, wusste er bei unserem ersten Kontakt im März 2006 Öl auf meine Terminprobleme zu träufeln. Aber auch, dass die Nachfrage groß und das Kontingent knapp sei. Mit einem Mal hing mein Sikahimmel voller Geigen. Im Arnsberger Wald auf diesen urigen Hirsch jagen zu können, war nämlich einer meiner heißesten Wünsche. In der Vergangenheit scheiterten alle in Richtung des deutschen Sika-Dorados vorsichtig ausgestreckten Fühler am Hinweis auf die extrem lange Warteliste. Aber jetzt hatte sich die Chance eröffnet und wollte ergriffen werden. Dass dies nicht zu Schnäppchenpreisen oder Last-Minute-Konditionen machbar ist, versteht sich von selbst. Ich habe noch gut das langgezogene „Iiiiiiiiiiiiieh“ in den Ohren, mit dem ein Hirsch im Bestand oberhalb der Waldwiese in einem tschechischen Sikarevier die Stille zerriss und für Abwechslung im monotonen Einerlei anblickloser Ansitze sorgte. Die erwirkte Jagdverlängerung schröpfte letztlich jedoch nur mein Portemonnaie. Ich sehe noch den dunklen Klumpen im ersten Morgengrauen vor mir, auf den wir praktisch aufgelaufen waren, verfluche die Unvorsichtigkeit meines Pirschführers, mit der dieser die einzige gute Chance meines dritten Jagdtrips vergeigt und die drei Hirsche im Hang zum pfeifenden Abspringen veranlasst hatte. Ebenso wenig möchte ich die beiden Ausflüge auf den legendären Truppenübungsplatz bei Karlsbad verschweigen, bei denen ich zwar jede Menge Hirsche pfeifen gehört, jedoch keinen gesehen hatte. Was musste auch ausgerechnet im entscheidenden Moment der Ruf in der Faust meines Berufsjägers streiken und so verhindern, dass der bereits zustehende Hirsch die entscheidenden Schritte machte. Es waren in diesem wildreichen Revier jedoch in erster Linie logistische Gründe (ein Jeep für sechs Pirschführer) und somit fehlende Mobilität, um die Möglichkeiten dieses wahrhaft riesigen Terrains auch nur annähend auszuschöpfen. Man muss wissen, dass Sikas in Tschechien sehr verbreitet sind und wegen ihrer Neigung zum Schälen zum Problemwild erklärt wurden. Der permanente Jagddruck wiederum macht die Cerviden recht heimlich und erschwert den Jagderfolg. Gute Trophäenträger jedenfalls sind in freier Wildbahn nicht mehr üppig gesät. Darauf nimmt freilich die Preispolitik keine Rücksicht: Wer also in Tschechien offiziell einen reifen Sika erbeuten will, tut gut daran, sich auf mancherlei Unwägbarkeiten einzustellen.
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