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Rebhuhn Interview Dr. Thomas Gehle

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Welche jagdliche Zukunft hat das Rebhuhn noch in Deutschland. WILD UND HUND sprach mit Dr. Thomas Gehle, Referent für Niederwild an der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung (Bonn):

Gehle: Die offizielle Jagdstrecke nahm seit Mitte der 1990er Jahre von rund 25.000 als erlegt gemeldeten Hühnern auf rund 5.000 ab. Mindestens die Hälfte davon ist Fallwild. In Brandenburg, NRW und Niedersachsen z.B.wird freiwillig auf eine Bejagung verzichtet, in Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern gilt ganzjährige Schonzeit. Folglich kann und darf das Rebhuhn nur noch lokal bejagt werden, wenngleich die besten Besätze mit rund sechs bis acht Paaren pro 100 ha Offenland nach wie vor z.B. in der Kölner Bucht, am Oberrhein oder am Main, also in warm-trockenen, aber eher atlantischen Regionen etwa bis zur Weser vorkommen.
WuH: Ab welchen Besatzgrößen ist eine jagdliche Nutzung Ihrer Meinung nach überhaupt vetretbar? Gibt es in NRW Reviere, die diese Größen aufweisen überhaupt noch?
Gehle: Vertretbar halte ich eine Bejagung bei Herbstbesätzen ab etwa 100 bis 200 Hühnern.  10 bis 20 Hühner können dann erlegt werden, das sind etwa 10 bis 15 % des Herbstbesatzes. Da im Mittel rund 60% des Herbstbesatzes als Normalverlust angesehen werden können, ist eine derartige Entnahme nicht nur nachhaltig, sie kann je nach den Rahmenbedingungen im Revier sogar vollständig kompensatorisch sein. D.h., die erlegten Hühner wären sowieso gestorben oder durch eine leicht höhere Reproduktionsrate im Folgejahr ausgeglichen worden.
Entscheidend für die Bejagungsfähigkeit ist folglich der Herbstbesatz! Wie Studien der Game & Wildlife Conservation Trust zeigten, lässt sich der Herbstbesatz recht schnell z.B. durch Beutegreiferkontrolle anheben, der Frühjahrsbesatz jedoch nicht. Dazu bedarf es weit mehr.
Ich gehe davon aus, dass es in NRW wie auch vor allem in Westdeutschland noch eine ganze Reihe von Revieren gibt, die im Herbst mehr als 200 Hühner haben. Und es könnte weit mehr geben, wenn das Rebhuhn stärker als bisher gezielt gehegt würde. Das bekannteste Beispiel geben zwei französische Jagdbezirke in der Picardie, in denen durch gezielte Hege bei konventioneller Landwirtschaft 2008 noch Brutpaardichten von bis zu 80 Paaren pro 100 ha erreicht wurden. In einem Normaljahr ergibt sich daraus ein Herbstbesatz von 400 bis 500  Hühnern, von dem tatsächlich in der Picardie über mehr als 10 Jahre zwischen 50 und 70 erlegt wurden. Demgegenüber sind selbstverständlich große Teile Deutschlands, vor allem in Süd- und Ostdeutschland,  rebhuhnfrei. Es gibt Hinweise darauf, dass bereits die Hälfte aller aus menschlicher Sicht geeigneten Lebensräume heute nicht mehr besiedelt ist.
WuH: Ist das Aussetzen von gezüchteten Rebhühnern oder Wildaufzuchten eine Option, um dem Feldhuhn zu helfen? Oder lehnen Sie Aussetzen als Option ab? Wenn ja: Warum?
Gehle: Wenn das Revier über einige Jahre richtig vorbereitet wird, kann das Aussetzen gelingen. Die jahrzehntelangen Forschungen v.a. der Game & Wildlife Conservation Trust haben das gezeigt. In anderen Teilen Europas haben Aussetzungen kaum oder gar keine Wirkung gehabt. Die Gründe dafür sind so unterschiedlich wie das Rebhuhn selbst, denn Rebhühner verhalten sich überall anders. Leider wissen wir zu wenig darüber, wie verschieden die Rebhühner sind. Denn dann könnte dieses Wissen für die Nachzucht berücksichtigt werden. Die erste Option aber, dem Rebhuhn zu helfen, besteht darin, die Beutegreifer in Schach zu halten und dort, wo das Huhn vorkommt, für optimale Nistmöglichkeiten und ganzjährig verfügbare Nahrung zu sorgen.
WuH: Wie sehen Sie die Zukunft des Rebhuhns als Jagdart in Deutschland – können wir es jagdlich abschreiben? Gibt es einen Hoffnungsschimmer (Förderpolitik etc.)?
Gehle: Die meisten Niederwildjäger haben das Rebhuhn schon abgeschrieben. Deswegen versuche ich ja intensiv, Hilfen anzubieten. Ich halte in der FJW seit 2009 Rebhühner und suche in den Revieren von NRW nach Gründen für ihre Seltenheit. Seit über 30 Jahren ist das Rebhuhn nun schon selten, es stirbt aber auch nicht aus. Das Beispiel aus Frankreich zeigt, was geht. Würde man im Rahmen des  Greenings beispielsweise festschreiben, dass nur dann gefördert wird, wenn kein Schlagrand, kein Feldweg, generell also kein Saum- und Randbiotop gespritzt, gemulcht, gefräst oder gemäht wird, bliebe dem Rebhuhn bis zu zehn Prozent des Offenlandes erhalten, ohne dass auch nur ein einziger Cent für Schutzmaßnahmen aufgebracht werden müsste, weder von der Jägerschaft noch von der öffentlichen Hand.
Die Fragen stellte Simon Obermeier.

 

 


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